Jessica Schwarz

Ich nehme Männer gerne in den Arm. Und auf den Arm.

Schauspielerin Jessica Schwarz über Beziehungen auf der Leinwand und in der Realität, Lebensversicherungen und die Komödie „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken können“

Jessica Schwarz

© Constantin Film

Jessica, dein neuer Film „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken.“ orientiert sich an dem gleichnamigen Bestseller. Welchen Ratgeber hast du dir zuletzt gekauft?
Schwarz: „Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus“ ist der einzige Ratgeber, den ich mir jemals gekauft habe. Ich habe drei Seiten gelesen und dann gemerkt, dass mir das nichts bringt. Was die da einem beibringen wollen, möchte ich lieber aus eigenen Erfahrungen selber lernen.

Hast du dich als Teenager eher an Ratschläge deiner Eltern orientiert oder an Dr. Sommer aus der BRAVO? Immerhin hat mit der Wahl zum BRAVO-Girl des Jahres 1993 deine Karriere begonnen.
Schwarz: Da kam natürlich von allem ein bisschen zusammen. Unsere Familie ist schon relativ offen mit solchen Themen umgegangen. Aber da meine Eltern einen Zeitungsladen hatten, bin ich auch mit Magazinen aufgewachsen. Das Thema war bei uns nie ein geschlossenes Buch. Ich habe auch immer viel nachgefragt, andere Beziehungen beobachtet und aus eigenen gelernt.

Wie steht es mit dem Erkenntniswert von Filmen?
Schwarz: Klar, wenn man ein junges Mädchen ist und zum ersten Mal „Vom Winde verweht“ sieht, denkt man: Ja, das ist es. Dieser Kuss! Aber ansonsten sind Liebesfilme nicht so mein Genre. Die Arzt-Serie „Grey’s Anatomy“ berührt mich eher, weil sie auf fast dokumentarische Weise typische Probleme der etwa 30jährigen behandelt. Manchmal ist das so nahe an der Realität, dass man wegschauen möchte. „Sex and the City“ wurde von manchen auf ähnliche Weise für die Dokumentation der Frau von heute gehalten. Das stimmt auch, zumindest, was die Tatsache angeht, dass Frauen untereinander viel mehr und offener über Sex reden, als Männer.

Warum sind sie sich da so sicher?
Schwarz: Weil ich nachgefragt habe. Viele Männer sagen: Ich finde das immer so toll, wie ihr Frauen miteinander redet, worüber ihr euch austauscht. Bei uns findet der gar nicht so statt. Und wenn ich mal mit einem Mann über Sex reden will, bin ich immer wieder überrascht, wie wenig da erstmal kommt. Die Männer müssen sich daran erstmal gewöhnen.

Welche Vorurteile über die Unterschiede von Männern und Frauen treffen denn nicht mehr zu?
Schwarz: Es ist zwar immer noch so, dass Männer eher die Verteidigung ihres Reviers als ihre Sache betrachten: So, ich beschütze jetzt meine Familie! Trotzdem kann er auch mittlerweile seine weiche Seite leben und die Frauen dürfen endlich auch mal reden (lacht). Es war ja lange nicht gesellschaftlich gewünscht, dass wir sagen, was wir wirklich denken. Das überfordert einige immer noch, wird sich aber wohl wieder einpendeln. Aber obwohl auch durch diese Freiheit der Eindruck eher bestätigt wird, dass Männer und Frauen eigentlich nicht zusammenpassen, bleibt die Romantik vorhanden. Die Unterschiede sind ja gerade das Spannende. Streitet euch, vertragt euch, findet euch! Egal, wie lange das dauert.

Gibt es Parallelen zwischen dir und deiner Filmrolle Katrin?
Schwarz: Katrin verfolgt mit großer Leidenschaft ihren Beruf und nimmt diese Leidenschaft auch in ihr Privatleben mit. Sie ist eine Romantikerin, hat das Herz am rechten Fleck – ich denke schon, dass es da Verbindungen gibt. Aber sie tut tougher, als sie eigentlich ist, und das mache ich eher nicht.

Die Autoren der Buchvorlage von „Warum Männer nicht zuhören…“ Allan und Barbara Pease kommen aus der Versicherungsvertreterbranche. Das Bedürfnis nach Sicherheit in Sachen Beziehungen hat ihren Ratgeber zum Weltbestseller gemacht. Kannst du das Bedürfnis nach Versicherung teilen?
Schwarz: Ich habe mit 12 bei meiner Bank gestanden und gesagt: Ich möchte gerne eine Lebensversicherung haben. Mich hat schon als Kind das Risiko gereizt und ich habe damals wohl gespürt, dass ich mein Potential ausreizen will. Und da wäre eine Lebensversicherung gar nicht so schlecht gewesen. Ich habe ein extrem hohes Freiheits- und Ausprobierbedürfnis, andererseits bin ich auch mal froh, wenn ich in den Arm genommen werde und gesagt bekomme: Bei mir bist du sicher.

Die Schauspielerei gilt gemeinhin als eher unsicherer Beruf.
Schwarz: Das stimmt. Allerdings war ich mir so lange unsicher, ob ich überhaupt Schauspielerin werden will, dass ich nicht weiß, ob es so schlimm wäre, wenn der Beruf für mich irgendwann nicht mehr funktionieren würde. Im Moment fühlt er sich für mich allerdings meistens sicher an, obwohl ich für das nächste Jahr noch keine Rolle fest habe. Aber das ist eben auch spannend. Jeden Moment könnte meine Agentur mein lautloses Handy vibrieren lassen und mir mitteilen: Hier liegt ein wunderbares Buch auf dem Tisch. Das solltest du machen.

Regisseur Leander Haussmann hat dich von „Warum Männer nicht zuhören…“ angeblich überzeugt weil er sagte: „Mit diesem Film könnt ihr alle euren Ruf verlieren.“
Schwarz: Das stimmt. Es fing damit an, dass ich drei Castingszenen bekommen habe. Mein Agent hat die gelesen und gemeint: Du willst da hin? Ich habe mich gefragt: Ist das wirklich mein Humor? Aber von Leander hatte ich noch keine schlechten Sachen gesehenen, also ging ich zum Casting. Dort konnte ich mit dem Lachen nicht mehr aufhören und als er dann noch diesen Spruch raus haute, dachte ich nur: Wunderbar!

Zitiert

Wenn man ein junges Mädchen ist und zum ersten Mal "Vom Winde verweht" sieht, denkt man: Ja, das ist es. Dieser Kuss!

Jessica Schwarz

Hast du die Entscheidung bereut, als du im Neandertalerkostüm spielen musstest?
Schwarz: Bereut nicht. Im Voraus war das sehr anstrengend, weil man für die Maske so eine pinkfarbene Masse über den Kopf gegossen bekommt, die sehr schnell hart wird und man denkt, hier kommt man nie wieder raus. Der Dreh begann dann sehr merkwürdig. Wir standen alle auf einer großen Bühne und hatten Schwierigkeiten, uns gegenseitig überhaupt zu erkennen. Wir sollten auch eine eigene Sprache entwickeln. Matthias Matschke lernte gerade japanisch und so hatte sein Neandertalisch einen japanischen Einschlag, der von Benno Fürmann war amerikanisch und meiner eher hessisch. Es hat dann zwei Stunden gedauert bis wir nicht mehr vor lauter Peinlichkeit über uns selber lachen mussten. Als wir dann über unseren Schatten gesprungen waren und begannen uns zum Affen zu machen, wollten wir gar nicht mehr aufhören. Auch in den folgenden Tagen sind wir immer wieder in diese Sprache aus Lauten und Gesten zurückgefallen.

Benno Fürmann musste für eine Szene nackt über den Ku’damm sprinten. Hättest du das auch gemacht?
Schwarz: Ich war nicht dabei, als das gedreht wurde. Ich hab davon nur am nächsten Tag in der Zeitung gelesen. Ob ich das auch machen würde, kommt auf die Überzeugungskraft meines Regisseurs an. Allerdings bekommt diese Szene durch die tragisch komische Figur von Katrins Mann Jan etwas unschuldiges Schönes. Einer Frau wäre das wahrscheinlich gar nicht passiert. Die hätte eine viel bessere Strategie, um nicht nackt auf dem Ku’damm zu landen.

Gibt es Eigenheiten der Spezies Mann, die du bewunderst?
Schwarz: Ich mag die Sachlichkeit der Männer, das sie sich nicht ständig hoch emotional immer wieder vorwerfen, was und warum wer was getan hat. Das nervt mich manchmal an mir selbst und ich finde gut, dass Männer dann auch mal sagen: Ich habe jetzt gerade keine Lust mehr, darüber zu reden. Und ich kann kaum glauben, wenn ich dann aus meinem Mund so einen Klischeesatz höre wie: Du hörst mir überhaupt nicht zu! Da mag ich schon lieber die männliche Art, sinnlos über Fußball zu diskutieren oder einen Abend mal nur die Sau rauszulassen, statt immer alles so zu zerreden.

Welcher Männertyp aus deinem neuen Film wäre dir denn selbst am liebsten. Der zottelige Weltenbummler, der brave Papa oder der kindsköpfige Managertyp Jan?
Schwarz: Eher der Jan. Er hat Spaß an seinem Leben. Er strahlt etwas Männliches aus, sieht aber schon seine Fehler und versucht, mit ihnen umzugehen. Allerdings bin ich nicht der Typ, der auf ein Statussymbol, wie sein Auto anspringen würde.

Also darf ein Mann auch mal Schwäche bei dir zeigen?
Schwarz: Sehr, sehr gerne. Ich nehme Männer gerne in den Arm. Und auf den Arm. (lacht)

Zurzeit stehst du als 1827 geborene Tony in der Verfilmung von Thomas Manns „Buddenbrooks“ vor der Kamera. Fällt dir dieses Zurückfallen in der Zeit schwer?
Schwarz: Ich genieße es, in den Kostümen dieser Zeit zu stecken, mit den Etiketten des 19. Jahrhunderts behandelt zu werden und gleichzeitig zu merken, wie toll es ist, eine moderne Frau zu sein. Daher fällt mir das Umsteigen leicht, auch weil wir versuchen, mit der Sprache so umzugehen, als wäre es unsre eigene. Es hat drei Wochen gedauert, bis wir uns an die alte Sprache gewöhnt hatten, aber jetzt funktioniert es.

Was kann man für heute noch lernen aus der damaligen Zeit?
Schwarz: Ich finde schön, dass man sich eine gewisse Form von Respekt gezollt hat. Schon durch die Art der Kleidung hat man eher Abstand zueinander gehalten und ist sich eher über Gespräche oder Briefe näher gekommen, anstatt sich gleich zu nehmen, was man will. Ich würde allerdings nicht so weit gehen, Vernunftehen zu verteidigen. Viele sagen zwar, da könne man wenigstens nicht enttäuscht, aber eventuell von entstehenden Gefühlen überrascht werden. Aber da fehlte mir dann doch die Leidenschaft. Außerdem wäre es mir auf Dauer sicher zu anstrengend, täglich drei Stunden für das Ankleiden zu brauchen, nur um zum Bäcker zu gehen. (lach)

Dass Männer und Frauen erstmal einen größeren Abstand wahren sollten klingt nicht nur romantisch, sondern fast konservativ.
Schwarz: Dieses Schamhafte, die lange Zeit, die bis zu einer Berührung verstrich, der Respekt vor Körper und Geist ist etwas Schönes, was mich auch berührt. Heutzutage geht mir vieles viel zu schnell. Wenn jedes Kind sich Pornos im Internet angucken kann, macht mir das große Angst. In meiner Generation hat man mit 15,16 seine ersten sexuellen Erfahrungen gemacht. Mittlerweile ist der Schnitt noch weiter nach unten gesunken. Aber wenn man das Pure, was der eigene Körper hat gleich mit 13,14 verbrät, was soll danach noch kommen? Es geht dann eher schneller bergab,

Nutzt du selbst denn die Vorteile des Internets?
Schwarz: Ja, aber zum Kommunizieren relativ selten. Über Emails halte ich Kontakte eigentlich gar nicht. Eher rufe ich an oder statte meinen Freunden einen Besuch ab.

Mit „Der rote Kakadu“, den „Buddenbrooks“ und auch Dank des Retrocharmes von „Warum Männer nicht zuhören…“ bist du zur Zeitreisenden des deutschen Films geworden. Welche Epoche würdest du selbst gerne noch erkunden.
Schwarz: Das Berlin der 20er Jahre. Das war eine Stadt, die sich gerieben hat, die geblüht hat, in der viel erschaffen wurde. Da gab es Lebendigkeit, Mysterien, Untergründe die ich spannend finde.

Heute scheint mir Berlin wie nervös aufgeladen von den Erwartungen seiner Besucher und als Bewohner fragt man sich ein bisschen angestrengt: Was wollen die alle hier?
Schwarz: Dieses Aufgeladensein empfinde ich auch. Aber es strengt mich nicht an. Viele Leute verwirklichen auch ihre Vorstellungen von Berlin, wenn sie hierher kommen. Es ist eine Spannung in der Luft, man zieht sich in Ecken zurück, redet, feiert. Die Menschen kommen hierher wie zu einem Date, mit allen Erwartungen und romantischen Vorstellungen. Und ich freue mich in einer Stadt zu leben, der so etwas gerade passiert.

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