Larry King im „Spiegel“

Das Interview mit Larry King im "Spiegel" ist zwar schon ein paar Tage alt (hier gibt’s auch die englische Version), dennoch sei an dieser Stelle drauf verwiesen, weil es ein gelungenes Portrait eines der wichtigsten und erfahrendsten Interviewer darstellt.

King (73) ist eine lebende Legende. Als berühmtester Talkshow-Host der Welt führte er bis dato über 40.000 für das U.S- Fernsehen und Radio. Als Gast in seiner CNN-Show aufzutreten gilt in den USA und weltweit als große Ehre. Bill Clinton, George W. Bush Senior und Junior, Marlon Brando, Madonna, Jassir Arafat, Angelina Jolie – sie alle durften schon an seinem berühmten Tisch Platz nehmen, und sich seinen gewitzten Fragen stellen. In diesem Jahr feiert er sein 50-Jahr-Jubiläum im Mediengeschäft, doch alles andere als müde verkündet er im Trailer zur Show: „40.000 Interviews, and I’m just warming up!“

Die Spiegel-Redakteure Frank Hornig and Marcel Rosenbach haben mit ihm über seine Biografie gesprochen, Veränderungen im Mediengeschäft, Inszenierung von Politik und die Macht seiner Sendung.

Wie jede Karriere fing auch die von Larry King klein an. In einfachen Verhältnissen aufgewachsen, zeitweise lebte seine Familie von der Sozialhilfe, schlug er sich als Verkäufer in Kaufhäusern durch, oder arbeitete als zweiter Mann auf einem Paketdienstlaster. „Ich wusste immer, dass ich zum Radio wollte“ erzählt er im Interview und berichtet über sein erstes Engagement beim Radio in Miami: „Ich dachte nach all meinem Badezimmertraining, ich sei ganz cool. Aber dann brachte ich gleich nach dem ersten Song kein Wort heraus“ Larry King jedoch blieb ehrlich, und gestand den Zuschauern: „Hey, das ist heute meine erste Sendung, ich bin ein bisschen nervös“. Diese Ehrlichkeit, das Lässige und Unbekümmerte, hat er sich bis heute bewahrt.

Larry King liest zwar zehn Tageszeitungen täglich, bereitet sich ansonsten aber kaum auf seine Interviewpartner vor. So fragt er während des Interviews seine Assistentin „Bridget, was machen wir heute in der Sendung?“. Als die Antwort „Anna Nicole Smith“ lautet, entgegnet King: „Oh no, nicht schon wieder! Ich hasse diese Show.“ – King muss sich und anderen Journalisten nichts mehr beweisen. Er hat alles erreicht, kann die Medienwelt ironisch betrachten und fügt sich ohne Murren ihren Gesetzen: „Mit dem Nahen Osten zum Beispiel macht man schlechte Quoten. Obwohl man ja wohl mit Sicherheit sagen kann, dass der Nahe Osten wichtiger ist als Anna Nicole Smith.“ Doch das Publikum will bedient werden: „Sobald die Scheinwerfer angehen, werde ich mein Bestes geben. Übrigens kommt man mit so einer Was-soll’s-Haltung leichter durch die Sendung“ – eine gewisse Resignation ist dem großen Talkmaster anzuhören.

Leicht erstaunt ist man über Larry Kings Sicht auf moderne Nachrichtentechnik. Frage: „Waren Sie überhaupt schon mal im Web?“- King: "Ich hab es mir inzwischen angeschaut, weil sich alle über mich lustig gemacht haben. Aber ich schreibe keine E-Mails. Ich mag Faxe und den guten alten Brief.“ Hier wirkt er ein bisschen wie ein Dino in einem Zeitalter, das ihn eigentlich schon längst überholt hat. Aber das macht auch seine Sympathie aus.

Interessant ist auch Kings Einstellung zum Umgang mit Interviewpartnern: „Ich glaube nicht daran, dass man durch Konfrontation mit seinen Gästen weiterkommt. Ich will etwas erfahren und mich nicht selbst profilieren. Gerade jüngere Kollegen gehen oft sehr mit ihrer eigenen Überzeugung hausieren und geben sich aggressiv, schreien Gäste sogar an. Das sind für mich falsche Fünfziger.“ Sich vor der Kamera nicht zu verstellen ist seine Devise: „Sei und bleibe du selbst.“

King wird das auch die nächsten Jahre tagtäglich tun, auf Sendung sein und die Medienmaschine am Laufen halten, denn auf die Frage ob es ohne Kamera und Mikrofone überhaupt noch geht antwortet King: „Schwer. Eigentlich gar nicht. Aber ich werde im April ausnahmsweise mal eine Woche auf Hawaii urlauben“, doch „meine zehn Zeitungen am Morgen lese ich natürlich auch dort“.

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