Nico, Assaf, Jandy, Laszlo, Peter – ihr habt euch über eine Anzeige kennengelernt. Was stand in der Anzeige drin?
Nico: „Opernsänger gesucht, die deutsche Popsongs interpretieren.“
Peter: Stand nicht auch was von „Klassik-Pop“ oder „Crossover“ drin?
Laszlo: Crossover stand drin, das weiß ich noch genau, weil mir das dann gleich sehr suspekt war. (alle lachen) Normalerweise, muss ich ganz ehrlich sagen, wenn ich „Crossover“ höre – ist da vieles dabei, was nicht nach meinem Geschmack ist. Bocelli finde ich wunderbar…
…aber was ist dann nicht nach deinem Geschmack?
Laszlo: Ich möchte jetzt keine Namen nennen. Das wäre unfair, schließlich gibt es ja einen Markt dafür, es gibt Leute, denen das gut gefällt.
Ok, dann zurück zur Anzeige.
Laszlo: Ja, ich hatte die schon eine Woche in meinen Unterlagen – und dann habe ich einfach angerufen. Das klang alles sehr professionell, sehr nett, wobei es für Österreicher auch sehr wichtig ist, dass es nett ist (lacht).
Dann wurde mir gesagt, man müsste „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ von Nena singen – das war für mich unvorstellbar, das klassisch zu interpretieren. Dann bin ich aber nach Berlin eingeladen worden, habe dieses Demo gehört, dieses Orchester – und da habe ich den Mund nicht mehr zubekommen. Es ist jetzt noch immer eine meiner Lieblingsnummern.
Klar war für mich von Anfang an, dass wir wirklich nur mit der klassischen Stimme singen. Ich mache nicht jahrelang eine Ausbildung, um dann irgendetwas anderes zu singen. Ich habe dann die Noten gesehen, und mir wurde klar, dass es gesangstechnisch auch eine Herausforderung ist.
Ihr habt alle jahrelange Stimmausbildung hinter euch – was ist euer eigener Anspruch an das Projekt Adoro?
Peter: Das Lustige – oder auch das Spannende – ist ja vor allem, dass man eigentlich ständig Neuland betritt, mit seiner Stimme. Wir sind es gewöhnt, Opern zu singen oder Liederabende etc., bei dem Repertoire gibt es dann mindestens schon eine CD-Aufnahme, an der man sich orientieren kann. Hier gibt es aber keine Einspielungen. Es gibt die Popsongs, aber eben noch nicht auf klassische Art. Man erarbeitet sich neue Werke ohne eine Vorlage zu haben. Ich habe beim Vorsingen dann auch „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ vorgesungen und dachte erst: Wie soll das jetzt gehen? Es war halt total ungewohnt – und das ist irgendwie super.
Laszlo: Was den Anspruch betrifft: Jeder sagt, das sind nur Popsongs. Aber, die reinen Gesangslinien sind manchmal gar nicht so unterschiedlich zu dem was man von einfachen Opernarien kennt. Und für so einen Popsong eine Interpretation zu finden, wo man sagt: damit bringe ich meine Emotionen rüber, dazu kann ich persönlich 100 Prozent stehen, auch gesanglich – das ist wirklich schwierig. Man glaubt das gar nicht, man denkt eigentlich, das sind Popsongs, die man einfach mal so runtersingt.
Ich hab schon gelesen, dass ihr sagt: technisch ist ein Adoro-Konzert genauso anspruchsvoll wie mit einem Klassikprogramm aufzutreten, oder wie eine Opernpartie.
Laszlo: Das ist die technische Seite, aber es ist auch die Interpretationsseite. Denn genauso wie in der Oper hast du Worte und die solltest du auch emotional vermitteln. Da bemühen wir uns drum.
Assaf: Es kann ja auch lächerlich oder absurd rüberkommen, wenn du versuchst, einen Song von Rosenstolz oder von Grönemeyer mit dieser klassischen Technik zu singen. Wir versuchen das richtig echt zu machen, wir singen diese Songs nicht wie eine Puccini-Arie, sondern wir mussten dafür unseren eigenen Stil kreieren.
Aber wenn ihr jetzt Opernarien mit sehr einfachen Popsongs vergleicht…
Laszlo: Schau dir Operntexte an: Es ist ja nicht so, dass eine Oper rein vom Text her immer hochintellektuell ist. Es geht um Emotionen, die vermittelt werden. Oft werden dann ja auch Dinge wiederholt, wo also gar nicht viel Text da ist. Auf Italienisch klingt es super, aber wenn du so einen Text dann übersetzt, klingt das oft sehr simpel. Und da muss ich sagen, ist ein Grönemeyer-Text natürlich heutiger – aber vom literarischen Anspruch meiner Meinung nach gut.
Also sind heutige Song-Komponisten die neuen Verdis und Puccinis?
Laszlo: Nein, das glaube ich nicht.
Nico: Mozart, Puccini oder Verdi waren zu ihrer Zeit jedenfalls die Popstars, das war ja auch die aktuellste Musik zu dem Zeitpunkt.
Ich denke, das Problem an dem Vergleich ist, dass Leute ihn oft nur machen, um dann zu sagen: Das eine ist gut und das andere ist schlecht. Wir wollen aus diesem Kreis ein bisschen ausbrechen.
Jandy: Puccini war ja auch seiner Zeit nicht sehr weit voraus, er hat für die Leute geschrieben. Er hat bewusst gesagt: Ich will jetzt keine Kunst machen, sondern ich will die Leute ansprechen.
Das ist auch mein und unser Anspruch, denke ich. Wir wollen die Leute ansprechen und denen was geben. Und wenn wir singen kommt von den Leuten auch wirklich viel zurück. Es findet ein Austausch statt, wir kriegen auch Briefe, wo Leute gerührt sind oder denen es Kraft gibt, wenn sie unsere Musik hören – und das ist toll.
Assaf: Ich denke, am Ende des Tages sind wir Entertainer. Die Leute wollen einfach Spaß haben, schöne Musik genießen und Emotionen erleben.
Es gibt gute Musik und es gibt schlechte Musik – das ist Geschmacksache, man kann nicht sagen, dass Mozart besser ist als Grönemeyer, Gershwin besser als Bernstein oder Andrew Llyod Webber nicht Cole Porter ist. Man kann es nicht vergleichen.
Aber eure Entscheidung von der Opernbühne wegzugehen und bei Adoro einzusteigen, ist das eine zwischen Hochkultur und Massengeschmack?
Assaf: Nein, man kann es nicht vergleichen. Wir leben in einer modernen Zeit. Und in diese Zeit passt auch, was wir machen. Es gibt Musiktheater und es gibt Popmusik. Warum sollten Opernsänger mit einer klassischen Technik nicht in dieser Popwelt existieren können?
Bocelli macht ja auch Oper, aber er wird in dieser Welt nicht so akzeptiert, vom Opernpublikum.
Nico: Wenn wir wieder in die Oper zurückmöchten, müssen wir beim Regisseur, beim musikalischen Leiter vorsingen. Wenn ich dort gut genug vorsinge, dann werde ich da auch wieder reinkommen. Da gilt der Spruch: Ich bin so gut wie meine letzte Vorstellung oder mein letztes Vorsingen war.
Laszlo: Uns geht es aber jetzt auch nicht unbedingt um die Akzeptanz der Hardcore-Klassik-Leute, sag ich ganz ehrlich. Wenn wir das wollten, sind wir sicherlich auf dem falschen Dampfer.
Ich für mich kann sagen: Es ist mir wichtig zu singen, ich habe eine Ausbildung gemacht und ich lebe jetzt rein vom Sängerischen her nicht sehr viel anders. Und ich hasche auch nicht nach dem Pop-Publikum. Ich mache ganz einfach mein Ding, das macht mir Spaß. Ich möchte mich nicht in eine Schublade hineinschmeißen lassen.
Und wenn Leute sagen, sie finden das entsetzlich schlecht und meinen, dass ich nie wieder auf einer Opernbühne stehen werde, dann denke ich mir: Schaun’ mer mal.
Verdient man mit einer Opernpartie mehr als mit einem Adoro-Konzert?
Laszlo: Das ist schwer zu sagen. Man verdient im Opernbereich schon sehr gut, aber da wird ganz anders abgerechnet. Wir wissen eigentlich noch gar nicht genau, was wir verdienen, das wird halbjährlich abgerechnet.
Peter: Aber eins ist klar: Was wir bekommen sind nicht die Steuergelder sondern der Erlös von CDs oder Konzertkarten, die gekauft wurden. Das darf man nicht vergessen, wenn man das vergleicht. Wir müssen uns unser Publikum wirklich erspielen und ersingen, bei der Oper dagegen verdienen die Leute ihr Geld – ein Glück – von einem subventionierten Betrieb.
Also schlussfolgere ich mal, man verdient mit einer Opernpartie mehr.
Laszlo: Wir können das nicht abschätzen. Wir bekommen für die Tour eine Vorauszahlung, das ist eine garantierte Summe, aber die Tour wird erst nachher abgerechnet.
Wir wissen ja auch noch nicht, wie viel CDs wir verkaufen werden. Deswegen kann ich die Frage zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantworten.
Verdient die Plattenfirma an eurer Tour mit?
Laszlo: Ja.
Was ist der Vorteil an einer zusammengecasteten Band gegenüber einer, die auf herkömmlichen Wege zusammenkommt?
Laszlo: Das mit dem Casting ist eine Sache, die wir kennen, im Musiktheaterbereich ist das ein vollkommen normaler Vorgang. Es gibt eine Produktion, man bewirbt sich für ein Vorsingen, es gibt eine Vorauswahl, dann geht man hin – und dann bekommt man mitgeteilt, ob man genommen wird oder nicht. Was wir heute als Casting-Shows kennen ist eigentlich aus dem Musiktheaterbereich abgekupfert.
Peter: Der Vorteil am Casting ist – jedenfalls für den Produzenten – dass er genau die Leute haben kann, die er braucht.
Sind die Kriterien beim Casting denn in eurem Fall ähnlich wie die bei einem Opernvorsingen?
Laszlo: Natürlich, es muss stimmlich zusammenpassen. Es war auch von Anfang an geplant, dass sich das live umsetzt; zu unserem Vorteil, weil wir Live-Sänger sind – und für die auch, weil man mit Plattenkäufen nicht mehr so viel verdient, sondern eher an den Live-Geschichten. Die haben sich schon überlegt, wen sie nehmen.
Und optische Kriterien?
Laszlo: Rein nach optischen Kriterien zu gehen wäre gefährlich. Weil dann hast du wirklich eine Retortenband, die man ziemlich schnell zusammenstampfen kann.
Der Andy Lutschounig (Produzent von Adoro, Anm. d. Red) hatte eine Klangidee, und das war nicht fünf Tenöre, sondern sehr unterschiedliche Stimmen – und die wurden ja auch ausprobiert. Der Klang war auf jeden Fall wichtig. Klar spielt da auch das Optische mit, aber es war nicht das grundlegend Entscheidende. Es gibt sicher Hübschere als mich.
Peter: Ich würde sogar fast die These wagen, dass in den modernen Casting-Shows – die ich zwar nicht sehr schätze – doch eigentlich genauer hingeschaut wird. Die schauen nicht nur darauf, ob jemand singen kann, sondern auch auf den Gesamtauftritt. Manchmal habe ich das Gefühl, das wäre für die Oper auch nicht schlecht.
Bei Vorsingen an Opernhäusern da geht es ja erst mal um Lautstärke, da wird vor allen Dingen geguckt: ist die Stimme laut genug. Ob der Opernsänger aber auch spielen kann, die Rolle verkörpern kann, darauf wird eigentlich nicht geschaut. Da gibt es dann oft böses Erwachen.
Im Musiktheaterbereich ist Casting ein vollkommen normaler Vorgang.
Ist Erfolg kalkulierbar?
Assaf: Nein.
Peter: Man kann ganz viel dafür tun, aber am Ende des Tages entscheidet derjenige, der die CD kauft.
Versuchen Produzenten von Boygroups wie zum Beispiel von „Il Divo“, Produzenten, die Bands zusammencasten – versuchen diese, den Erfolg zu kalkulieren?
Jandy: Ich denke, sie versuchen den Erfolg zu kalkulieren – die wollen in erster Linie Erfolg haben.
Laszlo: Beim nicht subventionierten Theater bemüht man sich ja auch, ein Stück auf die Bühne zu bringen, das erfolgreich ist, mit Leuten, die das tragen.
Erfolg ist ja etwas Gutes, etwas Wichtiges, und man muss sehr vorsichtig sein, weil man im Musiktheaterbereich natürlich auch sieht: wenn man das Publikum ganz vergisst, dann fangen die Theater an zuzusperren. Es ist wunderbar, Kunst zu machen und man soll sich wirklich auch drum bemühen. Aber wenn man sich Kriterien zur Zeit eines Mozart oder eines Beethoven ansieht, dann waren die schon etwas anders gelagert, weil die Leute bis zu einem gewissen Grad auch an ihren Erfolg denken mussten. Und sie haben es trotzdem geschafft Dinge zu machen, die für sehr lange Zeit Wert hatten, die bis heute bestehen. Ich glaube, dass sich das durchaus auch vereinbaren lassen kann.
Jandy: Also, für uns ist es so: Wir kalkulieren jetzt nicht. Wir singen so wie wir singen – das gefällt den Leuten und wir sind froh, dass es Erfolg hat. Und natürlich überlegt sich unser Produzent jetzt irgendwelche Sachen, das ist auch gut für uns. Aber wir singen einfach – und den Leuten gefällt’s .
Wer hat euren Namen erfunden?
Laszlo: Unser Produzent.
Jandy: Der Name ist italienisch, „ich bete an“, es sollte was mit der Oper zu tun haben. Italienisch verbindet man mit der Oper, es sollte edel klingen, „Adoro“ hat fünf Buchstaben, wir sind fünf Sänger… – es sind viele Sachen, die für den Namen sprechen. Er klingt gut und „ich bete an“ hat auch eine Message. Wir geben uns alle hin mit unserer Musik, wir singen mit unserer Leidenschaft – wenn wir auf der Bühne stehen haben wir alle viel Spaß zusammen.
Auch wenn ihr einen Song der „Münchener Freiheit“ singt?
Jandy: Gerade wenn wir Münchener Freiheit singen. „Ohne dich“ ist ein wunderbarer Song – du hast ein Orchester hinter dir, was einen fetten klassischen Sound liefert, was unheimlich pusht…
Und ihr habt nicht manchmal das Gefühl, dass so ein Popsong zu niveaulos…
Nico: Ich beispielsweise finde das gut. Ich habe klassischen Gesang studiert, habe die ganzen Mozart-Sachen und Bach und Liederabende gesungen, habe in meiner Freizeit aber immer sehr viel Popmusik gehört und fand die Musik einfach richtig toll. Aber ich dachte immer: „Naja, du kannst das nicht singen, weil dafür ist deine Stimme einfach zu klassisch“.
Jetzt habe ich die Möglichkeit, mit meiner Opernstimme diese Songs zu singen – warum soll ich diese Möglichkeit für mich nicht nutzen? Ich habe Spaß daran, weil es Songs sind, mit denen man aufgewachsen ist.
Peter: Was meinst du mit niveaulos?
Verglichen mit der Oper, wo viel kompositorisches Detail drin steckt, wo es oft einen intellektuellen Überbau gibt, denke ich, sind Popsongs viel mehr für den Markt gemacht als für die Kunst.
Jandy: Wenn ich Musik höre – ich gehe in die Oper und ins Popkonzert – dann höre ich Musik, die mich emotional anspricht. Das kann auch indische Musik sein, Raga – wenn es mich emotional anspricht ist es für mich gute Musik.
Laszlo: Nimm zum Beispiel Verdi. Ich verehre Verdi total, auch von dem, was man so liest, was er menschlich gemacht hat. Ein Aussteiger, der sich um sein Landgut kümmert, um seinen Wein und seinen Schinken, der dann irgendwann von einem seiner größten Kritiker wieder zurückgeholt wird, der ihm die Libretti schreibt zu „Falstaff“ und „Othello“ – die haben dann im Akkord gearbeitet. Sie haben gute Werke abgeliefert, die sie selber auch gemocht haben, aber auch Werke, die sie selber abgelehnt haben, die trotzdem riesige Erfolge geworden sind. Wo er gesagt hat: ‚Das musste ich innerhalb von zwei Monaten schreiben, ich hatte so viel um die Ohren.’
Also, schon bei Verdi war es wirklich ein Betrieb. Ein Geschäft. Er hat einen Vorschuss bekommen, er musste liefern, da waren die Termine, dann war alles fertig…. Die kompositorische Qualität ist selbst in der Oper nicht immer so toll, würde ich sagen. Rossini hat von sich selber abgeschrieben, wo es nur gegangen ist, weil er auch unter Zeitdruck gestanden hat. Aber es gibt diese emotionale Qualität und die ist dann wieder sehr persönlich. Und für mich zum Beispiel hat auch ein Song wie „Ohne dich“ emotionale Qualität.
Natürlich gibt es auch diesen Geschäftsteil, aber was mich immer fasziniert hat, waren die Leute, die unter diesen Umständen trotzdem Kunst gemacht haben.
Singt ihr in euren Konzerten jetzt eigentlich auch klassische Musik?
Assaf: Wir singen einmal ein Stück von Verdi, das Trinklied aus „La Traviata“ („Libiamo ne‘ lieti calici”). Sehr einfach, alle kennen diese Melodie, als wäre es ein Popsong.
Laszlo: War es damals auch. Und wenn man es heute singt: auf einmal fangen die Augen an zu leuchten, die Leute freuen sich. Klar, da könntest du jetzt sagen: Darum geht es nicht.
Aber da muss ich Jandy beipflichten: Ich glaube schon, dass da die Emotion sehr wichtig ist. Es gibt sicher viele Dinge, mit denen man sich intellektuell zufrieden stellen kann, ich liebe teilweise auch Musik, die komplizierter ist, ich liebe Schostakowitsch von ganzem Herzen. Aber es ist auch immer die Emotion, die mich dann besonders packt.
Jandy: Ich habe auch mal eine Oper von Hans Werner Henze gesehen, die mich angesprochen hat. Nicht weil sie jetzt unbedingt intellektuell war, sondern die hat mich wirklich emotional angesprochen, die war schön. Aber das ist halt wieder diese Komponente, Henze ist dann für viele halt ‚Kunst’ …
Assaf: Ich denke sowieso, dass Menschen manchmal dazu neigen, etwas ‚Kunst’ zu nennen, was unverständlich ist, was sie nicht verstehen. Egal ob das ein Gemälde ist oder Musik, die nicht so catchy ist – dann denken die Leute: „Ach, das ist Kunst.“ Warum eigentlich?
Nico: Eine Kunst ist es beispielsweise auch, durch ein zweistündiges Konzert zu führen und die Leute im Publikum einfach diese zwei Stunden aus ihrem Alltag rauszureißen. Manche gehen da hin, um einfach nicht über ihre Arbeit, über ihr Problem, dass sie vielleicht morgen wieder bewältigen müssen, nachzudenken. Das ist auch eine Kunst.
Ihr habt schon sehr viele Fernsehaufzeichnungen gemacht, könnt ihr sagen, wie viele?
Laszlo: Wir funktionieren nur über Fernsehen weil wir im Radio nicht gespielt werden, weil wir auf keinem Videoanal gespielt werden,
Peter: Es sind sehr viele…
Jandy: Wir sind trotzdem dankbar dafür.
Wie viel davon ist Playback?
Peter: 89 Prozent.
Nico: Es gibt Shows die live sind, Stefan Raab macht live, weil er eine tolle Band da hat…
Assaf: ..oder Götz Alsmann, wir waren auch live bei der „Arte Lounge“ ….
Nico: Es sind alle die, die entweder sagen, sie wollen in die künstlerische Richtung gehen bzw. die, die sich die Arbeit machen oder auch die Zeit haben, innerhalb einer Show, mit jeder Gruppe, die da ist, zu proben und einen Soundcheck zu machen….
Laszlo: Was wir halt erlebt haben: Es gibt ganz wenig Leute, die jetzt wirklich klassische Stimmen abmischen können, die meisten sind das nicht gewohnt. Dafür braucht man wirklich Spezialisten – und da haben wir schlechte Erfahrung gemacht. Jeder Tontechniker sagt natürlich: „Jaja, das schaffen wir schon.“ Und dann stehst du dort… – also was wir da erlebt haben… Ich möchte jedenfalls nicht, dass die Leute denken, der singt ja total scheiße, weil sie nichts hören.
Assaf: Du hast im Fernsehen nur die drei Minuten, und die sind sehr wichtig. Wir wollen unser Album präsentieren, unsere Musik und manchmal hast du wirklich nicht genug Zeit, eine gute Probe zu machen.
Dafür haben wir dann die Tour, wir singen mit einer Live-Band und Orchester, da singen wir live und haben richtig Spaß.
Ich sah eine Aufzeichnung vom ZDF-Fernsehgarten, wo ihr aufgetreten seid…
Laszlo: (…fängt an laut zu lachen)…
…man hört im Hintergrund vom Band das Orchester, vor euch sitzen aber nur zwei Geigerinnen in einem Boot…
Laszlo: Wir lachen doch auch. Was glaubst du, warum wir dort stehen….
Peter: Es ist alles eine Frage des Geldes…
Laszlo: Wir amüsieren uns ja auch ganz ehrlich gesagt. Wenn man dann angekündigt wird als „die Klassik-Boy-Band“, oder „die Klassik-Playboys“ oder „die fünf spanischen A-Capella-Tenöre“…
Oder – unser Lieblingsklassiker – „Musikantendampfer“, wo wir in unseren Anzügen durch die Gegend stapfen, in den Weinberg rauf und Peter sitzt auf einer Bank und singt: „Manchmal sitzt man still auf seiner Bank…“ – Das sind für uns natürlich auch Klassiker.
Nico: Aber es sind Dinge, an die wir uns später auch erinnern werden.
Assaf: Das haben viele andere wunderbare Künstler auch gemacht, Placido Domingo oder Montserrat Caballé, als sie zusammen die Eröffnungszeremonie von Barcelona gesungen haben. Man kann sagen, das gehört dazu: diese Videoclips, diese komischen Einstellungen im TV – it’s a part of it.
Ihr schämt euch also nicht.
Nico: Schämen nicht, wir schmunzeln drüber.
Peter: Wir sind nicht befugt, diese Frage zu beantworten (lacht)
Laszlo: Manchmal ist es interessant, was da passiert. (lacht)
Jandy: Es ist aber auch nicht so, dass die mit uns machen können, was sie wollen. Wenn wir etwas vorgeschlagen bekommen können wir auch sagen: „Das geht jetzt gar nicht.“
Letzte Frage: Dass ihr durch ein Casting zusammengekommen seid, hat das auch den Vorteil, dass das ganze Projekt für euch untereinander relativ unverbindlich ist?
Peter: Wir haben einen Vertrag, der ist schon relativ verbindlich.
Laszlo: Wir verbringen so viel Zeit miteinander. Wenn wir uns da nicht verstehen würden, wenn die Chemie nicht stimmen würde – es wäre unerträglich.
Aber ihr werdet nach Adoro vielleicht wieder etwas Anderes machen.
Jandy: Adoro hat jetzt erst mal Priorität bei jedem, das geht gar nicht anders, weil wir so viel Termine haben. Wir haben uns auch langfristig entschieden, das zu machen, das geht nicht einfach nur so ein Jahr lang…
Und so ein Vertrag geht …
Laszlo: …vier Jahre. Aber wir haben schon ein bisschen was hinter uns.
Gedenkt ihr denn, den Vertrag zu verlängern?
Laszlo: Man wird sehen, wie das funktioniert, wie viel Spaß es macht und worauf man in einem halben Jahr Lust hat. Das ist genauso wie meine Entscheidung für Adoro. Kollegen haben mich gefragt: „Bitte, wie kannst du das machen?“ – Weil ich Lust drauf habe, deswegen mache ich das.
Momentan zerbreche ich mir noch nicht so wahnsinnig den Kopf. Aber es ist schon so, dass ich, dass wir uns von der mikrofonlosen Bühne nicht vollkommen verabschiedet haben. Das wird sicher auch wieder kommen.