betr. Interview mit Markus Harm, Faktenlage WM-TV-Rechte
Da mich der ZDF-Journalist Markus Harm gebeten hat, mein Update bzw. meine Ergänzungen aus dem Interview zu entfernen, veröffentliche ich sie nun an dieser Stelle. Rechtlich gesehen dürfte es m.E. zwar kein Problem sein, Ergänzungen/Stellungnahmen vor und nach dem Interview-Text einzufügen, doch so vermeide ich in jedem Fall eine juristische Auseinandersetzung und somit auch, dass Gebührengelder für eventuelle Anwaltskosten aufgewendet werden.
Bei meinen Ergänzungen geht es um die Frage, warum ARD/ZDF die TV-Rechte für die Fußball-WM von der FIFA kaufen, eine Organisation die Markus Harm selbst als „durchzogen von Korruption“ bezeichnet.
Dazu folgende Passage aus dem Interview, welches Markus Harm autorisiert hat:
Frage: „Man kann die FIFA nicht ernst nehmen“, sagten Sie 2017 (Screenshot) angesichts des Garcia-Reports. Und zuletzt äußerten Sie in einem Interview „FIFA-Funktionäre sollten für Ethik, Moral, Aufklärung und Transparenz stehen – aber für diese Werte stehen sie im Großen nicht“ und die FIFA sei „durchzogen von Korruption“. Nun ist aber jeder Bürger der BRD dazu gezwungen, die FIFA mitzufinanzieren. Ist das in Ihren Augen sinnvoll?
Markus Harm: Naja, welche Alternative gibt es, wenn ARD und ZDF die WM nicht übertragen? Die WM ist immer noch ein öffentliches Gut, das größte Sportevent der Welt.
Die Alternative ist, dass Privatsender die WM zeigen.
Markus Harm: Aber das wären wahrscheinlich Sender, die hinter Bezahlschranken sind. Dann wird es für den Zuschauer noch mehr Geld kosten. Das sieht man jetzt schon bei den Kosten für ein Sky-Paket oder einem DAZN-Zugang für die Bundesliga oder auch für die Champions League ab der nächsten Saison.
[Zitatende]
Markus Harm ist also der Ansicht, dass es „wahrscheinlich“ Pay-TV-Sender sind, die die Fußball-WM in Deutschland übertragen, wenn nicht ARD/ZDF die TV-Rechte erwerben, und „dann wird es für den Zuschauer noch mehr Geld kosten“.
Wenn man nun die Fakten betrachtet, ist diese Situation mehr als UNWAHRSCHEINLICH:
1. Im Rundfunkstaatsvertrag ist in § 4, Abs.1&2 festgelegt, dass bestimmte „Großereignisse (…) in einem frei empfangbaren und allgemein zugänglichen Fernsehprogramm“ zu sehen sein MÜSSEN. Konkret fallen darunter „bei Fußball-Europa- und -Weltmeisterschaften alle Spiele mit deutscher Beteiligung sowie unabhängig von einer deutschen Beteiligung das Eröffnungsspiel, die Halbfinalspiele und das Endspiel“. Wenn also tatsächlich mal etwas von einer Fußball-WM oder EM hinter eine Bezahlschranke fallen sollte, dann nur Spiele ohne deutsche Beteiligung bis zum Viertelfinale (ausgenommen das Eröffnungsspiel).
2. Ich habe bei meiner Recherche kein Land entdecken können, in dem die Fußball-WM komplett hinter eine Bezahlschranke fällt. In Spanien und Italien beispielsweise, wo das Medienunternehmen Mediaset die Rechte gekauft hat, ist die WM komplett im Free-TV zu sehen (Quelle für Spanien, Quelle für Italien).
Ich habe dann auch noch VAUNET um eine Einschätzung bzw. Stellungnahme zum Thema gebeten. VAUNET ist die Interessenvertretung der privaten Anbieter von Hörfunk, Fernsehen, Mediendiensten bzw. Online-Angeboten, also KEIN neutraler Verein, darauf sei ausdrücklich hingewiesen.
Hier die Stellungnahme von VAUNET:
„Die Aussage, dass die Fußball-WM hinter eine Bezahlschranke fallen würde, wenn ARD/ZDF sie nicht übertragen, ist nicht zutreffend.
Erstens definiert die Listenreguelung im Rundfunkstaatsvertrag etliche Spiele, die schon aus rechtlichen Gründen im Free-TV ausgestragen werden müssten (bei Fußball-Europa- und -Weltmeisterschaften alle Spiele mit deutscher Beteiligung sowie davon unabhängig das Eröffnungsspiel, die Halbfinalspiele und das Endspiel).
Außerdem war das FIFA-Paket ein Rechte-Paket für eine Free-TV-Ausstrahlung.
Wenn die Übertragungsrechte nicht an ARD und ZDF gegangen wären, wäre die WM trotzdem im Free-TV zu sehen gewesen.
Es ist eine Frage des Auftrages der Öffentlich-Rechtlichen, der im Herbst von der Rundfunk-Kommission der Länder neu gefasst werden soll. Nach Auffassung des VAUNET sollte der klare Fokus von ARD un ZDF im Bereich Programmangebot auf Bildung, Kultur und Information liegen. Andere Angebote, die der private Markt genauso gut anbieten kann, wie z.B. Übertragungen von Sportgroßveranstaltungen gehören dort nicht zwingend dazu. Vielmehr sollte die ARD einen Fokus auf Sport in den Regionen haben.“