Johanna, du bist gerade auf Tournee, unterwegs von Konzert zu Konzert. Wie jeder weiß, ist das ein Leben aus Sex and Drugs and Rock’n’Roll – wie geht es dir damit?
Zeul: Sex gibt es nur, wenn mein Freund da ist. Ich trinke fast keinen Alkohol und Rock’n’Roll…? Neulich haben wir auf einer Couch in einem Raucherzimmer übernachten müssen, das war etwas eklig. Zum Glück hatten wir einen Schlafsack dabei.
Das heißt, der Rock’n’Roll-Mythos ist nur die Romantisierung von unbefriedigenden Lebensverhältnissen?
Zeul: Manchmal gibt es auch ein Hotelzimmer mit Badewanne und Blick auf den Hamburger Hafen.
Hängt das nur vom Veranstalter des Konzerts und seinen Launen ab?
Zeul: Ja, das Raucherzimmer haben wir einem total launischen, griesgrämigen Veranstalter zu verdanken. Bei dem werde ich auch nicht mehr auftreten.
Die erste Begegnung mit dir findet für die meisten Menschen wahrscheinlich auf dem Cover deiner Platte statt. Dessen Motiv kann man sehr unterschiedlich auslegen…
Zeul: Ja, das haben mir schon einige gesagt.
Da gibt es eine gemalte Sprechblase, die aus deinem Bauch kommt und Töne erzeugt, was entweder bedeutet, dass deine Musik aus dem Bauch kommt, oder dass du was Schlechtes gegessen hast.
Zeul: Ursprünglich wollte ich ein anderes Foto, auf dem ich die Zähne fletsche, wegen dem Song „Raubtier.“ Der Vertrieb war dagegen, weil sich das nicht so gut verkaufen würde. Das Foto jetzt ist aus derselben Fotosession, die wir beim Schlendern durch Neukölln gemacht haben. Der Schnappschuss entstand vor einer Mauer an der stand „Graffitis sind kein Verbrechen.“
Passend dazu hebst du auf dem Foto auch noch die Hände und grinst, als wolltest du sagen: Ich habe damit nichts zu tun!
Zeul: Ich hätte das Graffiti auch gerne drauf gelassen, aber es hatte überhaupt keinen Bezug zur Platte, deswegen haben wir den Slogan weggemacht. Der Illustrator kommt aus Spanien, versteht daher die Songtexte nicht und ging daher in seiner Arbeit vor allem vom äußeren Eindruck aus. Er hat aus dem Bauch gearbeitet und mir dann auch dieses Symbol für „aus dem Bauch heraus“ erfunden. Der Vertrieb war begeistert: „Das ist ein tolles Popcover!“ Jetzt, wo es auch auf dem Tourplakat drauf ist, machte sich ziemlich gut. Es sagt: Hallo, hier bin ich! Es bleibt hängen, das ist wichtig.
Trotzdem sieht sie auch ein bisschen wie eine Kinderplatte aus.
Zeul: Ja, ich habe sie auch bei Kindern getestet und es funktioniert. Dafür muss ich mich ja nicht schämen. Irgendwo muss man eben einen Tod sterben, ob man die Promotion jetzt mehr nach Erwachsenen oder Kindern ausrichtet, ist mir letztlich nicht wichtig. Es geht ja um die Musik, die drauf ist.
Und die ist ja auch nicht immer jugendfrei. Es gibt den alten Musikerspruch, wonach man nur Gitarre lernt, um Frauen kennen zu lernen. Bei dir drängt sich bisweilen auch der Eindruck auf, dass du die Musik als Flirthelfer einsetzt.
Zeul: Ja doch, ganz bestimmt. Bühnenshow machen und Sexappeal ausstrahlen ist mir ganz wichtig. Mein großes Idol war allerdings von klein auf John Lennon. Ich weiß noch, ich war 12 und habe in der Tür zu meinem Zimmer meiner Mutter eine Show vorgespielt, in Jeans und einer 60er Jahre Cordjacke, eng geschnitten, mit Metallringen dran. Michael Jackson fand ich auch gut, und Falco.
Auch dein Vater lebt vom Liedermachen und der Musik. War es seltsam für dich, eines Tages festzustellen, dass es für viele Menschen eher normal ist, keine Musik zu machen?
Zeul: Das habe ich ja schon im Kindergarten gemerkt
Ungewöhnliche Lebensinhalte können interessant, aber auch zum Außenseiter machen.
Zeul: Ja, damit hatte ich manchmal Probleme. Ich komme ja aus einem Dorf im Schwabenland und da darf man eigentlich nicht auffallen, sonst gilt man schnell als doof. Und ich bin aufgefallen. Ich bin mit Indianerschmuck in die Schule gekommen oder mit braun angemaltem Gesicht, einfach, weil mir der Sinn danach stand, oder weil meine Mutter mir etwas von Nelson Mandela erzählt hatte. Ich wurde von meinen Eltern so gelassen, wie ich sein wollte. Sie waren sehr tolerant, manchmal vielleicht zu sehr.
Inwiefern zu sehr?
Zeul: Naja. Eigentlich bin ich zufrieden. Aber so ein bisschen mehr Disziplin…
… könnte gerade jemandem, der sich selbst managt, nicht schaden?
Zeul: Selbstdisziplin habe ich. Respekt vor anderen auch. Ich sage ja, ich bin eigentlich zufrieden. Aber ich musste mir einiges so ein bisschen selber beibringen. Als ich 17 war und anfing, öffentlich Musik zu machen, habe ich die Leute echt überrumpelt mit meiner Art. Die haben mich schon damals „Diva“ genannt, obwohl ich gar keine Diva bin. Inzwischen habe ich mich viel selbst reflektiert. Aber diese Fähigkeit musste ich mir erstmal aneignen, womit andere, die mehr gezüchtet wurden, mit Zucht und Ordnung eben, wohl weniger Probleme hatten. „Jetzt bist du aber mal still“ – diesen Satz gab es bei uns zuhause eben nicht. Meine Mutter hatte den als Kind ständig gesagt bekommen, und deswegen wollte sie ihre Kinder davon verschonen.
Würdest du deine Eltern als „typische 68er“ bezeichnen?
Zeul: Dafür sind sie ein wenig zu jung. Außerdem habe ich antiautoritäre Sachen erlebt, die wesentlich krasser waren. Ich habe mal in Spanien ein Hippiedorf besucht, da waren die Erwachsenen Party-People auf Drogen und die Kindern waren sich selbst überlassen, dreckig, und total verdorben drauf. Die waren so zwischen 5 und 11 und haben Hippies gehasst, weil ihre Eltern Hippies waren.
Das dürfte in deinem schwäbischen Heimatdorf etwas anders gewesen sein.
Zeul: Ich habe eher mit meiner Natürlichkeit angeeckt. In der Sportstunde habe ich einmal nach einem Rennen so laut geatmet, dass Ortia, – ich weiß ihren Namen noch – die vor mir stand, sich umdrehte, mich mit Hass erfülltem Blick anstarrte und fauchte:„ Schnauff net so!“ Man musste also sogar seinen Atem kontrolliert halten, um nicht aufzufallen in dem Dorf. Als Künstler hat man es da nicht ganz so leicht.
Hat sich mittlerweile dein Verhältnis zu Ortias Dorf verändert?
Zeul: Es hat auch damals schon eine Nachbarin gegeben die mir immer sagte: „Eine Tages wirst du noch berühmt!“ Und jetzt bin ich da total beliebt. Sogar der Mann bei der Kreissparkasse, bei der ich immer noch mein Konto habe, hat mich um eine CD mit Autogramm gebeten. Als ich ihm die gebracht habe, fragte er „Ja, wieviel kostet’s denn?“ (lacht) Er hätte alles bezahlt.
Ist das Singen für dich so natürlich, wie das Schnaufen, oder legst du vor allem Wert auf eine Show?
Zeul: Den Showgedanken habe ich von Anfang an verfolgt. Die Show war immer schon da; ich habe sie natürlich im Laufe der Zeit geschliffen.
In deiner Vita taucht „Popmusikdesign“ auf. Es klingt anstößig, aber du hast dieses Fach in Mannheim studiert.
Zeul: Das Wort finde ich scheiße, um ehrlich zu sein. Gerade das erste Jahr bestand auch aus viel Rumsitzen, viel Theorie – nicht nur Musiktheorie, sondern Business, Verträge. Das saß ich auf heißen Kohlen und dachte nur: Ich will singen!
Wie bewusst ist dein Gesangsstil auf Wirkung hin getrimmt?
Zeul: Das ist er auf jeden Fall auch. Für mich war die deutsche Sprache eigentlich eine Sprache, die ich neu erlernen musste. Ich hatte mich zuvor hinter der englischen Sprache versteckt, es nie hingekriegt, mich mit der deutschen Sprache so auszudrücken, wie ich das von meinen englischen Vorbildern her kannte. Wie will ich mich anhören? Diese Frage habe ich mir erst in meiner Schauspielausbildung gestellt. Da habe ich zum ersten Mal wahrgenommen, dass ich einen Akzent habe. Hochdeutsch zu singen wurde also eine Art Kunstform für mich, die ich mir antrainieren musste. Klar sollte mein Gesang sein, nicht zu hart, um mich nicht bei so einem Theaterdeutsch zu landen. Außerdem wollte ich meine Wurzeln nicht vernachlässigen, wollte sowohl poppig sein, als auch wie im Grunge schreien können. Einmal kamen nach einem Konzert Kinder zu mir, die vorher vor der Bühne rumgehüpft waren und fragten mich: Warum schreist du denn so? Das war schon einprägsam. Ich will ja, dass die Leute dranbleiben. Ich will sie vielleicht manchmal bis zu einem gewissen Grad nerven, aber nicht stressen.
Wie viel Design steckt denn nun in der Bühnenfigur Johanna Zeul?
Zeul: Di e hat nichts mit der Popakademie zu tun; die ist entstanden, weil ich soviel auf der Bühne gestanden habe und natürlich habe ich mir Fragmente einiger Vorbilder mehr oder weniger bewusst angeeignet. Wenn man das zu bewusst steuert, das ist beim Schreiben von Songtexten ähnlich, dann wird es unpersönlich. Und ich bin stolz darauf, es hingekriegt zu haben, dass Leute, die mich auf der Bühne sehen sagen: das ist typisch Johanna Zeul.
Was wäre denn untypisch für dich?
Zeul: Ich mag es gar nicht, wenn Leute so versinken in ihrer eigenen Welt und die Augen schließen. Was soll das denn dem Zuschauer sagen?
Die können doch auch die Augen schließen?
Zeul: Okay, dann ist man vielleicht auf einer Wellenlänge. Aber dann kann man sich doch auch die CD zuhause anhören. Momentan ist meine Show eben darauf ausgerichtet, den Leuten ins Gesicht zu springen. Ich bringe kompakte Informationen rüber, für etwas anderes bin ich einfach zu ungeduldig. Es ist auch für mich selber wichtig, unterhalten zu werden – eine ganz kindliche Auffassung eigentlich.
Du bist also in erster Linie deine eigene Entertainerin?
Zeul: So sieht’s aus. Ich muss mich selber auch immer wieder rausreißen aus dem Tran.
Ist diese Haltung auch bewusst gegen den aktuellen Trend etwas mädchenhafter, emotionaler Singer-Songwriterinnen, wie Feist oder Kate Nash?
Zeul: Neulich hat mich jemand mit Kate Nash verglichen und ich habe mir bei MySpace etwas von ihr angehört. Aber das ist doch voll das Schrummelschrammel…. Meine Wurzeln sind zwar auch so, ich war ein Nirvana-Fan. Aber auf diese Stimme stehe ich überhaupt nicht. Die gibt es ja millionenfach, die wächst seit einem Jahr aus allen Pilzecken heraus.
Dass Kate Nashs Stimme nicht einzigartig ist, kann man ihr doch schlecht vorwerfen.
Zeul: Man kann auch an seiner Stimmer arbeiten. Ich habe vor ein paar Jahren, als ich anfing, auch deutschsprachige Musik zu hören, noch anders gesungen. Das klang teilweise wie Herbert Grönemeyer. Aber daran kann man ja arbeiten.
Ich kann mir vorstellen, dass es Sänger gibt, die daran arbeiten, wie Herbert Grönemeyer zu singen.
Zeul: Als er „Mensch“ raus brachte, war das eine der wenigen deutschsprachigen Platten, die mich inspiriert haben. Aber ich will eben nicht wie jemand anderes klingen.
Gibt es auch Musikerinnen, die dich inspiriert haben?
Zeul: Wenige Frauen, aber Björk zum Beispiel, auch wenn ich sie mir nicht immer anhören kann und mittlerweile zu viele ihren Stil nachmachen. Bei Billie Holiday, wunderschön, da weint mein Herz. Janis Joplin geht gar nicht, das ist mir zu Rockerbrautmäßig, zu versoffen. Amy Winehouse finde ich geil. Das ist seit langer Zeit mal wieder eine Frau, wo ich sage: Das ist Mainstream, jeder kennt’s, aber es ist gut.
Das Wort „versoffen“ liegt auch bei Amy Winehouse nicht fern.
Zeul: Ich hatte noch nie von ihr gehört, bis ich mal zu meinem Landarzt gefahren bin. Der fragte: Wie ernähren sie sich? „Ganz gesund“ sagte ich und er: „Aber sie sind doch Musikerin! Sie müssen doch rauchen und trinken, so wie Amy Winehouse. Das ist eine ganz tolle Rockerbraut.“ Dann habe ich sie mir angehört, fand es toll, wollte mir auch die CD kaufen. Aber als ich sie auf dem Cover gesehen habe, war ich richtig erschrocken. Da sieht sie aus wie eine aus der Familie von Ozzy Osbourne. Also habe ich sie erstmal nicht gekauft. Ich musste mich an das Optische erst gewöhnen. Inzwischen finde ich es geil. Wenn ich sie jetzt sehe, in der Gala – die kauft mein Freund immer (lacht), dann juckt mich das irgendwie nicht so. Hauptsache, sie funktioniert.
Das klingt ganz schön zynisch.
Zeul: Vielleicht würde ich das anders sehen, wenn ich einen persönlicheren Bezug zu ihr hätte, sie schon mal live gesehen hätte. Aber bis dahin hoffe ich, dass die ganzen Geschichten um sie herum aufgebauscht sind und dass sie weiter gute Alben abliefert.
Verbindest du mit deinen selbstbewussten direkten Auftritten eigentlich auch einen emanzipatorischen Ansatz?
Zeul: Natürlich, das ist bei mir aber ganz automatisch entstanden. Meine Mutter ist auf diesem Gebiet gut informiert. Sie hält mich auf dem Laufenden, schickt mir Artikel aus der taz…
Nach dem Motto: Kind, ich erklär dir mal, was du da eigentlich machst?
Zeul: Ich habe mein emanzipiertes Bewusstsein eben schon mit der Muttermilch eingesogen. Ich habe das nie durchdacht und fand den Gedanken an Feminismus auch eher eklig. Ich bin einfach so. Da muss man doch nicht drüber reden. Inzwischen könnte ich darüber reden wenn ich wollte.
Kannst du zum Beispiel mit Charlotte Roches Roman „Feuchtgebiete“ etwas anfangen?
Zeul: Den habe ich gar nicht gelesen. Ich finde allein den Titel schon Ekel erregend, da muss ich immer an Sümpfe denken. Außerdem bin ich Romantikerin und muss nicht alles, wofür es Worte gibt, oder was ich denke, auch benennen. Ich hatte mal einen Gassenhauer in einer Kneipe bei uns zuhause, der ging so (singt): „Ich nehm’ den hässlichsten Mann / Wenn er nur gut ficken kann.“ Das war mein einziges deutsches Lied zu der Zeit. Es war völlig naiv, ich hatte mir überhaupt keine Gedanken drüber gemacht. Aber die Reaktionen der älteren Herren dort haben mir zum ersten Mal ein Bewusstsein dafür gegeben, wie ich auch wirken kann. Da habe ich mich dann erstmal eine Weile mit solchen Provokationen zurückgehalten.
Dafür singst du in deinem Lied „Du wirst“ davon, auch noch nach der Trennung im Kopf deines Ex-Liebhabers herumspuken zu wollen. Das ist doch eine fast schon hexenhafte Machtphantasie.
Zeul: Ja, das ist auch schon ein älterer Titel, etwa aus der Zeit des Kneipensongs. Der entstand ja auch nur, weil ich Bock auf Sex hatte.
Und darauf reagiert die Liedermacherin natürlicher Weise mit einem neuen Text?
Zeul: Ja. Bei „Du wirst“ hatte ich gerade eine Affäre mit jemandem gehabt und wollte dann ein funkiges Ding schreiben, mit Wut aber auch mit Sexappeal. Das war mir wichtig, ich wollte nicht so anklagend rüberkommen, wie es Alanis Morissette zum Beispiel mit „You Oughta Know“ gemacht hat.
Morissette hat für ihr erfolgreichstes Album ihre private Situation in ein Marketinginstrument verwandelt…
Zeul: Das würde ich nie machen. Meine Lieder haben natürlich auch was mit mir zu tun, aber aus dem Alter, wo ich ein Lied ankündigen würde „Das ist für meinen Exfreund,“ bin ich lange raus. Ich habe manchmal das Gefühl, dass das eines von Kurt Cobains Problemen war, dass er seine gesamte Gefühlswelt auf die Bühne gebracht hat und dann irgendwann keinen Unterscheid mehr zwischen seiner Kunst und seinem Leben sehen konnte. Aber diese Distanz muss man immer wieder herstellen. Mir haben schon Leute nach einem Konzert gesagt: „Ey, so wie du bist, du kannst doch unmöglich einen Freund haben. Du bist ja ständig unter Strom.“ Die haben mich eine Stunde auf der Bühne gesehen und denken, ich bin immer so. Aber ich brauche die klare Grenze zwischen Bühne und Privatem. Diese Selbstkontrolle ist mir wichtig, deshalb nehme ich auch keine Drogen.
Wo ist die Grenze zwischen Kunst und dem Leben?
Zeul: Kunst ist komprimiert, Kunst ist ein Ausschnitt, für Kunst schafft man einen zeitlichen oder optischen Rahmen. Beim Leben weiß man nicht, wann es anfängt und aufhört
In deinem Lied „Nach ner gewissen Zeit“ sinnierst du über die Zeit nach deinem Tod. Ist das eine Stilübung oder beschäftigst du dich öfter mit solchen Gedanken?
Zeul: Ich habe als Kind einen schlimmen Autounfall gehabt. Mein Bruder war auch dabei und mein Onkel. Mein Onkel ist dabei ums Leben gekommen. Und meine Stiefmutter ist an Krebs gestorben. Das hat mich ganz bestimmt geprägt. Der Tod hat mir immer schon Respekt eingeflößt, Als ich so 16, 17 war, hatte ich eine Phase großer Angst vor dem Tod. Mir schien es total skuril, dass Menschen angesichts ihrer Sterblichkeit überhaupt Spaß am Leben haben können. Ich fand es schrecklich, nichts gegen den Tod machen zu können, aber auch da hat mich die Musik herausgeholt.
Wie das?
Zeul: Damals wurde die Box mit unveröffentlichten Aufnahmen von John Lennon veröffentlicht. Die Art wie er schrieb, seine Einfachheit und die Harmonien klingen nie abgeklatscht. John Lennons Musik kommt mir immer wie sein eigenes Fleisch und Blut vor. Und als ich dann von ihm „I’m scared“ gehört habe, waren das genau die Gefühle, die ich auch in dieser Krise hatte. Und ich dachte, wenn er es geschafft hat, über seine Angst noch Songs zu schreiben, dann werde ich mich da auch durchkämpfen.