Goldie, als erstes die Frage: was ist die beste Vorbereitung für ein DJ-Set?
Goldie: Also, man sollte sich nicht zu viel vorbereiten, vielleicht ein bisschen Schlaf und ein gutes Steak vorher – das ist nie falsch. Ich bin jetzt aber schon so lange DJ, da ergeben sich die Sachen ganz von alleine, man muss sich nicht großartig vorbereiten.
Auch nicht die Plattenkiste?
Goldie: Nein, die ordne ich nicht extra für eine Party. Meine Plattenkiste verändert sich sowieso ständig, es kommen ja fast jeden Tag neue Platten dazu, die ist also immer neu gemischt.
Wie entscheidest du dich, welche Platte du auf einer Party als erstes auflegst?
Goldie: Also, ich kenne meine Platten ziemlich gut und normalerweise sind es ungefähr fünf Platten die am Anfang in die engere Wahl kommen – und eine davon schießt mir dann irgendwie entgegen. Aber es stimmt, die erste Platte ist für den Abend sehr entscheidend. Mir ist das in dem Moment nicht so bewusst, aber die erste Platte entscheidet, wie der Rest deines Sets laufen wird.
Was trinkst du während eines Sets?
Goldie: Wodka, einfach Wodka on ice, kein Wasser, kein Bier. Wenn du mich jetzt fragst, warum, habe ich keine besondere wissenschaftliche Erklärung für – Wodka macht dich eben schnell betrunken, ganz einfach.
Die Drum’n’Bass-Szene hatte ihren Ursprung vor allem in Londoner Underground-Clubs Anfang der 90er. Wann hast du zuletzt in solch einem Club aufgelegt?
Goldie: Das war erst letzte Woche in Cambridge. In diesen Clubs legen eigentlich alle aus der Szene regelmäßig auf. Irgendwann wirst du aber auch gefragt, in anderen Städten und Ländern aufzulegen. Aber das macht für mich dann keinen Unterschied, das hat auch keinen Einfluss darauf, was ich an dem Abend spiele. Ich spiele die gleiche Musik in einem kleinen Club vor hundert Leuten genauso wie in einem großen Club vor 1000 Leuten.
Nun gibt es heutzutage immer mehr sogenannte „Corporate Partys“, die durch große Unternehmen aus der Mode-, Tabak-, oder Food-Branche organisiert werden, meist natürlich als Werbezweck …
Goldie: Auch das macht für mich keinen Unterschied, große Firmen hin oder her, das kümmert mich nicht. Auf solchen Partys erreichst du ja zum Teil auch andere Leute, die vielleicht nicht in irgendwelche Underground-Clubs gehen, aber natürlich trotzdem Drum’n’Bass mögen. So was wie Corporate Partys lässt sich auch gar nicht vermeiden, das ist Teil der gesamten Marken- und Firmenwelt.
Gehört das für dich auch zur Popkultur?
Goldie: Ja, es gehört schon irgendwie zusammen, die Industrie treibt die Popkultur an, aber die Popkultur treibt auch umgekehrt die Industrie an, weil sie für die Leute glaubwürdiger und nicht nur oberflächlich ist.
Vor ein paar Jahren war Drum’n’Bass ja auch im Werbefernsehen sehr präsent…
Goldie: Ja, aber ich glaube das war in Deutschland viel mehr der Fall als irgendwo anders, auch viel mehr als bei uns in Großbritannien. Das ist aber immer so, in ihrem Ursprungsland ist eine Kultur nie so bekannt, wie in den Ländern, in die sie exportiert wird. HipHop in New York zum Beispiel, als diese Szene entstand gab es in den USA anfangs sehr viel Werbung mit HipHop-Musik, aber das war schnell vorbei und ging über in andere Länder. Dafür hört man in den USA in der Werbung jetzt öfter zum Beispiel Latin-Musik
Du hast in den letzten Jahren auch Erfahrungen mit dem Fernsehen machen können (Goldie verweilte beispielsweise ein paar Tage im englischen BigBrother-Container).
Goldie: Ich gucke nicht wirklich viel Fernsehen, nur jede Menge Fußball. Und wenn ich auf Tour im Ausland bin, den Fernseher im Hotel anmache und den Ton ausschalte, dann sehe ich immer wieder, wie kommerziell das alles ist: das ganze Fernsehen eine einzige riesige Werbung, das macht einen verrückt.
Und BigBrother, wie hat es dir Ende 2002 im Container gefallen?
Goldie: Gut, ich habe ja nichts zu verbergen, das war keine so besondere Erfahrung für mich. Mein Ziel war ja das Geld, was ich für meine Teilnahme bekommen habe und das ich dann obdachlosen Kindern gespendet habe. 35.000 Pfund für obdachlose Kinder, das war also kein schlechter Deal.
Zurück zur Musik, kannst du dich eigentlich noch an deine ersten Erfahrungen mit Drum’n’Bass erinnern?
Goldie: Nicht besonders gut, ich habe damals Techno und House gehört, der aus Eruopa rüberkam und der seine Ursprünge in Detroit hatte. Dann kam später HipHop dazu, es hat sich langsam miteinander vermischt, ich habe angefangen mit Breaks zu experimentieren, Techno-Sounds …
Und wann wurde Drum’n’Bass daraus?
Goldie: Das weiß ich nicht, das ist irgendwann so gekommen. Während du daran arbeitest, merkst du das eigentlich nicht. Irgendwann guckst du dann zurück und denkst, wir haben jetzt Drum’n’Bass kreiert. Ich war mir dessen aber nie besonders bewusst. Ich glaube auch, dass kein Musiker sich dessen bewusst ist, wenn er einen neuen Stil erfindet, das ist nie eine bewusste Entscheidung.
Ich bin als Jugendlicher in dieser Szene aufgewachsen, aber es war auch irgendwann langweilig, immer nur auf Partys zu gehen, ohne selbst Musik zu machen. Also wurde ich DJ und musste nun nicht mehr vor den Clubs in der Schlange an der Kasse warten.
Du bist nach wie vor als DJ sehr viel unterwegs – siehst du das Auflegen auch als Arbeit?
Goldie: Nein, ich sehe das nicht als Arbeit, nur das Geld, was du für den Job bekommst, erinnert dich vielleicht daran, dass es Arbeit ist. Ich gehe immer wieder gerne in die Clubs um Musik zu spielen.
Und Langeweile ist bei dir noch nie aufgekommen?
Goldie: Nein, ich war zum Beispiel gerade in den USA und hatte 27 Gigs – innerhalb von 36 Tagen, also fast jeden Abend. Aber mich langweilt das keineswegs, mir macht das Spaß.
Auch das viele Reisen?
Goldie: Das gehört einfach dazu, Reisen, neue Leute kennen lernen. Oft ist ja auch so, dass du dich gar nicht so besonders an ein einzelnes DJ-Set in irgendeiner Stadt erinnerst, sondern oft an ganz andere Dinge, was auf dem Weg zum Flughafen passiert ist, oder am Strand … Das Reisen inspiriert dich natürlich auch.
Unsere Schlussfrage: Das Leben ist ein Comic – welche Figur bist du?
Goldie: Ich bin der Hund in der Cartoon-Serie „Family Guy“, eine sehr lustige Figur. Er hat eine sehr, witzige, natürliche Sicht auf das Leben -er ist eben ein Hund und Hunde betrachten die Welt ganz anders, die müssen kein Geld verdienen, geben keins aus, sie essen und scheißen den ganzen Tag nur und gucken sich die Leute an, die an ihnen vorbeilaufen.