Hape Kerkeling

Mir ging es immer darum, dass es lustig ist – um nichts anderes.

Hape Kerkeling über seinen Werdegang, die Zukunft des TV und wie er einmal einen Preis für politisches Kabarett gewann

Hape Kerkeling

© Tobis Film

Herr Kerkeling, Ihren letzten Kinofilm „Kein Pardon“ haben Sie vor zehn Jahren gedreht, eine Satire auf das Fernseh- und Showgeschäft. Sie schildern darin die Karriere des TV-Moderators Peter Schloenzke, der mit dem Erfolg immer arroganter wird, sich nach außen hin abschottet, seine früheren Freunde abserviert. Haben Sie in den vielen Jahren Ihrer Tätigkeit selbst auch solche Eigenschaften entwickelt?
Hape Kerkeling: Ja, solche Züge entwickelt man, schon alleine aus Selbstschutz. Solche Züge stellt man fest, wenn man den Eindruck hat, die Umwelt beim Fernsehen geht mit einem relativ gnadenlos um, dann verhält man sich ähnlich. Das habe ich eine Zeit lang versucht, aber ich habe dann auch schnell gemerkt, dass so ein künstliches Auftreten zu mir nicht passt. Ich muss so auftreten, wie ich eben bin. Und dieses gnadenlose Leute abschmettern, das ist nicht mein Ding.

Wann haben Sie denn gemerkt, wie Sie sind?
Kerkeling: Das weiß ich schon seit meiner Kindheit, wie ich bin. Das sieht man ja schon im Kindesalter, wie jemand tickt. Und wahnsinnig verändern tut man sich danach ja auch nicht mehr, also was die Grundzüge der Persönlichkeit anbelangt. Man kann hier und da schleifen, Dinge verbessern, aber im Prinzip war ich als Kind schon so, dass ich das Gefühl hatte, es sollen sich bitte alle vertragen und es muss doch möglich sein, in Ruhe und Freundschaft die Dinge zu klären – ohne dass man gleich aufeinander losgeht. Was ich schon immer hasse wie die Pest, sind Intrigen, zu so was eigne ich mich überhaupt nicht.

Angesichts dieses Harmoniebedürfnisses war der Komiker-Beruf also vorprogrammiert?
Kerkeling: Ja, das war eigentlich immer mein Traumberuf.

Doch sind Sie mit der Kamera auch immer wieder ziemlich wild auf die Leute losgegangen.
Kerkeling: Die Konfrontationen, die ich dabei suche, sind ja künstlich, da ist nichts echt.

Wann wurden Sie denn das erste Mal mit Kamera und Mikrofon auf die Leute losgelassen?
Kerkeling: Das erste Mal war das bei Radio Bremen in einer Sendung, die hieß „Extratour“. Ich habe damals eine Berichterstattung gemacht vor dem Klo bei der Fernsehpreis-Verleihung, dem Telestar. Die Redaktion hatte mir so ein paar Texte geschrieben, die fand ich alle nicht so doll. Aber da ich eine Live-Schaltung hatte, habe ich mir gedacht, am Anfang bringe ich mal den Text und dann improvisiere ich. So ist das entstanden. Ich wusste bis dahin gar nicht, dass ich so was kann. Ich habe es drauf ankommen lassen und geredet, was mir gerade in den Sinn kam.

Aber Hemmungen hatten Sie nie, wenn Sie spontan Leute mit der Kamera ‚überfallen‘ haben?
Kerkeling: Immer mal wieder. Aber in dem Moment, wo du die Idee entwickelst und für gut befindest, hast du auch den Mut, das durchzuziehen. Es ist ja auch eine gespielte Aufdringlichkeit, von daher war mir das nicht peinlich. Den aller ersten Dreh für die Sendung „Total Normal“ hatten wir allerdings auf dem CDU-Parteitag – ja, das war dann schon stellenweise ein bisschen peinlich und unangenehm. Aber es wäre ja auch unmenschlich, wenn es nicht so wäre.

Nicht lange her, da waren Sie noch einmal auf einem CDU-Parteitag, als Kellner verkleidet -und wurden von Angela Merkel sofort erkannt.
Kerkeling: Ja, davon ist aber auch auszugehen, wenn man das so oft gemacht hat. Heute sind Politiker auch besser darauf vorbereitet, man kann sie nur noch schwer aus der Reserve locken. Die sind heute geschulter und können mit so einer Situation viel besser umgehen, kaum ein Politiker würde sich durch mich noch aus der Bahn werfen lassen.

In Ihrer Biographie findet sich zu Beginn ja auch politisches Kabarett.
Kerkeling: Nein, politisches Kabarett habe ich nie gemacht.

Aber einen Preis für politisches Kabarett …
Kerkeling: … habe ich gewonnen, das ist richtig. Warum, das habe ich auch nie wirklich verstanden. Da war ich 17, 18 und hatte mich für das Passauer Scharfrichterbeil beworben. In dem Jahr wurde der Preis gegründet, es gibt den jetzt mittlerweile 21 Jahre und das Scharfrichterhaus in Passau ist heute so das schärfste Kabarett überhaupt in Bayern. Ich hatte mich beworben, bin aber nicht genommen worden. Aber dann fiel einen Tag vor der Veranstaltung einer aus und der Veranstalter rief mich an und sagte, ich könnte als Teilnehmer nachrücken. Ich müsste aber alles selbst bezahlen, denn der Preis war eigentlich auf den Raum Österreich und Bayern beschränkt – „wenn Sie aus Norddeutschland kommen, ist das ihr Problem“, sagte der.
Da bin ich zu meiner Oma und habe ihr gesagt: Pass mal auf, Oma, ich habe die Möglichkeit bei einem wichtigen Wettbewerb aufzutreten – zahlst du mir das Flugticket? Sonst wäre mir das zu anstrengend gewesen. Und dann hat mir meine Oma von ihrem mühsam Ersparten ein Flugticket gekauft und ich bin nach Passau geflogen. In der Jury saßen damals Ottfried Fischer, der damals noch eine Münchener Lokalgröße war, und drei, vier Fernseh- und Zeitungsredakteure. Die ersten zehn Kabarettisten, die da auftraten waren meiner Ansicht nach so entsetzlich, dass ich dachte, den dritten Platz kann ich hier machen. Dann kam ein Duo aus Österreich, das schon den „Salzburger Stier“ gewonnen hatten, den größten österreichischen Kabarettpreis und die machten knallhartes politisches Kabarett – sensationell waren die. Ich kam dann als letzter dran und die ersten zwei Minuten haben mich die Leute angeguckt wie ein Auto. Bis Ottfried Fischer irgendwann anfing so laut zu lachen, dass er den ganzen Saal angesteckt hat und sich im ganzen Saal eine Euphorie verbreitete.

Was haben Sie zum Besten gegeben?
Kerkeling: Das war nichts besonders, ich saß damals nur an einem Tisch und habe meine Texte gelesen, mit verstellten Stimmen die verschiedenen Rollen, ähnlich wie Max Goldt das heute macht. Aber die Leute waren restlos begeistert und ich hatte auf einmal diesen Preis gewonnen. In der Begründung der Jury hieß es dann, das sei zwar nicht eindeutig politisches Kabarett, aber man würde doch sehr starke politische Züge erkennen. Meine Texte seien doch so stark gesellschaftskritisch, dass man das unter „politisch“ einordnen müsste. Mit dem Preis ging es dann auch schon los, der bayerische Rundfunk wurde auf mich aufmerksam, dann Radio Bremen …

Und Politik?
Kerkeling: Nein, politisches Kabarett hat mich nie interessiert.

Sie haben auch nie Ihre politischen Ansichten mal in einer Sendung raushauen wollen?
Kerkeling: Nein, das ist nicht lustig. Mir ging es aber immer darum, dass es lustig ist, um nichts anderes. Erst mal soll es komisch sein, wenn dann noch ein anderer Aspekt hinzukommt, gerne – aber es muss halt erst mal lustig sein. Ich verteile keine Denkzettel. Das, was ich mache ist mehr so eine komische Zustandsbeschreibung.

Für Ihre Sendung „Darüber lacht die Welt“ haben Sie einmal – als Politiker getarnt – Unterschriften gesammelt für die Stauung ausländischer Abwässer vor der deutschen Grenze und haben die Leute vor dem Einfließen von Eurofäkalien nach Deutschland gewarnt. 400 Passanten haben unterschrieben. Was reizt sie an so einer Aktion?
Kerkeling: Der Reiz daran ist, zu sehen, wie weit kann man gehen. Was machen Leute alles mit, wozu lassen sie sich verführen, wenn man nur lang genug auf sie einredet? Und das Ergebnis ist oft sehr erschreckend – aber gleichzeitig zum Brüllen komisch. Wenn ich den Leuten ernsthaft erzähle, dass wir hier das Pipi von den Dänen nicht haben wollen und es deswegen vor der Grenze gestaut werden soll – dass Leute das ernst nehmen und sagen, das ist ein interessanter Aspekt, der hat doch eigentlich Recht, dann zeigt das einfach nur, wie einfach man die Leute beeinflussen kann.

Aber irgendwie ist das auch erschreckend.
Kerkeling: Natürlich ist das erschreckend. Es bleibt aber witzig. Gerade dadurch, dass es so tragische Züge annimmt wird es besonders komisch.

Aber wenn ein Passant allzu komisch, entrüstet auf so eine Aktion reagiert wird das rausgeschnitten, oder?
Kerkeling: Nein, nicht unbedingt, wenn das unterhaltsam ist und für den Zuschauer interessant, dann bleibt das natürlich drin.

Mussten Sie schon mal im Gefängnis, wegen einer Ihrer Aktionen?
Kerkeling: Nein. Ich habe noch nie gegen ein Gesetz verstoßen. Ich überlege mir vorher schon sehr genau, was ich mache. Wenn eine meiner Ideen zu brisant erscheint, dann wird das automatisch vom Justitiar des Senders geprüft. Der sagt mir dann, was ich machen kann und was nicht.

Wie lange sitzen Sie in der Maske, bevor Sie als gefakter Bodybuilder oder Fahrkartenkontrolleur die Leute verunsichern?
Kerkeling: Etwa zwei Stunden.

Zitiert

Politisches Kabarett hat mich nie interessiert.

Hape Kerkeling

Eine Tortur?
Kerkeling: Nein, das gehört mit zum Spaß. Die zwei Stunden, die ich da sitze, gehe ich noch einmal in mich und ich werde immer mehr zu der Figur, die ich dann hinterher zu spielen habe.

Suchen Sie sich dafür immer ein bestimmtes Vorbild?
Kerkeling: Nein, ich versuche da ganz meinen eigenen Weg zu finden, ich will niemanden imitieren. So etwas perfekt hinzukriegen ist ja auch illusorisch.

Aber es ist Ihnen immer wieder gelungen. Manche Leute haben Sie tatsächlich für die Volksmusikerin Maria Hellwig oder die holländische Königin Beatrix gehalten.
Kerkeling: Ja, es ist aber auch immer die Frage: was will der andere wahrnehmen? In dem Moment, wo ich von etwas überzeugt bin, überzeuge ich auch andere davon. Das ist ja auch immer ein Spiel mit Dominanz und dem sich unterordnen. Wenn man so auftritt, dass man keine Dominanz von anderen zulässt, dann ordnen sich viele Menschen automatisch unter. Das ist aber auch sehr deutsch. Ich habe ja manchmal in England oder Italien gedreht, da funktioniert das nicht so. Die Engländer steigen sofort mit ein und versuchen sich immer auf gleiche Ebene mit dir zu begeben, wobei die Italiener immer sofort versuchen, dich zu dominieren. Aber der Deutsche ordnet sich meistens unter.

Woran liegt das?
Kerkeling: Das weiß ich nicht, das ist vielleicht auch nur mein subjektiver Eindruck. Die Leute hier versuchen erst mal, alles richtig zu machen, im Zweifelsfall glauben sie dem anderen erst mal und denken, dass der bestimmt nur Gutes will.

Das macht Ihnen die Arbeit leicht.
Kerkeling: Sicher, aber wenn ich merke, dass sich andere sehr schnell unterordnen, manchmal auch in den absurdesten Situationen, dann finde ich das auch beängstigend. Ich wünschte mir, dass es so nicht funktioniert. Wobei sich das im Laufe der Jahre auch geändert hat, ich stelle immer öfter fest, dass es nicht mehr so gut klappt wie früher und das gefällt mir. Dass die Leute sagen: Moment mal, was soll das jetzt hier? Es wird schwieriger für uns, so etwas zu drehen. Es sei denn, man nimmt sich irgendeine hilflose Oma – dann klappt das immer.

Wurden Sie eigentlich selbst mal mit einer versteckten Kamera reingelegt?
Kerkeling: Ja, da haben die Zuschauer bei einer Aufzeichnung meiner Sendung immer an der falschen Stelle geklatscht und mitten im Satz gelacht, wo gar keine Pointen waren. Das hat Kurt Felix damals gemacht und ich fand das im Nachhinein wirklich sehr gut.

Gibt es eine TV-Show in der Sie gerne selbst mal Kandidat gewesen wären?
Kerkeling: (überlegt, grinst) Nee.

Sie moderieren schon seit knapp 20 Jahren – wenn Sie einmal Ihre Anfangszeit mit heute vergleichen?
Kerkeling: Ich würde nicht sagen, dass die Zeiten früher besser oder schlechter waren, die Zeiten sind heute anders. Ganz anders. Was sich vor allem verändert hat, ist, dass es früher noch viel öfter darum ging, sich auf den Inhalt zu konzentrieren und dann zu hoffen, dass aus der Sendung ein Erfolg wird. Heute konzentriert man sich nicht mehr auf den Inhalt, sondern man guckt einfach, was bringt Erfolg. Der Inhalt ist heute wurscht, entscheidend ist, was den größtmöglichen Erfolg bringt. Das war früher nicht so.

Da ist vielleicht die „AIDS-Gala“ die Sie vor wenigen Wochen moderierten, ein gutes Beispiel. Der Sender Sat1 schrieb am Tag nach der Sendung in einer Pressemitteilung: „Am Sonntagabend sahen durchschnittlich 3,48 Millionen Zuschauer „Stars 2003 – Die AIDS-Gala“. In der werberelevanten Zuschauergruppe betrug der Marktanteil der Show 15,4 Prozent.“ Erst am Ende der Mitteilung wurde auch die in der Sendung erzielte Spendensumme genannt.
Kerkeling: Ja, daran sehen Sie es und ich muss sagen, ich finde das ziemlich absurd. Wichtiger ist an sich natürlich die Spendensumme, ganz klar. Für mich ist das jedenfalls wichtiger, wenn ich so was moderiere. Ich mache so eine Sendung nicht, damit sie möglichst viele Leute gucken. Mir würden auch weniger Zuschauer reichen, Hauptsache die spenden. Aber nun ist Sat1 ein kommerzieller Sender, die müssen darauf achten, dass die Quote stimmt – und das setzt die Leute unter einen enormen Druck.

Ist eine Gala für das Thema AIDS nicht eine recht sonderbare Verpackung?
Kerkeling: Ich habe diese Sendung auch nie AIDS-Gala genannt, dieses Wort ist nie über meine Lippen gekommen, auch nicht in der Sendung, weil ich diesen Namen ehrlich gesagt nicht gut finde. „Silvester Gala“ kann man sagen, aber „AIDS-Gala“ ist doch ein sehr unpassender Ausdruck.
Nun wird die Sendung aber nicht nur vom Sender allein mit Inhalten gefüllt wird, sondern sie entsteht in Kooperation mit der AIDS-Stiftung. Die sagen auch, wie sie sich die Sendung vorstellen, woraufhin der Sender sagt, welchen Weg er für richtig hält, damit die höchstmögliche Spendensumme erzielt werden kann. Und da ist es nun mal so, dass durch „Unterhaltung“ die höchsten Spendengelder reinkommen. Wenn Sie eine reine Informationssendung machen, was dem Thema angemessen wäre, einen dreistündigen Themenabend mit allen möglichen Informationen zu dieser Krankheit und wie viele Menschen darunter leiden, dann schalten wahrscheinlich bereits nach einer Viertelstunde zwei Millionen Leute ab. Dann haben Sie vielleicht noch eine kleine Gruppe, die zuschaut, die man auch zum Spenden auffordern kann, doch da kommt am Ende sicher nicht die Summe bei raus, die wir mit der Sendung letzten Endes erzielt haben.

Wird dafür aber nicht die Distanz zum Thema AIDS größer? Galas gibt es im Fernsehen ja wie Sand am Meer zu allen möglichen Anlässen.
Kerkeling: Da bin ich mir nicht so sicher, schließlich wird ja auch informiert. Und durch so eine Sendung wird das Thema im besten Sinne alltäglich, es wird Bestandteil unseres Lebens und nicht etwas, was gesondert für sich steht, eben weil es zum Bestandteil einer Unterhaltungssendung wird.

War AIDS das ernsteste Thema, das Sie je moderiert haben?
Kerkeling: Ja, ich glaube schon.

Da Sie mit dem Film „Kein Pardon“ 1993 schon sehr gut vorhergesehen haben, wo sich das Fernsehen hinentwickelt, vor allem im Hinblick auf den ganzen Casting-Show-Overkill der vergangenen Jahre – könnten wir Sie um eine Prognose für die nächsten 5, 10 Jahre bitten?
Kerkeling: Wenn sich die Dinge verändern, dann verändern sie sich sowohl zum guten als auch zum schlechten. Meine Horrorvision ist (da rede ich jetzt aber nur über die Unterhaltung, weil das jenes Metier ist, von dem ich glaube, dass ich mich besonders gut auskenne), dass es in drei bis vier Jahren eine Sendung geben wird – in Südeuropa gibt es das nämlich schon – wo drei rasend gut aussehende Models, zwei Frauen und ein Mann in einem riesigen Show-Event die Treppe runterkommen, sich da hinstellen, gut aussehen und nur sagen, „Guten Abend“ – und in dem Moment wird die Moderation aus dem Off übernommen von einem Moderator, der das brillant und perfekt macht. Dann kommen Telefonanrufe vom Publikum und die Models gehen ran, sagen nur „Guten Abend“ und dann übernimmt der Moderator aus dem Off. Es werden nur noch die gutaussehendsten Menschen vor die Kamera gestellt und im Off hat man dann einen guten Radiomoderator, der auf Pointe moderiert. Das wird dann miteinander verknüpft und damit hält man das Publikum bei der Stange. Das ist eine Horrorvorstellung, aber in Italien und Spanien ist das teilweise schon Realität.
Meine gute Vision wäre, dass es wieder viel mehr Live-Shows geben wird, dass man eigentlich wieder zu dem zurückfindet, was es in den 50ern und 60ern mal gab. Ich glaube auch, dass diese Zeiten wieder kommen werden.

Aber von dem Schönheits-Denken wird das Fernsehen nicht wieder wegkommen, oder?
Kerkeling: (überlegt lange) Nein, davon wird man nicht mehr wegkommen, das wird sich in nächster Zeit nur noch verschärfen. Das ist so eine Tendenz, die sich absehen lässt, in all unseren Nachbarländern und da ziehen wir dann meistens nach.

Weil es am meisten Quote bringt?
Kerkeling: Na ja, das funktioniert in Deutschland ja auch nicht immer so einfach. Es gibt da jetzt zum Beispiel diese Sendung „Bachelor“, wo ein rasend gut aussehender Mann in einer rasend schönen Villa aus 25 rasend gut aussehenden Frauen sich eine auswählen soll. Ich glaube, das wird ein Quoten-Misserfolg, denn so einfach ist das auch nicht.

Wenn das Leben ein Comic wäre, welche Figur wären Sie?
Kerkeling: Wenn Sie mich das so spontan fragen: Donald. Ich habe früher viele Comics verschlungen. Asterix & Obelix, Fix und Foxi, alles von Walt Disney, einfach alles – nur Mickey Maus nicht so sehr, der war mir immer zu besserwisserisch.

Der kleine Peter Schloenzke guckt in „Kein Pardon“ besonders gerne „Flipper“. Der junge Hans-Peter auch?
Kerkeling: Ja, „Flipper“ habe ich auch sehr gerne geguckt.

Können Sie sich noch erinnern, wie Sie das Fernsehen damals wahrgenommen haben, was es für eine Rolle für Sie gespielt hat?
Kerkeling: Keine so besonders wichtige. Es gab ja nur die sogenannte „Kinderstunde“ und abends noch zwei Stunden Fernsehen. Und dadurch, dass man so selten geguckt hat, hatte so eine Serie wie „Flipper“ etwas ganz Besonderes. Man konnte in diesem Flimmerkasten, auch wenn es nur schwarz-weiß war, wie in eine Wunderwelt gucken. Dieser Effekt geht für Kinder heute glaube ich vollkommen verloren. Die werden so zugeballert mit allem möglichen Kram, für die ist Fernsehen so selbstverständlich wie alles andere auch.

Gucken Sie heute noch manchmal, was so alles im Kinderfernsehen läuft?
Kerkeling: Ja, ab und zu mache ich das. Aber ich muss sagen, ich verstehe da vieles nicht richtig. Es gibt ein paar schöne Kinder-Sendungen, so was wie „Die Sendung mit der Maus“ finde ich nach wie vor Klasse. Aber dann gibt es da so eine komische Schwamm-Sendung, die verstehe ich überhaupt nicht. Aber mein Neffe fährt vollkommen darauf ab.

Schwamm?
Kerkeling: Ja, SpongeBob heißt der glaube ich, das ist so ein Schwammgesicht, das eine Sendung moderiert – und ich verstehe das überhaupt nicht. Aber mein Neffe hat mir gesagt, ich soll mir das unbedingt angucken. Jetzt gucke ich mir das ab und zu an – und frage mich, was der nur daran findet.

Der Sender wird es wissen – auch bei Kindern zählt die Quote.
Kerkeling: Ja, da wird auch Werbezeit ohne Ende gebucht, weil Kinder für Werbung natürlich die anfälligsten Opfer sind. Ich bin aber jemand, der die Ansicht vertritt, dass es im Kinderfernsehen gar keine Werbung geben dürfte. Ich finde das schrecklich, dass während einer Kindersendung geworben wird, das ist schon grauenhaft.

In einer der ersten Folgen von „Total Normal“ haben Sie einmal gesungen: „Mein Leben ist die Show, das war schon immer so, das wird sich niemals ändern“ – alles nur Satire?
Kerkeling: Ja, das ist natürlich Satire. Das wäre ja auch zu viel des Guten. Das wäre doch entsetzlich. Das Leben ist das Leben. Und keine Show.

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