Robin Williams

Eine Komödie mit ein bisschen Dramatik

Es war im Februar 2004, als Robin Williams in Berlin einen Film vorstellte, der in Deutschland nie ins Kino kam: The Final Cut. Im Interview sprach Williams über seine Rolle als Bestatter, die Verbindung von Drama und Komödie, Eitelkeit, Botox und politische Botschaften bei der Oscar-Verleihung.

Robin Williams

© Lions Gate

Das folgende Interview entstand im Februar 2004.

Mr. Williams, in „The Final Cut“, den Sie auf der Berlinale vorgestellt haben, tragen die Menschen lebenslang einen Chip, der ihr ganzes Leben auf Video aufzeichnet. Sie spielen den Cutter, der am Ende für die Beerdigungszeremonie den Lebensfilm des Verstorbenen zusammenschneidet. Wie würde Ihr Lebensfilm aussehen, würde es darin vor allem um den Komiker Robin Williams gehen?
Robin Williams: Ich weiß es nicht. Ja, ich hoffe, dass in dem Film dann mehr der Komiker zu sehen sein wird. Es wäre eine Komödie, gemischt mit ein bisschen Dramatik. Und dann würde man mich oft auf dem Fahrrad sehen, davon gäbe es sehr viele Bilder.
Aber es wäre schon komisch, ich würde so einen Film nicht wollen, auch nicht, dass man mir so einen Chip einpflanzt.

Was hat Sie an der Geschichte von „The Final Cut“ interessiert?
Williams: Die Vorstellung von Gedächtnis und von Objektivität/Subjektivität. Ich spiele einen Mann, der fast so etwas ist wie ein Bestatter. Er fragt die Leute, wie die Leiche aussehen soll und dann säubert er kosmetisch das Leben der Leute von den scheußlichen Dingen. Bei seiner Arbeit sieht er so viele widerliche Dinge und er kann sie nirgendwo hinpacken, außer in sich selbst.

Glauben Sie, so eine Technologie könnte in Zukunft Realität werden?
Williams: Ich weiß nicht. Es werden ja schon viele künstliche Dinge im Körper eingepflanzt, Implantate, die es Gelähmten ermöglichen, die Hand wieder zu bewegen. Aber wenn es dann um die Feinheiten geht, da braucht es noch sehr viel zwischen den Synapsen und der Elektronik. Einem Blinden wurde ein Optik-Chip eingepflanzt mit dem er jetzt wieder Formen wahrnehmen kann. Die Technik entwickelt sich schnell und in fünf Jahren gibt es das aus dem Film vielleicht schon. Aber es wäre schwierig, diese Art der Wahrnehmung des menschlichen Auges zu duplizieren. Vielleicht kann man dann mit Nanotechnologie so eine Mikrokamera hinter das Auge setzen. Aber das Gehirn damit verbinden – ich hoffe, das wird nicht passieren, weil die Möglichkeit, dass eine Regierung, dass jemand sich dem bemächtigt und es benutzt, um Dinge aufzunehmen, das wäre dann ja der ultimative Spion.

Sie sind ein großartiger Komiker, doch jetzt sieht man Sie in ernsten Rollen, wie in „Insomnia“, „One Hour Photo“ oder „The Final Cut“. Ist das Zufall oder sind Sie müde vom Komikerfach?
Williams: Nein, ich bin dem nicht müde, aber ich bekam keine interessanten Rollen angeboten. Stattdessen kamen andere Rollen, also das war eher ein Zufall. Will ich wieder mehr lustige Rollen spielen? – Klar! Man muss aber die interessanten Rollen finden, mit einem großartigen Regisseur… Es ist immer eine Frage der Kombination von Drehbuch, Regisseur und Schauspielern.

Sie überzeugen sowohl in den komischen als auch in den ernsten Rollen. Besteht für Sie zwischen beidem eine Verbindung?
Williams: Ja, auf jeden Fall. Und man hofft immer auf eine Rolle, wo man beides spielen kann. So wie Bill Murray in „Lost in Translation“, das war sehr lustig und auch sehr traurig. Traurig und wunderschön, subtil – das ist der Idealfall, weil genau das ja auch im wirklichen Leben passiert, alle paar Minuten. Gute Drehbücher bieten dir das, diese beiden Seiten. So wie die Leute eben sind: es gibt Leidenschaft und Tragödie, Pathos und Momente einer schwarzen Komödie.

Ist es für Sie eine Art Druck, wenn die Leute von Ihnen immer den Spaßvogel erwarten?
Williams: Also, es gibt diesen Druck…

beispielsweise wenn Sie hier auf der Berlinale für die Fotografen den Clown spielen…
Williams: Ach nein, das hat Spaß gemacht. Der Druck ist da, aber ich mag das auch, zu scherzen, besonders auf den Pressekonferenzen, die ja sonst sehr heftig sein können, weil es um ernste Filme geht. „Final Cut“ ist auch ein heftiger Film, aber ich kann nicht nur ernsthaft sein, wenn wir darüber sprechen. Man kann einen kurzen Moment Spaß haben und kommt dann wieder zurück zum Ernsten. Das irritiert die Leute manchmal, die wundern sich: „Wie, Sie waren doch gerade verrückt und jetzt reden Sie ernst?“ – Ja, ich kann das.
Einmal kam eine Frau am Flughafen zu mir und sagte: „Los, mach den Clown!“ Aber ich habe ihr geantwortet: „Nein, das geht jetzt nicht, ich habe gerade frei.“

The Final CutIn „The Final Cut“ geht es auch um Narzissmus – wie schützen Sie sich vor Eitelkeit?
Williams: In dem ich älter werde. (lacht) Da lässt die Eitelkeit nach, sie wird von dir abgestreift und an einem bestimmten Punkt merkst du: Das Spiel ist vorbei. Das ist dann die Zeit, wo die Leute mit Schönheitschirurgie anfangen. Sie spritzen sich Botox, dann haben sie zwar keine Falten mehr, aber auch keinen Ausdruck, das wirkt dann so als hätten sie einen leichten Schlaganfall gehabt. Sie können mit ihrem Gesicht nichts ausdrücken, außer vielleicht ein wenig Geringschätzung.
Eitelkeit ist eine komische Sache, man denkt die ganze Zeit über das eigene Aussehen nach, bis man ein Bild von sich sieht und denkt…. Also, ich bin jetzt 52, Männer haben es da ein bisschen leichter, zu akzeptieren, dass sie älter werden. Aber für Frauen ist das ein schwieriger Moment. Wobei ich auch finde, dass Frauen wie Lauren Hutton oder Susan Sarandon überragend aussehen, wunderschön. Haben die sich operieren lassen? Ich weiß es nicht, wäre mir auch egal, weil sie immer noch schön aussehen, wenn sie es gemacht haben, dann war das sehr behutsam.
Also, in einer Kultur die sich so an Jugend orientiert ist es hart. Aber was mich betrifft ist der Kampf der Eitelkeit bereits vorbei.

Wenn Sie sich für ein neues Filmprojekt entscheiden: Wie wichtig ist es, dass Schauspieler und Regisseur intellektuell auf dem gleichen Level sind?
Williams: Es ist schon wichtig, das macht es einfacher. Manchmal ist es nicht der Fall und man kann trotzdem zusammenarbeiten. Manchmal entsteht durch den Konflikt auch ein besseres Resultat. Es kann sein, dass sich die Beteiligten bekriegen, aber am Ende wollen ja eigentlich alle das gleiche: einen guten Film drehen, etwas erreichen, was heraussticht.

Ist es heute noch eine aufregende Zeit für Sie als Schauspieler, oder vermissen Sie die 80er und 90er Jahre?
Williams: Nein, es ist auch heute eine großartige Zeit. Jetzt sind es kleine Produktionen, man bekommt wilde Drehbücher, es ist schwer, du musst viel arbeiten, da sein – drehen und weiter geht’s. Es ist eine gute Zeit, genauso aufregend wie vor 20 Jahren mit Terry Gilliam, Paul Mazursky oder Peter Weir. Dann gab es mal zwischendurch eine Flaute und jetzt ist es wieder spannend. Es ist die gleiche Art von Gefühl, die gleiche Art von Begeisterung.

Sehen Sie sich selbst gerne auf der Leinwand, bewegt Sie das noch?
Williams: Als ich „Final Cut“ das erste Mal gesehen haben, das war verstörend, besonders das Ende des Films. Ich selbst mag es nicht besonders, die eigenen Filme anzuschauen. Ich sehe einen abgedrehten Film einmal, aber nicht wieder und wieder. Ich sitze dann nicht dort und sage „War ich nicht toll?“ Ich freue mich mich, wenn ein Film funktioniert, das ist gut – aber dann geht es weiter. Nächster Film.

Sie haben hier im Gespräch einige Prominente imitiert. Wurden Sie selbst auch schon mal imitiert?
Williams: Ja, es gibt Komiker die mich eiskalt imitieren. Dana Carvey zum Beispiel, oder Jimmy Fallon. Sie spielen mich meistens als einen sehr Zerstreuten – und sie haben vor allem meine Aussprache nachgemacht.
Ich habe einmal Jack Nicholson imitiert als er mir gegenüberstand. Er meinte dann: Du bist nah dran.

Noch ein Wort zu den Oscars. Sie werden bei der diesjährigen Preisverleihung (2004) den Oscar für den besten Animationsfilm präsentieren. Wie stehen Sie dazu, wenn in der Vergangenheit zum Beispiel Michael Moore die Verleihung für politische Botschaften nutzte? Lehnen Sie das ab?
Williams: Nein. Das wäre doch komisch: Man steht vor der ganzen Welt und darf über bestimmte Dinge nicht reden? Wenn jemand wie Jack Valenti rauskommt und vor allem über die Kraft von Filmen spricht, dann ist das für manche vielleicht ein patriotischer Moment, aber es gibt auch welche, die das anders sehen. Die USA sind ein freies Land. Und es ist schon seltsam, wenn jemand wie Tim Robbins und Susan Sarandon bei der Verleihung ein politisches Statement machen und danach der Regisseur sagt: So etwas sollte nicht Teil der Oscar-Verleihung sein. – Das kann man nicht sagen. Das ist Teil einer Demokratie. Die Verleihung soll eine Show sein, aber es geht in der Welt eben auch um das Unerwartete. Michael Moore hat zur Hälfte Buh-Rufe und zur Hälfte Applaus bekommen, so ist das eben. Diese Momente sind großartig, da geht es um Menschlichkeit, um große Absurdität – dafür sind die Oscars wie geschaffen.

Eine Schlussfrage: Das Leben ist ein Comic – welche Figur wären Sie?
Williams: Meine allerliebste Figur ist Elmer Fudd, aber der will ich nicht sein. Bugs Bunny ist großartig, wenn ich könnte wäre ich Bugs Bunny. Oder Foghorn Leghorn, dieser große Hahn der immer in Schwierigkeiten kommt, wenn eine Henne auftaucht.

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