Annette Frier

Mir ist es immer ein bisschen suspekt, wenn Leute so altruistisch durch die Gegend laufen.

Schauspielerin Annette Frier über die Sat1-Serie „Danni Lowinski“, Vorurteile gegenüber Anwälten und ihre Erfahrungen mit Rechtsschutzversicherungen

Annette Frier

© Sat1

Frau Frier, ursprünglich sollte Ihre neue Serie „Danni Lowinski“ bereits im Januar anlaufen, montags, direkt nach „Kerner“. Dieses Magazin wurde dann aber auf den Donnerstag verlegt, der Sat1-Montag musste komplett neu organisiert werden und Ihr Serienstart wurde auf den 12. April verschoben. Was sagt das über die Wertschätzung von Comedy- gegenüber Talkshow-Formaten?
Frier: Wahrscheinlich nichts. Das sagt in erster Linie, dass auch ein Mann wie Kerner sehr schnell strafversetzt wird, wenn die Quote nicht stimmt. Über die Folgen für unsere Serie, die übrigens überhaupt keine Comedy-Serie ist, war ich zunächst etwas traurig. Aber mittlerweile habe ich mich mit dem neuen Termin angefreundet. „Danni Lowinski“ passt eher zum Frühling als in den Winter. 

Sie waren mit Comedy-Formaten, wie „Switch“ und „Schillerstraße“ sehr erfolgreich. Warum wehren sie sich gegen das Etikett „Comedy“ für Ihre neue Serie?
Frier: Die meisten Comedy-Formate sind nur 25 Minuten lang und in denen wird mindestens alle 13 Sekunden eine Pointe raus geschossen. Eine Folge von „Danni Lowinski“ dauert 45 Minuten, wir erzählen eine ganze Geschichte und die Fälle sind auch nicht ohne. Frau Lowinski vertritt ja zum Beispiel Hartz IV-Empfänger, Behinderte oder Kinder. Trotzdem, da gebe ich Ihnen Recht, steckt in den Geschichten und auch in den Figuren ein komödiantischer Ton.

Wer hat eigentlich mehr mit Vorurteilen zu kämpfen – ein Anwalt oder eine Blondine?
Frier: Beide gleichermaßen. Ich könnte nicht sagen, wer von beiden die Nase vorn hat. Mein Vater war ja Anwalt und da gab es immer die gleiche Art von Sprüchen, die einem entgegen kamen. „Oh, mit dir darf ich ja gar nicht darüber reden…“ und so. Blondinen und Anwälte müssen immer durch die gleichen 50 Schubladen mit Klischees durch, bis sie ein normales Gespräch führen dürfen.

Aber Danni Lowinski, die nun mal blond und Anwältin ist, nutzt diese Klischees eher zu ihrem Vorteil.
Frier: Klar, man kann damit super spielen. Ich finde Klischees ja gut, wenn ich sie fünf Minuten ausreizen kann, um sie dann zu brechen. Klischees sind ja auch oft wahr, aber sie resultieren eben aus Oberflächenbetrachtungen. Interessant wird es, wenn man ein bisschen tiefer reingeht.

Hat Sie die Rolle der „Danni Lowinski“ aufgrund Ihres familiären Hintergrunds besonders gereizt?
Frier: Nein. Aber ich bin ja nicht nur die Tochter eines Anwalts, sondern auch die Tochter einer Lehrerin. Und in beiden Fällen ist es praktisch, mit dem Fachjargon seit Kindesbeinen aufgewachsen zu sein. Und ich habe damals eben auch viele Kollegen meines Vaters kennengelernt, die auch viele der Anwalt-Klischees erfüllt haben. Zum Glück muss ich jetzt keine Physikerin spielen, denn die einzige Physikerin, deren Namen ich kenne, ist Frau Merkel.

Haben diese Erfahrungen Ihren Blick auf das Rechtssystem geprägt?
Frier: Nein, sie haben nur meinen Blick auf den Alltag von Anwälten geprägt. Und der besagt zum Beispiel, dass es im wahren Leben viel, viel länger dauert, bis Recht gesprochen wird. Die Fälle, die Danni Lowinski in den maximal zwei Wochen, die in einer Folge erzählt werden, erledigt, die ziehen sich im wahren Leben wie Kaugummi, oft über Jahre. Diese Verdichtung ist das Schöne – auch an Arztserien. Realistisch ist aber zum Beispiel unsere Darstellung von Dannis Kollegen, den Jan Sosniok spielt. Seine scheinbar unantastbare Selbstgefälligkeit ist in der Anwaltszunft ja weit verbreitet.

Haben Sie selbst besondere Erfahrungen mit der Justiz gemacht?
Frier: Wenn ich bisher einen Anwalt brauchte, stellte sich heraus, dass meine Rechtsschutzversicherung das nicht bezahlt. Das waren immer zu spezielle Fälle, die nicht abgedeckt waren. Insofern glaube ich schon, dass Dannis Konzept, im Einkaufszentrum Rechtsberatung für einen Euro pro Minute anzubieten, Zukunft hat. Telefonische Beratung, die ähnlich funktioniert, gibt es ja schon und auch von mobilen Anwälten habe ich gehört, die ihre Klienten im Café treffen, ohne Sekretärin oder Kanzlei.

Erzählen Sie uns einen dieser speziellen Fälle, die Ihre Versicherung nicht übernahm?
Frier: Das mache ich auf keinen Fall, das geht nicht (lacht). Es ging jedenfalls nicht in die Richtung, mit der gerade die Anwälte von Herrn Kachelmann zu tun haben.

Zitiert

Blondinen und Anwälte müssen immer durch die gleichen 50 Schubladen mit Klischees durch, bis sie ein normales Gespräch führen dürfen.

Annette Frier

Bei der Berichterstattung über den in Untersuchungshaft sitzenden Moderator Jörg Kachelmann spielt ja eine wichtige Rolle, dass es da offenbar seit Jahren eine geheim gehaltene Beziehung gab, die in dem Moment öffentlich wird, in dem sie zumindest von einer Seite aus nicht mehr funktioniert. Die voyeuristische Lust an dieser Tragik mischt sich nun damit, dass Prominente unter Tatverdacht immer ein großes Thema in den Medien sind.
Frier: Ja, schrecklich. Meine Fresse, wie schnell das dann auch gehen kann…Und in Zeiten des Internets ist ja klar, egal ob eine Unschuld oder Schuld bewiesen wird, oder nicht, das wird in den nächsten zehn Jahren immer unter den ersten zehn Google-Einträgen zu lesen sein, wenn man den Namen XY eingibt. Das ist schon bezeichnend, womit wir wieder bei Danni Lowinski sind: Wer kriegt Recht und warum? Wohin führt uns dieses System, in dem wir leben?

Verbinden Sie in dem Sinne einen gewissen Idealismus mit dem Anwaltsberuf?
Frier: Nicht unbedingt. „Idealistisch“ klingt so nach: „Ich bin nur Anwalt, um die Ungerechtigkeit in der Welt zu bekämpfen!“ Mir ist es immer ein bisschen suspekt, wenn Leute so altruistisch durch die Gegend laufen. Ich lasse mich immer gerne von jemandem beraten, der selbst auch was davon hat. Dann ist man auf Augenhöhe. Es war mir auch bei „Danni Lowinski“ sehr wichtig, in dieser Richtung zu steuern.

Inwiefern?
Frier: Ich spiele da keinen Robin Hood. Danni ist erstmal aus egoistischen Gründen Anwältin geworden. Sie arbeitet weniger aus einem universalen Gerechtigkeitsgefühl heraus. Sie will sich selbst gegenüber Gerechtigkeit, Geld verdienen, aus ihrer Welt, aus ihrem Milieu heraus, auch mal Champagner trinken. Das finde ich total nachvollziehbar und angenehm.

Waren Sie sehr in die Entwicklung von „Danni Lowinski“ eingebunden?
Frier: Das Urheberrecht für die Figur liegt natürlich beim großartigen Autor Marc Terjung. Und dann haben wir natürlich Gespräche geführt: Was hat die Figur eigentlich für ein Motiv? Sie will schon für Gerechtigkeit sorgen – klar, sie ist ja auch kein schlechter Mensch. Es war uns wichtig, dass sie in erster Linie die persönliche Motivation hat, ihre Lebenssituation zu verbessern.

Wobei sie typische Klischees ihres proletarischen Milieus als ihren eigenen Lebensstil ja auch pflegt. Wie viel Proll steckt in Ihnen, Frau Frier?
Frier: Das kommt auf die Situation, mein Gegenüber und meine persönliche Laune an. Aber ich würde sagen: da ist auf jeden Fall was vorhanden

Mit ein bisschen Glück könnte man Sie also auch in Köln auf einer Treppe sitzen und Bierbüchsen kippen sehen, so, wie Danni Lowinski ihre Zulassung als Anwältin feiert?
Frier: Bierbüchse und Kippe auf der Straße hat meine Mutter mir von jeher verboten. Aber beim 1. FC Köln im Müngersdorfer Stadion mit ’nem Würstchen und ’nem Bier – das kann schon mal passieren.

Noch kurz zur ersten Episode von „Danni Lowinski“: da wird gleichzeitig die Ausbeutung von Kindermädchen mit Migrationshintergrund und die Höhe der Lohnnebenkosten angeprangert, die es nahe legt, dieses Kindermädchen schwarz zu beschäftigen. Ist das vor allem realistisch oder sichert man sich da nach allen Seiten politisch korrekt ab?
Frier: Na, politisch korrekt sind wir auf jeden Fall nicht. Ich sehe und höre doch den ganzen Tag, wer Ärger mit der Steuer hat, weil er ein wenig beim Jahresabschluss geschummelt hat. Laufend machen alle Menschen auf allen Ebenen Fehler und mit diesen kleinen Unzulänglichkeiten zu arbeiten, finde ich interessanter, als politisch korrekt zu sagen: da gibt’s den Guten, der klagt gegen den Bösen, Plädoyer, Hammer fällt, der Gute siegt – fertig! So schwarzweiß ist das Leben ja auch nicht. 

Letzte Frage: Sie haben in einem Interview mit Cordula Stratmann mal gesagt: „Sex und Lachen schließen sich aus.“ Könnte Ihre Rückkehr aus der Babypause also nun viele andere daran hindern, ebenfalls eine Babypause zu machen?
Frier: Moment… Sie kriegen mich hier noch richtig zum Nachdenken. Was ich der Frau Stratmann gesagt habe, ist klar. Aber können Sie die Frage nochmal formulieren?

Also, wenn sich Lachen und Sex Ihrer Meinung nach ausschließen, aber viele Zuschauer über Ihre neue Serie lachen, haben die dann weniger Sex und zeugen daher weniger Kinder?
Frier: Ah, so denken Sie? Das ist ja höchst interessant. Das ist so um die Ecke gedacht, das kann ja nur einem Männerhirn entspringen. (lacht) Nee, das geht alles parallel. Das ist überhaupt kein Problem.

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