Edmund Stoiber über Hektik in der Politik
Auf der Präsentation seines Buches „Weil die Welt sich ändert“ am 25.09.2012 antwortete der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber u.a. auf eine Frage von Planet Interview. Die Antwort zum Thema Hektik in der Politik wurde von der ebenfalls anwesenden Bundeskanzlerin Angela Merkel ergänzt.
Frage: Herr Stoiber, Sie haben vorhin die Hektik erwähnt, die im Politikbetrieb herrscht. Woher kommt heute diese Hektik? Und haben Sie die im Politikbetrieb vor 20 Jahren auch schon so wahrgenommen?
Edmund Stoiber: Also, die moderne Medientechnik, vor allem das Netz hat die Politik völlig verändert, und wird auch unsere Demokratie verändern. Ich weiß noch nicht, wo das landen wird. Aber ich habe in meinem Buch beschrieben, wie es war, als Dwight Eisenhower Adenauer besucht hat. Adenauer hat sich nach dem Mittagessen hingelegt und zwei Stunden geschlafen – und Eisenhower hat das dann auch gemacht. Die haben sich dann in ein anderes Zimmer begeben… Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Stellen Sie sich mal vor (blickt zu Angela Merkel, großes Lachen im Saal), Angela Merkel und François Hollande treffen sich zum Mittagessen und ruhen sich danach erstmal aus.
Angela Merkel: Im Kanzleramt gibt es einen Raum, in dem später dann die Familie Schröder übernachtet hat, der ist eingerichtet worden für den Fall, dass Mitterand nach Deutschland kommt und nach dem Mittagessen ein bisschen ruhen möchte. Das ist alles noch nicht so ewig her. Und wo wir gerade, Hollande und ich, das 50-jährige Jubiläum der de Gaulle-Rede begangen haben: die sind jeweils sieben Tage, Adenauer durch Deutschland und de Gaulle durch Frankreich, gereist. Sieben Tage! Stellen Sie sich mal vor, was man heute mit uns machen würde (lacht).
Edmund Stoiber: Ihre Vorgänger, Herr Seibert, hatten eine andere Zeitdimension, da ist das Ereignis eingetreten, dann hatte man allenfalls so reagiert wie die elektronischen Nachrichten abends, aber man hatte Zeit für den nächsten Schritt. Heute gibt es innerhalb von zwei oder drei Minuten eine Stellungnahme und wenn das zu lange dauert wird natürlich schon die Hektik weiterverbreitet, das hat sicherlich auch ein Stück Qualitätsveränderung von manchen Entscheidungen (zur Folge). Die Hektik und die Schnelligkeit, vor allem durch das Netz insgesamt.
Weitere Statements zur Hektik in der Politik finden sich u.a. in unseren Interviews mit Wolfgang Clement, Peter Hahne und Ottmar Schreiner.