10 besondere Momente mit Roger Willemsen
Im Alter von 60 Jahren verstarb am 07. Februar 2016 Roger Willemsen. Der frühe Tod des Publizisten, Journalisten und Moderators ist ein großer Verlust für die deutsche Kulturlandschaft, seine kritische Stimme, sein wacher Geist und seine scharfe Beobachtungsgabe werden fehlen. Wir erinnern an Willemsen mit einer Auswahl von Links zu besonderen TV-Auftritten und Print-Interviews.
Interview mit drei RAF-Häftlingen (1992)
Willemsen begann seine TV-Karriere 1991 beim Bezahlsender Premiere. Er moderierte mehr als 600 Ausgaben der Interviewreihe 0137, benannt nach der Telefonvorwahl, unter der sich Zuschauer an der Live-Sendung beteiligen konnten. 1992 sprach er mit drei RAF-Häftlingen. Karlheinz Dellwo, Lutz Taufer und Knut Folkerts stellten sich in der JVA Celle den Fragen Willemsens und des RAF-Experten Oliver Tolmein.
Roger Willemsen entlarvt interviewt Konsul Weyer (1993)
Im August 1993 war der Titelhändler Hans-Hermann Weyer, auch bekannt unter dem Namen Consul Weyer, zu Gast in der Premiere-Sendung „Willemsen – Das Fernsehgespräch“. Willemsen brachte seinen Gast durch Fragen dazu, „sich selbst als Lügner bloßzustellen, der sich mit falschen Kontakten in fernen Ländern schmückt.“ (Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung).
Jürgen Friedrichs und Ulrich Schwinges beschreiben das Aufeinandertreffen von Willemsen und Weyer in ihrem Buch „Das journalistische Interview“ (S.309):
„Er (Willemsen) beginnt dieses Interview, indem er dem Befragten große Möglichkeiten gibt, sein Leben, was er erreicht hat, seinen Wohlstand und seine Lebensziele darzustellen. Gegen Ende dieser ersten Sequenz fragt man sich, warum der Interviewer dem Befragten soviel Raum gibt. Die Antwort ist einfach: Die Selbstdarstellung von Konsul Weyer gewinnt nachgerade aufdringliche Züge. In der dann folgenden Sequenz jedoch, verbunden mit einem Wechsel zu einem anderen Platz im Studio, fragt Willemsen, mit welchen Staatschefs in Südamerika Konsul Weyer denn zusammengearbeitet habe, um anderen Personen diplomatische Titel zu beschaffen. Die Antworten von Weyer konterkariert er, indem er Antwortschreiben aus den entsprechenden Ländern vorlegt, aus denen hervorgeht, dass sie Konsul Weyer gar nicht kennen.
Jetzt verändert das Interview sich zu einem Rechtfertigungsinterview. Weyer verweist mehrfach darauf, dass aktuelle Auskünfte aus südamerikanischen Ländern hier nicht gelten könnten, weil seit der Zeit, in der er dort diplomatische Titel beschaffte, die Regime in der Regel mehrfach gewech-
selt hätten.
Willemsen verschärft das Interview, indem er Photos von Erschießungskommandos oder Gefolterten aus einzelnen südamerikanischen Ländern zeigt, und zwar aus jener Zeit, in der Konsul Weyer mit den jeweiligen Machthabern befreundet war. Er stellt Fragen wie „Haben Sie das damals nicht gewusst?“, „Haben Sie die politischen Zustände nie interessiert?“ – Eine Abfolge von geschlossenen und suggestiven Fragen. Der Unwillen von Konsul Weyer, solche Fragen zu beantworten und sich zu rechtfertigen, wird zunehmend größer.“
(Update Januar 2018: Überschrift geändert, Quellen hinzugefügt)
Roger Willemsen interviewt „Focus“-Chefredakteur Helmut Markwort (1995)
Von 1994 bis 1998 moderierte Roger Willemsen im ZDF die Sendung „Willemsens Woche“. Im Januar 1995 war der Ex-„Focus“-Chefredakteur und heutige Mit-Herausgeber des Magazins Helmut Markwort zu Gast. Anlass des Gespräches war der zweijährige Geburtstag des Nachrichtenmagazins. Doch das Interview geriet nicht zur Feierstunde, sondern zur General-Abrechnung mit den journalistischen Fehlern der Redaktion…
Roger Willemsen zu Gast bei „Harald Schmidt“ (2007)
Roger Willemsen war sehr gerne bei Entertainer Harald Schmidt zu Gast. Wenn Intelligenz auf Intelligenz trifft, kann nur ein sehenswertes Ergebnis entstehen. Einer seiner besten Auftritte wurde im März 2007 ausgestrahlt. Thema des Gespräches sind Willemsens Reisen nach Afghanistan…
Roger Willemsen im Zeit-Magazin über Bordellbesuche, Bücherklau und Bildung (2008)
Nach dem Abitur im Jahr 1976 studierte Willemsen Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte- unter anderem in seiner Heimatstadt Bonn. Für das „Mensagespräch“ im Zeit-Magazin kehrte Willemsen zurück in seine alte Universität und plauderte über seine Studentenzeit.
http://www.zeit.de/campus/2008/04/roger-willemsen-mensatalk
Roger Willemsen über Nächte in Bangkok (2009)
Für sein Buch „Bangkok Noir“ (2009) durchstreifte Roger Willemsen drei Monate die Nächte in der thailändischen Hauptstadt Bangkok. Im Interview mit dem Reisemagazin „Merian“ sagt er: „Das Nachtleben ist eine reiche Mikrokultur voller Überraschungen. Ich fühle jetzt noch wie einen Muskelreiz das Hineintreten in die Nacht.“ Ein lesenswertes Interview…
http://www.merian.de/magazin/bangkok-interview-roger-willemsen.html
Roger Willemsen im Gespräch mit Alfred Schier (2010)
Im September 2010 war Roger Willemsen zu Gast bei Alfred Schier in der Phoenix-Sendung „Im Dialog“. Er spricht über seine Reisen an die Enden der Welt, über trostlose Orte, Neugier, sein Desinteresse an Partnerschaften und den Luxus der Einsamkeit.
Streit mit Til Schweiger bei „3nach9“ (2012)
Afghanistan war für Roger Willemsen ein Land von exorbitanter Bedeutung. Immer wieder reiste er in das Land. Seit dem Frühjahr 2006 war er Schirmherr des Afghanischen Frauenvereins e. V und veröffentlichte im selben Jahr das Buch „Afghanische Reise“. In der Talkshow „3nach9“ geriet er im September 2012 mit dem Schauspieler und Regisseur Til Schweiger über die Rolle der Streitkräfte in Afghanistan heftig aneinander.
Lesung von das „Das Hohe Haus“ im österreichischen Parlament (2014)
Für seinen Bestseller „Das Hohe Haus“ saß Roger Willemsen von Dezember 2012 bis Dezember 2013 auf der Besuchertribüne des Deutschen Bundestages. Seine Beobachtungen schrieb er nieder und zog ein ernüchterndes Fazit. Im Oktober 2014 lud ihn die österreichische Bundesregierung zu einer Lesung im Parlament ein. Die komplette Lesung ist hier zu sehen.
Das letzte Interview zum 60. Geburtstag im Augst 2015
Anlässlich seines 60. Geburtstages am 15. August 2015 sprach Willemsen mit der Katholischen Nachrichten-Agentur über existenzielle Dinge- den Sinn des Lebens, seinen Glauben und die Zeit nach dem Tod. Es gehe für ihn darum „die gegebene Frist sinnvoll zu nutzen, erklärte er. „Nicht nur Spaß zu haben.“ Angst vor dem Tod habe er nicht, lieber konzentriere er sich auf das, was er noch würde hervorbringen können. Es war sein letztes Interview.
http://www.domradio.de/themen/kultur/2015-08-15/roger-willemsen-ueber-gott-den-papst-und-soziales-engagement