RKI zu Kollateralschäden, Folgeabschätzung

Hier eine Abschrift meiner Fragen beim Pressebriefing des Robert Koch-Instituts am 12.05.:

Herr Schade, Ihr Kollege Herr Wieler sagte hier Ende April: „Wir sind uns all dieser Kollateralschäden bewusst, wir können sie noch nicht quantifizieren, wir werden sie aber auch quantifizieren, im Nachhinein.“ – Ab wann wird man denn die Kollateralschäden, medizinisch wie auch sozial, in den Blick nehmen? Und wo sehen Sie die Zuständigkeit für diese Frage: Befasst sich das RKI damit, oder sehen Sie Ihre Zuständigkeit allein bei der Eindämmung der Pandemie?

Schade: Wir haben ja im RKI auch eine Aufgabe zum Monitoring von nicht-übertragbaren Krankheiten, das macht bei uns die Abteilung 2, Gesundheitsberichterstattung und Gesundheitsmonitoring. Da erfassen wir die Gesundheit der Bevölkerung in regelmäßigen Wellen und werten auch Sekundärdaten aus anderen Quellen aus. Das werden wir auch machen, das haben wir zum Teil auch schon begonnen, uns diese Daten anzuschauen. Das ist ein Teil unserer Aufgabe. Aber es nicht ausschließlich unsere Aufgabe, es gibt auch andere Wissenschaftler, die sich mit nicht-übertragbaren Krankheiten beschäftigen, große epidemiologische Institute – und die werden sich das sicherlich auch angucken. Es ist Teil unserer Aufgaben, im Moment sicherlich nicht so intensiv verfolgt, wie das zu normalen Zeiten der Fall wäre. Weil auch die Kollegen aus der Abteilung 2 jetzt hier im akuten Geschehen stark unterstützen. Die werden zum Beispiel die seroepidemiologischen Studien durchführen, die noch diesen Monat beginnen. Aber das steht mit auf unserer Liste, der Dinge, die zu erledigen sind, und die auch teilweise schon begonnen werden. Aber wie gesagt: Andere können auch auf diesem Gebiet forschen und tun das auch und beginnen auch damit.

Können Sie die Kritik nachvollziehen, an der Regierung, dass man die Folgenabschätzung im Moment noch nicht betreibt, dass man die Kollateralschäden der Corona-Maßnahmen nicht in den Blick nimmt? Das ist auch eine Sorge vieler Bürger: Einerseits dämmt man das Virus ein, andererseits schaut man nicht, was man mit den Maßnahmen anrichtet. Können Sie die Kritik nachvollziehen?

Schade: Die Sorge kann ich nachvollziehen. Ich glaube aber nicht, dass das so pauschal stimmt. Ich glaube, dass die Regierung sehr wohl auch diese Dinge im Blick hat. Und das zeigt sich ja an verschiedenen Dingen. Das zeigt sich u.a. daran, dass die Maßnahmen, verglichen mit vielen anderen Staaten, auch als sie eingeführt worden sind, nicht so streng waren. Wir konnten alle rausgehen, wir konnten alle spazieren gehen, Sport treiben im Freien usw. Das war uns allen erlaubt, wir konnten auch alle im begrenzten Umfang Kontakte haben. Das war ja weiterhin möglich. Vieles ist jetzt erst in der letzten Woche in Spanien überhaupt möglich geworden, was bei uns von Anfang an möglich war. Es waren nicht die strengsten Maßnahmen, die man sich vorstellen kann. Sondern es waren Maßnahmen, aus meiner Sicht, mit Augenmaß, die zur Reduktion der Fallzahlen geführt haben, aber trotzdem noch eine gewisse Bewegungsfreiheit gelassen haben. Und auch diese Maßnahmen sind nach und nach – und zwar so schnell es zu rechtfertigen schien unter dem Aspekt Infektionsschutz – gelockert worden. Man hat die Maßnahmen nicht angezogen bis man auf einen Nullwert gekommen ist. Sondern man hat mit Bedacht die Lockerungen vollzogen, auch wenn es immer noch Infektionsfälle gibt. Das halte ich schon auch für einen Ausdruck dessen, dass man sich dieser Nebenwirkungen – seien sie jetzt gesundheitlicher Art, gesellschaftlicher Art oder auch wirtschaftlicher Art – durchaus bewusst ist.

Kommentar schreiben

* Erforderliche Angaben. Emailadresse wird nicht veröffentlicht.