LTJ, Conrad, Nookie – wo spielt Ihr am liebsten, wenn Ihr auf Tour seid?
LTJ Bukem: Das werden wir oft gefragt, jeder Ort hat etwas eigenes und du triffst unterschiedliche Leute. Für mich als DJ spielt aber letztendlich die Soundanlage die entscheidende Rolle. Ich will für die Leute nur den besten Sound. Ganz egal wo ich in der Welt spiele – das wichtigste ist die Anlage.
MC Conrad: Auch in Deutschland gibt es jede Menge gute Clubs, vor allem in Frankfurt, München oder Nürnberg. Aber meistens liegt alles an der Anlage. Wenn wir vom ‚besten‘ Club sprechen geht es darum, wie gut wir in diesem Club arbeiten können.
Nookie: Ich mag London sehr, da fühl ich mich zu Hause. Welcher Club nun aber der beste ist ist schwierig zu sagen, manchmal hast du in einen Club einen super Abend und am nächsten Tag ist es im gleichen Club das Gegenteil.
Seht Ihr London immer noch als die Heimat von Drum’n’Bass?
LTJ Bukem: London ist die Stadt wo Drum’n’Bass entstanden ist, wo es geschaffen wurde. Aber hat Musik eine Heimat, ein Zuhause? Ich finde die Musik ist immer da zu Hause, wo sie gerade gespielt wird.
Immer mehr hört man Drum’n’Bass nicht nur in Clubs, sondern die Musik wird oft auch in Filmen oder Werbespots verwendet. Wird Drum’n’Bass eine Tages Musik für die Massen sein?
Nookie: Wäre doch Ok. Deswegen machen wir ja Musik um viele Leute zu erreichen. Du willst ja, dass man deine Musik hört, überall, weltweit. Du willst, dass die Leute deine Arbeit hören, Deine Definition von Musik.
MC Conrad: Drum’n’Bass ist sicher tauglich zum Mainstream und kann durchaus Musik für die Masse sein. Das finde ich in Ordnung solange sich der Sound nicht aus kommerziellen Gründen ändert und beeinflusst wird. Kommerziellen Input bekommt die Musik dann, wenn der Musiker oder die Plattenfirma die Massen auf sehr schnellem Wege erreichen will und der Musiker bearbeitet seine Musik so lange, bis sie den schnellen Erfolg verspricht. Aber es gibt jede Menge Künstler, die es auch ohne den kommerziellen Einfluss sehr weit bringen, die ihre Musik einfach gut promoten und in die Öffentlichkeit bringen.
LTJ Bukem: Ich sehe bisher noch keine Tendenz, dass Drum’n’Bass zum Mainstream wird, oder gab es etwa schon mal einen Drum’n’Bass-Titel in den Pop-Charts?
Ich glaube nicht, aber es lässt sich hin und wieder beobachten, dass die Tracks kürzer werden, es kommt mehr Gesang dazu – mehr etwas für den Durchschnittshörer.
LTJ Bukem: Wovon Du gerade sprichst ist kommerziell orientiertes Drum’n’Bass, Musik die in erster Linie produziert wird, um sie zu verkaufen. Wovon ich rede und was wir machen ist etwas ganz anderes und keine kommerzielle Musik. Wir machen keine 3-Minuten-Tracks oder bereichern einen Titel mit Vocals nur damit Millionen von Leuten unsere Platten kaufen. Jedes kleine Stück Gesang kommt dazu, weil wir es so konzipieren und weil es so gedacht ist und nicht weil wir planen zwei Millionen CDs zu verkaufen. Meine Musik zu verändern nur damit sie sich vielleicht besser verkauft kommt für mich nicht in Frage. Unter solchen Umständen wäre ich wohl lieber Briefträger und würde meine Musik in der Freizeit machen. Ich kann nicht überleben, wenn ich nicht die Musik machen kann, die ich mag.
Fühlst Du Dich als DJ respektiert als Musiker im traditionellen Sinne?
LTJ Bukem: Ich bin Musiker, klar. Es gab mal einen bekannten Jazz-Schlagzeuger, der hat auf die gleiche Frage geantwortet, er wäre kein Musiker, weil er nicht Klavier spielen kann und dies und das nicht könnte. Aber er war einer, er komponierte, brachte Klavierparts zusammen, organisierte – er war durch und durch Musiker. Für mich besteht da kein Unterschied egal welche Fähigkeit und Übung hinter einem steckt, ob Du nun Klavier spielen kannst oder nicht. Du machst Musik und zeigst wer du bist.
Nookie: Ich finde, wenn du Musik machst bist du Musiker, auch wenn Du nur einen Rhythmus auf einer Mülltonne spielst.
Wenn Ihr in den Clubs spielt, bekommt Ihr vom Publikum immer eine Reaktion, ein Feedback oder Gefühl zurück?
Nookie: Ja, das ist doch der Grund, weshalb wir in die Clubs gehen. Du spielst deine Musik oder deine Auswahl von Musik und die Menge gibt dir dieses Feedback. Sonst im Studio arbeitest du ja nur für dich, aber dann gehst Du raus in die Clubs und stehst in Verbindung zum Publikum.
Wie würdet Ihr dieses Gefühl im Club beschreiben?
LTJ Bukem: Es gibt Dir eine Art Kick, wenn Du an den Turntables stehst und die Musik spielst, die du magst. Und irgendwann beginnen die Leute sich mit dir in Verbindung zu setzen, sie verstehen dich und deine Art Musik zu machen. Das kann man fühlen, einfach ein cooles Gefühl.
Die Verbindung zum Publikum, kommt die sofort, oder dauert das immer eine Weile?
LTJ Bukem: Die kann innerhalb von einer Sekunde da sein. Ich weiß doch aber nicht, welche Platte Dich meinetwegen heute Abend glücklich macht, du kannst vorher nie wissen, wann die Leute reagieren oder nicht. Ich kontrolliere als DJ ja nicht Deine Gefühle.
MC Conrad: Das ist ja auch Teil unserer Arbeit. Wir haben eine Kiste mit Platten dabei, ich hab verschiedene Texte und du guckst einfach was auf der Tanzfläche passiert. Du guckst, wer worauf reagiert, wer durchdreht und wer Kontakt zu dir aufnimmt und dich vielleicht anlächelt. Manchmal stehen Leute den ganzen Abend gelangweilt am Rand der Tanzfläche und tanzen dann aber für 15 Minuten wie verrückt.
LTJ Bukem: Es ist ein schönes Gefühl, vergleichbar vielleicht mit einem Evangelisten der das Evangelium verbreitet, die Person zu sein, die dem Publikum neue Musik bringt. Wenn ich in einen Plattenladen gehe und mir neue Musik anhöre bin ich immer begeistert und total happy diesen neuen Sound zu bekommen. Ähnlich ist das Gefühl beim Publikum, wenn die Leute Musik hören, die sie noch gar nicht kennen.
Nookie: Für mich hängt das Gefühl auch davon ab, ob ich meine eigenen Platten oder die von anderen Musikern spiele. Es ist ein großartiges Gefühl wenn du weißt, diese Platte hast du im Studio produziert und jetzt reagiert das Publikum auf deine Musik und deine Ideen.
Und LTJ, spielst Du lieber eigene Platten oder die von anderen Künstlern?
LTJ Bukem: Das klingt vielleicht komisch, aber ich produziere Platten, spiele die aber nur sehr selten, dafür spielen sie halt andere DJs. Ich bin dann froh diese Platten gemacht zu haben und die Leute hören sie auch als erstes von mir. Aber danach werden die eigentlich immer von anderen Leuten aufgelegt. Das ist schon komisch, aber ich mache auch nicht den großen Unterschied, ob nun meine Musik oder nicht. Ich lege einfach gerne Platten auf. Punkt.
Conrad, Du hast schon mit vielen verschiedenen DJs zusammengearbeitet. Was ist das besondere an der Arbeit mit LTJ und mit Good Looking Records?
MC Conrad: LTJ und ich wir teilen einfach viele musikalische Ideen und Sichtweisen. Und die Arbeit bei Good Looking ist sehr wichtig für mich, weil ich mich auf diesem Label als selbstständiger Vocal-Artist einbringen kann, mich selbst und meine Person angemessen präsentieren kann ohne kommerziell zu sein. Ich muss auf nichts verzichten. Ich nehme mir Zeit und mache Musik, die eine exakte Abbildung von dem ist, wie ich bin. Ich kann als Künstler bei Good Looking Einfluss nehmen auf die verschiedenen Ausrichtungen des Unternehmens, ich kann ins Studio gehen, verschiedene Sachen ausprobieren und mit verschiedenen Künstlern zusammenarbeiten. Und Drum’n’Bass ist die Musik die ich einfach liebe – wenn ich kein MC wäre, ich würde immer davon träumen einer der Jungen im Studio zu sein.
Bisher sind MCs mit Rap und HipHop bekannt geworden, Du hast das mit Drum’n’Bass geschafft. Besteht für Dich ein großer Unterschied zwischen dem was Du machst und Rap, HipHop?
MC Conrad: Was ich mache kommt natürlich vom Rap und HipHop, in dem Bereich habe ich meine ersten Erfahrungen gemacht mit dem Umgang mit dem Mikrophon und mit dem Sprechreim parallel zum Rhythmus der Musik. Der Rap in Drum’n’Bass ist für mich jetzt das nächste Level, eine eigenständige Sache, diese Musik ist für einen MC eine große Herausforderung. Aber ich halte immer noch gewisse Regeln und Eigenschaften des ursprünglichen MCs aufrecht.
Siehst Du Dich als verbindendes Element zwischen DJ und Publikum?
MC Conrad: Ja, der MC wird von der Menge wahrgenommen und er begleitet sozusagen die Menge. Er ist das menschliche Element zwischen Technik und Publikum und er ist live. Das ist für mich eine besondere Form von Musiksprache.
Nookie, LTJ – gibt es Momente wo Euch DJing langweilt?
LTJ Bukem: Nein, definitiv nicht. Aber Reisen ist langweilig, weshalb wir ja alle Laptops haben mit Spielen und Studioprogrammen drauf. Diese Menge an Stunden, die wir in Flugzeugen oder im Auto verbringen sind das, was uns langweilt und verrückt macht.
Nookie: Auf die Bühne zu gehen und sich an die Turntables zu stellen ist genau das Gegenteil. Das ist immer wieder spannend.
LTJ Bukem: Ich wünschte mir, das jedes Land von meinem Haus höchstens eine Stunde entfernt wäre. Überall auf der Welt könnte ich hingehen und bräuchte nur eine Stunde. Besser wäre noch eine Zeitmaschine. In einer Sekunde wäre ich in Brasilien, direkt im Club und müsste nur noch fragen: ‚wo sind die Turntables?‘
Aber ist es nicht auch spannend, Tausende von Kilometern zu reisen und die Leute im Club verrückt werden, wenn man auf die Bühne kommt?
LTJ Bukem: Verbring mal einen Monat mit mir, auf Tour durch die USA, 5-6 Stunden Reisezeit jeden Tag, DJing bis 5Uhr früh und jeden Tag etwa 3-4 Stunden Schlaf. Nach diesem Monat fragst Du dich selber: Ist das wirklich aufregend?
Was denkt Ihr über die Zukunft von Musik im Internet?
Nookie: Das Internet wird es Dir immer leichter machen an die Musik ranzukommen, die Du gerne hörst, ob du nun dafür bezahlst oder nicht.
LTJ Bukem: Wie auch immer du da dran kommst – Musik muss bezahlt werden, muss gekauft werden, da spreche ich einerseits als Musiker und andererseits als Businessman bei Good Looking Records. Ich spreche also von einem kleinen Label, das Leute ernähren muss. Und wenn Du so ein kleines Label bist, bedeutet das für dich den Bankrott, wenn dein Produkt irgendwo kostenlos verfügbar ist. Da kannst du nicht überleben.
Nutzt Ihr Napster ab und zu?
LTJ Bukem: Nein, nie. Ich halte es für notwendig und richtig mein Geld in die Tasche des Musikers zu stecken, der mir mit seiner Musik Freude macht.
MC Conrad: Derjenige, der die Platte kauft, der denkt mit. Und eine Platte oder CD ist es doch wert, dass man für sie bezahlt, oder?
LTJ Bukem: Und der Kauf ist einfach mal cleverer, weil du ja auch das Booklett dazu erwirbst und viel um die Musik drum herum erfährst, über das Konzept und die Ideen des Musikers. Du hast vielmehr als nur ein einziges Stück Musik.
Das Leben ist ein Comic – welche Comic-Figuren seid Ihr?
LTJ Bukem: Ich bin bestimmt Roadrunner, ein Typ der nie aufhören kann rum zu rennen. Und Conrad finde ich wäre Tom-cat.
MC Conrad: Oder noch besser Marvin the Martian aus den Comics von Bugs Bunny. Nookie sieht für mich aus wie Hong Kong Fui.
Nookie: Nein, ich bin Bart Simpson, zumindest in zwei Wochen, dann sind meine Haare wieder gewachsen und ich hab nun mal so eine Frisur wie Bart.