Bumm Film

Muss alles immer kopfig sein?

Tommy Krappweis, Norman Cöster und Erik Haffner von Bumm Film über ihr Verständnis von Waschmittelwerbung und Schisshasen in der Werbebranche

Na – hallo Ihr drei. Erzählt doch mal, wann es in eurem Leben so richtig Bumm gemacht hat und ihr genau wusstet: Comedy – das ist euer Ding.
Krappweis: Bei mir war es von vornherein klar, dass ich ausschließlich etwas machen würde, das Leute zum Lachen bringen würde, das war absolut Schicksal. Ich habe immer zwei Dinge gemacht, einerseits lustige Sachen geschrieben und gedreht, andererseits Musik gemacht. Ich hab mir gedacht, eins von beidem wird funktionieren. Und über Norman haben wir schon immer alle gelacht…
Cöster: …ja bei mir kam das, als ich aus Vietnam zurückkam.
Krappweis, Haffner: Du warst nie in Vietnam.
Cöster: Na gut. Ich habe viel Fernsehen geguckt, schon als ich sehr klein war. Ich bin mit Caine aufgewachsen, mit Sesamstrasse und vielen Cartoons, und hab dann irgendwann mein Wirtschaftslehre-Abitur mit 3,0 gemacht.
Krappweis, Haffner: Angeber!
Cöster: Dann hab ich Zivi gemacht und später bei uns am Staatstheater in Kassel hospitiert, war begeistert und wollte Schauspieler werden. So habe ich mich an einer Schauspielschule in München beworben, bin angenommen worden und dort zweieinhalb Jahre gewesen – das war grauenhaft. Irgendwann habe ich auf der Schule dann Tommys Frau kennen gelernt und schaute mal bei der Bummfilm-Produktion ‚Toms Test‘ für den Kinderkanal vorbei, wo ich als ‚Nachbar Butschinsky‘ zuerst Wiener Würste von oben hab runterfallen lassen – sehr eklig – und man mir dann eine Tonne auf den Kopf gesetzt und mit einem Brett draufgeschlagen hat. Danach hat mir Tommy mehrmals auf die Fresse geschlagen, in echt, und ich hab gesagt: Hey super. Irgendwann machten wir dann den Piloten von ‚Join the Club‘, ich begann auch zu schreiben…
Krappweis: …genau, wenn also auf irgendeinem Sender demnächst eine Sendung namens ‚Join the Club‘ läuft, ist die zum großen Teil vom rechtschreibeschwachen Autor Norman Cöster gestaltet.
Cöster: Es gibt ja auch Rechtschreibprogramme. Ich sag ja, ich hatte 8 Punkte in Wirtschaftslehre aber 5 Punkte in Deutsch, 2 Punkte Abzug wegen Rechtschreibfehlern.

Und Eric, wie kamst du zur Comedy?
Haffner: Ich habe schon öfters lange Kurzfilme für Amateurfestivals gemacht, vor allem hinter der Kamera. Zu ‚Samstag Nacht‘-Zeiten hab ich dann Tommy kennengelernt, der Jury-Mitglied eines Kurzfilmfestivals war, auf dem ich den ersten Preis gewonnen hatte…
Krappweis: …wegen mir…
Haffner: …und anschließend mit Tommy zu Abend gegessen und ihm ein paar meiner vorherigen Produktionen auf Video gegeben habe. Er rief mich dann am nächsten Tag an und sagte: ‚Du bist einer der lustigsten Typen, die ich je erlebt habe‘. Und ich dachte, sonst vielleicht nicht mehr den Fuß in die Tür zu bekommen, es sei denn, ich gehe nach München und gebe mein altes Leben auf. Letzteres hab ich dann wohl gemacht und war der erste Mitarbeiter der lustigen Firma bumm film. Seitdem versuchen wir den Laden beim Laufen zu halten, mittlerweile mit elf Mann.

Mit welchem Adjektiv würdet Ihr denn euren Laden beschreiben?
Cöster: Was ist ein Adjektiv?
Haffner: Ein Wiewort, Norman!
Krappweis: Psychopathisch, oder? Es ist wie eine eigene Welt, total psychopathisch, die lustige bumm film-Welt, völlig krank.
Haffner: ‚Gagu‘, oder ‚brö’…

Angenommen ich wäre ein potenzieller Auftraggeber, wie überzeugt ihr mich, dass ich mich für euch entscheide?
Cöster: Wir kommen in Dein Büro, schmeißen Sachen aus dem Fenster…
Krappweis: Wir überzeugen dich gar nicht, das läuft bei uns anders. Meistens ruft einfach jemand bei uns an, der irgendwo gehört hat, wir wären total bekloppt, würden lustige Sachen machen und will dann erst mal ein Band von uns haben. Dem schicken wir das Band und sagen dazu: ‚Wenn es dir Spaß macht, schau dir das ganze Video an, wenn nicht, brauchst du uns nicht mehr anrufen.‘ Aber schließlich rufen alle an, weil sie offensichtlich auf der Suche nach etwas Beklopptem sind und wir vereinbaren ein Meeting. Bei diesem Treffen haben die Leute dann meistens schon eine Grundidee. Wir kommentieren diese dann und sagen, was wir machen würden und lassen keinen Zweifel daran, dass wir es entweder so machen, wie wir es für gut halten, oder wir lassen es bleiben. Es gibt nur das eine: Entweder wir arbeiten, wie wir es wollen oder eben gar nicht, weil es uns sonst keinen Spaß macht. Und wenn es keinen Spaß gibt, können wir nicht arbeiten.
Haffner: Wir lassen uns kaum auf Kompromisse ein, auch wenn das manchmal ganz schön bekloppt ist und wir uns so schon viele Aufträge durch die Lappen haben gehen lassen. Zum Beispiel hatten wir mit einem großen deutschen Filmverleih einen Kinofilm geplant, alles wunderbar. Aber dann haben die sich irgendwann so enorm abgewendet von dem, was wir eigentlich vorhatten, und der Film war nicht mehr unser Film gewesen.

Was gab es denn für Differenzen?
Krappweis: Wir wollten von Anfang an einen Film machen, der wirklich von vorne bis hinten komisch ist. Zuerst konnten sich die Herren von der Filmproduktion nicht vorstellen, was an unserem Drehbuch komisch war, bis wir ihnen 15 Minuten Videomaterial aufgenommen haben, das sie sich angeschaut und sich dabei tot gelacht haben. Wir mussten denen begreiflich machen, dass manche Dinge, die im Drehbuch stehen, nur komisch sind, wenn sie auch richtig gedreht werden. Aber ein paar Monate später haben die unser Drehbuch einem Autor zum Redigieren vorgelegt. Der war der Meinung, das Drehbuch enthalte zu viele Gags. Das hat uns gereicht und wir stellten den Verleih vor die Entscheidung: entweder wir drehen den Film auf unsere Weise und er wird komisch, oder wir lassen es einfach bleiben. Und so ließen wir es bleiben.

Ihr dreht auch des öfteren Werbespots. Wie sähe es nun aus, wenn ihr für ein Waschmittel werbt?
Krappweis: Nun, wir würden ja in erster Linie Waschmittelwerbung machen für Leute, die mit bisherigen Waschmittelspots nicht zu kriegen sind. Die einfach in den Supermarkt gehen und irgendein Pulver kaufen. Für die typische Zielgruppe allerdings wären wir wohl die falsche Firma.
Cöster: Unsere Waschmittelwerbung würde in jedem Fall mit Klischees spielen und dann etwas machen, das total psychopathisch und brö ist, man könnte ja die Waschmaschine aus dem Fenster werfen…
Krappweis: [eifrig gestikulierend] …es wäre klasse, wenn man 20 Sekunden einen Typen im Supermarkt einblenden würde, der von dem Waschmittel im Regal so begeistert ist, dass er davor steht und die ganze Zeit ruft: ‚Oh mein Gott‘. Solange bis alle Leute im Supermarkt gucken und er dann aus vollem Halse brüllt: ‚Es ist Dash 5‘. Im nächsten Moment hüpft er vor Freude durch den ganzen Supermarkt, die Packung in der Hand und die OMO-Trommel auf dem Kopf und kreischt ‚Oh mein Gott‘. Dann Schnitt und wir hören aus dem Off: ‚Und es wäscht übrigens ganz weiß‘. Zum Schluss dann Schnitt zur Waschmaschine, die durch das geschlossene Fenster rausfliegt. Dann reitet der Typ auf der Waschmaschine und fliegt schließlich weg. Noch Fragen?

Solltet ihr mal machen, solche Ideen sind hierzulande ja eher Mangelware.
Haffner: Das traut sich einfach niemand in Deutschland.
Cöster: Ja, und bei unseren Spots werden die Leute immer hingucken und sie entweder superlustig finden oder sagen: ‚Was ist das für ein Mist‘. Aber mit Sicherheit gucken sie hin.

Wie sähe eure Werbung für eine Traditionsmarke wie Dallmayr Prodomo aus?
Krappweis: Ich weiß gar nicht, ob es möglich ist Kaffe mit Humor zu verkaufen, weil du dann ja nur die negativen Seiten von Kaffee lustig darstellen würdest, zum Beispiel den Koffeinschock. Da müsste der Kaffee in diesem Fall schon doppelt so viel Koffein wie normal haben. Im Spot sieht man dann einen Typen der völlig angespeeded seinen Tagesablauf begeht, hastig und im Schnelldurchlauf, völlig wahnsinnig. Das Problem ist, dass du meistens die negativen Sachen rausstreichen kannst, aber nur so funktioniert Comedy. Der Kaffee soll nun aber schmecken, positiv und belebend wirken… da wird’s schon schwierig.
Haffner: Der Name ist ja eigentlich ganz lustig: ‚Proo doo moo‘.
Krappweis: Das müsste man mal penetrieren, in dem man in die Stadt geht und Leute diesen Namen sagen lässt ‚Dallmayr Proodoomoo‘, während neben ihnen jemand steht, der ganz einfach seinen Kaffee genießt. Schließlich wollen wir ja zum einen den Namen bekannt machen und zum anderen den Leuten klarmachen, dass das Produkt gut schmeckt.
Cöster: Und das Ganze passiert im seidenen Morgenmantel auf einer Sofagarnitur in der Fußgängerzone vor einem Plastikkamin. Und alle sagen ununterbrochen ‚Dallmayr Proodoomoo‘, das gibt eine Menge lustiges Material.

Woran liegt es denn, dass witzige und kreative Spots in Deutschland gegenüber anderen Ländern kaum zu sehen sind?
Krappweis: In Deutschland haben die Leute einfach Schiss vor allem. Sie haben Schiss um ihre Stellung, Schiss um ihr Ansehen und vor allem Schiss um ihr Geld. Vielleicht gibt es überhaupt keine Firma, die so wie wir Angebote absagt, wenn sie etwas schlecht findet, weil alle zu wenig mit Idealismus arbeiten. Auch in bekannten deutschen Firmen hat jeder Schiss vor jedem und Angst rausgeschmissen zu werden, wenn irgendetwas nicht funktioniert. Im Gegensatz dazu stehen die USA, da gilt es als positiv, kreativ zu sein. Vor kurzem hatten wir in Deutschland einen Kekshersteller als Kunden, der absolute Hammer. Denn nach dem ersten Treffen kam heraus, dass wir zwar eine klasse Idee für einen saulustigen Spot hätten, der beim Publikum bestimmt super angekommen wäre und vielleicht dafür gesorgt hätte, dass die Leute mehr von diesen Keksen kaufen. Aber die Message, die sich die Keks-Leute in ihrem Marketing-Konzept ausgedacht hatten, die war leider nicht drin enthalten. Da hat mir der Typ ins Gesicht gesagt, wenn seine oberkluge Message im Spot nicht vorkommt, wäre es ihm egal, wie viele Leute den Keks kaufen, aber der Spot findet ohne die Message nicht statt. Da frag ich mich ehrlich, wozu diese Leute dann noch Kekse herstellen.
Cöster: Das ist in Deutschland auch ein generelles Problem, dass alles immer kopfig sein und einen tieferen Sinn haben muss, weil wir uns im ‚Land der Dichter und Denker‘ befinden. In England zum Beispiel denkt man manchmal gar nicht groß nach, da wird einfach ein lustiger Spot gemacht und alle gucken hin und reden darüber.

Mit ‚Tolle Sachen‘ auf dem Kinderkanal karikiert ihr ja nun die Werbung total.
Cöster: Klar, das ist der Dreh- und Angelpunkt des vordergründigen Konzeptes, sprich: Die Werbeparodie. Dahinter stecken im Konzept dann Slapstick-Action und Gags in der ersten und zweiten Ebene.

Bei einem Privatsender, der sowieso sehr viel Werbung bringt, hätte solch eine Sendung aber wahrscheinlich weniger Platz. Hättet ihr das Konzept denen trotzdem angeboten?
Krappweis: Sicher, sie müssen uns nur in Ruhe arbeiten lassen. Wenn man zum Beispiel auf Super RTL Werbung verarscht, die dort andauernd stattfindet, wäre das vielleicht eher für den Sender bedenklich als für uns. Ich selbst hätte damit kein Problem.
Haffner: Das Umfeld ist uns generell relativ egal, nur, was den Inhalt anbelangt, da lassen wir nie jemanden mitreden.

Mit wie viel Jahren würdet ihr ein Kind das erste Mal vor den Fernseher setzen?
Cöster: Ich saß ja schon sehr jung vor dem Fernseher und habe durch die Sesamstrasse Buchstaben gelernt…
Krappweis: .. und das ganz schön schlecht. Ich habe auch sauviel ferngesehen und ich kann heute immer noch richtig von falsch und gut von schlecht unterscheiden.
Haffner: Ich als halb-ausgebildeter Medienpädagoge kann das viele Fernsehen eigentlich gar nicht für gut heißen. Aber nein, Quatsch – ich glaube auch nicht, dass Fernsehen schlimm ist für Kinder, außer sie gucken wirklich die falschen Sachen.
Krappweis: Und bei den falschen Sachen kommt es immer darauf an, aus welchem Grund dort Gewalt stattfindet. Das hat für mich eine ganz maßgebliche Aussage. Wenn es grundlos ist, dann will ich das nicht sehen. Das wollte ich schon als Kind nicht sehen. Andererseits habe ich mir Bud Spencer- und Terence Hill-Filme angeschaut. Die fand ich super, und die beiden waren ja auch nie die Bösen, sondern hatten immer Recht. Ich glaube nicht, dass es gut wäre, Kinder vom Fernsehen abzuschotten und zu meinen, dass sie so zu besseren Menschen werden.
Haffner: Im Gegenteil, in dem Moment wo du ein Geheimnis daraus machst, wird es ja nur noch interessanter für die Kinder.

Ein Kind ohne Fernsehen zu erziehen…
Krappweis: Um Gottes Willen! Das ist das dümmste, was man machen kann, denn dann wird das Kind später nicht damit umgehen können.
Cöster: Es kommt immer darauf an. Wenn man zum Beispiel gar keinen Fernseher hat und stattdessen dem Kind etwas anderes bietet, ist das o.k. Aber wenn man die Kiste sowieso dastehen hat und dem Kind aber verbietet zu gucken, wird es den Fernseher gerade deshalb anmachen.
Haffner: Fernsehen ist einfach ein ganz wichtiger Teil unserer Gesellschaft und das Kind muss lernen damit umzugehen und muss auf diesem Gebiet mitreden können. Wenn man das dem Kind vorenthält nimmt man ihm die Chance, einigermaßen mit der Gesellschaft zurecht zu kommen.Ich glaube, dass heute ein Kind ohne Fernseher automatisch in eine Außenseiterposition gedrängt wird.
Krappweis: Natürlich sollte man auch nicht mit den Wölfen heulen und behaupten, das Kind müsste auf jeden Fall fernsehen, es geht vielmehr darum, dass man als Erwachsener die verantwortungsvolle Aufgabe hat, dem Kind beizubringen, wie es mit dem Medium umzugehen hat. Das kann ich natürlich nicht, indem ich ihm es einfach verbiete. Ich bin der Meinung, dass mein Vater es mit sehr wenig Aufwand geschafft hat, mir klarzumachen, was im Fernsehen schlecht ist und was gut. Mit wenigen Worten hat er mir erklärt, dass das, was gerade lief, zum Beispiel echter Blödsinn war und das fand ich schließlich auch. Wenn man einem Kind beibringt, dass es selbst erkennt, was schlecht und was gut ist, dann hat man erreicht, dass das Kind mit dem Medium verantwortungsvoll umgeht.
Haffner: Ich hatte mit zehn schon meinen eigenen Fernseher auf meinem Zimmer und konnte eigentlich schauen, was ich wollte. Klar hab ich mir dann auch nachts mal Horrorfilme angeschaut. Aber letzten Endes waren es die Freunde von mir, die so etwas immer verboten bekommen haben, die sich dann in der Videothek ‚Die Gesichter des Todes‘ ausgeliehen haben. Eben um etwas aufzuholen, was sie damals dachten verpasst zu haben. Ich schau mir so etwas gar nicht mehr an.

Wenn das Leben ein Comic wäre, welche Figuren würdet ihr abgeben?
Cöster: Ich wäre wohl Jeff Smart von Clever&Smart.
Krappweis: Der wollte ich eigentlich auch gerade sein, der kriegt ja in der Regel immer eins ab. Norman, du wärst eher ein sehr guter Duffy Duck, ich bin Jeff Smart.
Haffner: Und ich wäre gern eine schnelle Figur, vielleicht Roadrunner.
Cöster: Und ich bin nicht Jeff Smart, sondern natürlich Kojote, habe ja auch meine ganze Lebensphilosophie auf Kojote aufgebaut. Ich bin Kojote auf der Suche nach Roadrunner. Aber ich will ihn gar nicht haben, der ist mir viel zu dürr…

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