Bernhard Hoëcker

Ich bin in jedem Fall ein Klugscheißer.

Bernhard Hoëcker über Massentauglichkeit, missglückte Gags, Sex-Witze, das Weinen und Neid unter Comedians

Bernhard Hoëcker

© Sat.1 / Frank Hempel

Bernhard, in deinem aktuellen Bühnenprogramm bedienst du dich mehrmals des Begriffes der Massentauglichkeit. Ist es dein Anspruch massentauglich zu sein?
Hoëcker: In erster Linie ist es mein Anspruch, etwas zu machen, was mir selber gefällt. Dann ist mein Anspruch nicht, speziell anspruchsvoll zu sein. Das mag vielleicht passieren, aber es ist nicht so, dass ich sage: „Ich muss etwas machen, mit dem ich Leute erreiche, die einen haushohen IQ haben.“ Ich erwarte nicht, dass Hochschulprofessoren nachher rausgehen und noch etwas gelernt haben. Sondern ich mache mehr das, von dem ich denke, es ist lustig. Und hoffe, dass es massentauglich ist.

Wie definierst du „Massentauglichkeit“?
Hoëcker: Massentauglichkeit kann man erst ex post betrachten. Das heißt, man hat etwas gemacht, viele haben es gesehen und vielen hat es gefallen. Dann kann man sagen, es war massentauglich. Wenn man im Vorfeld wüsste, was massentauglich ist, könnte man sehr viel Geld verdienen.

Kann man eine hohe Einschaltquote eins zu eins mit Massentauglichkeit gleichsetzen?
Hoëcker: Sagen wir so: Wenn eine gute Quote anhält, ist etwas auch massentauglich. Das setzt aber voraus, dass die Quote die Masse abbildet, aber sie bildet ja nur eine bestimmte Zielgruppe ab.

Bist du massentauglich, weil du für Privatsender arbeitest, denen Massentauglichkeit Quote beschert oder weil es deinem eigenen Humorverständnis entspricht?
Hoëcker: Ich gehe jetzt nicht hin und sage: Ich brauche noch einen Witz für Kinder, einen für alte Leute und dann mache ich hier noch was. Es gibt verschiedene Arten von Witzen oder Stile, und mit jedem erreicht man irgendwen. Es gibt auch Leute, bei denen ist das total beliebig, weil man gar nicht weiß, was für eine Art Comedy einen erwartet.

Bei Mario Barth weiß man das. Bist du neidisch auf ihn?
Hoëcker: Dieter Nuhr hat beim Deutschen Comedypreis einen sehr schönen Satz gesagt: „Mario Barth hat etwas in die Comedyszene gebracht, was dort unbekannt war: den Neid“. Ich benutze dafür gern ein neues Wort: das Wort „geiden“. Das heißt, ich „begeide“ ihn – ich beneide ihn, aber ich gönne ihm den Erfolg auch. Neid hat immer was von „Ich hätte es gerne, aber er soll’s nicht haben“. Ich finde es aber total super, dass Comedy Popstar-Größen erreicht. Unglaublich, dass das geht. Wenn ich das Olympiastadion vollkriegen würde, würde ich auch sofort da auftreten, gar keine Frage. Es klappt nur leider nicht.

Aber du machst dir bestimmt Gedanken darüber, auf welche Weise du ähnlich erfolgreich sein könntest.
Hoëcker: Man muss sich über Folgendes im Klaren sein: Comedians sind immer sehr sie selber. Das heißt, ich kann gar nicht Mario Barth sein. Selbst wenn ich seine Texte hätte, wäre ich nicht Mario Barth. Schauspieler hingegen, die einen Shakespeare spielen, versuchen immer eine Figur zu sein und sich selber in den Hintergrund zu stellen. Deshalb kann ich verstehen, wenn ein Schauspieler sagt: „Ich kann den Mephisto aber besser spielen“, und sich darüber ärgert, dass er selbst nur der Kellner ist. Weil er den Mephisto anders interpretieren könnte. Bei uns Comedians ist es höchstens Neid um den Sendeplatz.

Wieso füllt Mario Barth ein Olympiastadion, du nicht?
Hoëcker: Ich glaube, er spricht mit seinen Themen andere Leute an.

Er ist massentauglicher als du.
Hoëcker: Natürlich, sonst würden ja nicht so viele dahingehen. Wenn ich sagen würde, ich spiele im Stadion, dann kämen vielleicht 1000 Leute – wenn man ein Riesenevent draus macht. Aber das reicht nicht, um das Ding zu füllen.

Wie wichtig ist das Thema Sex für dein Comedy-Programm?
Hoëcker: Generell verzichte ich liebend gerne auf diese Pipikakapillermann-Witze, die immer sehr gerne genommen werden. Nichtsdestotrotz habe ich zwei Nummern, in denen es nur um Sexualität geht. Aber die Basis dafür ist eine Dokumentation, die ich gehört habe, die das Thema hatte, wie Mehrgeschlechtlichkeit entstanden ist, was der biologische Hintergrund dafür ist, dass es männliche und weibliche Wesen gibt. Warum nicht drei oder nur eins, welchen evolutionären Vorteil das hat. Das Ganze dann natürlich ein bisschen gespickt und garniert mit ein paar Geschichten, die ein wenig vom Hauptthema wegführen

Comedians nehmen sich Sex-Themen ja generell sehr gerne an. Jürgen von der Lippe beklagte sich neulich in einer Talkshow darüber, dass man dies den Comedians immer vorwerfe. Sex sei doch ein Thema, dem sich andere Kreative wie Schriftsteller oder Filmemacher auch annehmen würden. Ein berechtigtes Argument?
Hoëcker: Was ich nicht mag, ist, wenn es die ganze Zeit um Körperflüssigkeiten geht. Es kommt immer darauf an, ob der Witz darin besteht, dass man das Wort „ficken“ sagt oder ob man darüber redet und daraus dann Witze entstehen. Andererseits ist jemand, der über die Relativitätstheorie Witze macht, nicht automatisch lustig, weil es ein Relativitätstheorie-Witz ist – auch da kommt es auf das Wie an. Bei der Nummer, die ich mache, geht es mir vor allem auch darum, dieses Wissen zu vermitteln. Wobei das jetzt wieder nach so einem Sendungsbewusstsein klingt; ich hab’s halt einfach gehört und finde es interessant und will das weitererzählen.

Du sprichst Wissensvermittlung an. Durch deine Auftritte bei „Genial daneben“ hast du das Image eines Besserwissers. Bist du das wirklich oder nur im Fernsehen?
Hoëcker: Ich bin in jedem Fall ein Klugscheißer. Ich neige dazu, Leute zu korrigieren. Hugo Egon Balder verwechselt zum Beispiel generell Spinnen und Insekten miteinander. In solchen Situationen verbessere ich ihn sehr gerne, und das Besserwisser-Image wird natürlich dann in so einer Sendung kultiviert. Ich mache es aber auch, weil ich denke, dass wir sehr wahrnehmungsverzerrt leben, indem wir bestimmte Dinge nicht richtig einschätzen können. Wenn man die Denkfehler sucht, hat man auf einmal eine andere Sicht auf die Welt. Ob eine Spinne ein Insekt ist oder nicht, ist zweitrangig. Aber wenn es um Sachen geht wie Homöopathie, wo gesagt wird, es hilft, man jedoch merkt, dass es nur ein Glaube ist, kann man Geld sparen. Vielleicht sogar das eine oder andere Leben retten, indem man einfach mal zum Arzt geht.

Warst du ein guter Schüler?
Hoëcker: Nein, kein guter. Aber ich war ein neugieriger Schüler. Ich habe mich für bestimmte Dinge interessiert und die habe ich auch im Kopf behalten. Ich bin jedoch extrem faul. Ich habe nie gelernt, Vokabeln fand ich unerträglich. Mal ganz ehrlich: Es hat mir auch nie jemand beigebracht, wie man sich komplizierte Sachen merkt. Das ist etwas, was ich erst viel später gelernt habe, diese Mnemotechnik mit Hilfe von Geschichten. In der Schule lernt man das nicht.

Woran scheitert’s?
Hoëcker: Es gibt in der Schule ein Fach, das definitiv fehlt – und das ist das Fach Allgemeinwissen, wo alle Sachen wie auch Lerntechniken reingehören. Das klingt erstmal total albern, aber wenn ich dann drei Geburtsdaten habe und habe keine Ahnung, wie ich mir die merken soll, ist das total doof. Wenn ich weiß, wie es geht, ist es viel leichter und dann spielen die Geburtsdaten auch nicht mehr so eine Rolle und ich kann mich darauf konzentrieren, wer da eigentlich geboren ist und warum und wer da noch so war. Hier könnte man auch lernen welche Mechanismen bei Verschwörungstheorien greifen, aber auch so was, wie man eine Steuererklärung macht, gehört da rein. Wieso sollen 17-jährige in der Schule nicht mal eine Steuererklärung ausfüllen? Oder einfach mal einen Mietvertrag aufstellen? Ganz alltägliche Dinge.

Um Praxistauglichkeit zu erlernen?
Hoëcker: Ja, einfach um wissen, was so möglich ist. Im Moment gibt’s ja eine Bankenkrise: sollen die Leute doch einfach mal im Unterricht ein paar Aktienspiele machen, auf fiktionaler Basis! Der Lehrer hat 16 Aktien, jeder kriegt theoretisch 500 Euro und dann sollen sie einfach mal in Aktien investieren.

In deinem Programm sprichst du von deinem „wissenschaftlich orientierten Vater“. Gibt es den wirklich?
Hoëcker: Ja, den gibt’s. Mein Vater wollte Physik studieren, auf Grund der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen hat das damals nach dem Krieg nicht geklappt. Aber er hat ohne Ende Wissensbücher zu Hause gehabt. Und er hatte auch dieses Besserwisser-Buch „Das Handbuch des unnützen Wissens“ zu Hause. Das war quasi das allererste Buch, das ich gelesen habe. Wo Sachen drinstehen, die man erzählen kann, und die Leute denken, du hast einen Vollschaden.

Zitiert

Ich finde es total super, dass Comedy Popstar-Größen erreicht.

Bernhard Hoëcker

Es macht dir nach wie vor Spaß, dir unnützes Wissen anzueignen?
Hoëcker: Total! Ich halte es ja nicht für unnütz. Ich eigne mir gerne Wissen an, und viele halten es für unnütz. Es ist vielmehr so, dass ich es unnütz anbringe. So Sachen, dass Rosen keine Dornen, sondern Stacheln haben, sind eher irrelevant. Aber wenn Leute plötzlich anfangen, nach den Mondphasen ihren Garten zu bewässern, denke ich mir: „Ja, Leute, ihr habt ein Problem.“ Eine Bekannte hat mich nicht besucht, weil Vollmond war, da fährt sie nicht Auto. Da muss man dann auch ganz klar sagen: Das ist eine konkrete soziale Einschränkung auf Grund eines Irrglaubens.

Du giltst nicht unbedingt als der George Clooney der Comedy-Szene…
Hoëcker: …ja, gut, das kommt drauf an…

… und nimmst dich auch selbst immer wieder ein Stück weit auf die Schippe, vor allem in Hinblick auf deine Körpergröße. Ist man als Comedian in gewisser Weise auch Masochist?
Hoëcker: Wenn jemand auf die Bühne geht und sich exponiert, geht es darum, dass er sich zeigt, dass die Leute ihn sehen. Dann nehmen sie erstmal war, was er ist. Und dass ich klein bin, ist etwas, was man sehr viel schneller sieht, als dass man meine Blutgruppe erkennt oder so. Es gibt Leute, die kommen auf die Bühne und tucken rum. Es ist klar, dass das das Erste ist, was die Leute wahrnehmen. Ich selber mag es nicht, wenn Leute auf die Bühne kommen, im Rollstuhl sitzen und nicht ein einziges Mal über diesen Rollstuhl reden. Da denkt man: „Ich seh das doch, kannst du mal kurz was dazu sagen?“ Ohne dass der Abend gleich „Mein Leben auf Rädern“ heißen muss. Bei mir ist es so, dass ich immer am Anfang ein bisschen darüber erzähle, aber inzwischen viel weniger als früher.

Wenn man es gewohnt ist, Witze auf Kosten anderer zu machen, aber auch selbst einzustecken: gibt es da eigentlich noch Dinge, die einen richtig verletzen können, wenn sie über einen gesagt werden?
Hoëcker: Ja, richtig verletzend ist, wenn ich das Gefühl habe, es geht bei einer Bemerkung nicht um den Witz, sondern um das Herabsetzen. Dass man Witze über meine Größe macht, ist völlig normal. Aber letztens bin ich durch die Stadt gelaufen, da kam dann so ein Typ an, der stellte sich vor mich und sagte zu einem Bekannten: „Ey, guck mal, der ist ja echt so ein Zwerg.“  Da ging’s nicht um den Witz, sondern das empfinde ich als Demütigung. Schon allein, indem in der dritten Person mit einem geredet wird. Der Typ war schlicht und einfach unerzogen. Ich geh’ ja auch nicht zu einem Rollstuhlfahrer und sage: „Du kannst aber scheiße laufen“. Wenn man das Gefühl hat, man wird nicht mehr respektiert, ist das nicht mehr schön.

Gibt es Gags, die du im Nachhinein bereut hast?
Hoëcker: Ja. Das passiert immer mal. Ich frage Leute gerne nach ihren Berufen, weil ich es spannend finde, was das für Leute sind, die sich mein Programm anschauen. Wenn man dann mit einem redet und der dir nachher erzählt: „Ich bin seit zehn Jahren arbeitslos und ich weiß einfach nicht, wie ich über die Runden kommen soll“ – dann fragt man sich nachher: „Hätte das jetzt in dieser Situation passieren müssen, darüber reden zu müssen?“ Oft ist so etwas für einen selber aber unangenehmer als für den Betroffenen. Ich bin auch mal durchs Publikum gelaufen und da saß einer, der hatte den Fuß in Gips auf einem Stuhl liegen. Und ich sagte: „Du bist aber ganz schön ungeschickt gefallen, du solltest dir Winterreifen an die Füße machen“. Nachher habe ich dann erfahren, dass er Springreiter gewesen und vom Pferd gefallen ist. Jetzt ist er querschnittsgelähmt.

Sehr unglückliche Situation.
Hoëcker: Als ich das hörte, dachte ich: „Ach du scheiße, ich geh’ nie wieder raus auf die Bühne.“ Mein Anspruch ist es, keine Leute zu verletzen; ich will niemanden bloßstellen. Leider passiert das aus Versehen doch manchmal, weil man es nicht gesehen hat, oder weil man einfach Pech gehabt hat. Anders verhält es sich bei Sachen, mit denen Leute selber in die Öffentlichkeit gehen – aber dann kann man sie eigentlich auch nicht verletzen. Also, wenn jemand ein Magazin moderiert und dabei lispelt und ich mache das Lispeln nach, finde ich das legitim.

Du sprichst deine Fernseh-Parodien in der sehr erfolgreichen Pro7-Sendung „Switch reloaded“ an. Ist das deutsche Fernsehen wirklich so schlecht wie derzeit behauptet?
Hoëcker: Also, zu Herrn Reich-Ranicki: Wenn man sich darüber beschwert, dass eine Fußballmannschaft schlecht spielt, liegt dass nicht zwingend daran, dass sie schlechte Fußballer hat, sondern vielleicht daran, dass man einfach selber Handballer ist. Ich frag’ mich, was die Leute erwarten. Erwarten sie, dass 24 Stunden am Tag hochwertiges Programm läuft? Das geht überhaupt nicht. Selbst in einem guten Buch, sind nicht alle Seiten gut. Und selbst alle Bücher sind nicht gut. Überall gibt es gute und schlechte Sachen. Gute Sachen erkennt man daran, dass sie sich abheben von den anderen Sachen. Dafür brauchen wir aber viele andere Sachen. Letztendlich gibt es kaum etwas Leichteres, als schlechte Sachen aus dem Programm zu kriegen: man muss sie nur nicht gucken. Aber die Leute gucken das ja alle. Und wenn man Sachen macht, die anspruchsvoller sind, werden sie oft nicht geguckt, auch nicht von mir. Man schaue sich mal die Quoten von Phoenix und Arte an.

Im Grunde genommen reicht es ja schon, aufmerksam das Fernsehprogramm zu lesen und sich die Rosinen herauszupicken.
Hoëcker: Ja, oder man macht es einfach aus und liest ein Buch – dann natürlich ein gutes.

Liest du viel?
Hoëcker: Ich versuche es. Ich lese meistens Magazine. Bücher hebe ich mir eher für den Urlaub auf, weil ich dann Zeit habe, am Stück zu lesen. Wenn ich unterwegs bin, habe ich einfach keine Ruhe, mich hinzusetzen und ein Buch zu lesen.

Das Internet scheint für dich auch eine wichtige Informationsquelle zu sein. Du neigst dazu, während deines Bühnenprogramms in den Pausen schnell noch mal etwas zu googeln.
Hoëcker: Wenn ich etwas wissen will, guck’ ich immer im Internet nach, das ist für mich die schnellste Informationsbeschaffungsquelle schlechthin. Es ist nicht so schön wie mit einem Kaffee auf dem Sofa eine Zeitung zu lesen. Auch am Flughafen mit einer Zeitung zu sitzen, ist schöner als mit einem Laptop auf dem Schoß. Aber man kommt halt schnell an Informationen. Wenn ich einen Artikel lese und es taucht eine Frage auf, kann ich in einem anderen Fenster schnell nachgucken.

Lässt du dich dadurch verunsichern, wenn im Publikum nicht sofort alle lachen?
Hoëcker: Wenn einzelne nicht lachen, eigentlich nicht mehr. Aber wenn es überraschend still ist, fängt man irgendwann an, sich zu fragen, was da eigentlich passiert. Meistens hat man selber einfach einen Fehler gemacht. Es kommt vor, dass ich mir eine Erklärung verschieße, indem ich anfange, irgendetwas zu erklären, mich zwischendurch mit dem Publikum unterhalte, und dann wieder zurückgehe. Das wird dann natürlich nicht mehr verstanden. Aber so was passiert. Das ist ja das Schöne bei live. Im Fernsehen würde man an diesen Stellen schneiden.

Auf der Bühne hast du die Möglichkeit, mit dem Publikum zu interagieren.
Hoëcker: Ja, das ist super. Die sitzen einen Meter von mir entfernt, ich kann die Leute sehen, ich höre, was sie sagen. Hervorragend! Genauso will ich das haben.

Liegt dir Bühne fast noch mehr als Fernsehen? Für dein Programm ist das Einbeziehen des Publikums ja sehr wichtig.
Hoëcker: Am schönsten ist wirklich beides. Wenn ich lange Bühne gemacht habe, dann freue ich mich immer wieder aufs Fernsehen. Weil man dort mit Kollegen zusammenarbeitet. Gerade bei „Genial daneben“ sind es ja immer andere Kollegen. Letztens war Joachim Fuchsberger da, so eine Kronjuwele des Fernsehens, der dann bei uns in der Runde saß und sagte: „Jetzt seid ihr die Generation, auf die die jungen Menschen gucken.“ Ich sagte: „Ganz im Ernst, Herr Fuchsberger, Sie sind doch hier der Godfather of Unterhaltung.“ So was ist schön. Oder der Aufwand bei „Switch“ wie die Masken gemacht werden – das ist auf der Bühne überhaupt nicht möglich. Auch die Art und Weise wie an Sketchen, an Figuren gearbeitet wird. Wir machen es so lange, bis es gut ist. Auch das kannst du auf der Bühne schwierig machen. Wenn du dich versprochen hast, hast du dich versprochen.

Du bist jemand, der ausgesprochen viel lacht. Kannst du auch weinen?
Hoëcker: Natürlich. Ich neige ja dazu, mich selbst auch als Mensch zu bezeichnen und habe alle Facetten, die ein Mensch haben kann. Ich lache halt sehr gerne, vor allem auf der Bühne bzw. bei dem, was öffentlich ist. Und da sieht man natürlich vor allem meine fröhliche Seite. Aber sicher gibt es genauso Trauer, Wut, Aggression. Diese Dinge zeige ich nur nicht auf der Bühne.

In welchen Situationen weinst du?
Hoëcker: Es gibt natürlich die klassischen traurigen Situationen, die jeder kennt. Es kann aber auch gerne mal sein, wenn bei „Verbotene Liebe“ Cécile le Maron stirbt, in den Armen von Leonard von Lahnstein. Oder das Ende von „Titanic“. Dann sitze ich da und mir läuft das Wasser runter. Ich hab sogar bei dem Making Of von „Herr der Ringe“ geweint. Da erzählt die Pferdetrainerin, dass sie sich in ein Pferd verliebt hat, aber keine Chance hat, es zu bekommen, weil irgendjemand von ganz oben aus der Produktion es auch haben will. Und dann kommt Viggo Mortensen, der Schauspieler vom Aragorn rein und gibt ihr das Pferd, das er für sie gekauft hat. Ich war total gerührt.

Gab es kritische Phasen in deinem Leben?
Hoëcker: Es gibt Momente, da denkt man: Das war’s. Darüber muss man sich in diesem Job aber immer klar sein: Es kann von heute auf morgen vorbei sein. „Switch“ war abgedreht und es ging einfach nicht weiter. In der Zeit bin ich rumgetingelt, habe kleine Shows gemacht und mein erstes Soloprogramm entwickelt. Im Nachhinein war es eine super Zeit, weil ich sonst die Bühnenfigur nicht ausprobiert und heute kein Soloprogramm hätte. Bei „Genial daneben“ gibt es auch immer mal Sendungen, wo man rauskommt und denkt, es ist vorbei, es geht nicht mehr, man ist leer. Zwei Tage später sieht’s dann aber immer ganz anders aus.

Das Leben ist ein Comic – welche Figur bist du?
Hoëcker: Ich bin Benni Bärenstark, was allein schon daran liegt, dass es mein Lieblingscomic war und dieser kleine Baskenmützen tragende Junge einfach total gut erzogen ist. Er will immer lieb sein, aber es klappt nicht, verbringt dann aber Heldentaten, manchmal auch aus Versehen. Eine Schwäche hat er: Wenn er Schnupfen hat, verliert er seine Kräfte. Spiegelt das nicht unser Leben wieder? Egal welche Fähigkeiten wir haben: Es gibt einen Moment, da können wir nicht auf sie zurückgreifen.

Verbringst du auch Heldentaten aus Versehen?
Hoëcker: Ich glaube nicht. Mir fehlen leicht die Kräfte, mit denen ich eine Lokomotive hochhalten könnte. Benni Bärenstark kann das.

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