betr. Interview mit Katja Kessler

Am 22.03. erhielten wir eine Pressemitteilung zum neuen Buch von Katja Kessler „Das Schatzi-Experiment oder Der Tag, an dem ich beschloss, meinen Mann zu dressieren“, nebst der Information, die Autorin stehe für Interviews zur Verfügung“. Daraufhin meldete ich mich für ein Interview an, welches schließlich am 06.04. telefonisch stattfand.

Da der Mann, den Frau Kessler „zu dressieren beschloss“, Chefredakteur der „Bild“-Zeitung ist und Frau Kessler als Journalistin mehrere Jahre für die „Bild“-Zeitung tätig war, lag es für mich nahe, sie auch zum Thema „Bild“ zu befragen.

Das Gespräch dauerte 40 Minuten in denen Frau Kessler auch auf mehrere Fragen zur „Bild“-Zeitung antwortete. An einer Stelle wies sie darauf hin, dass die darauf folgende Erläuterung nicht zur Veröffentlichung bestimmt sei, die betreffende Passage wurde daher nicht verschriftlicht.

Frau Kessler erhielt das Gespräch zur Autorisierung, und dazu unseren Standard-Hinweis: Wir bitten all unsere Interview-Partner, bei der Autorisierung auf Streichungen ganzer Antworten zu verzichten. Als das Gespräch von ihrer Agentur zurückkam fehlten 17 Antworten, 48 Prozent des Transkripts waren gestrichen.

Daraufhin bat ich Frau Kessler über ihre Agentur aus Gründen der Fairness unter Journalisten die Streichungen zurückzunehmen, jedoch ohne Erfolg.

Wir haben in unserem Standpunkt zur Autorisierung u.a. festgehalten, „tritt der Fall ein, dass die Autorisierung durch den Interviewpartner dazu führt, dass das ursprüngliche Gespräch nicht mehr erkennbar ist oder um wesentliche Kontexte beraubt wurde, behalten wir uns vor, unsere Leser darüber zu informieren.“ In den vergangenen zehn Jahren ist es bei den 1093 Interviews, die wir auf Planet Interview veröffentlicht haben, nur einmal zu einem solch massiven Eingriff gekommen, im Fall von Tom Junkersdorf 2006, worüber wir unsere Leser damals informiert haben. Im Fall von Frau Kessler sehen wir uns nun erneut zu diesem Schritt veranlasst.

Auch andere Medien haben in der Vergangenheit auf Streichungen durch Interview-Partner hingewiesen (vgl. u.a. Interviews mit Olaf Scholz 2003 in der taz, mit Hannah Herzsprung im U-Mag im Februar 2007, und siehe z.B. die Artikel „Warum deutsche Filmstars gern zensieren“ von Hanns-Georg Rodek am 11.03.2009 in „Die Welt“, oder „Es gilt das gestrichene Wort“ von Joachim Schmitz am 02.02.2011 in der Neuen Osnabrücker Zeitung).

Es ist uns durchaus ein Anliegen, dass die journalistische Form des Interviews durch die Autorisierung nicht verwässert wird, verschriftlichte Gespräche nicht im Nachhinein zu PR-Texten umformuliert und unliebige Passagen entfernt werden. „Kontroverse und harte Interviews verbessern die Konzentration des Interviewten“ sagte uns einmal Michel Friedman. Kritische Fragen führen zu spannenden Gesprächen und kritische Fragen müssen erlaubt sein.

Zu ihrer journalistischen Laufbahn befragt, sagte Frau Kessler: „„Bild“ war mein großes Glück“. Dieses Zitat hat sie freigegeben. Dass sie mehrere Antworten zu diesem Medium, sowie Antworten zu den Fotos in ihrem Buch und zu Paparazzi-Fotos ersatzlos gestrichen hat, bedauern wir.

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