Karoline Herfurth

Das Glamour-Leben ist für mich kein Zuhause.

Karoline Herfurth über Verführung durch Luxus, den Film „Wir sind die Nacht“, das Vampir-Dasein und warum sie die Unsterblichkeit ablehnt

Karoline Herfurth

© Constantin Film Verleih GmbH

Karoline, seit 1912 sind angeblich mehr als 3.000 Vampir-Filme gedreht worden. Gibt es welche, die du dir explizit noch einmal zur Vorbereitung auf deine Rolle angesehen hast?
Ja, aber nicht alle 3.000 (lacht). Mir ging es vor allem darum, mir selbst ein paar wichtige Fragen zu beantworten: Wie beißt man, ohne dass es doof aussieht? Wie fliegt man authentisch? Wie bewegt sich ein Vampir? Am Ende versucht man dann natürlich, es so aussehen zu lassen wie in keinem anderen Vampirfilm zuvor – was bei 3.000 Stück seit 1912 allerdings nicht ganz einfach ist.

Man muss kein Hellseher sein, um erahnen zu können, dass es zum Filmstart von „Wir sind die Nacht“ häufig heißen wird: Das ist „Twilight“ auf deutsch. Nervt dich das bereits im Vorfeld?
Nein. Es lässt sich dann eh nicht ändern. Abgesehen davon existiert die Idee zu „Wir sind die Nacht“ schon seit fünfzehn Jahren. Die Vorlage zu „Twilight“ ist jedoch erst 2005 erschienen. Ich finde es allerdings schade, dass es immer erst einen erfolgreichen amerikanischen Vorläufer mit ähnlichem Sujet braucht, um solche Projekte hierzulande realisiert zu bekommen. Insofern muss man den Machern von „Twilight“ fast dankbar sein, denn ansonsten wäre wohl auch „Wir sind die Nacht“ nicht zustande gekommen.

Euer Produzent Christian Becker hat gesagt, du brächtest sowohl eine unglaubliche Schönheit und Ausstrahlung mit, als auch eine verträumte und leicht düstere Seite. Findest du dich in dieser Beschreibung wieder?
So etwas ist für mich selbst immer ganz schwer zu beurteilen, aber diese Einschätzung von ihm hat natürlich in Bezug auf den Film stattgefunden. Wenn er mich darin so wahrnimmt, freue ich mich natürlich darüber, denn das war meine Absicht. Vermutlich würde er aber einen ganz anderen Eindruck von mir bekommen, wenn ich in einem anderen Film in einer anderen Rolle auftauche.

Der Regisseur Dennis Gansel hat dich auch deshalb ausgesucht, weil du früh auf eigenen Beinen stehen musstest, mittlerweile zu einer der führenden Schauspielerinnern Deutschlands geworden bist und dich daher sowohl in der „normalen“ als auch in der Glamour-Welt bestens auskennst. Wo fühlst du dich persönlich denn mittlerweile mehr zuhause?
Das Glamour-Leben ist ja kein Leben im eigentlichen Sinne, zumindest nicht für mich. In meinem Fall ist das lediglich ein Teil des Berufs, und das macht ab und an durchaus Spaß. Aber als Zuhause kann ich das nicht ansehen.

Es gibt aber durchaus Kollegen von dir, die sich in dieser Welt ein Zuhause geschaffen haben.
Ja, vielleicht. Aber da bin ich dann wohl einfach anders. Ich bemühe mich sehr stark um ein normales Leben. Ich muss nicht ständig auf Partys gehen, habe keine Lust auf permanente Unterhaltung und nehme auch keine Drogen. Das ist einfach nichts für mich. Man könnte auch sagen: Ich bin langweilig.

Schauspielerei hat viel mit Disziplin zu tun. Die Vampire im Film tun jedoch, was ihnen gefällt, ergeben sich dem Rausch und genießen ohne Reue. Würdest du dir manchmal auch wünschen, ein so exzessives Leben führen zu können, ohne danach die Nebenwirkungen spüren zu müssen?
Wie gesagt: Ich bin kein großer Club-Gänger, obwohl ich wahnsinnig gerne tanze. Das tue ich dann aber häufig auf Partys innerhalb eines Filmteams, wo generell eine sehr angenehme, familiäre Stimmung vorherrscht. Und bei solchen Anlässen tanze ich auch exzessiv. Mehr Exzess brauche ich aber nicht.

Zitiert

Ich muss nicht ständig auf Partys gehen, habe keine Lust auf permanente Unterhaltung und nehme auch keine Drogen. Man könnte auch sagen: Ich bin langweilig.

Karoline Herfurth

Du bist also auch niemand, der gerne mal Regeln bricht oder Grenzen überschreitet?
Die Vampire im Film haben ja gar keine Grenzen, die sie überschreiten können; weder natürliche noch moralische. Die kennen auch keine Lebensgefahr. Das ist sicherlich faszinierend, aber für mich wäre das nichts. Dafür bin ich ein zu großer Schisser (lacht). Insofern bin ich sogar ganz froh, bestimmte Grenzen zu haben. Und solange man die als wandelbare Erfindungen begreift, empfinde ich solche Grenzen durchaus als etwas Gutes.

Du siehst sie also weniger als Einschränkung von Freiheit an, sondern…
…als verschiebbare Rahmen. Selbstverständlich können Regeln immer eine Einschränkung von Freiheit bedeuten; aber alle Grenzen und Regeln sind letztlich erfunden, und damit absolut wandelbar. Wenn man das verstanden hat, finde ich es klug, sich selbst bestimmte Grenzen zu setzen. Für mich wäre ein Leben ohne Grenzen und Regeln furchtbar. Und ganz ehrlich: Das exzessive Leben hat genauso seine Regeln. Man darf bestimmte Partys nicht verpassen, muss bestimmte Klamotten tragen, bestimmte Drogen nehmen. Das Regelwerk ist bloß auf der anderen Seite der Grenze festgeschrieben.

Bezeichnenderweise lautet der Titel eines Rock’n’Roll-Romans von Tony Parsons „Als wir unsterblich waren“. Zwischen dem Rock’n’Roll-Lifestyle und dem Vampir-Dasein im Film scheint es durchaus einige Parallelen zu geben, oder?
Im Film geht es um Überfluss. Darum, sich alles leisten zu können, sowohl moralisch als auch finanziell. Alles muss spaßig, verrückt und exzessiv sein. Der Unterschied zum Rock’n’Roll-Lifestyle ist aber sicherlich der, dass sich die Menschen da noch spüren. Die stoßen an Grenzen, wenn sie mit ihrem Hangover zu kämpfen haben. Die Vampire sind jedoch vollkommen frei. Die können machen, was sie wollen; und zwar ohne Konsequenzen. Beim Rock’n’Roll-Lifestyle geht es hingegen immer um ein Ausloten, Erweitern oder Hinwegsetzen von Grenzen. Vampire brauchen das nicht. Das Vampir-Leben ist grenzenlos.

Vampire haben außerdem kein Spiegelbild. Wäre dieser Umstand das eigentliche Horrorszenario für dich als Frau?
(lacht) Das ist ein sehr interessanter Gedanke. Wahrscheinlich wäre es aber das genaue Gegenteil, nämlich eine große Befreiung. Es käme vermutlich zu einem absoluten Sinnes- und Wahrnehmungswandel, weil man sich nur noch durch die Augen Anderer betrachten würde. Ich glaube, das wäre super.

Im Film geht es viel um Verführung: Luxus, ewiges Leben, Autarkie. Ist diese Verführung für dich nachvollziehbar?
Sicherlich nicht in vergleichbarer Form. Aber ich bin mal zu einer Modenschau nach Mailand eingeladen worden, wurde First Class eingeflogen, habe in einem krassen Luxushotel gewohnt und war nachher noch mit lauter Filmstars in einem Edelrestaurant essen. Das war in gewisser Weise schon verführerisch, weil es total neu und ungewohnt war. Trotzdem ist es mir immer wichtig, den Bezug zur Realität nicht zu verlieren. Insofern ist so etwas als Ausnahme-Event toll, aber sicherlich nicht die Welt, in der ich mich normalerweise aufhalten möchte.

In einem Interview hast du gesagt, die Unsterblichkeit würde alles wertlos machen. Ewiges Leben wäre also keine Option für dich?
Nein, denn unser Leben ist ja gerade deshalb so kostbar, weil es begrenzt ist. Es ist ein Geschenk auf Zeit. Ich sehe es als eine der größten Aufgaben des Mensch-Seins an, sich seiner Vergänglichkeit zu stellen. Wenn wir das nicht mehr hätten, würde uns etwas ganz Wertvolles verloren gehen. Und das wäre wahnsinnig schade.

2 Kommentare zu “Das Glamour-Leben ist für mich kein Zuhause.”

  1. Rosa |

    Interview

    Meiner Meinung nach ist das Interview sehr gut gelungen ! Ich muss auch eins vorbereiten und dieses Interview hat mir sehr dabei geholfen ! :)

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  2. ralf |

    Kein Spiegelbild…

    Sehr sehr schöne Frage!

    Antworten

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