Duncan Jones

Der Mensch als isoliertes Forschungsobjekt.

Duncan Jones über seinen Film „Moon“, die Suche nach Rohstoffen im All, Wandel im Science-Fiction-Genre und die Rebellion gegen seinen prominenten Vater

Duncan Jones

© Rodene Ronquillo

Mr. Jones, haben Sie vom Mars-Projekt gehört, das kürzlich in Moskau begann? Dort leben sechs Astronauten für 520 Tage zusammen auf engstem Raum, um so eine zukünftige Reise zum Mars zu simulieren…
Duncan Jones: Ja, habe ich. Die sind komplett isoliert. Ich hoffe sie werden gezwungen jeden Tag „Moon“ zu schauen. Was glauben Sie wird mit Teilnehmern des Experiments passieren? Jones: Ich kann mir vorstellen, dass eine solche Isolation sogar auf gewisse Art cool sein kann. Aber es macht Sinn, die Astronauten dieser besonderen Situation in einer Gruppe auszusetzen. Sind in der Station Männer und Frauen? Ich glaube nur Männer. Jones: Wenn es eine Gruppe mit nur Männern oder nur Frauen wäre, könnte ich mir ein verrücktes „Herr der Fliegen“-Szenario vorstellen. Ich finde es im jedem Fall spannend zu beobachten, wie und wie lange die Astronauten dort leben und überleben. Ehrlich gesagt bin ich mir auch nicht ganz sicher, ob es diese Versuchsanordnung überhaupt braucht. Ich denke in Japan gibt es genügend Menschen, die unter ganz ähnlichen Bedingungen leben. Isoliert und nur mit einem Computer verbunden. Wir wissen, sie können überleben.

Warum müssen wir auf den Mars?
Jones: Ich glaube langfristig steht hinter der großen Sehnsucht den Mars zu bereisen der Wunsch, aus ihm eine zweite Erde erschaffen zu können, indem ihm Sauerstoff zugeführt wird. Ein wirklich aufregendes Ziel.

Ihr Film „Moon“ greift Ideen des Buches „Entering Space“ von Robert Zubrin auf…
Jones: Ja, ich habe das Buch vor langer Zeit gelesen und fand seine Idee, Helium-3 als Treibstoff zu verwenden, aufregend. Klar ist das bisher nur eine Theorie, aber ich halte für möglich, dass sie tatsächlich auch umgesetzt werden könnte. Ich denke wir auf der Erde müssen einfach nach jeder Art alternativer Energie die Augen offen halten. Helium-3 könnte möglicherweise eine Lösung sein.

In „Moon“ ist der Mond weniger ein Symbol für den Eroberungsgeist der Menschheit sondern stattdessen einen Planet, der industriell genutzt wird…
Jones: Ich denke damit liege ich richtig! Meiner Meinung nach läuft die Zeit ab, in der Nationen sich um die Raumfahrt kümmern. Wahrscheinlich werden sich die Chinesen noch verstärkt bemühen jemand zum Mond und auf den Mars zu schicken, aber direkt danach verschiebt sich der Fokus. Es wird dann darum gehen, wie mit dem Mond Geld zu verdienen ist. Es macht einfach keinen Sinn, Ummengen Geld zu verschwenden, um Menschen in den Weltraum zu befördern, nur weil Egos befriedigt werden wollen.
Es gibt Leute wie Richard Branson, der Typ von Virgin, der Touristen in den Weltall schickt oder eben die industrielle Nutzung geht. Wir brauchen Energie, wir brauchen neue Ressourcen. Falls die existieren und es kosteneffektiv möglich ist, sie zu bekommen, wird die Industrie aktiv werden.

Sie begannen Ihre Karriere als Werbefilmer – und Ihr Film beginnt wie ein Werbespot für die fiktive Firma „Lunar Industries“, die auf dem Mond Helium-3 gewinnt.
Jones: Ja, das war ein Riesenspaß. Dieser Einstieg stand schon sehr früh fest, das hat sich einfach angeboten. Wir dachten uns, dass wir eine kurze, treffende Einführung bräuchten, wie zum Beispiel damals bei „Jurassic Park“, wo eine kurze Animation mit einer kleinen Figur erklärt, wie aus uralten Moskitos die neuen Dinosaurier entstehen konnten. Wir wussten ja, dass wahrscheinlich kaum jemand im Publikum etwas von der Idee, Helium-3 als Rohstoff zu nutzen, weiß.

Zitiert

Ich glaube langfristig steht hinter der großen Sehnsucht den Mars zu bereisen der Wunsch, aus ihm eine zweite Erde erschaffen zu können.

Duncan Jones

Das Science-Fiction-Genre macht in den letzten Jahrzehnten eine klare Entwicklung durch: Filme wie Kubricks „Space Odyssey“, „Bladerunner“ oder auch „Alien“, erzählten Geschichten bei denen der Mensch im Zentrum einer futuristischen Handlung ist, während heute bei der „Terminator“-Reihe, „Transformers“ oder auch „Avatar“ eher Maschinen im Zentrum stehen. Knüpfen Sie an diese ältere Tradition des Genres an?
Jones: Ich denke diese Entwicklung geht einher mit der stetigen Verbesserung von Computer-Grafiken. Damit sind solche Event-Movies erst möglich. Ich weiß diese Art von Filmen zu schätzen und genieße es unheimlich, mir diese Actionfilme anzusehen. Allerdings haben die Mensche über all dieser Modernisierung vergessen, worin Science-Fiction immer gut war: für das in Szene setzen von sehr menschlichen Problemen. Deshalb hat mir „District 9“ auch sehr gut gefallen, weil dort Science-Fiction benutzt wird wie früher..

Sie meinen, dass man in einem nicht irdischen Setting gut der Frage nachgehen kann, was mit der Menschheit passiert?
Jones: Genau. Wenn du ein menschliches Wesen seiner vertrauten Umgebung entreißt, kannst du es dir als isoliertes Forschungsobjekt ansehen. So lässt sich feststellen, wie sie zu dem werden, was sie sind. Das war auch eine der Ideen meines Filmes, einen Typen auf der abgelegen Seite des Mondes zu beobachten und zu sehen, wer er ist und warum er so ist. Zu sehen, was ihm wichtig ist.

Ein weiterer hochinteressanter Aspekt von „Moon“ ist, dass sich der Roboter Gertie um Sam beziehungsweise um die Sam-Klone kümmert. Sich also eine Maschine um das Wohlergehen eines Menschen sorgt. Wird das in Zukunft üblich sein?
Jones: Ich denke eine solche Entwicklung können wir heute schon bei Robotern beobachten. Gerade, wenn ich mir die US-Armee ansehe, wo Roboter, die Lasten transportieren, schon eine wichtige Rolle spielen. Interessanterweise sehen die aus wie Tiere. Die fangen an Jobs zu übernehmen, wie es im Science-Fiction-Genre immer schon vorhergesagt wurde. Oder in Japan, wo die durchschnittlich sehr alte Bevölkerung den Umgang mit Robotern gewohnt ist. Dort treibt sie die Sorge um, dass die Zahl junger Menschen, die sich um die Alten kümmert, einfach nicht mehr ausreicht. Also versuchen die Japaner die Entwicklung von Altenpflege-Robotern anzuschieben. Der Charakter Gertie steht so quasi für den heutigen Stand der Technik.

In „Moon“ entdeckt Sam, dass er selbst als Klon reproduziert wird, was ihm die Möglichkeit gibt, sich selbst und seine Entwicklung zu beobachten. Er kann sogar gegen sich selbst zu kämpfen und verlieren, weil seine jüngere Version einfach stärker ist. Ist diese Auseinandersetzung mit einem Alter Ego nicht ein Wunsch von fast jedem Menschen?
Jones: Ein gewisser Teil der Geschichte lebt von Allegorien. Von Interpretation persönlicher Erfahrungen von mir in meinen Mit-Zwanzigern. Die waren anders als heute in meinen Dreißigern. Mit Mitte Zwanzig war ich viel wütender, konfuser und auch frustrierter. Ich wusste nicht, was ich mit meinem Leben anfangen sollte. In verschiedenen Phasen des Lebens ist man ein unterschiedlicher Mensch. Für mich war diese Vorstellung unheimlich spannend, sich zwei identische Personen begegnen zu lassen, die aber gerade an einem anderen Punkt ihrer Entwicklung stehen.

Bei Ihnen lässt sich eine gewisse Entwicklung vielleicht an den verschiedenen Vornamen ablesen. Bei Ihrer Geburt nannten Ihre Eltern Sie Zowie, später waren Sie Joe und heute Duncan. Stehen diese unterschiedlichen Namen für verschiedene Etappen Ihres Lebens?
Jones: Ja, Zowie war ich als kleines Kind, dann nannte ich mich selbst Joe, was eine Art inkognito war. Ein Spitzname. Und als ich ins College ging, beschloss ich mich selbst Duncan zu nennen. Mittlerweile nennt man mich seit fast 20 Jahren Duncan. Und ja, damit haben Sie Recht, die Namen stehen für unterschiedliche Phasen in meinem Leben.

Was würden Sie Joe oder Zowie raten, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten?
Jones: Ich würde vermutlich ähnliche Sachen wie Sam sagen. In einer Szene gibt der eine Sam dem anderen Sam den Ratschlag, dass er seine Wut besser unter Kontrolle halten müsse. In jedem Fall hätte ich einer jüngeren Version von mir gesagt, dass er positiver sein soll, geduldiger, dass alles funktionieren wird.

Wie schwierig ist es für den Sohn von David Bowie als Künstler zu arbeiten?
Jones: Bisher mag er das, was ich tue. Für mich selbst ist sicher hilfreich, dass ich als Regisseur und nicht in der Musikindustrie arbeite. Dadurch gewinne ich deutlich an Freiheit und werde vor allem nicht mit ihm verglichen. Meine Arbeit als Regisseur entstand aus den Vorlieben, die mein Leben begleiten. Meine große Rebellion bestand darin, dass ich als Kind überhaupt kein Interesse an Musik hatte. Meine Eltern versuchten das zu ändern, aber ich wollte nie ein Instrument lernen. Dennoch waren mein Vater und ich uns sehr nahe. Wir schauten viele Filme gemeinsam und entdeckten das Hobby kleine One-Stop-Animationen zu drehen. So entwickelte sich mein Interesse am Film. Die Leute reden mit mir über meinen Vater, aber dabei geht es nie darum, wer besser ist. Er ist für mich wie ein wirklich erfolgreicher, älterer Bruder.

Wieso ist Ihr Protagonist Sam Bell, gespielt von Sam Rockwell, kein strahlender Held, sondern ein Handwerker?
Jones: Als ich ihm den Film vorstellte, stellten wir fest, dass er absolut nicht an moderner Technologie interessiert ist. Sam hat nicht mal eine Email-Adresse. Ich wage auch zu bezweifeln, dass er einen Computer besitzt. Immer, wenn ich etwas mit ihm besprechen will, muss ich ihm eine SMS schreiben. Seine Rolle ist ein typischer Blaumann-Träger. Einer, der heute auf einer Bohrinsel arbeitet. Wir mochten beide die Vorstellung eben keinen brillanten Wissenschaftler oder Helden zu inszenieren, sondern einen, der die Drecksarbeit macht.

Nun haben wir Ihre Vision vom Leben auf dem Mond kennen gelernt. Aber wie stellen Sie sich das Leben auf der Erde in der Zukunft vor?
Jones: Da bin ich sehr optimistisch! Was die Menschheit momentan behindert ist die Hatz nach fossilen Treibstoffen. Daher war für mich die Idee mit dem Helium-3 auch so interessant, die aber nicht die große Lösung sein muss. Ich denke vielmehr an einen Mix aus verschiedenen Energieträgern, die die Dominanz von fossilen Brennstoffen ablösen werden. Damit enden gleichzeitig auch ganz viele geopolitische Streitigkeiten. Diese alternativen Technologien werden zum Beispiel auch ermöglichen, direkt vor Ort sauberes Wasser zu gewinnen, das nicht eigens transportiert werden muss. Dieser Dreiklang aus Energie, Wasser und Verzicht auf fossile Energie eröffnet der Erde riesige Möglichkeiten. Daran glaube ich. Die Erde wird viel friedlicher und besser zu genießen sein. Die Menschen werden das bekommen, was sie brauchen.

Ein Kommentar zu “Der Mensch als isoliertes Forschungsobjekt.”

  1. Bühne |

    Moon

    Toller Film. Werden in Zukunft bestimmt noch einiges von Duncan Jones hören!

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