Ralf Schmitz

Was ich auf der Bühne tue muss immer mit mir vereinbar sein

Comedian Ralf Schmitz über Brachialhumor, Perfektion, Hibbeligkeit, den Weltuntergang und was sich die Maya-Verantwortlichen dabei gedacht haben

Ralf Schmitz

© schmitz.tv

Herr Schmitz, gibt es in Ihrem aktuellen Programm „Schmitzpiepe“ ein übergeordnetes Thema?
Nein. Ich habe das bereits beim letzten Programm erfolgreich verhindern können und es auch dieses mal wieder geschafft. Das macht auch alles viel lockerer. Durch die ganzen Improvisationen fühle ich mich wahnsinnig frei auf der Bühne. Und um die vorhandenen festen Nummern auf Biegen und Brechen etwas herumzustricken – da hatte ich dieses Mal wieder keine Lust drauf. Ist aber auch gar nicht nötig.

Wie thematisieren Sie den diesjährigen Weltuntergang in „Schmitzpiepe“?
Sehr vielfältig natürlich! Alles in allem werfe ich einen Ausblick in die nahe Zukunft der zeigt, dass wir alle doch ziemlich sicher Glück haben werden. Und der ein oder andere Zuschauer aus dem Publikum wird möglicherweise sogar während einer Improvisation selber mit dem Thema umgehen müssen. So kann man den Weltuntergang bei mir sozusagen am eigenen Leib erfahren, ist doch auch schön (lacht).

Sind Sie abergläubisch?
Wegen des drohenden Weltuntergangs?

Sowohl als auch …
Nein, Quatsch! Ich bin davon überzeugt, dass sich die Mayas damals einfach nicht so viel Arbeit machen wollten. Die Verantwortlichen haben sich bestimmt gedacht „Jetzt machen wir mal bis 2012 und wenn wir bis dahin noch existieren, dann gucken wir mal“ (lacht). Nein, Aberglaube kenne ich generell nicht… …obwohl, wenn ich ehrlich bin ein bisschen, aber nur was Theaterrituale betrifft. Kurz vor der Show muss ich immer mit der gesamten Crew zusammen drei mal über die linke Schulter spucken, sonst kann ich nicht da raus gehen und loslegen.

Sie sind Vertreter einer eher familienfreundlichen Komik. Wie stehen Sie zu brachialeren Kollegen wie Rainald Grebe oder Serdar Somuncu?
Serdar Somuncu habe ich noch nie gesehen, wie ich zu meiner absoluten Schande gestehen muss. Aber brachiale oder wenn wir so wollen anarchistische Comedy hat genauso ihre Daseinsberechtigung wie meine Art von Komik. Für mich wäre es auf der Bühne nichts, ich könnte das auch gar nicht. Aber wenn irgendwelche Kollegen sich dazu berufen fühlen, dann sollen sie das machen. Es ist ja für alle genug Publikum da und außerdem mischt sich das ja auch. Jemand der sich heute Ralf Schmitz ansieht, geht vielleicht morgen zu Serdar Somuncu und lacht sich da weg.

Was muss man von dem Ralf Schmitz auf der Bühne subtrahieren oder hinzuaddieren, um den realen, privaten Ralf Schmitz zu bekommen?
Gar nicht mal soviel. Ich sitze nicht morgens beim Frühstück und erzähle dabei ein halbes Programm, klar. Also am Stück Späßchen machen tue ich privat natürlich nicht. Aber alles in allem steht da auch oft der private Ralf auf der Bühne, der auch einiges von seiner Persönlichkeit zeigt. Ich fände es auch nicht gut, wenn mein Publikum den Eindruck bekommen würde, dass ich ihm etwas vorspiele, was ich nicht bin.

Ihr Markenzeichen auf der Bühne ist vor allem das ständige unter Strom stehen. Kann man Sie im privaten Alltag auch so erleben?
(Lacht) Jeden Tag! Ich ärgere mich auf die gleiche Art, wie ich mich freue. Das muss dann auch raus, sonst wird man ja krank. Man wünscht sich im Alltag ja oft, über alles lachen zu können und sich gar nicht erst aufzuregen – vergiss es, das schaffe ich nie! Wenn ich zum Beispiel mit dem Auto in der Stadt unterwegs bin, möchte ich die Leute vor mir manchmal mit dem Rammbock von der Straße schieben. Oder wenn ich selber irgendetwas Blödes gemacht habe ärgere ich mich tierisch über mich selbst. Also natürlich nerven mich Alltäglichkeiten genauso, wie andere Menschen auch. Ich schaffe es allerdings oft, nach dem Ärger über die Situation zu lachen.

Zitiert

Die Maya-Verantwortlichen haben sich bestimmt gedacht: Jetzt machen wir mal bis 2012 und wenn wir bis dahin noch existieren, dann gucken wir mal.

Ralf Schmitz

Sind Sie ein Perfektionist? Schauen Sie sich zum Beispiel Aufzeichnungen von Auftritten an und analysieren sich selbst hinterher?
Ja, da bin ich nicht anders als viele Kollegen. Ich nehme sogar jede einzelne Vorstellung auf. Sicher gucke ich mir nicht jede an, aber ich möchte die Möglichkeit dazu haben. So kann ich dann später noch mal an eine Stelle spulen, an der ich am Abend zuvor eine Unsicherheit hatte. Die Aufzeichnungen helfen mir aber auch andersherum: Manchmal entstehen in den Improvisationen tolle Ideen, die kann ich mir ja aber nicht alle merken. Und ganz abgesehen von den Videos setzen meine Leute und ich usn jeden Abend nach der Vorstellung zur Manöverkritik zusammen, und was uns negativ aufgefallen ist wird geändert. Auch wenn es die vorletzte Vorstellung einer Tour ist, bastle ich für den letzten Abend noch daran herum. Dafür werde ich manchmal schon schräg angesehen.

Vor zehn Jahren waren Sie einer der großen Newcomer in Deutschland, heute haben Sie sich in der Comedy-Szene etabliert. Mittlerweile drängen neue Talente von hinten nach und die früher Altvorderen sterben langsam weg …
(lacht laut)

… was ist es für ein Gefühl, in Ihrem Metier älter zu werden? Steigt der Druck, ständig witziger sein zu müssen oder wiegt einen das eigene Stammpublikum in Sicherheit?
Beides nicht. Sicher fühlen ist gefährlich, zu viel Angst haben ist auch Quatsch. Ganz im Ernst: Die Kollegen mit Argusaugen beobachten und analysieren, was die aktuell so machen, ist total witzlos. Das wichtigste ist in meinen Augen authentisch zu bleiben und das zu machen, was man kann. Was ich auf der Bühne tue muss immer mit mir vereinbar sein und ich muss es gerne tun, gerade als Comedian und Schauspieler. Was anderes bleibt einem ohnehin nicht übrig. Wenn man immer bei sich bleibt – ohne stehen zu bleiben oder Neues abzulehnen – und sich dabei kontinuierlich entwickelt, dann kann eigentlich nix schiefgehen glaube ich. Und wenn die Leute mich irgendwann nicht mehr sehen wollen, dann muss ich eben damit leben und etwas ganz anderes machen.

Wie wichtig ist es denn bei all den Kollegen, sich abzusetzen, eine eigene Nische zu finden?
Sicher ist das wichtig. Aber meine „Ralf Schmitz Nische“ wenn man so will ist ja nicht entstanden, weil ich mir eines Tages mal gedacht habe: „Hm, ab jetzt mache ich am besten auf hibbelig und rede schnell“. Das ist ein Teil meines Charakters und es hat sich so ergeben, dass ich damit einen gewissen Erfolg habe. Glück gehabt, da gab es wohl einfach noch keinen der so war wie ich, wunderbar (lacht)!

Könnten Sie guten Gewissens einmal ein ganzes Jahr aussteigen, oder hätten Sie eher Bedenken, immer „dran bleiben“ zu müssen, um Ihr Publikum nicht zu verlieren?
Ein ganzes Jahr? Könnte ich gar nicht aushalten! Vielleicht in zehn Jahren, wer weiß. Aber mal so ein Jahr ausstiegen, nein … ich wüsste auch gar nicht warum, der Gedanke liegt mir total fern. Das hat auch gar nichts mit der Angst zu tun, Publikum verlieren zu können. Ich dreh doch schon nach zwei Wochen Urlaub durch und muss wieder an irgendetwas arbeiten.

Worüber haben Sie zum letzten Mal beim Blick in die Zeitung laut gelacht?
Beim Zeitungslesen nehme ich mich nicht auf Video auf, Mensch! Da kann ich mich jetzt doch auch nicht mehr so genau dran erinnern (lacht). Da war dieses Interview mit irgendeinem Experten über das aktuelle Weltgeschehen. Thematisiert wurde so ziemlich alles Politik, Wirtschaft, Umwelt … jedenfalls war das Fazit des guten Mannes: „Ist doch alles gar nicht sooo schlimm“. Da musste ich laut lachen, der Mann hat mir gefallen. Ich finde das auch ganz wichtig! Denn bei aller Kritik, bei aller Vorsicht, bei allen Schwierigkeiten, die weder wegzudenken noch wegzudiskutieren sind – man darf vieles nicht negieren, aber man sollte auch vieles relativieren. Man muss sich den Atem lassen um „Aber es könnte auch anders laufen“ sagen zu dürfen, nur um Kraft zu schöpfen. Wenn man den Menschen ständig vorhält, dass in der Zukunft alles noch schrecklicher und noch furchtbarer wird, wo soll denn da überhaupt noch die Kraft herkommen, das Blatt eventuell wieder wenden zu können? Das führt zu Resignation. Und die ist nie gut.

Ralf Schmitz, 1974 in Leverkusen geboren, lebt in Köln und ist ausgebildeter Schauspieler. Seine Comedy-Karriere begann im Bonner Kabarett-Ensemble „Die Springmäuse“. 2003 wechselte er zur mehrfach preisgekrönten TV-Sketch-Serie „Die dreisten Drei“ mehr

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