Oliver Rohrbeck

Du musst die Worte beseelen…

Synchronsprecher Oliver Rohrbeck über die Anfänge seiner Sprecher-Karriere, die Arbeit an der Hörspiel-Reihe „Die Drei ???“ und inwiefern die drei Detektive heute reifer sind als früher

Oliver Rohrbeck

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Herr Rohrbeck, wann wurden Sie das letzte Mal beim Pizza bestellen auf Justus Jonas oder Ben Stiller angesprochen?
Rohrbeck: Das passiert eigentlich andauernd wenn ich bei der Auskunft oder beim Pizzaservice anrufe. Viele Leute sind dann auch erstmal ganz vorsichtig und fragen nach, ob ich nicht die Stimme von „Justus Jonas“ sei. Es gibt aber auch welche die mir gleich nach’m ersten Satz auf den Kopf zusagen woher sie meine Stimme kennen. Das ist schon manchmal sehr lustig!

Wie reagieren Sie dann?
Rohrbeck: Ich freue mich darüber, und die Leute finden das ja auch immer ganz spannend, wenn sie entdecken wen sie da am Telefon haben. Das sind immer sehr nette Begegnungen und in gewisser Weise natürlich auch eine Bestätigung dafür, das meine Arbeit wahrgenommen und geschätzt wird.

Vor rund 25 Jahren wurden Andreas Fröhlich (Bob Andrews), Jens Wawrczeck (Peter Shaw) und Sie im Alter von 12 Jahren für die berühmte Hörspielreihe „Die Drei Fragezeichen“ engagiert, bis heute sind Sie der Serie erhalten geblieben. Können Sie sich noch an das erste Treffen erinnern?
Rohrbeck: Wir wurden damals nach Hamburg eingeladen und das war schon ziemlich aufregend. Ich hatte ja vorher in Hamburg die „Fünf Freunde“-Hörspiele synchronisiert und so waren mir die Abläufe in diesem Studio schon einigermaßen bekannt. Die Regisseurin Heikedine Körting, die bis heute unsere Hörspiele produziert, hat uns dann erstmal eingewiesen und ausprobieren lassen. Damals war Jens noch für die Rolle des Bob Andrews und Andreas für Peter Shaw vorgesehen. Das klang aber irgendwie künstlich und hat ihr nicht gefallen, also wurden kurzerhand die Rollen getauscht. Wir blieben dann ein ganzes Wochenende bei Frau Körting und haben die ersten beiden Folgen produziert. Damals konnte noch keiner von uns ahnen, dass diese Serie mal 25 Jahre laufen würde.

Das Synchronisieren war für Sie also mehr Abenteuer statt Arbeit?
Rohrbeck: Ja, das war die totale Spielerei! Ich hab das damals als großes Hobby angesehen mit dem ich nebenbei auch noch ein bisschen Geld verdienen kann. Man hat dann im Synchronstudio viele Freunde getroffen, konnte zusammen Unfug treiben und Quatsch machen.

Wie schwer ist es, sich diese Unbeschwertheit nun als Erwachsener im oftmals harten Berufsalltag zu erhalten?
Rohrbeck: Natürlich muss man viele Aufgaben professionell meistern und an viel mehr Sachen denken als früher in der Kindheit, aber man sollte sich immer auch noch so eine spielerische Ader erhalten und diese ganzen Businessdinger nicht allzu verbissen sehen! Ich bin ja Schauspieler geworden, um verschiedene Menschen zu verkörpern, und mir ist in diesen ganzen Jahren auch nie der Spaß daran verloren gegangen. Andere Menschen versuchen, einem im Alltag ständig was vorzuspielen, und ich mach’s halt auf der Bühne oder im Studio.

Sie haben mit dem Synchronsprechen schon sehr früh begonnen, im Alter von sieben Jahren haben Sie zusammen mit Harald Juhnke und Georg Thomalla den Zeichentrickfilm „Pinocchio“ synchronisiert. Dabei konnten Sie damals noch gar nicht richtig lesen…
Rohrbeck: Ja, das war total lustig! Ich saß auf so einem Barhocker und Juhnke hat mir immer den nächsten Satz vorgelesen. Das ging dann so: „Paß up! Den Satz, den ick dir jetzt jesacht hab, den sachste, wenn ick dir tippe!“ Dann habe ich das gemacht und es hat funktioniert. Ich wusste damals noch gar nicht, wie berühmt Harald Juhnke war, aber das war vielleicht auch ganz gut so. Er war der totale Kumpeltyp und hat mich total nett behandelt.

Später haben Sie dann die Schauspielschule in Berlin besucht und nach dem Abschluss unter anderem in Theaterstücken von William Shakespeare, Franz Xaver Kroetz und Athol Fugard mitgespielt. Haben Sie damals auch überlegt, die Synchronarbeit möglicherweise aufzugeben?
Rohrbeck: Nein, ich wollte nie mit dem Synchronsprechen brechen! Ich bin deshalb auch extra nicht aus Berlin raus gegangen und habe erstmal alle Angebote aus West-Deutschland abgeschlagen. Nach ein paar Jahren Theater habe ich mir dann aber gesagt: Ich will hinter die Kulissen verschwinden und nur noch Synchron machen! Das macht mir viel mehr Spaß und außerdem kann ich so quantitativ viel mehr Rollen spielen als im Theater, wo man mehrere Wochen auf eine Person festgelegt ist. Ich bin mit dieser Entscheidung bis heute sehr gut gefahren und bin nach wie vor sehr zufrieden mit meinem Job als Synchronsprecher.

Zitiert

Synchronarbeit ist Schauspiel!

Oliver Rohrbeck

Welche Gemeinsamkeiten gibt es eigentlich zwischen der Schauspielerei und der Synchronarbeit?
Rohrbeck: Synchronarbeit ist Schauspiel! Du musst die Rolle richtig spielen und wenn der Mensch auf dem Bildschirm da oben heult, dann musst du dich auch in diese Stimmung hineinversetzen. Du musst Emotionen über die Stimme hörbar machen und mit deiner Rolle verschmelzen. Du musst die Worte beseelen und das kannst du nur, wenn du sie richtig spielst. Wenn du das nicht machst, hörst du sofort an der Stimme, dass da nichts rüberkommt. Dann klingt es einfach nur öde und langweilig.

Ihre Figur bei den „Drei Fragezeichen“, Justus Jonas, zeichnet sich vor allem durch den genialen Verstand aus – seine Freunde treibt er mit seiner geschwollenen und altklugen Art zu reden jedoch oft in den Wahnsinn. Welche Beziehung haben Sie im Laufe der Zeit zu dieser Figur aufgebaut?
Rohrbeck: Justus und ich haben uns miteinander arrangiert und wir wissen, dass wir uns die ganze Zeit über begleiten. Wir wissen aber auch, dass wir sehr unterschiedlich sind. Justus ist ganz anders als ich und ich glaube das weiß er auch. Ich würde mal so sagen: Ich will nicht wie so sein wie er und ich glaube er würde auch nicht gerne so sein wollen wie ich! Justus würde zum Beispiel nie auf ein Punk-Konzert gehen oder so was. Das wäre ihm viel zu anstrengend.

Haben Sie denn ein bestimmtes Bild von „Justus Jonas“ im Kopf, wenn Sie ihn sprechen?
Rohrbeck: Natürlich hat man gewisse Bilder im Kopf, wenn man eine fiktive Hörspiel-Figur spricht. Das gehört ja dazu, damit letztendlich auch beim Zuhörer gewisse Bilder entstehen können. Ich könnte Ihnen jetzt aber nicht sagen, ob Justus den Seitenscheitel rechts oder links hat oder ob er braune oder blonde Haare hat. Ich sehe Justus so’n bisschen als den Polunder- Typ, der nach Ordnung und Sauberkeit strebt. Es kann aber sein, dass viele Fans ihn ganz anders sehen. Das ist ja auch gerade das Spannende, dass das Hörspiel genauso wie die Literatur so viele verschiedene Imaginationsmöglichkeiten schafft.

Inwiefern haben die drei Detektive in den letzten 25 Jahren eine menschliche Entwicklung durchgemacht? Sind sie reifer geworden?
Rohrbeck: Ja, die haben sich auf jeden Fall weiterentwickelt! Die waren ja am Anfang noch viel glatter, halt so Archetypen! Da gab es halt den ängstlichen „Peter Shaw“, den rechthaberischen „Justus Jonas“ und was Bob war, wusste man am Anfang gar nicht so genau. Der war damals irgendwie auch ziemlich gesichtslos! Ich glaube, wir haben im Laufe der Jahre den Figuren durch unsere Art zu sprechen ziemlich viel Persönlichkeit gegeben.

Nicht nur in menschlicher Hinsicht fand eine Entwicklung statt: Die Zentrale der Detektive hat sich mittlerweile zu einem High-Tech-Büro gemausert, Computer, Faxgerät und modernstes Equipment inklusive. Außerdem haben mittlerweile alle drei Detektive eine Freundin, den Führerschein und müssen immer seltener die Hilfe des Kult-Chauffeurs Morton in Anspruch nehmen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Rohrbeck: Natürlich ist das nicht mehr so wie früher, aber es spielt trotzdem noch immer in derselben Zeit – nur in welcher, wissen wir halt nicht. Außer der Technik ist ja eigentlich auch alles beim Alten geblieben. Die Fälle haben sich nicht verändert, sie sind nicht brutaler und grausamer geworden, nur weil das heute so die übliche Form der Unterhaltung ist. Das wäre auch gar nicht möglich, dass die auf einmal alle älter werden, nie mehr Sommerferien haben und auf einmal zur Uni gehen. Da müssten sich so viele Sachen ändern und der ganze Charme der Serie würde verloren gehen. Diese Konstante macht sicherlich auch den Erfolg dieser Reihe aus. Das ist so ein Unterbewusstseinsgefühl bei den Hörern, dass auch der nächste Fall trotz aller Widrigkeiten gut ausgeht.

Die Hörspielreihe „Die Drei Fragezeichen“ zählt mit über 25 Millionen verkauften Tonträgern zu den erfolgreichsten Produktionen ihrer Art und erfreut sich zunehmend auch unter Erwachsenen großer Beliebtheit, so finden in Bars und Kneipen Hörspielabende statt und es gibt zahlreiche Fanclubs. Wie erklären Sie sich das?
Rohrbeck: Wir haben mittlerweile zu 80% erwachsene Fans und kaum noch Kinder in unserer Zielgruppe. Ich würde mal sagen: Das Alter der Fans bewegt sich zwischen 18 und 40 Jahren und drüber. Die haben das alle schon als Kinder gehört und können sich einfach nicht davon trennen. Wenn man früher als Kind krank war, hat man halt ein Hörspiel und ein Glas heiße Milch bekommen und schon ging es einem besser. Diese Erlebnisse prägen einen Menschen und warum soll man sich nicht auch als Erwachsener nach einem harten und stressigen Arbeitstag ein Hörspiel in die Stereoanlage packen und dabei entspannen!? Dann kann man sich einfach mal zurücklehnen und anderen Menschen dabei zuhören, wie sie herumhampeln und einen nervenaufreibenden Fall lösen.

Wenn ich an die „Die Drei Fragezeichen“-Kassetten denke, fällt mir noch das Hitchcock- Logo ein – was haben die Hörspiele eigentlich mit Alfred Hitchcock zu tun?
Rohrbeck: Mittlerweile eigentlich gar nichts mehr! Damals war Hitchcock halt das Markenzeichen dieser Hörspiel- Reihe, aber ich glaube mittlerweile ist der Hitchcock- Kopf auch gar nicht mehr auf den Hüllen zu sehen. Die Geschichten wurden ja damals auch gar nicht von ihm sondern von Robert Arthur geschrieben. Alfred Hitchcock hat damals lediglich seinen Namen für die Serie hergegeben und gegen eine Lizenzgebühr durften die weiteren Autoren seinen Namen auf dem Titel verwenden.

Inwiefern gibt es eigentlich eine Konkurrenz zwischen den „Drei Fragezeichen“ und den Detektiven von "TKKG", die ja beim selben Label Europa erscheinen?
Rohrbeck: Da gibt es gar keine Konurrenz! Die TKKG-Fälle sind ganz anders strukturiert, spielen in Deutschland und sind dadurch natürlich auch realistischer, weil jeder weiß, wie das Leben in Deutschland ist. In die Fälle der „Drei Fragezeichen“ können die Fans dadurch aber auch viel mehr Fantasie investieren, weil Ort und Personen auf fiktiver und magischer Basis existieren. Letztendlich haben aber beide Serien ihre Fans und das finde ich völlig in Ordnung.

4 Kommentare zu “Du musst die Worte beseelen…”

  1. flo |

    rush hour

    ich hab die stimme von diesem gangster in rush hour sofort erkannt ;)

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  2. Michael Kasper |

    Einfach genial

    Ich höre heute noch immer die ??? Fragezeichen, zum Einschlafen, zum Entspannen, bei langen Wegstrecken alleine im Auto, einfach genial gemacht und das im Alter von 36 Jahren, aber ich glaube auch nicht, das Jugendliche das heute noch hören, obwohl das sehr schade ist. Hoffe wird noch lange neue Folgen geben.

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  3. Oliver |

    Das waren einfach die besten Hörspiele

    Ich könnte mir in den hintern beissen, daß ich nicht mehr alle Hörspiele der drei??? aufbewahrt habe. Die sind über die Jahre irgendwie zum größten Teil abhanden gekommen. Aber, wie Herr Rohrbeck oben schon sagte. Draussen schlechtes Wetter, ein Glas Milch und ab ging die Hörspiel post. Die waren/sind einfach spannend und gut gemacht. Heute höre ich die Sachen gerne noch abends im Bett.Herr Rohrbeck ist sehr oft als Synchronsprecher zu hören, bei diversen Produktionen.Zum beispiel bei Rush Hour. Auch als Julien war er super. Bei den Drei stimmte einfach alles, die Sprecher, die Geräusche, die Stories, die Musik, die Hüllengestaltung. Mich wundert es nur, warum es davon noch keine Verfilmung gibt. Die drei waren für mich um längen besser als die TKKG geschichten, kein Vergleich.

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  4. Julia Henke |

    hallo

    mein name ist Julia Henke, ich bin 15 jahre alt und ich habe die drei ??? durch meine Schwestern kennengelernt und höre sie auch nach 10 Jahren noch mit vergnügen. ich würde gerne einmal wissen, ob Oliver Rohrbeck eigtnlich erst mit den drei ??? bekannt geworden ist, denn man hört seine Stimme ja in sehr vielen Filmen, auch älteren!

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