Tim, hast du jemals ein Mixtape an einen besonderen Menschen verschenkt?
Bendzko: Als Kind habe ich mit meinem Kassettenrekorder Songs aus dem Radio aufgenommen und mir selber Tapes zusammengestellt, aber verschenkt habe ich ein Mixtape noch nie.
In Deutschland werden seit 2010 keine Audiokassetten mehr hergestellt. CD’s und vor allem das MP3-Format haben den Kampf gewonnen. Du hast 2010 fünf deiner Songs unter dem Titel „Demotape“ auf Kassette verbreitet. Was hatte es damit auf sich?
Bendzko: Wir waren als Support mit der Band Silly auf Tour, und wollten irgendwie Musik an den Mann bringen. Der einzig clevere Weg erschien uns Kassetten zu machen, und die Kassetten dann auch noch „Demotape“ zu nennen. (lacht) Wir haben unsere 500 Tapes bei den Konzerten verkauft, und ja, jetzt gibt’s keine mehr. (lacht)
Warum habt ihr den Weg der Kassette gewählt?
Bendzko: Das Ding ist, dass die Songs, die da drauf waren, jetzt auch nicht den allerbesten Veröffentlichungsgrad hatten. Die hätte man so nicht auf CD gepresst, weil das einfach Demos waren. Das Format Kassette fanden wir einfach witzig, weil das auch so ein bisschen Retro ist und einfach auffällt. Außerdem klingen die Songs auf Kassette auch nochmal sehr speziell. Das hat alles gepasst.
Würdest du es bedauern, wenn die Menschen deine Musik nur noch downloaden?
Bendzko: Ich bin da relativ emotionslos. Wenn den Leuten das reicht, die Musik so zu hören, dann soll das so sein. Ich bin weit davon entfernt, mich darüber zu beklagen.
Aber wenn man eine CD kauft, ist das ja auch ein besonderer Moment: Man hält etwas in den Händen, man hat das Booklet, die Fotos…
Bendzko: Für mich als Künstler ist eine CD in erster Linie natürlich schöner, als die Musik im MP3-Format zu haben. Aber wer lieber MP3’s kaufen möchte, der soll das tun. Und die, die noch romantisch unterwegs sind und sagen „Wir möchten ein Booklet in der Hand haben und da durchblättern.“, die haben ja auch die Möglichkeit eine CD zu kaufen. Es ist ja noch nicht soweit, dass keine CD’s mehr produziert werden. Aber besonders bei Newcomern ist es mittlerweile häufig so, dass man am Anfang davon absieht eine CD zu produzieren, sondern die Songs erstmal nur digital veröffentlicht. Da hatte ich noch großes Glück, dass meine Plattenfirma mein Debütalbum auf CD veröffentlicht hat.
Wie kaufst du heute hauptsächlich Musik?
Bendzko: Ich bin total auf iTunes. (lacht) Aus dem einfachen Grunde: Wenn ich mir eine CD kaufe, dann zieh ich mir die gleich auf den Mac, packe sie ins Regal und fasse sie zehn Jahre nicht mehr an. Ich habe sehr lange auch noch CD’s gekauft, aber auch in das Booklet gucke ich dann nur einmal rein, dafür muss ich nicht unbedingt eine CD haben. Und da ich eh die meiste Zeit unterwegs bin, lohnt sich das nicht mehr.
Wo wir beim Thema Internet sind: Am Tag vor unserem Interview hast du abends ein Posting über Facebook rausgeschickt, das innerhalb von fünf Minuten über 1200-mal „geliked“ und 80-mal kommentiert wurde. Eine ganz schöne Geschwindigkeit…
Bendzko: Auf jeden Fall. Den Rekord hatte ich zu Weihnachten. Da habe ich nur „Frohe Weihnachten“ geschrieben, nicht mehr, da waren es innerhalb weniger Minuten 7000 Likes. Mich wundert immer, wie viele Menschen da gleichzeitig online sind und den Eintrag sofort bemerken. An Weihnachten verstehe ich das noch, weil die Leute zuhause sind und nichts zu tun haben, aber es ist auch sonst echt häufig, dass über tausend Leute sofort reagieren.
Das ist für dich also immer noch ein Moment der Unglaublichkeit?
Bendzko: Ja, ziemlich. Wenn das über ein paar Monate so geht, beschäftigt man sich damit nicht mehr, aber es gibt immer wieder so Momente, wo man sich kneifen und wundern muss, was da eigentlich los ist. Da sind jetzt mittlerweile über 190.000 Menschen mit meinem Profil verbunden. Ich habe aber nicht vergessen, dass wir uns vor einem halben Jahr vorgenommen hatten, am Tag der Albumveröffentlichung 10.000 Fans zu haben. Jetzt sind wir bei 190.000 Fans angelangt. Das ist schon krass.
Ein wirklicher Dialog mit deinen Fans ist bei dieser Zahl nicht mehr möglich. Bleibt Facebook so am Ende nur eine kommunikative Einbahnstraße?
Bendzko: Die Kommentare lassen sich total gut lesen, die sind ja auch meist sehr kurz. Einen Kommentar schreibe ich aber grundsätzlich nur, wenn wirklich neue Fragen gestellt werden oder es um tagesaktuelle Sachen geht. Wenn jemand schreibt: „Komm doch mal in die und die Stadt…“ oder „Wann bist du mal bei uns?“, dann könnte ich jedes Mal darunter schreiben: „Google das doch einfach mal…“. Das macht ja auch keinen Sinn.
Wenn man Popmusik macht, dann sollte die auch im Radio laufen.
Worin liegt für dich bei Facebook der Hauptnutzen?
Bendzko: Für mich ist das vor allem eine gute Informationsplattform. Ich kann tausende Leute gleichzeitig darüber informieren, was gerade auf der Tour passiert, welche Auftritte anstehen und auch auf kurzfristige Änderungen hinweisen. Aber um Fanfragen zu beantworten, ist es sicher nicht das ideale Medium, weil ja alle mitlesen können. Da ich aber eh keine privaten Sachen ausplaudern möchte, ist auch das sehr entspannt für mich. Eine direkte Kommunikation ist bei der Masse an Nutzern aber auf jeden Fall nicht machbar.
Über dein Profil bekommst du oft auch ein direktes Feedback zu deinen Auftritten und Konzerten. Wie wichtig ist dir das?
Bendzko: Das ist schon ganz cool, aber nur sehr selten schreiben einem diese Leute, was sie schlecht fanden. Wenn, dann sind es oft die Leute, die eh den ganzen Tag nichts besseres zu tun haben, als alles schlecht zu finden, und die nur bei Facebook online sind, um Menschen zu beleidigen. Natürlich kommt da Feedback, aber das ist natürlich sehr einseitig. Man muss schon auch in sich hinein horchen, ob das Konzert jetzt wirklich so gut war, wie alle geschrieben haben. Da bin ich sehr selbstkritisch und habe meine eigene Messlatte.
In Interviews hast du erzählst, dass du auch deinen eigenen Songs gegenüber sehr kritisch bist, an manchen bis zu einem halben Jahr arbeitest…
Bendzko: Das ist wirklich unterschiedlich. Die meisten Songs schreibe ich effektiv an zwei Tagen, also an einem Tag habe ich die Idee, am nächsten schreibe ich ihn fertig. Aber es gibt so Songs, mit denen geht man halt lange schwanger, und die sind erst dann fertig, wenn ich das Gefühl habe, dass sie fertig sind. Solange ich es besser machen kann, muss die Zeit dafür da sein. Da ist es auch egal, ob es irgendwelche Abgabefristen gibt: Wenn man es besser machen kann, machen wir’s besser! (lacht)
Schon als Kind hast du davon geträumt als Musiker Erfolg zu haben. Der Traum ist wahr geworden. Für Single und Album gab es jeweils Platin, dazu die 1Live Krone. Ist die Musikbranche so, wie du sie dir als Kind und Jugendlicher vorgestellt hast?
Bendzko: Alles was ich jetzt an Musik mache, ist genauso wie ich es mir vorgestellt habe. Und musikbranchentechnisch gibt es jetzt auch nicht viele Sachen, die mich wundern. Es ist natürlich klar, dass am Anfang erstmal alle feiern: „Oh, da hat jetzt jemand mit richtiger Musik Erfolg in Deutschland. Super!“. Aber dann kommt der Punkt, wo es den Leuten wieder zu erfolgreich ist, und man den Neid innerhalb der Musikbranche spürt.
Und bezogen auf die Arbeit mit der Plattenfirma?
Bendzko: Das läuft komischerweise entspannter, als ich gedacht habe. Man geht ja davon aus, dass dir bei einem Major-Label überall reingeredet wird und du ständig Kriege ausfechten musst. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund habe ich da bisher aber großes Glück gehabt. Ich war bei meiner Plattenfirma Sony Music ja auch der erste normale Künstler nach all diesen DSDS-Leuten, die jetzt bei Universal sind. Ich kann nur sagen: Von der Songauswahl über die Produktion bis zum Albumcover, jeder kleinste Bestandteil der ganzen Sache wurde nach meinen Vorstellungen umgesetzt.
In den Medien wirst du nicht selten als „Pop-Schwiegersohn“ oder „Pop-Schnuckel“ betitelt. Wie wichtig ist es im Musikbusiness ein Image zu haben, und inwiefern hast du dieses Image selbst in der Hand?
Bendzko: Da bin ich total emotionslos. Mir war schon am Anfang bewusst, dass die Medien sich was suchen und sich daran hochhangeln werden. Sich dagegen aufzulehnen oder das irgendwie versuchen ändern zu wollen, ist für mich aber vergebene Liebesmüh. Das führt am Ende des Tages eher zum Gegenteil. Im Endeffekt möchte ich nur meine Musik machen, und wenn wir live spielen und tausende Menschen uns sehen wollen, dann spricht das für sich. Alles andere ist nicht so wichtig.
Derzeit sind viele junge deutsche Singer-Songwriter auf dem Markt: Clueso, Philipp Poisel und Bosse, um nur ein paar zu nennen. Wie stark ist die Konkurrenz zwischen euch?
Bendzko: Da fragst du jetzt den Falschen. Wir sind gerade so unfassbar erfolgreich, dass da nicht mal in Ansätzen Konkurrenz zu denken wäre. (lacht.) Das hättest du mich fragen sollen, wenn das Album gefloppt wäre, ist es aber zum Glück nicht. Aber im Ernst, das ist wirklich entspannt zwischen uns. Wir machen in meinen Augen auch alle ganz unterschiedliche Musiken. Das mag für den Otto Normalverbraucher nicht so richtig zu erkennen sein, aber Clueso ist zum Beispiel viel elektronischer als wir. Und wenn ich Philipp Poisel höre, ist das viel mehr Singer-Songwriter als das, was wir machen. Von Konkurrenz kann ich da wirklich nicht sprechen. Im Gegenteil: Ich feier die Sachen, die die machen.
Deine Debütsingle „Nur noch kurz die Welt retten“ lief im letzten Sommer im Radio rauf und runter. Der Song ist in seiner Machart sehr radiotauglich produziert. Eine bewusste Entscheidung?
Bendzko: Das ist ja so der Grundbaustein, den man verinnerlichen sollte: Wenn man Popmusik macht, dann sollte die auch im Radio laufen. Man kann natürlich extrem viele Werbespots im Fernsehen schalten, aber das führt in der Regel zu nichts. Die Leute müssen die Musik für sich selbst entdecken, und das können sie nur, wenn sie im Radio läuft. Man produziert das aber nicht mit Absicht „auf Radio“. Das ist einfach Pop-Musik, und die ist von Natur aus ziemlich radiotauglich. Ich wüsste nicht, wie man den Song jetzt hätte anders produzieren sollen, damit er nicht im Radio läuft. Das würde keinen Sinn machen. „Nur noch kurz die Welt retten“ war von der ersten Sekunde an, so wie er jetzt ist, da wurde nichts fürs Radio verändert.
Viele Plattenverkäufe und volle Konzerthallen bringen im besten Fall auch frisches Geld in die Kasse. Was bedeuten dir Geld und Statussymbole?
Bendzko: Das ist mir grundsätzlich erstmal nicht wichtig. Ich möchte gerne so viel haben, dass ich einfach nicht drüber nachdenken muss. Ich muss aber keinen Ferrari fahren. Das wäre totaler Schwachsinn. Ich möchte eine Wohnung haben, in der ich mich wohl fühle, und die kann ich mir jetzt leisten. Ich habe mich in den letzten Jahren oft genug gefragt, wie ich die nächste Woche finanziell überstehen soll. Ich freue mich, dass diese Zeit jetzt vorbei ist.
Bist du denn ein sparsamer Mensch?
Bendzko: Nein, so wirklich sparsam bin ich nicht. Ich gebe mein Geld nicht für sinnlosen Luxus aus, habe aber eine extreme Schwäche für technische Geräte. Wenn ich irgendwas sehe, was ich auch nur ansatzweise gebrauchen kann, schlage ich zu. Ich bin zuhause total vernetzt. (lacht.) Die Hemmschwelle ist da auch geringer geworden. Früher habe ich ein halbes Jahr auf irgendein technisches Gerät gespart, und heute hole ich es mir einfach. Das ist schon ein schönes Gefühl. Macht mir aber auch ein bisschen Angst.