Herr Holighaus, in einer Woche ist Berlinale. Zunächst ganz allgemein: wo will das deutsche Kino hin?
Alfred Holighaus: Das deutsche Kino will natürlich zum Publikum und das Ziel ist, natürlich das Gegenteil zu erreichen, nämlich, dass das Publikum zum deutschen Kino will. Und dafür gibt es bei der diesjährigen Berlinale eigentlich ganz gute Anzeichen, da wir in allen Sektionen mit deutschen Filmen vertreten sind, dabei auch ein sehr starke Beiträge, wo ich auch denke, dass sie die publikumsstarken sind. Ich bin natürlich mit der Reihe „Perspektive Deutsches Kino“, die ich jetzt zu verantworten habe, quasi immer einen Schritt voraus. Manche der Filme, die in dieser Reihe laufen, haben schon einen Verleih und werden sich dem Publikum anbieten. Andere Beiträge wiederum sind Filme, wo man ausprobiert, wie es in der Zukunft aussehen könnte, wie man zum Publikum kommen kann.
„Perspektive Deutsches Kino“ – da geht es sicher auch um neue Perspektiven bei wirtschaftlichen Aspekten, vor allem was die Filmfinanzierung anbelangt.
Holighaus: Das spielt in dieser Reihe erst mal eine weniger bedeutende Rolle. Grundsätzlich wird ja auf der Berlinale viel über Filmfinanzierung gesprochen, es sprechen Leute miteinander die Filme finanzieren oder die Filme finanziert haben wollen, dafür ist das Festival ja ohnehin ein Forum. Nein, das Filmprogramm der „Perspektive Deutsches Kino“ beschäftigt sich vor allen Dingen damit, dass es inhaltliche, formale, ästhetische Perspektiven auftut und keine Finanzierungstendenzen. Obwohl es tatsächlich so ist, dass ich in dem Programm auch darauf geachtet habe, dass neue produzentische Ansätze zu sehen sind, wie zum Beispiel in der Planet B-Reihe. Da sieht man eine produzentische Perspektive auf einen Film, die dem Publikum möglicherweise viel Spaß machen wird.
Aber was könnte sich Ihrer Meinung nach in Deutschland Neues auftun in Sachen Filmfinanzierung?
Holighaus: Es wird natürlich ständig über Förderungen geredet, völlig klar. Da geht es einfach darum, dass man mehr Geld bekommt – und das muss man auch bekommen. Es geht aber auch um die Finanzierungsmodelle, die im Moment virulent sind. Es geht vor allem um die Mobilisierung von Privatkapital. Dazu gibt es verschiedene Ideen und Initiativen, so richtig toll durchgesetzt hat sich da aber noch nichts und am schönsten wäre es ja, wenn sich die deutsche Filmindustrie aus sich selbst heraus kapitalisieren könnte – aber davon sind wir weit entfernt.
Haben Sie nicht die Befürchtung, dass bei kommerziellen Maßstäben viele Filme durchfallen?
Holighaus: Na ja, es ist einfach so, dass es natürlich im Augenblick eine Menge Filme gibt, die nicht finanziert sind, insofern wird es da auch Lücken geben. Aber auf der anderen Seite, wenn ich sehe, wie viele deutsche Filme ich im vergangenen Jahr sehen konnte um auszuwählen – dann wird mir doch nicht bange.
Das Filmprogramm der "Perspektive Deutsches Kino" beschäftigt sich vor allen Dingen damit, dass es inhaltliche, formale, ästhetische Perspektiven auftut.
Ihr persönliches Highlight?
Holighaus: Das ist für einen Programmmacher natürlich schwierig zu sagen, denn wenn ich jetzt einen Film nenne, mache ich ganz viele andere Leute böse. Das Highlight ist das Programm.
Auf welchen Tag bei der Berlinale freuen Sie sich am meisten?
Holighaus: Gute Frage… Ich freue mich sehr auf die Eröffnung, ganz klar. Vor allem, weil ich jetzt schon 23 Jahre zur Berlinale gehe und zum ersten Mal das geschehen von der anderen Seite sehe, als Programmmacher. Das finde ich natürlich sehr aufregend und spannend und deswegen freue ich mich einfach darauf, wie es losgeht…. Und nach ein paar Tagen werde ich mich dann sehr auf den Abschluss freuen.