Axel, über welches deiner Talente freust du dich am meisten?
Stein: Dass ich so gut Auto fahren kann, das freut mich extrem. Ansonsten ist das eine schwierige Frage. Es ist immer doof, etwas Gutes über sich selbst zu sagen. Ich bin ein Arbeitsschwein, das ist vielleicht was Gutes. Ich arbeite gerne viel und auf mich kann man sich verlassen.
Sind das angeborene Eigenschaften?
Stein: Ja auch, aber man wird eben nicht nur durch die Genen von den Eltern geprägt. Ich bin sehr gut erzogen worden. Das ist der Grundstein. Wenn Leute den nicht haben, bekommen sie die Fähigkeit zu differenzieren, was gut oder schlecht ist, erst später oder vielleicht nie. Und das merkt man den Leuten relativ schnell an.
Ist vor dir in deiner Familie jemand Schauspieler gewesen?
Stein: Nein. Mein Vater und mein ältester Bruder haben eine Glas- und Gebäudereinigung. Aber ich mache ja auch ein Handwerk. Wer Filme macht, ist nicht weniger Handwerker, als ein Maurer.
Wann hast du dein Talent zur Schauspielerei entdeckt?
Stein: Das war ich gar nicht selbst. Ich hatte einfach immer Spaß daran. Es waren immer andere, die mir sagten: Mach doch mal! Geh doch mal zum Casting. Mit 16,17 musste ich mich dann schon entscheiden: Mache ich jetzt die zwei Kinofilme oder erstmal Abi? Und das Abi hätte ich halt immer noch machen können.
In wiefern hat Schauspielen auch etwas mit Wettkampf zu tun? Man kämpft in dem Beruf ja nicht nur mit sich selbst, sondern befindet sich auch im Vergleich mit anderen.
Stein: Naja, irgendwo hat die Filmbranche schon eher etwas Familiäres. Ich bin auch stolz, wenn ein Film von Kollegen Erfolg hat, an dem ich gar nicht mitgewirkt habe. Sich gegenseitig toppen zu wollen, zu sagen: guck mal, ich habe einen Film mehr gedreht als du, wäre ja völliger Unsinn.
Aber sind Leistungen anderer Schauspieler nicht auch ein Ansporn für die eigene Arbeit?
Stein: Absolut, von denen lernt man natürlich. Einzigartig in dem Beruf finde ich allerdings eher, dass die Schwächsten immer mitgezogen werden. Es gibt eigentlich bei jeder Filmproduktion ein schwarzes Schaf, das dann mit geschleift wird.
Zum Beispiel faule Ausstattungsassistenten?
Stein: Weniger. Die sind eigentlich immer sehr fleißig.
Kann ein schlampiger Regisseur auch mitgeschleift werden?
Stein: Ja, das kommt auch vor. Das schweißt ein Filmteam dann natürlich sehr zusammen.
Dein neuer Film „Lauf um dein Leben“ erzählt die Lebensgeschichte des Extremsportlers Andreas Niedrig, der vom Junkie zu einem international erfolgreichen Triathleten wurde. Neigst du selbst zu Extremen?
Stein: Der Ironman, der Triathlon, bei dem Niedrig vor einem kompletten Marathonlauf noch 180 Kilometer Radrennen fährt und fast vier Kilometer schwimmt, ist natürlich schon eine harte Nummer. Da bin ich privat doch ein bisschen ruhiger, außer beim Auto fahren.
Reizen Geschwindigkeitsbeschränkungen, sie zu überschreiten?
Stein: Wir haben hier in Deutschland ja Gott sei Dank noch Strecken, wo es keine Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt und man noch an die Grenzen gehen kann – das ist ein großer Reiz, klar. Eigentlich geht es um das Beherrschen der Maschine.
Angesichts der Leistungsstärke die der Fahrer eines modernen PKWs zur Verfügung hat, könnte einem eine Autofahrt manchmal auch wie eine kokette Herausforderung des Schicksals vorkommen.
Stein: Ja, vor allem, wenn man Beifahrer ist. Dann ist man richtig ausgeliefert.
Da muss man den Kopf abschalten. Und in den Fahrer vertrauen.
Stein: Ich könnte das nicht. Ich wäre ein ganz schlechter Beifahrer. Man denkt darüber nach, was alles passieren könnte.
Bist du ein nörgelnder Beifahrer?
Stein: Nein. Aber dazu komme ich auch gar nicht, weil zu 99% ich es bin, der fährt.
Was bedeutet es für einen Schauspieler, an Grenzen zu gehen?
Stein: Max Riemelt musste sich bei unseren Dreharbeiten selbst eine Kochsalzlösung spritzen. Das ist eine Grenze für mich, das würde ich nicht machen. Schon selbst eine Spritze zu bekommen, ist unangenehm. Das selbst zu machen, da könnte ich niemals über meinen Schatten springen. Zum Glück musste ich mir nur die Haare scheren lassen, das ging wunderbar.
Wer Filme macht, ist nicht weniger Handwerker, als ein Maurer.
Und wie sieht es mit der psychologischen Vorbereitung aus?
Stein: Klar, da gibt es immer wieder Leute, die das auch übertreiben. Es gibt auch Regisseure die von einem verlangen, dass man 24 Stunden am Tag diese Figur ist, aber das geht nicht. Es ist halt ein Handwerk und kein Experiment. Man braucht immer einen Ausgleich, weil man nun mal man selbst ist, nicht die Figur. Grenzen erreicht man dann eher, wie gesagt, wenn man mit Menschen zusammenarbeitet, mit denen man gar nicht zusammenarbeiten möchte. Aber das lässt sich manchmal nicht vermeiden.
Wie reagierst du dann?
Stein: Das kommt auf die Situation an. Es gibt ein paar wenige, die wollen den Film neu erfinden und wenn die sagen: bleib 24 Stunden in der Rolle… Klar, ich bin professionell und eigentlich leicht zu handhaben, aber wenn ich Recht habe, dann nimmt mir das keiner. Ich lasse mir mein Recht nicht nehmen.
Auch nicht von Hierarchien, die an einem Filmset ja auch notwendig sind?
Stein: Wenn mich jemand zu etwas unnötigem zwingt, kann ich einfach meinen Mund nicht halten. Dann werde ich verbal sehr böse.
Hast du schon mal einen Dreh verlassen?
Stein: Nein. Man muss dann letztlich zwischen der eigenen privaten Meinung und der Arbeit trennen. Viele Leute leben allerdings nur in diesen Produktionszeiträumen und fallen dazwischen in eingroßes Loch. Denen gelingt diese Trennung weniger.
Wie schafft man es, seine eigenen Grenzen neu zu ziehen, wenn die eigene Popularität zum Beispiel den Umgang mit Fremden auf der Straße verändert?
Stein: Die Grenzen lösen sich da eher auf, weil die Leute einem oft mit einer unüblichen Erwartungshaltung entgegentreten. Wenn ich jetzt durch die Stadt gehe und die Leute mich erkennen, grüßen mich einige und ich muss dann sagen: Tut mir leid, ich kenne dich nicht. Und die sagen dann: Wieso? Ich war doch letzte Woche im Kino. Die haben das Gefühl, dass ich sie auch kennen müsste und können das im Kopf nicht vereinbaren. Darum würde ich viel lieber noch privater sein, mich noch mehr im Hintergrund bewegen. Ich bin auch kein Roter-Teppich-Luder, keine Rampensau. Ich bin eher zurückhaltend.
Was kann für dich zur Droge werden?
Stein: Ich habe eine Sucht, die habe ich vor eineinhalb Jahren aufgegeben. Das war das Rauchen. Von einem auf den anderen Moment habe ich aufgehört, das war nicht ganz einfach, aber es sollte sein.
Gab es dafür einen speziellen Anlass?
Stein: Eigentlich gar nix. Durch das viele Arbeiten, bei dem man jede freie Minute raucht, hier ein Geburtstag, dort Grillen, habe ich am Ende zwei Schachteln am Tag geraucht. Wenn man dann irgendwann morgens keine Luft mehr kriegt, hört man doch besser auf.
Wie steht es mit Geschwindigkeit?
Stein: Geschwindigkeit ist schon eine Droge für mich. Motoren, alles was Benzin frisst, ist eigentlich so mein Ding.
Was war dein letztes Geschwindigkeitserlebnis?
Stein: Im März bei der Wok-WM bin ich wieder im Wok den Eiskanal herunter gefahren, das ist natürlich auch sehr, sehr geisteskrank. Die Bahn war nicht so schell wie die anderen vorher, so 90 km/h. Aber wir vom Team Red Nose Day halten seit drei Jahren noch den Weltrekord in Geschwindigkeit, mit 111 km/h.
Kann man dann noch denken, oder ist man im reinen Adrenalinrausch?
Stein: Man denkt schon was. Nach zehn Metern zum Beispiel: Was machst du hier? Steig aus! Man kann nicht bremsen, es geht nur bergab, man denkt nicht viel, aber die schlimmsten Sachen.
Als wäre man Fahrer und Beifahrer in einem.
Stein: Genau, da kann man nichts machen. Man kann nur versuchen, die nächste Kurve anständig zu nehmen.
Da heißt es, Balance halten und sich der Geschwindigkeit vertrauensvoll auszuliefern?
Stein: Genau. Dieses Ausgeliefertsein hat schon was.
Kurt, deine Rolle in „Lauf um Dein Leben“, verliert die Balance in seinem Leben. Kannst du seine Situation nachvollziehen?
Stein: Bei Kurt kommen natürlich einige Schicksalsschläge zusammen. Seine Clique bricht auseinander, kommt über die Drogen wieder zusammen, zerbricht erneut und als er aussteigen will, stirbt seine Freundin. Das wünscht man keinem, aber man versteht warum er so handelt, wie er handelt. Wir erzählen allerdings ja nicht nur eine Drogengeschichte, sondern eigentlich von Freundschaft. Wie wichtig die ist und was für kleine Entscheidungen so eine Freundschaft explodieren lassen können.
Auch Freundschaften können abhängig machen.
Stein: Es ist im Leben immer entscheidend, abwägen zu können. Das betrifft die Entwicklung einer Freundschaft genauso, wie die Frage, ob ich im Wok die Eisbahn runterrase. Da reicht es ja auch, wenn ich es einmal im Jahr mache.
Was ist für deine Balance wichtig?
Stein: Ganz klar, meine Familie, meine Freunde, meine Freundin. Die unterstützen mich dabei, klar zu denken.
Kann es auch zur Droge werden, Menschen zum Lachen zu bringen?
Stein: Ich bin ein sehr lebensfroher Mensch. Meine Freunde und ich machen auch viel Unsinn tagsüber, unseren Humor können die wenigstens mit uns teilen. Eine leichte Sucht kann das schon sein, glaube ich.
Ist es überhaupt möglich, mit jemandem Freundschaft zu schließen, der den eigenen Humor nicht teilen kann?
Stein: Meistens ist es ja so: man sieht sich und liebt sich; auf der anderen Seite habe ich es auch schon gehabt, dass man sich von Anfang an gehasst hat. Dass man sich trotz völlig verschiedenen Humors gut versteht, ist mir auch schon passiert. Aber erst einmal.