„Du kommst offenbar von einer sehr negativen Zeitung.“

Darf man einen Schauspieler alles fragen? Warum eigentlich nicht, könnte sich Daniel Benedict von der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ gedacht haben als er vor kurzem David Kross zum Interview traf, „in der sicheren Erwartung, aus dem Jugendstar ein paar geharnischte Rebellenworte herauszukitzeln“, wie er in seiner Einleitung schreibt (Ausgabe vom 20.02.2009).

Der 18-Jährige Schauspieler ist gerade als junger Liebhaber Michael Berg in „Der Vorleser“ an der Seite von Kate Winslet zu sehen und wurde kürzlich auf der Berlinale als „Europäischer Shooting Star“ ausgezeichnet. Diese Bezeichnung trügt wahrlich nicht, denn noch bis vor kurzem drückte Kross die Schulbank, seinen ersten großen Auftritt bekam er von niemand Geringerem als Detlev Buck, der ihm 2006 in „Knallhart“ die Hauptrolle spielen ließ.

So ein Erfolg kann schon mal Neider auf den Plan rufen. Und wenn man das Interview mit Kross liest, hat man ein wenig das Gefühl, dass auch mit dem Interviewer Daniel Benedict der Neid durchgegangen ist, hier mit dem Resultat, dass ihm jeglicher Respekt vor dem Schauspieler Kross abhanden gekommen ist.

Schon der Einstieg ist etwas merkwürdig:

Guten Tag, Daniel Benedict mein Name.

Kross: Nein, David.

Nein, Daniel.

Kross: Nein, David. Das wird immer falsch gemacht. Ich heiße aber David.

Und ich Daniel. Die Vornamen hätten wir also geklärt. Wollen wir uns duzen?

Kross: Ach so. Du heißt Daniel. (Lacht.) Entschuldigung, ich hatte das missverstanden. Du kannst ruhig du sagen.“

Solche Missverständnisse können ja vorkommen, aber muss man die auch abdrucken?

Als nächstes stutzt man bei der Frage: „In drei Jahren hast du drei Kino-Hauptrollen gespielt. Wer hat in der Zeit mehr verdient: du oder deine Eltern?“ Kross lässt sich aber zu keiner Antwort hinreißen.

Was war denn deine unvernünftigste Anschaffung? will Benedict dann von ihm wissen.

Kross: Das da. (David Kross zeigt auf den Tisch.)

„Zigaretten! Allerdings, lieber David, das ist für deine 18-jährige Lunge sehr, sehr unvernünftig!“ – der Interviewer gibt den Erziehungsberechtigten.

Nun kommen Fragen nach Star-Allüren, „wilden Nächten mit den Stars in US-Promitreffs“, Liebeserklärungen von Fans, Hollywood und die erste Begegnung mit Kate Winslet, doch Kross enttäuscht den Interviewer, liefert ihm weder „Rebellenworte“ noch Skandalöses. Weshalb Benedict seinen Interview-Partner zwischendurch zurechtweist:  „David, so geht das nicht. Wir brauchen ein kontroverses Thema. Was soll ich denn schreiben?“ Privat fände er es zwar auch gut „wenn alle friedlich sind“ aber „dienstlich muss ich eine Seite füllen“ so Benedict. Das verwirrt dann doch etwas, dass die Neue Osnabrücker Zeitung laut Benedict so sehr auf Boulevard-Journalismus steht. Aber gut, man lernt dazu. Oder wie David Kross es gegenüber Benedict ausdrückt: „Du kommst offenbar von einer sehr negativen Zeitung.“ Dass man das Interview in der NOZ mit der Frage „Wie war’s im Bett mit Kate Winslet?“ überschrieben hat, gibt Kross dabei in gewisser Weise auch Recht.

Dem Schauspieler kann man zu seinem Verhalten eigentlich nur beglückwünschen, er lässt sich auf die indiskrete, nach BILD-Schlagzeilen gierende Fragerei nicht ein, bleibt cool – auch als es am Schluss etwas pubertär wird:

Benedict: Wenn man als 18-Jähriger nackt vor der Kamera steht, und dann küsst Kate Winslet einem den Bauch – hat man da nicht Angst, in Verlegenheit zu kommen?

Kross: Man hat sehr viel Angst. Du hast die Frage schon beantwortet.

Benedict: Und was tut man dagegen? Hast du einen besonders hässlichen Beleuchter fixiert?

Kross: Das war dann auch wieder nicht nötig. Romantische Stimmung kommt am Set sowieso nicht auf.

Benedict: Ich dachte auch eher an erotische Stimmung.

Tja, zu schade, dass David Kross mit Kate Winslet drehen durfte – und nicht der Redakteur der NOZ. Der jedenfalls scheint darüber etwas frustriert zu sein.

So, für alle, die das Interview in Gänze interessiert: Es ist leider nicht mehr frei bei der NOZ online zugänglich und ins registrierungspflichtige Archiv gewandert (komischerweise sind einige andere, ältere NOZ-Interviews frei verfügbar.) Die Registrierung ist allerdings kostenlos, hier ein Link zum Interview.

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