Robert Stadlober

Ich liebe Liebesfilme!

Schauspieler Robert Stadlober über seine Rolle im Kinofilm "Engel und Joe" und den Tapetenwechsel Berlin-Barcelona

Robert Stadlober

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Robert, in "Engel und Joe" spielst du ein Straßenkid namens "Engel". Gab es bereits einige Reaktionen aus dem Milieu, das vom Film portraitiert wird?
Stadlober: Von den Straßenkids, die mitgespielt haben gab es durchweg positive Reaktionen, ansonsten habe ich noch von niemandem etwas gehört. Ich denke aber, dass es Reaktionen von Leuten geben wird, die auf der Strasse leben und ich bin mir auch ziemlich klar darüber, dass diese Reaktionen eher negativ ausfallen werden.

Waren denn die Dreharbeiten von der Überlegung beeinflusst, wie wohl diese Szene den Film aufnehmen wird?
Stadlober: Ja, das war schon einer der Grundgedanken, allerdings war der Gedanke nicht so omnipräsent, weil ich in dieser Szene früher zu tun hatte und immer noch Leute kenne, die in dieser Szene leben oder lebten. Es geht ja im Film auch vor allem um diese eine große Liebe. Und wenn man sich dann ständig ins Gedächtnis ruft, dass man aufpassen und immer alles realistisch darstellen muss, dann hat man ein Problem, weil man dann die eigentliche Geschichte aus den Augen verliert und man die ganze Zeit nur Angst hat, in Sozialkitsch abzurutschen.

Hattest Du selbst diese Angst vor dem Kitsch?
Stadlober: Ja, auf jeden Fall. Aber letzten Endes ist das keine Sache, die ich beeinflussen kann. Andererseits war diese Angst beim Spielen meiner Rolle nicht so groß, da ich eine Ahnung habe, wie diese Leute leben und das Lebensgefühl von Crust- oder Streetpunk kenne und es auch bis zu einem gewissen Punkt teile. Was aber am Ende aus dem Film wird, darauf habe ich ja gar keinen Einfluss. Da hatte ich schon Angst, dass gewisse Aspekte ausgeschlachtet werden können, nicht unbedingt durch die Regisseurin, aber durch eine der vielen Instanzen, durch die so ein Film durchgeht. Da sitzen Leute, die über 40 sind und die dann darüber bestimmen können, was am Film geändert werden könnte und wie das Schicksal dieses Films verlaufen wird. Da haben Leute ein letztes Wort, von denen du denkst, sie wissen nichts von diesem Leben auf der Strasse und verstehen den Film vielleicht gar nicht. Und so treffen sie vielleicht eine Entscheidung, die einfach nicht mit dem zusammenpasst, was der Film eigentlich erzählen will.

Bist Du nun mit dem Resultat zufrieden?
Stadlober: Es gibt bei jedem Film Punkte, die mir nicht passen aber ich bin nicht in der Position, darüber zu urteilen. Das ist die Verantwortung der Regisseurin und der Leute, die diesen Film ins Kino bringen und nicht meine Angelegenheit. Und wenn ich selbst so einen Film drehen würde, dann würden den wahrscheinlich nicht mal 1000 Leute gucken, weil der einfach zu speziell werden würde. Ich bin mir auch sehr bewusst, dass es gerade bei einem Film wie "Engel und Joe" darum geht, Menschen ins Kino zu locken. Da muss man eben auch Kompromisse eingehen, auch wenn mir das schwer fällt als jemand, der sich mit dieser Kultur auseinandersetzt und mit ihr zu tun hatte. Aber es ist einfach sehr wichtig, dass so ein Film auch meine Mutter und deine Mutter gucken kann, Leute über 40, die mit dem Thema nicht viel zu tun haben. Das habe ich schnell verstanden – obwohl ich zwischenzeitlich bei manchen Szenen schon dachte, ‚das können wir doch so nicht machen‘.

Hast Du eigentlich ein besonderes Faible für Liebesfilme?
Stadlober: Ich liebe Liebesfilme! Mein Lieblingsfilm ist "Before Sunrise" – das sagt eigentlich schon alles. Natürlich mag ich keine Hollywood-Liebesfilme, sondern Filme, die realistisch eine große Liebe erzählen. Solche Filme zeigen für mich die größte Breite an Emotionen, die man überhaupt in einem Film haben kann.

Liegt Dir dabei mehr das Happy-End oder der tragische Ausgang des Films?
Stadlober: Das kommt drauf an, es gibt Filme, wo ich es mag, dass sie ‚echt‘ ausgehen und es gibt Filme wo ich gerne ein Happy-End sehe. "Engel und Joe" hat für mich das richtige Ende. Man muss irgendwann aus der Geschichte aussteigen, denn wenn man diese Geschichte realistisch erzählen will, kann man für sie kein Ende finden. Da ist nicht einfach Schluss, sondern es ist ein ständiges hoch und runter. Der Film steigt aus der Geschichte bei einem Hoch aus, was ich sehr wichtig finde. Ich habe schon gemerkt, dass für manche Leute zu viel Schlimmes in diesem Film passiert und es einfach so viel Leid darin gibt, was die Leute nicht immer nachvollziehen können. Und wenn du dann noch mit einer traurigen Szene aussteigst, meinetwegen, dass Engel stirbt – dann würden die Leute nach Hause gehen und sich aufhängen.

Was waren für Dich die schwierigsten Szenen?
Stadlober: Das sind für mich die Entzugszenen gewesen, einfach, weil das Dinge sind, wo ich nicht auf eigene Erfahrungen zurückgreifen kann. Bei Emotionen kann man schnell ähnliche Situationen finden und die so weit ausbauen, dass sie zu der entsprechenden Szene passen. Aber Sachen darzustellen, die mit Drogenentzug zu tun haben – worüber ich nicht viel wusste, mich viel darüber informieren musste und mich mit vielen Leuten unterhalten habe – da hatte ich Angst, dass die Darstellung für mich und für die Leute, die ähnliche Sachen erfahren haben, nicht stimmen könnte. Das irgendwie körperlich so hinzukriegen, dass es nicht wie Schülertheater aussieht, das war schwer und es hat lange gedauert, bis ich meinen Körper dazu gebracht habe.

Eine ganz andere Frage – wo lebst Du zur Zeit?
Stadlober: Ich lebe zur Zeit auf dem Sofa eines Freundes in Berlin. Ab Dezember habe ich dann ein Zimmer in einer Hamburger WG, und ich bin noch auf der Suche nach einer Wohnung in Barcelona.

Hast Du in Berlin vor kurzem gewählt?
Stadlober: Ja.

Bist Du zufrieden mit dem Ergebnis?
Stadlober: Ich bin zufrieden, allerdings bin ich strikt gegen eine Ampelkoalition. Ich sehe in einer rot-roten Koalition die einzige Möglichkeit für Berlin. Ich werde auch noch weiterhin in Berlin wählen gehen, weil Berlin mir sehr viel bedeutet, Berlin ist meine Heimatstadt.

Viele haben sich gefragt, warum Du Berlin demnächst den Rücken zukehrst.
Stadlober: Das sind persönliche Gründe, dass ich einfach eine andere Umgebung brauche, einen Tapetenwechsel, weil ich hier vieles nicht mehr sehen kann und weil ich auch der Meinung bin, dass der Weg, den Berlin gerade geht, vielleicht nicht wirklich der richtige ist. Was mich an Berlin immer fasziniert hat, war dieses kaputte, unzusammengehörige und völlig zerfahrene Stadtbild, wo du nicht sofort wusstest, wo du hingehen willst und wo du hingehörst. Mittlerweile geht es einem hier aber fast wie in München: ‚Hey, komm nach Berlin. Erst ins Cookies, dann ins WMF und dann gehen wir ins Cibo Matto – alles klar?

Das Leben ist ein Comic – welche Comicfigur bist Du?
Stadlober: Ich setze mich selten mit Comics auseinander, aber ich glaube, ich habe eine der größten "Mosaik"-Sammlungen der Welt. Also, ich wäre wohl der Abrax von den Abrafaxen. Das ist so der leicht verplante Typ, der versucht, die Gruppe anzuführen und von Babrax immer zurechtgewiesen wird, weil der viel mehr weiß. Kalifax ist dann derjenige, der die Situation immer wieder in einer sehr gesitteten Art und Weise zur Ruhe bringt. Abrax dreht immer sofort durch, schießt mit Ideen durch die Gegend, er möchte hierhin, dorthin, er will dies machen, er will das machen – aber eigentlich würde er ohne seine beiden Partner nie etwas auf die Reihe kriegen.

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