Berlinale 5/10

Für großes Aufsehen sorgte Oskar Roehler im Umfeld der Berlinale, noch Tage bevor sein Beitrag “Jud Süß – Film ohne Gewissen” zu den Festspielen überhaupt zu sehen war. Im jährlichen Berlinale-Interview der FAZ (Titel: “Punkig und rock’n’rollig, im Studio?“), zu dem deutsche Regisseure mit Filmen im Wettbewerb geladen werden, traf Roehler auf seine Kollegen Angela Schanelec und Benjamin Heisenberg, um über die Situation des deutschen Films zu sprechen. Doch Roehler hatte offenbar nach kurzer Zeit genug und verabschiedete sich mit Worten wie: “Ich steige jetzt aus!” oder “Es inspiriert mich überhaupt nicht. Die Art des Gesprächs bringt mir nichts. Ich dachte, man redet über Kino, man redet über Ideen, man redet über Vorstellungen.”

Vielleicht auch eine kalkulierte Maßnahme. Entspann sich nach dem Eklat doch noch ein lesenswertes Gespräch, zwischen den Regie-Kollegen über die unterschiedliche Wahrnehmung von Filmen – gerade in der Filmkritik. Nach der Premiere von “Die Räuber” trafen wir auf Benjamin Heisenberg, der die Geschichte des österreichischen Bankräubers und Marathon-Läufers Johann Kastenberger, der als „Pumpgun-Ronnie“ Ende der 1980er Jahre in Österreich als Marathonläufer gefeiert und als Verbrecher gefürchtet war. Wir befragten Heisenberg zu seinem gelungenen, unterkühlten Gangster-Krimi und natürlich auch zum FAZ-Interview. Heisenberg fand den Austausch – trotz des despektierlichen Verhaltens von Roehler – interessant, das “Spannungsfeld zwischen Leuten, die Arthaus-Film machen und anderen, die Blockbuster drehen” zu diskuttieren.
Das Ganze Gespräch mit Benjamin Heisenberg, indem er sich u.a dazu äußert, wie er seinem Hauptdarsteller Andreas Lust den Stoff als Tierdoku über einen Puma in freier Wildbahn schmackhaft machte, den Film und die Aufgabe von Filmkritik demnächst auf Planet Interview!

Auf die kühlen Bildern von Heisenberg folgte der drastisch dargestellte Caterpillar von Koji Wakamatsu, der seine Zuschauer doch recht verstört zurück ließ.
Im Film kehrt Lieutenant Kurokawa als verstümmelter Kriegsheld aus China zu seiner Frau nach Japan zurück. Die versucht sich ihrer Aufgabe als Rollenvorbild für alle japanischen Frauen zu stellen, wie es ihr die Propaganda auferlegt. Man ahnt es, Wakamatsu erzählt eine Geschichte, die das Leid und den Wahnsinn des Krieges zeigen. Wakamatsu der den Krieg noch als Kind miterleben musste, erklärte auf der PK, dass sein Film verhindern soll, “die Vergangenheit zu verdrängen, wozu Japaner tendieren.” Er erinnert sich, wie damals alle Kinder “Soldaten werden wollten.” Ein Bild das er bricht, mit seinem Kriegshelden, der “auch ein Mörder war.”

Am Montagabend führte die Cinema For Peace Gala, die ausdrücklich nichts mit der Berlinale zu tun hat, worauf gerade Dieter Kosslick immer wieder hinweist, eine Menge nationaler und internationaler Stars an einen zweiten Roten Teppich der Stadt. Darunter mit Leonardo DiCaprio und Mikhail Gorbachew (siehe Foto) zwei treue Unterstützer, die in diesem Jahr den “International Green Film Award 2010” an Regisseur Joe Berlinger verliehen, der mit seinem Film “Crude” einen Prozess tausender Ecuadorianer gegen den Öl-Riesen Chevron in Szene setzt. Nach einer ganzen Reihe weiterer verliehener Preise der absolte Höhepunkt des abends. Berlinger, der sichtlich stolz darauf war, “in Berlin die Hand des Mannes zu schütteln, der für den Fall der Mauer und die Wiedervereinigung der Stadt verantwortlich war“, wie er sagte, richtete mahnende Worte an die Gäste: “Grün zu sein, meint nicht nur die Natur zu schützen, sondern auch die, die mit der Natur in Einklang leben.”

Ansonsten ging es wohl doch eher um das gute “Sehen und Gesehen werden”, für das die Promis 1.000 Euro für ihre Eintrittskarte berappen. Die Show hatte in Geldof einen charmant-launigen Gastgeber und einen tollen Rahmen am Gendarmenmarkt. So fällt es leichter über manche kleine und größere Panne hinwegzusehen. Schließlich kumuliert die Veranstaltung die größte Anzahl an Stars in den zehn Tagen Berlinale – und das ohne Teil dieser zu sein. Das Verhältnis zur Berlinale bleibt angespannt. Im Spiegel-Artikel “Steptanz, Montserrat Caballé, tibetische Folklore” von Antje Wewer versucht Cinema For Peace Veranstalter Jaka Bizilj dem Filmfestival die Hand entgegen zu strecken: “Trotz der Querelen im letzten Jahr wünsche ich mir, dass wir in Zukunft wieder enger mit der Berlinale zusammenarbeiten“, wünscht er sich.
Ob dies zu einer Entspannung führt, bleibt abzuwarten, schließlich scheinen die beiden Veranstaltungen auch um die gleichen Geldgeber zu buhlen. War Berlinale-Sponsor BMW doch im letzten Jahr bei Cinema For Peace, dem zweiten Roten Teppich der Stadt vertreten.

Dieser Beitrag entstand als Teil einer Kooperation von Planet Interview und Berliner-Filmfestivals.de.

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