Matthias Opdenhövel

Das wird keine WM nach dem Reißbrett

ARD-WM-Moderator Matthias Opdenhövel spricht im Interview über seinen ersten WM-Einsatz, politische Proteste in Brasilien und intransparente Fußballpolitik.

Matthias Opdenhövel

© SWR/Olga Samuels

Herr Opdenhövel, seit 2011 sind Sie im Team der ARD-Sportschau. Bei der WM 2014 in Brasilien werden Sie zum ersten Mal als Moderator von einer Fußball-Weltmeisterschaft berichten. Wie groß ist die Vorfreude?
Matthias Opdenhövel: Die Vorfreude ist natürlich enorm groß. Ein gewisser Druck lastet natürlich auch immer auf einem, wenn man die Nase in die Kamera hält. Aber zum Glück mache ich das schon seit 20 Jahren und kann damit gut umgehen. Mein Kollege Mehmet Scholl und ich haben ja auch schon in der Vergangenheit bewiesen, dass wir zusammen ein gutes Team sind.

Bei der WM-Gruppenauslosung im Herbst waren Sie zum ersten Mal in Brasilien. Wie waren Ihre Eindrücke?
Opdenhövel: Dieses Land ist wunderschön, aber auch riesengroß. Das werden vor Ort ganz besondere Voraussetzungen für alle sein, für die Berichterstatter, aber natürlich auch für die Sportler. Das wird sicherlich keine WM nach dem Reißbrett.

Die WM wird bereits im Vorfeld von vielen Problemen begleitet. Über 200.000 Menschen haben beim FIFA-Konförderationen-Pokal demonstriert, beim Bau der zwölf Stadien sind bisher sieben Arbeiter ums Leben gekommen. Zudem wird die Umsiedlung von über 250.000 Menschen kritisiert. Inwiefern werden Sie das vor der Kamera im Hinterkopf haben?
Opdenhövel: Das kann man nicht ausblenden und sollte man auch nicht. Wir werden auch während dieses Turniers immer wieder auf die politische Situation eingehen, wenn es die Situation erfordert, aber wir können natürlich nicht vor jedem Spiel sagen: „Unten am Strand der Copacabana stehen wieder Menschen mit einem Plakat“. Aber ausgeblendet wird das auf keinen Fall. Zudem werden Giovane Élber und Fernanda Brandao uns ihr Heimatland vorstellen und mit den Menschen vor Ort sprechen. Ich bin mir sicher, dass es Proteste geben wird, aber ich bin mir genauso sicher, dass die Menschen in diesem Land ihre WM feiern werden.

Denken Sie, dass durch die WM die Probleme Brasiliens gelöst werden können?
Opdenhövel: Fußball kann Menschen unterschiedlicher Nationen auf jeden Fall miteinander verbinden, davon bin ich überzeugt. Außerdem bekommt Brasilien durch die WM auch die Chance, sich der Welt zu präsentieren. Möglicherweise wird dadurch auch ein großer Tourismusschub ausgelöst, das würde dem Land natürlich helfen. All das wünscht man sich, aber ob es so kommt, wird sich erst nach der WM zeigen.

Kritisiert wird vor allem, dass Milliarden Dollar in diese WM gesteckt werden, während viele Menschen in Brasilien in Armut leben…
Opdenhövel: Die gesamte Fußballpolitik in Brasilien ist nicht extrem transparent, um es mal vorsichtig zu formulieren. Aber diese WM ist ja auch nicht das erste Großereignis, das in einem Land stattfindet, das eigentlich ganz andere Probleme hat. Zur Winterolympiade nach Sotschi sind wir auch mit einem mulmigen Gefühl gefahren, aber dann wurden es schönere Spiele, als man im Vorfeld erwartet hatte. Ein Ereignis kann viel Freude bringen, aber natürlich kein ganzes Land umkrempeln.

War es dennoch richtig, die WM an Brasilien zu geben?
Opdenhövel: Auf jeden Fall. Was jedoch nicht richtig ist, ist mit den Geldern um sich zu schmeißen und sie versickern zu lassen. Das war in Russland der Fall, und wird sicherlich auch in Brasilien so sein. Da gilt es den Finger in die Wunde zu legen und zu fragen: Warum müssen zwölf neue Stadien gebaut beziehungsweise renoviert werden? Kann man nicht auch mit viel weniger Stadien spielen? Zumal einige Stadien in Städten entstehen, deren Mannschaften noch nicht mal in der brasilianischen Liga spielen. Das ist leider so. Das ist die Natur des sportlichen Großereignisses.

Jüngst war in Medienberichten zu lesen, dass sich die ARD ganz bewusst für Sie als Hauptmoderator entschieden hat. Ihr Kollege Gerhard Delling muss das Pult räumen und berichtet aus dem Quartier der deutschen Mannschaft. Gibt es zwischen Ihnen Konkurrenz?
Opdenhövel: Nein, ach was. Ich habe das als Fußballer schon so gesehen: Ich spiele da, wo mich der Trainer hinstellt. Und jetzt hat mich der Trainer auf die Plattform neben Mehmet Scholl beordert. Das freut mich natürlich sehr, weil ich sehr gerne mit Mehmet Scholl arbeite. Aber bei einer WM die deutsche Mannschaft zu begleiten, ist ja auch ein toller Job. Insofern können wir uns da beide auf eine tolle Zeit freuen. Was hier und da über Konkurrenz geschrieben wird, interessiert mich nicht so wirklich.

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