Benno Fürmann

Ein absoluter Homerun

Schauspieler Benno Fürmann über seinen Film "Freunde", Cafes in Berlin Kreuzberg und 'Shooting-Star'-Gefühle

Benno Fürmann

© Maika Gregori

Benno, wenn Du mit einem Rollenwunsch an Deinen neuen Film "Freunde" rangegangen wärst – hättest Du lieber den Dealer oder den Polizisten gespielt?
Fürmann: Ich finde beide Rollen sehr interessant und ich finde, dass sich beide Figuren auch auf eine Art ähnlich sind. Auch wenn sie anders mit den Gefühlen umgehen ist die Art und Weise, die Tiefe des Gefühls nicht wirklich unterschiedlich voneinander. Es stand aber eigentlich nie zur Debatte, dass ich Tayfun hätte spielen sollen. Ich war immer Nils. Martin Eigler hatte mir schon vor etwa zwei Jahren von dem Projekt erzählt und von der Rolle des Nils. Seit dem war ich auf die Rolle eingestellt.

Wer von beiden ist denn der bessere Freund?
Fürmann: Beide haben keine weiße Weste und sie haben beide absolut ihre Abgründe. Freundschaft hat viel mit Vertrauen zu tun und sobald das Vertrauen hin ist, ist eine Freundschaft unheimlich schwer fortzuführen. Beide sind da nicht wirklich schlecht aber sie hintergehen sich gegenseitig, weil sie gar nicht anders können. Insofern hat sich die Spirale, die das Leben der beiden verknüpft schon viel zu tief gedreht als das da noch ein Neuanfang möglich wäre.

Triffst Du manchmal noch alte Schulkameraden?
Fürmann: Ja, ich treffe ständig alte Schulfreunde wieder. Viele sind in Berlin geblieben und man läuft sich hier und da über den Weg. Bei manchen freue ich mich mehr, bei manchen weniger. Ich glaube nicht, dass sich dann eine Freundschaft aus einem Selbstverständnis entwickelt und man sagt. ‚lass uns doch wieder telefonieren‘. Teilweise sind eben 15 Jahre vergangen. Das Leben verändert sich, die Menschen verändern sich sehr und das schon in wenigen Jahren, sogar innerhalb weniger Wochen. Insofern habe ich nur wenig Kontakt zu Schulfreunden. Das hat sich alles ein bisschen auseinandergelebt. Aber ein paar, zu denen ich völlig den Kontakt verloren habe, würde ich auch unheimlich gerne mal wiedersehen.

Wieviele wahre Freunde hast Du?
Fürmann: Nicht mehr als eine Hand voll.

Was ist denn für Dich eine wahre Freundschaft?
Fürmann: Freundschaft ist etwas, was sich so ein bisschen der Rationalität entzieht, was sich mit Worten unheimlich schwer beschreiben lässt. Freundschaft ist ein Gefühl.

Kannst Du all Deinen Freunden vertrauen?
Fürmann: Ich kann jemand vertrauen, der deswegen nicht gleich mein Freund sein muss. Aber wenn jemand mein Freund ist muss ich ihm unbedingt vertrauen können. Für mich heißt Freundschaft auch so ein bisschen ‚Hosen runter‘. Ich habe kein Bock für die Leute in meiner Freizeit auch noch eine Rolle spielen zu müssen und ich möchte andererseits nicht das Gefühl haben, dass ich etwas vorgemacht bekomme. Freundschaft hat für mich immer etwas mit einer Purheit zu tun, Freundschaft ist so herrlich unprätentiös.

Siegt in "Freunde" die Freundschaft?
Fürmann: Weder siegt sie, noch verliert sie, finde ich. Der Film zeigt die Freundschaft wie eine Strecke, die du nicht das ganze Leben zusammen gehen kannst, vielleicht verlierst du dich aus den Augen, vielleicht führt der Weg danach wieder zusammen. Eine Freundschaft kann für einen gewissen Wegabschnitt unheimlich wichtig sein. Ich selbst habe aber nicht den Anspruch an jede Freundschaft, dass sie für ein Leben halten muss. Zwei Jahre, die du intensiv mit einem Menschen verlebst können im Verhältnis zu zehn langweiligen Jahren unheimlich viel bedeuten. "Freunde" erzählt von einer sehr alten Freundschaft, die eigentlich keine mehr ist, weil das Vertrauen total zerstört ist. Es ist aber immer noch ein starkes Restgefühl vorhanden, ein Liebe, die sich aber nie mehr mit Leichtigkeit entfachen kann, dazu ist zu viel passiert.

Das Motiv des Spielens taucht im Film öfters auf – ist "Freunde" vielleicht nur ein Spiel unter Freunden?
Fürmann: Wenn du das Leben als Spiel betrachtest dann ja, das ist Ansichtssache und das kann jeder für sich entscheiden. Für Nils selbst ist es allerdings kein Spiel, dafür ist er viel zu passiv. Dafür greift er viel zu wenig aktiv ins Leben ein und ein Spiel ist ja immer eine Aktivität. Die hat Nils nicht, sondern er schwimmt einfach völlig haltungslos mit und lässt mit sich alles passieren, anstatt die Dinge selber in die Hand zu nehmen.

Der Film spielt hauptsächlich in Berlin-Kreuzberg, eine vertraute Umgebung für Dich. Sind da Erinnerungen, Assoziationen wach geworden?
Fürmann: Ja, ich kenne nun mal die ganzen Ecken und verbinde mit denen verschiedene Gefühle und Assoziationen. Und je vertrauter mir eine Umgebung ist, je unartifizieller sie ist, desto leichter ist es für mich in der Umgebung zu agieren, gerade vor der Kamera. Je mehr ich auch weiß, wie der andere Schauspieler tickt, desto leichter fällt mir das Herstellen von Zuständen. In Kreuzberg war das für mich ein absoluter Homerun und generell war es von der Arbeit her ein unheimlich vertrauter Rahmen, beim Drehbuch angefangen. Als ich das Drehbuch gelesen habe, hat sich kein innerer Sensor gemeldet, sondern ich konnte das einfach ganz ungefiltert in mich aufsaugen, weil es einfach Sinn machte und ich es verstand und mit den Figuren gehen konnte. Auch die Besetzung, das waren für mich alles keine Fremden, sondern Leute, die ich schon eine Weile kenne über Martin Eigler.

Und Du hast mit Deinen eigenen Erfahrungen den Film geprägt?
Fürmann: Klar, ein Film lebt ja immer davon inwieweit sich die Personen selbst einbringen. Der Autor schreibt dir ja einen Fahrplan für eine hoffentlich schöne Geschichte. Und dann suchst du dir Leute, die diese Buchstaben und Ideen verkörpern sollen. Und sobald du es von den Drehbuchseiten ins lebendige Leben transformierst und zum ersten Mal so eine Szene spielst kommen ganz neue Fragen und neue Ideen auf, das muss so sein. Wenn man das erste Mal am Set steht ist dieser Phantasieraum des Drehbuchs Wirklichkeit geworden und die Menschen sind keine Phantasiemenschen mehr sondern Fleisch und Blut. Ich glaube, ich habe noch nie einen Film 1 zu 1 verfilmt, wie er im Drehbuch stand.

Du zielst am Ende des Films auf einen Polizisten – stehst Du der Polizei heute kritisch gegenüber?
Fürmann: Kritisch wie gegenüber anderen Bereichen des täglichen Lebens auch. Ich finde nicht alles OK, was ich mitbekomme und ich bin zu sehr Individualist als dass sich meine Meinung mit den Handlungen irgendwelcher Instanzen immer decken würde. Auf der anderen Seite verkörpern Polizisten aber ganz wichtige Funktionen.

"Freunde" spielt auch viel in Cafes – sind das die Orte wo Du Dich hin zurückziehst, wo Du Dich erholst?
Fürmann: Teil, teils. Cafes sind eine Sache, die ich auch an Berlin sehr liebe und in der Art eigentlich nur noch in Paris oder Italien finde. In Städten wie London oder New York fehlt mir das total, diese Straßencafe-Kultur wie hier in Berlin, das ist für mich schon ein wichtiger Bestandteil. Ich glaube, wenn ich nicht arbeite, wenn ich nicht drehe, sitze ich täglich in einem Cafe und trinke einen Kaffee, wenigstens für eine halbe Stunde, lese Zeitung oder guck in der Gegend rum und hänge irgendwelchen Gedanken nach, das liebe ich absolut.

Glaubst Du auch hier kommt irgendwann mal Flair hinein [wir sitzen in einer Bar am Potsdamer Platz]?
Fürmann: Ich glaube, mit den Jahren kann es passieren, dass hier ein bisschen Atmosphäre reinkommt. Bislang sind es neue Lampen in neue Steine gedreht, du sitzt auf neuen Stühlen und du bestellst von neuen Speisekarten. Bislang finde ich es hier noch nicht so spannend.

Wie kommst Du mit dem Image zurecht, was sich so ab und an in der Presse aufbaut, das Image vom Macho, Frauenschwarm…?
Fürmann: Stört mich gar nicht. Die Art und Weise wie dich Leute wahrnehmen kannst du ja eh nicht steuern. Wenn du dich ständig darüber definieren würdest, wie andere Menschen dich sehen, hast du glaube ich eine harte Zeit. Insofern sind mir solche Imagegeschichten ziemlich egal. Und letzten Endes gibt es doch schlimmeres, als wenn die Leute über dich schreiben, du wärst ein Frauenschwarm.

Bekommst Du denn immer noch kistenweise Fanpost?
Fürmann: Ja, schon, und ich schaffe es nicht immer alles zu beantworten. Aber es ist schon toll, neulich hat mir eine 84-jährige Frau geschrieben, dass sie sich freut mich im Fernsehen zu sehen. Es ist klasse so etwas von seinem Publikum zu lesen, denn für wen macht man schließlich die Filme?

Du wirst dieses Jahr auf der Berlinale als "Shooting-Star" geehrt – fühlst Du Dich auch als "Shooting-Star"?
Fürmann: Nein, aber natürlich spürst Du einen Erfolg und merkst einen Hype um dich herum. Das Tamtam um dich herum ist etwas anders, als wenn du kein "Shooting-Star" auf der Berlinale bist oder keinen Bayrischen Filmpreis erhältst. Das ist anders, aber dadurch definieren tu ich mich nicht. Dafür sind solche Sachen viel zu vergänglich und es sind Sachen, die sich andere Leute für mich ausgedacht haben.

Hat das Tamtam seit "Der Krieger und die Kaiserin" zugenommen?
Fürmann: Ja, wobei ich die Konsequenzen von "Der Krieger und die Kaiserin" nicht wirklich kenne, außer dass ich von vielen Leuten gehört habe, dass ihnen der Film sehr gefallen hat, dass mich Leute auf der Strasse angesprochen haben, dass Leute in der Branche mir gesagt haben, dass sie den Film unheimlich mochten und dass er sie beeindruckt hat. Das sind die Sachen, die ich beurteilen kann. Aber wenn mir jetzt jemand ein Drehbuch zuschickt kann ich nicht nachvollziehen, ob der jetzt "Der Krieger und die Kaiserin", "Bubi Scholz" oder einen "Tatort" gesehen hat.

Das Leben ist ein Comic, welche Comicfigur bist Du?
Fürmann: Ich glaube, ich bin Superman, einfach allein aus dem Grund, weil der Mann sich das Hemd aufknöpft und in die Lüfte abheben kann. Da bin ich ein bisschen neidisch drauf.

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