Tom Schilling

Die Presse sucht sich jede Woche einen neuen Shootingstar.

Tom Schilling über Karriere, frühen Erfolg, die Verfilmung von George Taboris „Mein Kampf“, Ängste als Schauspieler und seine Vaterrolle - im "Tatort" und im realen Leben

Tom Schilling

© HR/Degeto/Bettina Müller

Tom, in der Verfilmung von George Taboris Hitler-Farce „Mein Kampf“ von 1987 spielst du den jungen Hitler, der an der Wiener Kunstakademie als Maler abgelehnt wird und in dieser Zeit mit dem Juden Schlomo Herzl in einem Wiener Asyl für obdachlose Männer lebt. Vor zwei, drei Jahren wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, dir eine solche Rolle in einem außergewöhnlichen Projekt wie diesem anzubieten.
Schilling: Ja, das stimmt. Das liegt daran, dass ich älter werde.

Inwiefern empfindest du diese Rolle als Herausforderung?
Schilling: Es ist eine große Herausforderung, weil es eine große Vorlage ist, der man gerecht werden muss. Ich empfinde eine große Verantwortung George Tabori gegenüber, der übrigens gesagt hat, dass er nie wollte, dass jemand eine Karikatur spielt oder eine Hitler-Kopie abgibt. Das werde ich auch nicht machen. Sondern ich werde es auf meine Art und Weise machen. Auf der anderen Seite ist die Herausforderung auch dadurch groß, dass der Film eine ganz andere mediale Aufmerksamkeit kriegt. Ich hatte bisher bei keinem Film sonst das Phänomen, dass ich in allen Zeitungen als dpa-Meldung lesen konnte „Schilling und George in ‚Mein Kampf’ – Schilling als der junge Hitler“ oder „Nach Bruno Ganz, Helge Schneider, jetzt – unglaublich, aber wahr – Tom Schilling spielt Hitler“. So etwas gab es bei anderen Filmen nie. Die Leute gucken darauf. Die Aufmerksamkeit ist gewaltig.

Freut dich das?
Schilling: Nicht unbedingt. Aber ich kann unter Druck sehr gut arbeiten. Ich brauche auch Druck, um zu funktionieren. Wenn den Leuten der Film nicht gefällt oder sie etwas anderes erwartet haben, kann ich es danach auch nicht mehr ändern. Wenn meine Karriere danach zu Ende ist, dann ist sie halt zu Ende…

Das wird vermutlich nicht passieren.
Schilling: Das weiß man nicht (lacht).

Inwiefern hast du die Möglichkeit, dir deine Rollen auszusuchen?
Schilling: Ich kann nicht spielen, was ich selber machen will. Denn das deckt sich ja nicht damit, was mir angeboten oder überhaupt geschrieben wird. Jedoch habe ich auch die Freiheit, Sachen abzulehnen, die mich intellektuell nicht stimulieren. Auf der anderen Seite gibt es Rollen, die ich gerne spielen möchte, wo ich dann zum Casting muss und mich wie jeder andere zu beweisen habe. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich meine Leidenschaft, die Schauspielerei, als Beruf ausüben und damit Geld verdienen kann.

Hat der Beruf auch Nachteile?
Schilling: Ja, natürlich. Für mich ist ein großer Nachteil, dass man sich Tag für Tag wieder ausliefern muss. Ich weiß nicht, ob man sich das vorstellen kann und es ist sicher auch von Schauspieler zu Schauspieler unterschiedlich, aber für mich ist es immer wieder eine riesengroße Überwindung, mich vor anderen Menschen zu offenbaren. Ich empfinde mich nicht als einen sehr extrovertierten Menschen. Ich bin auch in meiner Freizeit kein Spieler oder so und gebe auch nicht gerne den Clown. Für mich kostet es ganz oft viel Überwindung, das zu machen und dann frage ich mich natürlich auch: Wieso tue ich mir das an?

Sind das richtige Ängste?
Schilling: Ich habe mehr Angst als jemand, der weiß, was er am nächsten Tag macht. Denn er weiß, dass es das sein wird, was er auch in einem halben Jahr noch machen wird. Er weiß, was ihn erwartet, wenn er ins Büro kommt. Ich hingegen muss mich immer wieder auf neue Sachen einlassen und immer wieder mit den gleichen Dingen, die mir schwer fallen, kämpfen. Und das wird auch nicht besser.

Vor einigen Jahren sagtest du, dass es bei dir immer wieder auch richtig depressive Phasen gibt. Ist das nach wie vor der Fall?
Schilling: Ich glaube, dass mich die Routine da schon ein bisschen verändert hat, dass ich zu einem Bruchteil schon besser damit umgehen kann und weiß, was mich erwartet. Deshalb bin ich diesen Stimmungsschwankungen nicht mehr ganz so stark ausgesetzt. Was zum Beispiel im Detail auch bedeutet, dass ich mir vor fünf Jahren schlechte Kritiken sehr viel mehr zu Herzen genommen habe als heute, in einem gleichen Maß wie ich auch gute Kritiken zu wichtig genommen habe.

Du hast dich stark beeinflussen lassen?
Schilling: Ja, ich habe mich von außen sehr stark beeinflussen lassen. Man muss natürlich auch erstmal einen Umgang damit erlernen, dass man ständig beurteilt wird. Dass es Leute gibt, die nichts mit dir zu tun haben, die dich aber beurteilen. Wenn man jung ist, regt man sich tagelang darüber auf, dass jemand, der hinter seinem Schreibtisch sitzt und selber nichts wagt, deine Arbeit kritisiert.

Inwiefern hat sich deine Einstellung dem gegenüber verändert?
Schilling: Insofern, als dass ich weiß, dass ich kein besserer Schauspieler dadurch werde, wenn mir jemand sagt, dass ich in einem Film toll war. Und ich bin auch kein schlechterer Schauspieler, wenn jemand schreibt, dass ich schlecht war. Ich bin so wie ich bin. Und ich muss mir meine Neugierde, meine Demut und meine Selbstkritik bewahren, dann kann ich das ausschöpfen, was ich selber habe. Ob das zu einem wahnsinnig tollen Schauspieler reicht, weiß ich nicht. Ich muss das auch nicht entscheiden. Meine einzige Aufgabe für mich selbst ist, das Beste aus mir heraus zu holen. Da helfen mir solche Sachen nicht, die lenken mich eher ab. Dahingehend habe ich meine Herangehensweise geändert. Es ist mir nicht mehr so wichtig, was über mich geschrieben wird. Gleich am Anfang meiner Karriere habe ich den Film gemacht, der bisher am erfolgreichsten war…

…das war „Crazy“.
Schilling: Ja. Und da schwimmt man auf einmal auf so einer Welle und findet es seltsam, wenn die plötzlich vorbei ist. Man fällt fast in eine Depression. Ein bisschen später lernt man, dass es anderen genauso geht und die Presse jede Woche einen neuen Shootingstar sucht oder den neuen Super-Jungschauspieler feiert, der mutmaßlich eine Riesenkarriere machen wird. Die Presse möchte das ja auch so. Am Ende des Tages geht es allerdings für einen selbst darum, zu konservieren, was man sich erarbeitet hat und Beständigkeit zu zeigen.

Wie lange hat es damals gedauert, dass diese Welle, auf der du nach dem Erfolg mit „Crazy“ – das war im Jahr 2000 – geschwommen bist, vorbei war?
Schilling: So zwei, drei Jahre. Nach „Crazy“ dachte ich: Mir kann nix passieren und ich werde in Zukunft genauso große Erfolge haben. Ich hatte das Gefühl, mir könnte keiner was und ich sei besser als die anderen in meinem Alter. Inzwischen sehe ich natürlich, wie viele wunderbare Schauspieler es gibt. Es gibt auch viele junge Schauspieler, die nachkommen, die auch gut sind.

Mit was für Augen siehst du die nachfolgende Generation der jungen Schauspieler?
Schilling: Ich erkenne mich natürlich in einigen wieder, aber es gibt auch viele Blender. Dann gibt’s Leute, die ein bisschen feiner arbeiten, die dadurch von der Öffentlichkeit aber auch nicht die ganz große Aufmerksamkeit bekommen. Die sind mir jedoch lieber. Da gibt es ein paar, die respektiere ich sehr.

Wir sprachen eben darüber, wie du mit Kritiken umgegangen bist. Wie war das andererseits mit der Popularität, die du seit „Crazy“ ja auch sehr stark erfahren hast? Wie bist du damit umgegangen – und wie ist es heute?
Schilling: Ich hab mich da ein bisschen zurückgezogen, weil ich zu der Zeit gerade Abitur gemacht habe und ich empfand es natürlich einerseits sehr schmeichelhaft, eine solche Aufmerksamkeit zu bekommen. Es hat mich aber auch ein bisschen gestört und ich habe mich dem ein bisschen entzogen und das Feld Robert (Stadlober, d. R.) überlassen. Dadurch ist vielleicht auch so ein Kelch an mir vorüber gegangen. Das, was Robert oft aufs Butterbrot geschmiert bekommt, nämlich dass er sich da ein bisschen zu sehr abgefeiert hat, ist bei mir in der Form Gott sei Dank nicht passiert. In mir drin hat es aber etwas gemacht und ich habe mich bestätigt gefühlt. Es ist halt schwierig, wenn man so jung ist und einen Film macht und auf einmal kommt das alles ungefiltert und in dieser ganzen Größe auf einen zu, dass Leute auf dich zukommen und dir sagen, wie toll du bist. Das lässt einen nicht unbeeindruckt. Wenn ich mir heute die Jungs von „Tokio Hotel“ angucke oder die „Superstars“ bei „DSDS“, erkenne ich mich darin selbst auch ein bisschen wieder.

Du bist mittlerweile Vater eines eineinhalb Jahre alten Sohnes. War das Vaterwerden ein großer Einschnitt in deinem Leben?
Schilling: Ja.

Zitiert

Ich brauche Druck, um zu funktionieren.

Tom Schilling

In was für einer Lebenssituation befindest du dich heute – kannst du das beschreiben?
Schilling: Es fängt schon einmal damit an, dass es die schwerwiegendste Entscheidung war, die ich bisher treffen musste. Wenn ich mich vorher gefragt habe, ob ich heute in den Club gehe oder lieber in den anderen und mich nicht entscheiden konnte, musste ich mich zu dem Zeitpunkt, als meine Freundin schwanger wurde, eben nicht entscheiden, ob ich ein Steak esse oder einen Schweinsbraten, sondern ob ich in diese Richtung gehe oder in die andere. Ich stand das erste Mal wirklich vor einer Kreuzung in meinem Leben und konnte bewusst eine Entscheidung treffen. Ganz viele Sachen, die meine Arbeit betreffen, sind mir zugeflogen, die sind passiert. Das ist für mich Schicksal. Ich habe nie gesagt, ich will Schauspieler werden oder ich will da hin oder dort, ich will in Hollywood enden oder sonst wo. Das ist mir total egal. Ich wünsche mir für mich selber, dass mir das, was ich mache, weiterhin Freude macht. Eine solche Entscheidung – wie die in Hinblick auf das Kind – stellt einen aber vor eine ganz große Aufgabe. Sie erfordert Mut und auf einmal ganz viel Reife. Was es jetzt mit mir macht, abgesehen von den ganzen vielen kleinen Freuden und den Anstrengungen, die ein Kind mit sich bringt, ist es so, dass man einfach diese Verantwortung hat. Es ist auch ein ganz anderes Gefühl, wie man mit sich selber umgeht. Weil – auch wenn es eine Plattitüde ist: Man muss einfach auf sich selbst aufpassen, wenn man ein Kind hat, weil man dazu auserkoren wurde, ein anderes Leben auf das, was wir hier alle durchmachen müssen, vorzubereiten. Und das so gut wie möglich. Das ist die Aufgabe.

Wie hast du dich auf das Vatersein vorbereitet? Hast du zum Beispiel viel mit deinen Eltern geredet?
Schilling: Nein, ich habe mit meinen Eltern nicht darüber gesprochen.

Gar nicht?
Schilling: Doch, irgendwann ja. Aber ich habe vor allem eine wahnsinnig tolle Freundin, die all das hat, was ich nicht habe. Da ergänzen wir uns sehr gut. Ich lerne viel von ihr, auf der anderen Seite kann ich meinem Sohn vielleicht auch Sachen geben, die sie ihm nicht geben kann.

In der „Tatort“-Folge „Der frühe Abschied“, für die du beim Fernsehkrimifestival in Wiesbaden einen Sonderpreis bekommen hast, spielst du einen jungen Vater, der beim Nachhausekommen seine Frau am Bett ihrer drei Monate alten Zwillinge auffindet – Leon, einer der beiden Zwillinge ist tot. Patrick verdächtigt seine Frau Tamara, das Baby getötet zu haben. Welche Rolle hat es für dich bei diesem Film gespielt, dass du kurz zuvor selbst Vater geworden bist?
Schilling: Das ist eine hypothetische Frage, weil ich natürlich nicht mit Gewissheit sagen kann, dass ich keinen Zugang zu der Rolle gehabt hätte, wenn ich nicht Vater geworden wäre. Das ist spekulativ. Im Nachhinein kann ich mir vielleicht einbilden, dass es mir dabei geholfen hat, damit etwas anfangen zu können und ein Gefühl dafür zu haben, was es bedeutet, Kinder zu haben. Ich glaube, so ein paar Empfindungen, die dann beim Drehen passiert sind, hätte ich als Nicht-Vater nicht gehabt. Wenn man sich auf eine Situation einlässt, passiert entweder etwas oder es passiert nichts. Bei mir ist da etwas passiert – zum Beispiel auch dadurch, dass wir mit einem echten Kind gedreht haben. Denn es sind ja Zwillinge und das eine Kind lebt noch, da konnten wir keine Puppe nehmen. Während wir gedreht haben, hat im Nachbarzimmer dieses Kind geschrieen, weil es absolut verstört davon war, was um es herum passiert ist. Dass da zwei Leute sind, die sich anschreien und sich in einer Extremsituation befinden. Darauf hat das Kind reagiert – und das hat mit mir viel gemacht. Nur allein das Schreien zu hören hat bei mir eine unglaubliche Verzweiflung ausgelöst, so dass ich dachte: Es ist so falsch, was wir hier machen, dass wir das einem Kind antun. Aber es sind Gefühle, die dabei helfen, solche Szenen zu spielen.

Es geht in dem Film darum, wie junge Eltern mit der Verantwortung umgehen, die sie für ihre Kinder haben. Wie ist das bei dir – ist es dir von Vornherein leicht gefallen, der Verantwortung für deinen Sohn gerecht zu werden?
Schilling: Nee, natürlich nicht. Mit gewissem Abstand glaube ich jedoch, dass es absolut im Rahmen ist. Das erste Jahr ist immer unglaublich schwierig.

Die Figur, die du im „Tatort“ spielst, ist aus beruflichen Gründen viel unterwegs und hat wenig Zeit für die Kinder. Wie verbindest du das Vatersein mit deinem Beruf als Schauspieler? Arbeitest du weniger?
Schilling: Ja, ich glaube schon. Solche Sachen wie einen Hochschulfilm, womit ich jemandem einen Gefallen tun würde, mache ich im Moment kaum. Wenn ich mich entscheiden kann, ob ich zwei Wochen in Wanne-Eickel bin, oder ob ich zwei Wochen mit meiner Familie zusammen bin, entscheide ich mich für meine Familie. Auf der anderen Seite ist mir meine Arbeit wahnsinnig wichtig und es würde gar nicht funktionieren, wenn ich mich da einschränken würde. Weil: Wenn ich selber ausgefüllt bin, kann ich auch ein besserer Vater sein. Ich führe sicherlich kein Durchschnitts-Vaterleben, aber es hat meiner Meinung nach seine Vorzüge und seine Nachteile. Der Nachteil ist sicherlich, dass ich immer wieder eine große Zeit am Stück nicht da bin und nicht mitbekomme, was mit meinem Sohn passiert und wie er sich entwickelt, was er für Fortschritte macht. Andererseits hat man als Schauspieler auch wahnsinnig viel Freizeit. Wenn ich es hochrechne – mit Vorbereitung, Drehen und Nachbereitung – arbeite ich insgesamt vielleicht nur ein Dreivierteljahr. Und ein Vierteljahr habe ich Freizeit. Diese Freizeit, die ich habe, verbringe ich natürlich umso intensiver mit meinem Sohn.

Du hast ja zum Beispiel auch keinen Computer – und schenkst der Welt der modernen Kommunikation, in der viele Jugendliche und junge Erwachsene heute viel Zeit verbringen, so gut wie keine Beachtung.
Schilling: Ich bin eben eher ein altmodischer Mensch… (lacht).

War das denn eine bewusste Entscheidung? Dass du dir gesagt hast: Meine Zeit will ich besser nutzen?
Schilling: Also, ich habe schon einen E-Mail-Account. Aber ich versuche meinem Umfeld klarzumachen, dass diesbezüglich niemand Erwartungen an mich haben darf, weil mich diese Entwicklung so abschreckt, dass man dem so ausgeliefert ist und dass einem durch die Gesellschaft diktiert wird, wie viel Zeit man für zwischenmenschliche Kontakte aufbringen muss. Wenn man erstmal damit anfängt, ist man jeden Tag am E-Mails schreiben. Finde ich ja schön, man schreibt sich gegenseitig. Aber ich sehne mich trotzdem nach der Zeit zurück, wo man kein Handy hatte. Als Vater aber ist es toll. Da ruft einen der Kindergarten dann an, wenn das Kind krank ist, und man ist auch erreichbar, wenn man unterwegs ist und kann sofort kommen und das Kind abholen. Dennoch sehne ich mich auch nach der Zeit zurück, wo man noch in der Kneipe saß und auf einmal jemand dort anrief und man ausgerufen wurde. Wenn ich das in alten Filmen sehe, finde ich das immer sehr romantisch.

Noch einmal kurz zurück zum „Tatort“: Du hast ja deine erste größere Fernsehrolle 1999 in einem „Tatort“ gespielt – in der WDR-Folge „Kinder der Gewalt“. Welche Bedeutung hat der „Tatort“ für dich?
Schilling: Erstmal überhaupt keine. Was den „Tatort“ angeht, bin ich hin und her gerissen. Ich find „Tatort“ eigentlich oftmals sehr, sehr langweilig und es interessiert mich als Format nicht. Auf der anderen Seite merke ich, dass ich so einen kleinen Spleen dafür entwickle. Wenn man sich locker macht, kann man damit auch Spaß haben. Sonntagabends gucke ich mit meiner Freundin auch mal „Tatort“. Wir machen uns vorher dann meistens so ein bisschen lustig darüber, dass wir uns jetzt den „Sonntagabend-Krimi“ angucken. Am Ende des Tages sind wir aber trotzdem ab und zu gefesselt. Insofern ist es wie bei vielen Kinofilmen: Du siehst zehn Filme, davon sind neun schlecht und einer ist gut. Und so ist es beim „Tatort“ auch. Es gibt viele schlechte „Tatorte“ und es gibt ein paar Rosinen.

Viele Schauspieler, die sich sonst auf Kinofilme konzentrieren, sind – wenn sie denn mal eine Fernsehrolle annehmen – im „Tatort“ zu sehen. Worin besteht der Reiz?
Schilling: Es ist kein Reiz per se im „Tatort“ mitzuspielen. Aber oftmals ist es interessant, eine Hauptfigur in einer Folge zu spielen, weil es natürlich ab und zu die Gelegenheit bietet, tolle Geschichten zu spielen und außergewöhnliche Konflikte darzustellen. Die sind im Regelfall gut produziert, gerade beim Hessischen Rundfunk. Beim HR war es für mich im Prinzip wie eine Kinoproduktion. Man war sehr eingebunden, sehr willkommen. So habe ich mich jedenfalls gefühlt.

Die Kölner „Tatort“-Kommissare Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär bezeichneten den „Tatort“ als „Sprungbrett für Nachwuchsschauspieler“. Ist er das?
Schilling: Ich glaube schon. Der „Tatort“ ist ein Qualitätssiegel, wenn man als junger Schauspieler versucht, Fuß zu fassen und sich Respekt zu verschaffen, gerade auch innerhalb der Branche und bei den Casting-Agenturen. Wenn jemand in seiner Vita einen „Tatort“ stehen hatte, hieß es gleich: „Ah, ja. Dann muss der ja gut sein“. Heute sehe ich das ein bisschen differenzierter. Denn ich sehe auch weniger talentierte junge Schauspieler in einem „Tatort“. Trotzdem kann man wohl sagen, dass es für junge Schauspieler ein Format ist, das die Spreu vom Weizen trennt.

Du sagtest vorhin, dass du keine großen Karriereschritte planst. Du schaust also einfach, was auf dich zukommt?
Schilling: Ich habe ja gar keine andere Möglichkeit. Oder vielleicht hat man andere Möglichkeiten, aber so bin ich nicht. Ich rufe nicht jeden Tag in der Agentur an und sage: „Wir müssen für mich was an den Start bringen.“ Ich bin froh, wenn ich in Ruhe gelassen werde und irgendwann jemand anruft und sagt: „Hier hast du ein gutes Buch, da bereitest du dich mal bitte drauf vor, du sollst da den jungen Hitler spielen“. Und entweder gefällt es mir dann oder nicht. Wenn es mir gefällt, bringe ich meine ganze Energie dafür auf, dass ich diese Rolle spielen kann. Manchmal reicht’s, und manchmal reicht’s halt nicht. Ich habe aufgehört, mich verrückt zu machen. Im Winter dreht man so gut wie nie. Ich weiß auch am Anfang des Jahres nicht, was in diesem Jahr auf mich zukommt. Aber es macht mich nicht verrückt, wenn andere sagen, dass sie schon das ganze Jahr ausgebucht sind. Da werde ich auch mit der Routine gelassener. Wenn ich auf meine bisherige Karriere zurückblicke, sind das vielleicht nicht alles die tollsten Filme gewesen, aber ich weiß, dass ich jedes Jahr einen Film hatte, der mich ausgefüllt hat und an den ich bedingungslos geglaubt habe. Das reicht mir. Drumherum dreht man dann Sachen, vie vielleicht ein Kompromiss sind, aber ich muss nichts machen, für das ich mich verbiege.

Aber du sagtest, die Rollen, die dir angeboten werden, seien nicht unbedingt die, die du dir erträumen würdest. Was wären denn das für Rollen?
Schilling: Ich bin schon eher glücklich als unglücklich mit den Sachen, die ich mache. Aber ich bin kein Autor, ich kann es mir nicht selber schreiben. Es gibt Rollen, die sind einfach ein Geschenk. So eine Rolle wie die von Hannah Herzsprung in „Vier Minuten“ zum Beispiel, wäre eine Rolle, die mich interessieren würde. So etwas ist eine sehr dankbare Rolle für einen Schauspieler. Oder August Diehl in „23“. Ich kann es nur an Filmen festmachen.

Deine Rolle als Albrecht in Dennis Gansels Film „Napola“ war auch so eine, oder?
Schilling: Ja, das war für mich eine sehr, sehr dankbare Rolle. Genauso wie die in Leander Haußmanns Verfilmung von Gernot Grickschs Bestseller „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“, der im Sommer ins Kino kommt. Da wusste ich das vorher allerdings nicht. Das hat sich erst während der Arbeit daran in diese Richtung entwickelt. Natürlich gibt es ansonsten einige Filme, in denen ich gerne mitgespielt hätte – wegen Rollen, die schon im Drehbuch so angelegt sind, dass sie einem Schauspieler wahnsinnig in die Hände spielen. Das sind oft amerikanische Filme – die interessieren mich sehr.

Interessieren dich auch Comics?
Schilling: Nein.

Gar nicht?
Schilling: Nein.

Unsere Schlussfrage lautet nämlich eigentlich: „Das Leben ist ein Comic – welche Figur bist du?“ Fällt dir trotzdem was ein?
Schilling: Zu Comics? Nee.

Aber du interessierst dich sehr für Literatur. Erkennst du dich in einer literarischen Figur wieder?
Schilling: Das wäre dann Holden Caulfield, die Hauptfigur vom „Fänger im Roggen“.

Wieso?
Schilling: Weil ich das Buch liebe, weil ich die Atmosphäre liebe und ich mich dieser Figur sehr verbunden fühle.

Aufgrund welcher Eigenschaften?
Schilling: Wegen des Nichtwissens, wo man hingehört und des Versuchs, seinen Platz im Leben zu finden.

5 Kommentare zu “Die Presse sucht sich jede Woche einen neuen Shootingstar.”

  1. Henrik Babenderde |

    Interlektuell aber scheinbar zu dummp um zu verhüten !

    Condome schützen vor Schwangerschaft !

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  2. Sophia |

    …….

    Ich finde Tom Schilling einfach klasse. Er hat genau das ausgesprochen was ich auch über den Tatort denke. Mein Lieblingsfilm von ihm ist NaPolA

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  3. jessie<3 |

    ^^^

    ahhhhhhhhhh ich liebe dich !!!!!!!!!!!!!

    Antworten
  4. Lena |

    na dann geb ich auch mal meinen senf dazu;
    das interview ist sehr schön gestaltet, die fragen interessant und nicht abgedroschen, und aufschlussreich wars obendrein, wirklich toll. es hat spaß gemacht, das alles durchzulesen!

    liebes grüßle

    Antworten
  5. linda |

    mein kommentar zu tom

    ich liebe tom seine filme sind einfach spitze ich will auch schausoielerin werden und in dem film crazy kann man sich echt viel abgucken sind zwar paar perverse stellen dabei aber ich denke das das zu einem jungen film auch einfaach dazu gehört . also wenn ich dich mal treffen könnte dann währe es echt der schönste moment in meinem leben also hoffe ich du meldest dich . hier meine e-mail melinda5@web.de und mein name ist linda also meld dich doch mal bitte

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