Paprika Steen

Ich weiß von so vielen Scheidungen, die jahrzehntelange Verbitterung nach sich ziehen.

Paprika Steen über über ihren Vornamen, Gemeinsamkeiten von Sportlern und Schauspielern, den Film "Superclassico... meine Frau will heiraten" und die Hürden einer Ehe

Paprika Steen

© X Verleih

Paprika Steen, dänische Fußballfans sind durch den Schlachtruf "We are red, we are white, we are danish dynamite" bekannt geworden. Wann haben Sie den zum letzten Mal gebrüllt?
Steen: Ich? Niemals! Das ist eine sehr maskuline Art sich auszudrücken. Hooligans machen das. Ich bin mir dafür zu fein. (lacht) Ich habe aber fünf Brüder, die oft Fußball geguckt haben und mein Sohn spielt jetzt auch selbst. Dadurch habe ich mich immer ein wenig mit Fußball beschäftigt. Wir sind auch mal im Stadion bei einem Spiel unserer Mannschaft, dem Brøndby IF, gewesen.

Hat das gereicht als Vorbereitung für Ihre Rolle in "Superclassico…"? Sie spielen Anna, eine Fußballagentin.
Steen: Ich bin durchaus fasziniert von Sportlern. Ich kann verstehen, dass man zum Beispiel über legendäre Fußballer ganze Dokumentarfilme macht. Aber ich bin in einer Künstlerfamilie aufgewachsen. Da galt Fußball eher als Kinderspiel, das nicht ganz ernst zu nehmen ist. Erst als ich älter wurde, habe ich angefangen, mich für Sport zu begeistern. Viele meiner Freunde sind Sportler und zum Teil auch sehr erfolgreich. Ich glaube, wir verstehen einander, weil sich unsere Egos ähnlich sind. Als Schauspielerin ist man wie eine 100-Meter-Läuferin: man ist hoch konzentriert, hört "Action" und sprintet los. Man gibt für einen kurzen Moment alles, muss dann anhalten und wieder von vorne anfangen. Zumindest beim Film ist es so.

Theaterspielen wäre demnach wie ein Marathon?
Steen: Mehr wie ein Fußballspiel. Es basiert einerseits auf Teamwork und genauso auf individuellem Können. Es ist sehr interessant, Pensionäre zu treffen, die mal Schauspieler oder Sportler waren. Sie haben oft das selbe Temperament. Wenn sie im Fernsehen auftreten, reißen sie sich meistens zusammen, aber wenn man sie privat trifft, lassen Schauspieler und Sportler Ihren großen Egos oft freien Lauf.

Haben Sie eine Lieblingssportart?
Steen: Ich habe gerade angefangen, mich für Handball zu interessieren. Es ist ein sehr unterhaltsames Spiel, weil es Schnelligkeit und Kraft erfordert und gleichzeitig auf recht kleinem Raum stattfindet. Dänemark hat gerade die Europameisterschaft im Handball gewonnen, das war eine große Sache.

1992 wurde Dänemark Fußballeuropameister, wenige Jahre später machten die Filme der Dogma95-Gruppe dänisches Kino weltbekannt…
Steen: Das eine hatte mit dem anderen wahrscheinlich nichts zu tun. Aber es war eine besondere Zeit. Es waren die Neunziger. Ich liebe dieses Jahrzehnt. Es gab Bill Clinton. Der Premierminister Dänemarks, der Sozialdemokrat Poul Nyrup Rasmussen war auch eine gute Seele. Es war wie eine zweite Hippie-Ära.

Sie klingen sentimental.
Oh ja, das bin ich, nostalgisch und sentimental. Ich war damals in meinen Dreißigern. In der Zeit macht man Karriere. Man findet sich selbst und das, was man tun möchte. Die eigenen Dreißiger sind also immer eine gute Zeit. Seitdem geht alles bergab. (lacht)

Ihr neuer Film "Superclassico… meine Frau will heiraten" wurde in Argentinien gedreht. Wie kam es dazu?
Steen: Ole Christian Madsen, der Regisseur und Drehbuchautor liebt Fußball, Buenos Aires und Wein. In diesem Skript hat er das alles zusammengefügt. Als mir die Rolle angeboten wurde, konnte ich es gar nicht fassen: "Was? Wir fahren für sechs Wochen nach Buenos Aires?! Was für ein Luxus!“ (lacht) Und dann durfte ich auch noch die Filmpartnerin von Sebastian Estevanez sein, der ein wirklich hübscher junger Mann ist. Für Anders Berthelsen, der meinen Noch-Ehemann spielt, war die Zeit weniger lustig. Er musste einen Tag lang in Unterhosen durch Buenos Aires rennen, dabei ist er total schüchtern. Dann wurde er 15 Mal hintereinander in den Pool geschmissen und wieder trocken geföhnt – und das alles bei nichtmal 10 Grad. Es war Winter, als wir dort drehten und wir mussten dauernd Sommerkleidung tragen.

Anna, ihre Rolle, ist auch Mutter und Ehefrau, aber aus ihrem Familienleben in Dänemark ausgebrochen, und hat sich in Argentinien einen viel jüngeren Liebhaber geangelt. Das klingt nach einem Cougar-Klischee.
Steen: Außerdem wirkt sie manchmal ein wenig dumm und ist sie auch noch blond. (Lacht) Aber andererseits ist sie immerhin Fußballagentin und darin sehr erfolgreich. Ein reines Klischee ist eigentlich eher ihr Liebhaber, der wie der typische spanische Liebhaber daherkommt. Sebastian Estevanez, der ihn spielt, ist übrigens ein sehr populärer TV-Soap-Star. Alle Mädchen waren verrückt nach ihm, gleichzeitig hat man sich immer wieder gewundert, dass er bei uns mitspielt. Weil wir aus Europa kommen, wurden wir in Argentinien automatisch für Kunstkinofilmer gehalten. Tatsächlich haben wir ja eher eine Mainstreamkomödie gedreht.

Zitiert

Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass Partner sich weiterentwickeln wollen. Aber statt sich vielleicht auch gemeinsam zu verändern, bleiben viele einfach zusammen und machen nichts.

Paprika Steen

Eine Mainstreamkomödie, die zum Teil wie ein klassisches Drama wirkt.
Steen: Das ist sehr typisch für den Regisseur. Er hat vor einigen Jahren zum Beispiel einen Drogenfilm gemacht, "Nordkraft", das war aber kein harter Thriller. Der Film war sehr bunt und etwas überdreht. Diese Mischung scheinbarer Gegensätze macht seinen Stil aus.

In der deutschen Fassung von "Superclassico…" wird der Off-Kommentar vom Schauspieler Peter Fricke gesprochen, der vor allem als Erzähler aus "Die fabelhafte Welt der Amélie" bekannt ist. So bekommt der Film zusätzlich etwas Märchenhaftes…
Steen: Das passt doch. Der Film erzählt zwar von einer Trennung, aber eigentlich geht es darum, wie sich ein Paar, das nicht mehr miteinander funktioniert, voneinander befreit. Die fremde Umgebung hilft ihnen dabei. Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass Partner sich weiterentwickeln wollen. Man hat sich kennengelernt, sich verliebt und irgendwann sagt der eine: Ich wollte immer schon nach China gehen. Der andere wäre gerne Zoowärter geworden. Aber statt sich vielleicht auch gemeinsam zu verändern, bleiben viele einfach zusammen und machen nichts. Ich weiß von so vielen Scheidungen, die eine jahrzehntelange Verbitterung nach sich ziehen, verglichen damit ist unser Film auf jeden Fall eine Komödie.

Ohne das Ende hier verraten zu wollen: gibt für das Paar im Film eine Chance, zusammen zu bleiben?
Steen: Ja, ich glaube schon. Ich habe mich mit Anders oft darüber unterhalten. Er ist davon überzeugt, dass sie eine Chance haben. Ich könnte es mir vorstellen, aber ich denke, dass sie ein eher unruhiger Typ ist. Sie würde sich auch mit ihrem Traummann nach fünf Jahren langweilen. Sie wirkt nicht sehr bodenständig. Das war auch das einzige, was ich an meiner Rolle auszusetzen hatte: Anna hat nicht nur ihren Mann verlassen, sondern auch ihren Sohn, einen Teenager. Das macht sie ganz schön unsympathisch. Ich habe eine Sohn, der ist 11 ist und selbst wenn ich dafür eine Horror-Ehe ertragen müsste, ich könnte meinen Sohn nicht verlassen. Auf der anderen Seite kann ich Anna aber auch verstehen. Es gibt so viele Filme über die Ehe, da ist es doch toll, wenn einer mal in einer etwas ungewöhnlichen Tonlage daher kommt.

Sie haben selbst zwei Filme als Regisseurin gemacht. Worüber würden Sie in Buenos Aires einen Film drehen?
Steen: Ich würde wahrscheinlich einen Film über die Menschen machen, die wir dort getroffen haben. Argentinien ist ein Land der Extreme, es geht dort immer wieder stark bergauf und dann wieder abwärts. Die Gegensätze zwischen den Armen und den Wohlhabenden sind ungeheuer krass. Ich würde gerne dokumentieren, wie die Leute dort mit diesen Umständen leben, Leute aus unserem Filmteam, die zum Teil viel moderner und hipper eingestellt waren, als wir.

Gegen Ihre Filmidee wirkt "Superclassico…" eher wie ein Touristenfilm.
Steen: So würde eben jeder seinen eigenen Film über seine eigene Sichtweise machen. Woody Allen hat in "Vicky Christina Barcelona" ja auch nur seine Sicht auf Barcelona verfilmt. Dieser Mann aus Berlin, wie heißt der noch mal… Wim Wenders

Der kommt aus Düsseldorf…
Steen: Sehen Sie? Der hat in "Der Himmel über Berlin" ja auch Berlin auf seine Weise gesehen. Die Wirklichkeit sieht immer anders aus. Jedenfalls habe ich hier bisher nicht an jeder Ecke einen Bruno Ganz gesehen. (lacht) Und so ist "Superclassico…" eben auch das Stück Argentiniens unseres Regisseurs. Es ist keine Dokumentation.

Eine letzte Frage, die Sie wahrscheinlich schon tausend Mal gehört haben…
Steen: Warum heißen Sie Paprika? Ist das Ihr Ernst?

Leider ja.
(Lacht). Meine Mutter hatte sehr dunkle Haare, mein Vater war blond. Meine Mutter saß einige Tage vor meiner Geburt in einem Schaukelstuhl und sagte zu meinem Vater: Weißt Du was? Ich glaube, es wird ein Mädchen. Und wenn sie rote Haare haben sollte, werde ich sie Paprika nennen. Ein paar Tage später wurde ich geboren – und ich hatte rote Haare. Der Priester durfte mich allerdings nicht auf diesen Namen taufen, also wurde ich Kristine genannt, aber Paprika gerufen. Mittlerweile ist er auch offiziell als Name erlaubt. Ich treffe sogar Leute, die 30 sind und sagen: Ich heiße auch Paprika. Da ist sehr seltsam. Es gab auch eine Realityshow im Fernsehen, mit einer Sexberaterin namens Paprika Noel. Jedes Mal, wenn ich in der Sendung meinen Namen gehört habe, konnte ich es kaum ertragen. Ich will eigentlich nicht, dass andere Erwachsene so heißen, wie ich. Aber für eine Dreijährige ist Paprika ein süßer Name.

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