Oliver, was ist das eigentlich für ein Geräusch, mit dem dein neues Album „I Am OK“ beginnt? Am Anfang des Tracks „Gravity“…
Oliver Koletzki: Das ist ein Ton vom Synlenth, den ich geloopt habe, ein Software-Synthesizer. Bei meiner Musik ist ja oft nicht erkennbar, ob es ein natürliches Instrument oder synthetisch ist, weil vieles durch Effekte zerhackt und geloopt wird.
Findest du deine Sounds vor allem am Computer?
Koletzki: Ich arbeite in meinem Studio mit echten Synthesizern und Software-Synthesizern und probiere da vieles aus. Hier und da arbeite ich auch mit Sample-CDs, gerade was Drums betrifft. Es kommt auch vor, dass ich Sounds aufnehme. Für den Track „U-Bahn“ habe ich 2009 Geräusche der U5 am Frankfurter Tor gesamplet. Beim neuen Album habe ich für „Too Soon“ Regen und Donner aufgenommen.
Welches Geräusch verbindest du aktuell mit Berlin?
Koletzki: (überlegt) Das Klirren von Flaschen. Weil es bei uns extrem viele Flaschensammler gibt. Ich wohne in Friedrichshain, da gibt es viele dieser armen Seelen, die ihr Geld mit Pfandflaschen zusammenkratzen müssen.
Läufst du manchmal mit dem Mikrofon durch die Straßen, so wie Matthew Herbert?
Koletzki: Nein. Ich bin auch kein großer Soundtüftler, sondern eher der Songwriter, der ins Studio geht und am Klavier seine Songs schreibt.
Ich suche keinen Sound, um mich zu unterscheiden.
Kommt es heutzutage aber immer mehr darauf an – angesichts des großen Outputs an elektronischer Musik – eigene Sounds zu haben?
Koletzki: Ich suche keinen Sound, um mich zu unterscheiden. Wobei ich diese Einstellung durchaus verstehen kann. Es kommen ja auch die ganze Zeit neue Software-Synthesizer heraus, weil der Verbrauch unglaublich groß ist. Weil jeder Dreizehnjährige denkt, dass er mit den heutigen Musikprogramm fette Musik machen kann.
Kann er doch auch.
Koletzki: Ja. Und das ist halt schlimm! Damit meine ich jetzt nicht den 13-Jährigen und seine musikalische Qualifikation, sondern es geht darum, dass die neuen Musikprogramme es immer einfacher machen. Und dem 13-Jährigen wird suggeriert, er könnte jetzt ganz toll Musik machen und hätte großes Talent. Das geschieht durch das Programm selbst aber auch durch die Werbung. Die Werbung für diese Produkte – z.B. Magix Music Maker – vermittelt ihm, dass er dann gleich ein Star ist. Das nervt mich.
Die Firmen kreieren einen Traum…
Koletzki: Genau. Und in Berlin will jeder DJ werden. Ich würde es cool finden, wenn die das alle nur als Hobby wollen würden. Aber das Problem ist, dass hier gleich alle denken, sie müssten auch sofort Geld dafür bekommen, auf der Bühne stehen und ein Star werden. Das ist schwierig, dafür gibt es selbst in Berlin zu wenig Clubs.
Ich merke das auch bei meinem Label „Stil vor Talent“ – wir bekommen so viele Demos, ungefähr zwei bis drei pro Stunde. Klar, das ist mit „Yousendit“ ja auch ganz einfach. Die Leute schreiben „Hello my name is… Please listen to my track!“ So sieht heutzutage eine Bewerbung aus. Ich habe mich vor 20 Jahren noch mit Lebenslauf und Passfoto beworben und habe ein Cover für meine CD gebastelt. Oldschool eben!
Und deinen ersten Track „Mückenschwarm“ hast du damals auch selbst auf Vinyl pressen lassen…
Koletzki: … ja und damit bin ich die Plattenläden abgefahren. Ich habe dann einfach Glück gehabt, dass Sven Väth eine Kopie in die Hand bekam.
Nochmal zu den Kids, die sich an Musiksoftware ausprobieren. DJ Koze sagte uns dazu im Interview: „Die faszinierendsten Sachen passieren meistens durch Fehler, durch Nichtwissen und Naivität von irgendwelchen 19-Jährigen, die an ihren Plug-Ins rumschrauben – und dann hast du auf einmal so einen Monsterbass und einen Rhythmus, den sie nicht richtig zum grooven kriegen. Das ist dann Dubstep.“
Koletzki: (Lacht) Ich weiß zwar nicht, ob sich das so zugetragen hat, aber klar: Dass junge Leute Musik machen, finde ich super! Nur merke ich bei vielen Demos, die wir bekommen: Derjenige hat das erste Mal vor zwei Wochen Ableton aufgemacht – will aber sofort der neue Sven Väth werden. Das haut nicht hin.
Was schreibst du dann zurück?
Koletzki: Ich sage diesen Bewerbern immer: „Ihr müsst erst in’s Trainingslager gehen.“ Sie sollen wenigstens ein halbes oder ganzes Jahr Musik machen und sich dann bewerben. Die Leute sind zu ungeduldig, so schnell geht es nicht.
Früher sind die Jungs Mofa gefahren, heute ist ihr Hobby Produzieren. Deswegen ist die Masse so groß, so viele Talente sind aber nicht dabei. Es gab früher auch den natürlichen Filter Musikunterricht, da haben die Leute gemerkt, dass sie Talent haben und es dann weiterentwickelt. Heute bildet sich jeder ein, dass er Musik machen kann. Aber es ist eben nicht möglich, dass jeder musikalisches Talent besitzt. Und die Aufgabe von uns Labels ist es, das herauszufiltern. Wir brauchen jetzt viel mehr Zeit dafür. „Stil vor Talent“ hat inzwischen drei Festangestellte, von denen sich zwei die Demos anhören. 90 Prozent davon taugen nichts und die restlichen zehn Prozent bekomme ich dann zum Anhören, wo wir dann überlegen, ob wir davon etwas veröffentlichen.
Wo du den Musikunterricht erwähnst: Wie viel von deinem Können geht zurück auf dein Musikstudium an der Berliner Hochschule der Künste (heute UdK)?
Koletzki: Gar nichts. Das war ja nicht Musik, sondern ich habe angefangen, Musikwissenschaft zu studieren, weil ich keinen anderen Studienplatz bekommen habe.
War Musikwissenschaft auch interessant?
Koletzki: Nein, überhaupt nicht. Es war der Horror und stinklangweilig!
Allerdings hatte ich vorher in Berlin mein Abitur nachgemacht, mit Leistungskurs Musik. Und da hatte ich einen sehr guten Lehrer, der hat mit uns Harmonielehre gemacht hat, Filmmusik, Songwriting – da habe ich viel gelernt, was mir heute total weiterhilft.
Die Charts sind im Moment ziemlich überflutet von melodiösen House-Tracks mit Gesang, die alle irgendwie ähnlich klingen. Ist so eine Schwemme letztlich auch ein Produkt davon, dass – durch die leicht bedienbare Musiksoftware – jetzt alle mal ‚ran dürfen‘?
Koletzki: Du meinst die die Akustikgitarren- und Saxofon-Schwemme? – Also, ich finde das total schlimm. Losgestoßen wurde es ja mit Wankelmut („Reckoning Song“) und Klangkarussels „Sonnentanz“, das waren die Vorreiter. Seit einem Dreivierteljahr kommen jetzt ständig Tracks raus, mit einer Akustikgitarre, mit Saxofon im Refrain und einfach nur ein Beat drunter. Und die schaffen es tatsächlich auch, in den Charts hochzugehen. Das nervt total! Denn ganz offensichtlich ist das nicht deren eigener Stil, sondern das wird so trittbrettfahrermäßig produziert. Ich will das eigentlich niemandem unterstellen, aber es ist so offensichtlich.
Erfolgreiche Trends zu kopieren ist in der Musikindustrie ja kein neues Phänomen…
Koletzki: Natürlich nicht. Und wenn jemand moralisch dahinter steht und sagt: „Okay, ich mach hier Musik nur um des Geldes wegen“ – dann kann er das gerne machen. Aber damit hab ich nichts zu tun. Ich persönlich kann keine Saxofone mehr hören und ich finde, dass da zu offensichtlich kopiert wird. Eigentlich schlimm, dass das überhaupt funktioniert. Aber so ist es halt.
Wie lange brauchst du normalerweise, um einen Remix zu produzieren?
Koletzki: Drei bis fünf Tage, bei acht Stunden Arbeit pro Tag.
Wie lange hast du für den Remix von „Sonnentanz“ gebraucht?
Koletzki: Der ging schnell. Zwei Tage.
Wie fandest du „Sonnentanz“?
Koletzki: Den Track fand ich gut. Ursprünglich kam er ja auch bei „Stil Vor Talent“ raus, bevor er von uns an Universal Music weiterlizensiert wurde. Der Track hat dann eine unglaubliche Entwicklung genommen: Erst war es ein Geheimtipp, dann bekam er viele Klicks auf Youtube, war zu der Zeit aber immer noch ein cooler Song im Untergrund. Als er schließlich in die Charts kam und so groß wurde, hieß es plötzlich: „Das ist ja der totale Kommerz!“ Dabei war es die ganze Zeit derselbe Track! Und es ist übrigens auch der allererste Track von Klangkarussell, von zwei Jungs, die aus einem österreichischen Dorf kommen.
Also ist das Versprechen von Ableton & Co – der schnelle Weg zum Techno-Star – vielleicht doch nicht so falsch?
Koletzki: Klangkarussell ist bei ihrer ersten Produktion eben etwas unglaublich Gutes gelungen. Aber das ist die Ausnahme. Vielleicht sind es tatsächlich talentierte Musiker. Oder es war nur ein Glücksgriff.
Aufgrund eines im Netz veröffentlichten Analyse-Videos wissen wir nun, dass „Sonnentanz“ relativ simpel mit Hilfe einer Sample-CD zusammengesetzt wurde. War dieses Vorgehen der Musiker dreist oder genial?
Koletzki: Ich war schon ein bisschen enttäuscht darüber. Mit Sample-CDs zu arbeiten finde ich nicht schlimm, das mache ich selber. Aber ich benutze keine „Construction-Kits“. Damit bekommt man nicht nur einzelne Instrumente, sondern im Prinzip ganze Spuren für einen Track vorgefertigt, so, dass alles von alleine zusammen passt. Und das war hier der Fall. Die Gitarre war vorgefertigt, das Saxofon auch – die Jungs haben tatsächlich nicht viel selbst gemacht. Da war ich ein bisschen traurig drüber und ich habe sie auch drauf angesprochen. Sie hatten damals ja gerade erst angefangen, zu produzieren.
Was man aber auch sagen muss: Letztendlich waren sie es, die es gemacht haben, insofern ist der Erfolg auch verdient. Klar, der Typ, der die Sample-CDs produziert hat, wird sich wahrscheinlich tierisch ärgern, er hätte das ja im Prinzip genauso machen können. In diesem Business ist aber eben auch wichtig, Dinge zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu machen und bestimmten Leuten anzubieten. Und das haben Klangkarussell definitiv gemacht.
Das Album „I Am OK“ ist bei Stil vor Talent die Nummer 130, das Label gibt es seit 2005. Was haben die Künstler gemeinsam, die ihr bislang auf Stil vor Talent veröffentlicht habt?
Koletzki: Sie haben alle ihren eigenen Stil.
Und darüber hinaus? Gerade in der elektronischen Musik haben viele Labels ja eine bestimmte Identität und musikalische Ausrichtung.
Koletzki: Ja, aber das ist bei uns nicht so krass wie bei anderen Labels, wie zum Beispiel Innervisions oder Highgrade, die immer an ihrer Musikrichtung festgehalten haben. Ich finde es gut, wenn Labels für einen bestimmten Sound stehen. Aber ich habe bei Stil vor Talent immer gesagt: Wir sind ein Label, das mit der Zeit geht. Deswegen gibt es bei uns auch unterschiedliche Strömungen innerhalb des Labels. Niconé und Sascha Bremer machen teilweise Tracks mit Vocals, auch mit Akustikgitarre, Niko Schwind hat auf seinem neuen Album UK-Garage Tracks, HVOB machen total minimale Musik, wo der Gesang im Vordergrund steht… Das sind viele unterschiedliche Stile, aber was sie alle gemeinsam haben, was auch der Grund für den Namen „Stil vor Talent“ ist: Jeder hat seinen eigenen Stil, keiner hat etwas von irgendjemand geklaut. Eigen und echt. Das verbindet sie.
Wovon verkauft ihr bei Stil vor Talent momentan am meisten: Vinyl, CDs oder Jute-Beutel?
Koletzki: CDs. Aber es stimmt, die Jutebeutel sieht man immer öfter. Wir eröffnen demnächst unseren ersten Laden in Berlin in der Glogauer Straße. Da kann man Vinyl, CDs und auch Jutebeutel kaufen, und hinten arbeiten meine Jungs im Büro.
Später ist dann ja noch der Umzug in den „Holzmarkt“ geplant, ein Berliner Bauprojekt das von den Bar25-Machern angestoßen wurde und mit Cafés, Kultureinrichtungen, Kindertagesstätte, Büros etc. ziemlich erwachsen daherkommt. Das bringt mich zu der Frage: Hat sich in der Szene mittlerweile das Verständnis durchgesetzt, dass man mit Techno auch alt werden kann?
Koletzki: Für mich auf jeden Fall. Als ich in Braunschweig mit Techno anfing war ich 18. Da dachte ich noch: Das geht nur ein paar Jahre. Jetzt bin ich 39, gehe immer noch feiern und verdiene mein Geld damit, also schon seit 20 Jahren. Warum sollte es die nächsten 20 Jahre nicht auch noch so weitergehen? In Berliner Clubs treffe ich häufig Leute, die noch eine Ecke älter sind als ich. Dass Techno eine Sackgasse ist, oder dass man im Techno nicht älter werden kann – davon habe ich mich befreit. Ich blicke da positiv in die Zukunft. Ich kann sicher nicht ewig weiter so viel auflegen wie jetzt – ich werde dieses Jahr 40 und merke das auch körperlich – aber es macht mir immer noch total viel Spaß.
Seit einigen Jahren fällt in Bezug auf Berlin auch das Wort „Ballermann“, aufgrund des wachsenden Party-Tourismus. Siehst du das ebenfalls kritisch?
Koletzki: Ich finde das übertrieben. Klar werden hier kübelweise Touristen-Busse mit Minderjährigen ausgekippt, die sich besaufen wollen – das findet schon statt. Es laufen aber keine Leute mit Plastikeimern auf dem Kopf durch die Simon-Dach-Strasse. Der Ansturm hat ein bisschen zugenommen, aber ich empfinde es nicht als so schlimm. Auf der Simon-Dach-Strasse geht das ja auch erst los, wenn um 18 Uhr die Bars und Restaurants aufmachen. Vorher ist das die normalste Straße der Welt.
Der Ansturm hat zugenommen, zum Teil auch die Eintrittspreise der Clubs. Der Eintritt für die Stil vor Talent-Veranstaltung „Villa Kunterbunt“ im Januar kostete an der Abendkasse 18 Euro. Ist das noch angemessen?
Koletzki: Da muss man fairerweise dazusagen, dass es im Vorverkauf auch Tickets für 12 und 15 Euro gab. Und das Line-Up war größer als bei einer normalen Club-Party.
18 Euro sind sicher nicht ohne und ich weiß, dass das die Schmerzgrenze ist. Das Letzte was ich will, ist den Kids Geld aus der Tasche ziehen. Das ist auch Teil der Philosophie von Stil vor Talent, wir versuchen auch die Klamotten nicht zu teuer zu machen. Weil ich selber weiß, wie es ist, kein Geld zu haben, weil ich die meiste Zeit meines Lebens überhaupt kein Geld hatte, sondern eher Schulden.
Man muss drauf achten, dass der Preis in einer Relation steht, zu der Qualität und der Anzahl der DJs. Bei der angesprochenen Veranstaltung hatten wir sehr viele Künstler, HVOB kamen aus Wien, Animal Trainer aus der Schweiz. Wenn man die einfliegen lässt, muss man das in der Kalkulation auch berücksichtigen.
Wann hattest du denn deinen persönlichen „Break-Even“ mit der Musik, die du produzierst?
Koletzki: Als ich nach Berlin gekommen bin, hatte ich erstmal nur Bafög. 2005 habe ich „Mückenschwarm“ rausgebracht – musste dann aber erst noch drei Jahre lang Schulden abbezahlen. Da hatte sich Einiges angehäuft, Mietschulden, Schulden bei Freunden…
Da scheint ja nur wenig übrig geblieben zu sein von deinem Banker-Praktikum.
Koletzki: Das war eine Ausbildung! Drei Jahre. Ich bin gelernter Bankkaufmann. Das habe ich fertig gemacht, ich könnte in dem Beruf jederzeit wieder arbeiten. Wenn ich wollte. (lacht)
Ist denn etwas davon hängen geblieben?
Koletzki: Die Bankkaufmannslehre war eine der schlimmsten Zeiten in meinem Leben. Das habe ich in meinem Speicher da oben alles gelöscht und mit positiven Sachen neu besetzt.
Die Karten für deinen Auftritt, beim A&P Berlin Summer Rave gab’s nur im Supermarkt. Stört dich das?
Koletzki: Es ist ja nicht meine Veranstaltung, das darf man nicht verwechseln. Mir ist bewusst, dass es ein eher kommerzielles Event ist, das sieht man an der Aufmachung und daran, wie es gebrandet ist. Da ist immer die Frage, wie eng man das sieht. Denn auch beim Melt oder beim Sonne, Mond, Sterne-Festival gibt es ein starkes Branding, gibt es riesige Sponsoren, die große aufblasbare Bierflaschen auf dem Gelände aufstellen.
Ein bisschen komisch finde ich es schon, dass man die Karten an der Supermarktkasse kaufen kann. Das ist ungewohnt. Aber es wäre kein Grund für mich, den Gig nicht zu spielen. Zumal die Veranstaltung hinsichtlich des Programms eine Wende genommen hat.
Inwiefern?
Koletzki: Die ersten drei Jahre haben dort nur Marusha, Westbam & Co. gespielt, jetzt wollten die Veranstalter das Konzept verändern, aufjüngen und näher am Puls der Zeit sein.
Fakt ist: Berlin braucht ein großes Festival. Es ist doch verrückt: Barcelona hat das Sonar-Festival, Amsterdam das ADE und Berlin, die Stadt auf die die ganze Techno-Welt blickt, hat kein richtiges, großes Techno-Festival in der Innenstadt. Da muss sich mal jemand trauen. Vielleicht könnte sich auch der Summer Rave zu einer vernünftigen, großen Veranstaltung entwickeln. Die Location ist jedenfalls gut. Man muss dafür nur den Berliner mal von seiner Couch runterkriegen. Der ist so verwöhnt, weil in der Panoramabar und im Watergate ständig Weltstars auflegen. Wenn man dann mal so etwas Großes hat, ist es schwer, den Berliner dort hinzulocken.
Die elektronische Musikszene steht dem Mainstream nicht besonders aufgeschlossen gegenüber. Setzt man mit einem Gig beim Summer Rave seine Credibility aufs Spiel?
Koletzki: Sicher gibt es in Berlin ein paar Leute, die deswegen die Augen verdrehen. Das nehme ich denen auch nicht übel. Aber ich, Oliver Koletzki, bin ja letztendlich auch von meinen Produktionen her total im Mainstream angesiedelt. Die Sachen, die ich rausbringe, gehen alle in die Amazon- und Itunes-Charts, die Musik ist relativ poppig, auch auf meinem neuen Album.
Produzierst du bewusst für den Mainstream?
Koletzki: Um Gottes willen, nein. Aber die Musik, so wie ich sie mache, wie sie natürlich aus mir herauskommt, spricht nun mal viele Leute an. Deswegen kommen viele Leute zu meinen Auftritten, ich bin kein Geheimtipp im Underground, mich kennt man schon. Und wenn ich auf so einem großen Rave spiele, dann weil ich mit meiner Musik dort hinpasse.
Hattest du früher mal so eine „Underground“-Zeit?
Koletzki: Ja, total. Ich war früher so eingestellt: Underground ist das Geilste und der Mainstream das sind die Bösen. So war ich drauf. Das ist aber nur eine kindliche Einstellung, da bin ich schon lange rausgewachsen.
Ich finde, wenn Musik gut gemacht ist, dann hat sie auch eine Daseinsberechtigung im Mainstream. Manche Leute sollen einfach nicht so verkappt sein. Zu sagen „nur weil es in den Charts ist, ist es schlecht“, ist doch Unsinn.
[Das Interview entstand im Mai 2014]