Andi und Rötger, da Werner ja bekanntermaßen ein großer Auto- und Motorradfreak ist, würde ich am Anfang gerne wissen, wie viele Unfälle ihr selbst eigentlich schon hattet?
Andi Feldmann: So viele wie Egon Müller noch nicht, auch wenn der aus 70 Knochenbrüchen besteht.
Rötger Feldmann: Ich komme ja in letzter Zeit gar nicht mehr zum Motorradfahren.
Wie das?
Andi Feldmann: Wir schrauben mehr an unseren Karren, als das wir fahren.
Also mehr Arbeit als Vergnügen?
Rötger Feldmann: Na ja, wenn man jetzt schon dreizehn Bücher gemacht hat, seit zwanzig Jahren gibt es jedes Jahr einen "Werner"-Kalender, dann kommen die Filme dazu, Merchandising … — und dann basteln wir immerzu an unseren Autos und Motorrädern rum. Dann hat man ja auch noch ein riesiges Haus, das man in Ordnung halten muss — zum Fahren bleibt also wenig Zeit.
Andi Feldmann: Es ist ja auch nicht mehr so wie früher, wo wir noch jeden Tag unsere Maschinen angeschmissen haben, nichts anderes um die Ohren hatten, wo wir nur dafür gelebt haben, genug Benzin im Tank zu haben.
Wie war es denn mit der Motivation für den nun vierten "Werner"-Film?
Andi Feldmann: Ich habe noch nie Probleme gehabt, mich zu motivieren. Wir machen so einen Film ja auch, weil uns das Spaß bringt, das reicht doch schon als Motivation. Und wenn man die Arbeit dann angefangen hat, macht man die auch zu Ende.
Wo lag denn der Anfang für den neuen "Werner — Gekotzt wird später!"?
Rötger Feldmann: Also, der Meilenstein war gesetzt, wie wir damals eine Reise nach Korsika mit so einem Oldsmobile gemacht haben, auf der Reise basiert der ganze Film. Ich habe das schon 1987 in einem Buch auf ein paar Bildchen festgehalten. Dieser Stoff, eine Reise zu unternehmen, ist ja eigentlich was Tolles.
Andi Feldmann: Daraus ist jetzt sozusagen ein Road-Movie geworden. Die Reise war wirklich ein Urlaubshighlight vor allem wegen diesem Auto. Dass man so ein dickes Auto haben konnte, damit fahren konnte — so was kann halt nicht jeder genießen.
Rötger Feldmann: Ich hatte damals ja schon drei, vier Bücher gezeichnet, es war also schon ein bisschen Geld in der Kasse, da konnte man auch mal 4000 Mark für so ein Ami-Schiff hinlegen und so eine Reise bezahlen.
Andi Feldmann: Zudem waren wir ja zu dritt und es gab — wie eben auch im Film — dieses Königsgehabe. Einer von uns war König und der durfte dann bestimmen, wo es lang geht. Allerdings, in Urlaub fahren und nur auf der Liege liegen das ist nicht unser Ding, man muss auch im Urlaub irgendeine Aufgabe haben. Wir sind also später in Urlaub gefahren, um zum Beispiel weitere Drehbücher zu entwickeln. Und selbst wenn wir nichts zu tun haben sollten im Urlaub, dann bauen wir uns aus Strandgut irgendwelche Häuser.
Es werden ja heutzutage immer mehr Comics real verfilmt, jüngste Beispiele wären "Hulk" oder auch die "X-Men". Wird das eines Tages auch auf Werner zukommen?
Rötger Feldmann: Hm, Werner in real, das kann ich mir gar nicht so gut vorstellen. Denn, das müssten dann ja schon wir selber sein. Ich weiß nicht. "Werner" hat doch seinen Scham gerade wegen diesen übertriebenen Nasenfiguren, die sind doch nun mal tierisch lustig. Und da denke ich, erfüllt das Format Zeichentrickfilm vollkommen seinen Zweck.
Andi Feldmann: Wäre ja auch nicht schön, wenn wir uns deswegen die Nasen umoperieren lassen müssten.
Rötger Feldmann: Und überhaupt, diese 3D-Figuren, wie die in den Verfilmungen so durch die Gegend hüpfen, das sieht alles so unrealistisch aus. Die Phantasie wird doch auch durch solche Filme irgendwie zerstört. Für mich sind Zeichentrickfilme die viel schönere Welt, mir reicht die gezeichnete Welt völlig aus. Die Welt real betrachten, das kann ich auch alleine, dafür muss ich nicht ins Kino gehen.
Meines Achtens sind diese Real-Verfilmungen auch nur ein Trend. Werner muss aber nicht das machen, was gerade Trend ist, man muss sich ja nicht überall dranhängen. Aber gut, wenn einer Lust hat, das Thema Werner real zu verfilmen, dann soll er es doch mit unser Hilfe tun. Versuchen kann man das ja mal. Ich glaube aber nicht, dass das Ergebnis so toll sein wird — wer will denn schon unsere ergrauten Schnapsnasen ertragen?
Andi Feldmann: Vielleicht macht man da auch viel kaputt, wenn auf einmal nicht mehr diese Comic-Figur Werner im Vordergrund steht, sondern nur so ein Real-Hampelmann.
Vielleicht ist es ja auch das Problem, dass Werner nicht so ein Superheld ist wie vielleicht "Spiderman" oder "Batman".
Rötger Feldmann: Werner ist ein Superheld! Aber Werner ist auch der Mann, der real auf dem Teppich bleibt, der nicht übermenschliche Kräfte hat und nicht durch die Gegend fliegen kann. Menschen können nicht fliegen.
Andi Feldmann: Also ehrlich, das habe ich auch noch nicht gesehen.
Rötger Feldmann: Ja, so was gibt es nicht und ich finde das albern, wenn da so ein Mensch durch die Gegend fliegt also ob er einen Raketenantrieb hätte. Früher war das so ähnlich mit Popeye, dem Spinatmatrosen. Der hat eine Dose Spinat geschluckt und auf einmal wurde er stark und hat alle verprügelt. Das war ja noch witzig. Auch Batman fand ich ok, das war ja noch ziemlich realistisch, weil das ein Mensch ist, der sich mit technischer Hilfe irgendwie am Seil gezogen hat …
Andi Feldmann: … na ja, der konnte aber auch fliegen.
Rötger Feldmann: Ach so, ja … das ist eigentlich schon schlimm genug. Das Gute an Werner ist doch, dass er nicht anfängt, mit der Rakete herumzufliegen, sondern auf dem Boden der Tatsachen bleibt.
Wie viele Zeichner arbeiten eigentlich an so einem "Werner"-Film?
Rötger Feldmann: Das weiß ich gar nicht genau, der Grundstock dieser Mannschaft sitzt ja in Hamburg im Studio der Trickompany. Da werden dann aus der ganzen Welt Leute geholt, die das am besten können, da sind viele fliegende Zeichner dabei, die die ganze Zeit durch die Welt reisen. 30 bis 40 Zeichner werden das schon sein. Zum Teil wird ja aber auch in Fernost gezeichnet, weil das dort halt ein bisschen billiger ist.
"Werner — Gekotzt wird später!" entstand also zum Teil in Südostasien?
Rötger Feldmann: Klar, logisch. Da ist dann von der Trickompany jemand hingeflogen, ein Supervisor, der eben richtig aufpasst, dass die Menschen dort keine Fehler machen, der genau weiß, wie diese Figuren gezeichnet werden müssen.
Und es sind Asiaten, die den "Werner" zeichnen?
Rötger Feldmann: Ja, das sind kleine schlitzäugige Menschen, die jetzt diese lange-Nasen-Menschen zeichnen müssen.
Inwiefern wird denen erzählt, was "Werner" eigentlich für ein Typ ist, was er hierzulande für Fans hat?
Rötger Feldmann: Ich denke, das wird denen schon vermittelt, weil die verstehen zum größten Teil ja gar nicht, was in so einem Film gesagt wird. Zum Beispiel kann ich mir vorstellen, dass das Drehbuch auch in Englische übersetzt wird, dass die verschiedenen Gags erklärt werden, dass die Leute wissen, um was es geht. Jeder von denen bekommt dann eine Sequenz, die er zeichnen muss und die Kunst ist es dann, die ganzen Einzelstücke am Ende wieder zusammenzusetzen.
Andi Feldmann: Sicher gibt es aber auch ein paar Zeichner, die haben noch nie einen "Werner"-Film gesehen und werden das auch nicht. Die wissen gar nicht, wer Werner ist, aber die zeichnen einfach ein Teilstück, haben drei Wochen damit zu tun, und dann zeichnen sie wieder etwas anderes.
Wie sieht es heute eigentlich mit den Rechten an der Figur Werner aus?
Rötger Feldmann: Die gehören mir. Und in dem Moment, wo Constantin Film so einem Film macht, verkaufe ich die Rechte an der Story. Da bekomme ich die Knete für und dann verfügen die eine bestimmte Zeit über die Figur. Dann habe ich ja noch die Fernsehrechte, Videorechte und was es noch so alles gibt.
Vielleicht keine erfreuliche Frage, aber Rötger, hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, was aus "Werner" wird, wenn du ihn selbst nicht mehr zeichnen kannst? Der Zeichner Hergé zum Beispiel hat ja einst in seinem Testament festgehalten, dass kein Zeichner seine "Tim und Struppi"-Comics weiterführen soll.
Rötger Feldmann: Ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht, aber ich habe jetzt zum Beispiel einen Zeichner, der ein paar Jahre jünger ist als ich, der den Werner auch beherrscht, weil er sozusagen neben mir aufgewachsen ist. Der hat als Jugendlicher schon Comics gezeichnet, hat damals meine ersten Comics verschlungen — und mittlerweile kann der den Werner besser zeichnen als ich. Der hat einen sehr guten Stil drauf und kann dir aus dem Stehgreif so einiges hinknallen.
Wie schaust du heute auf die Achterbahn AG zurück, die ja vor allem dank Werner groß rauskam, an die Börse ging — mittlerweile aber Insolvenz anmelden musste?
Rötger Feldmann: Ich muss sagen, das war nie mein Ding, diese Sachen in der Geschäftswelt zu machen. Ich war eigentlich nur Autor bei diesem Verlag, unglücklicherweise aber auch Mitinhaber, obwohl das nie meine Schiene gewesen ist. Ich habe mich da auf ein Niveau begeben, das mir eigentlich gar nicht lag, womit ich mich nicht zu beschäftigen hatte. Meine Figur Werner habe ich zum Glück noch retten können aus diesem Inferno.
Heute mache ich weiter mit professionellen Menschen, den neuen Film haben wir ja auch wieder mit Constantin Film gemacht, wie schon den ersten "Werner"-Film. Dann haben wir zum Film ein Buch gemacht, das bei Ehapa erscheint. Mal sehen, was wird.
Wir fragen all unsere Interview-Partner zum Schluss, welche Comic-Figur sie gerne wären, angenommen das Leben wäre ein Comic. Ihr würdet mir jetzt wahrscheinlich mit "Werner" antworten, daher frag ich mal anders: was erfährt man in den "Werner"-Filmen über euch?
Andi Feldmann: Sehr viel, würde ich sagen. Weil wir ja auch wirklich authentisch sind und diese Geschichten, die in den Filmen vorkommen, zum größten Teil selbst erlebt haben. Also zum Beispiel die Reise mit dem Auto nach Korsika. Oder dass wir so motorradbegeistert sind, beim letzten Film hatten wir ja noch dieses Wahnsinns-Motorrad gebaut — das stecken viele wahre Begebenheiten dahinter.
Rötger Feldmann: Andi hat ja auch beim Meister Röhrich seine Lehre gemacht und hat diese Zeit und diesen Mann sehr verinnerlicht. Jetzt gibt er wieder, was er da erlebt hat, viele Dinge aus den Filmen sind ja so tatsächlich passiert. Und es gibt den Andi wiederum als Comic-Figur, also derjenige, der im neuen Film mit Werner und Eckat im Auto nach Korsika sitzt. Genauso hat es den Eckat auch gegeben, den Gesellen.
Wir haben ja auch die richtigen Charaktere gefunden, die die Figuren sprechen, da kommen viele aus unserem Freundeskreis. Gleich am Anfang sind wir ja für Werner auf diesen Klaus Büchner gekommen — ich habe immer im Ohr gehabt, Werners Stimme, das muss dieser Klaus sein. Ich habe ihn oft auf seinen Konzerten erlebt, habe gesehen, was das für ein Mensch ist. Und seine Stimme, das ist Werner.
Als es Werner noch nicht gab, in eurer Kindheit, welche Comic-Figuren habt ihr da besonders gemocht?
Rötger Feldmann: Also, das erste was ich in der Hand hatte, waren ja die "Micky Maus"-Hefte.
Andi Feldmann: Ich fand die "Lurchi"-Hefte immer ganz toll.
Rötger Feldmann: Und ich habe auch immer die "Sigurd"-Hefte gelesen, "Ritter ohne Furcht und Tadel" — der hat mir gefallen!
Andi Feldmann: Da gab es noch so kleine Streifen-Heftchen, die haben 20 Pfennig gekostet, die waren gut.
Aber heute würdet ihr schon sagen, charakterisiert euch die Werner-Welt am besten?
Rötger Feldmann: Ja, wir sind so dermaßen mit dieser Werner-Welt beschäftigt, dass wir uns gar nicht so um das kümmern können, was sonst so noch um uns herum passiert. Der Andi ist ja auch so in seiner technischen Sache aufgeblüht, die ganzen Basteleien an den Autos und Motorrädern …
Andi Feldmann: Man lebt in seiner kleinen eigenen Welt, die man sich so aufgebaut hat, in der man sich freut, dass man tun und lassen kann, was man will.
Rötger Feldmann: Und der Andi, der würde sich ja nie ein Auto kaufen. Der baut seit mehreren Jahren an seinem Sportwagen rum, schweißt alte Teile neu zusammen, bis das Ding optimal fährt. Da macht man ja auch eine Menge Erfahrungen, man setzt sich mit der Technik auseinander, man erlebt Rückschläge, man macht immer weiter — das ist doch weitaus spannender, als sich ein fertiges Auto zu kaufen. Ich meine, ich verdiene mittlerweile genug Geld, dass ich mir jedes Motorrad auf der Welt leisten könnte. Aber ich tu’s nich, ich habe da kein Bock drauf, da setze ich mich lieber auf so einen alten Hocker, den ich selbst zusammengebaut habe.
Andi Feldmann: Einen Porsche, einen fertigen Sportwagen zu kaufen, das macht doch kein Spaß, da würden wir uns schämen!