Chris Rea

Das sind Schritte auf meinem Weg zurück in die Welt.

Nach einem Schlaganfall im Jahr 2016 bringt Chris Rea seine Genesung mit Musik voran. Er schreibt Songs über Menschen in Autos, die nun auf dem neuen Album "Road Songs For Lovers" erschienen sind. Ralf Krämer sprach mit Rea über Schmerzen, Straßenverkehr und seinen Ärger über den Brexit.

Chris Rea

© Andy Earl

Chris Rea, das Cover Ihres neuen Albums ist ungewöhnlich. Es besteht aus einer Collage mit älteren Fotos von Ihnen…
Chris Rea: Ich habe sie selbst gemacht. Ich kann zur Zeit nur mit der Collage-Technik arbeiten. Letztes Jahr hatte ich einen Schlaganfall und seitdem kann ich nicht mehr malen, weil ich keinen Pinsel mehr richtig halten kann. Ich muss jede Woche trainieren, um meine alten Fähigkeiten wieder zu erlangen.

Wirkt sich diese Einschränkung auf Ihre Musik aus?
Rea: Zum Glück spiele ich Slide-Gitarre. Wäre ich Eric Clapton und müsste alle meine Finger zum Spielen benutzen, hätte ich wirklich ein Problem.

Wie geht es Ihnen zur Zeit?
Rea: Der Schlaganfall war ein großer Schock. Aber ich stürze mich in meine Kreativität. Jetzt auf Konzerttournee zu gehen war eine gute Idee. Ich denke auch lieber über die schlimmen Zustände in unserer heutigen Zeit nach, als über meine Gesundheit. Das sind alles Schritte auf meinem Weg zurück in die Welt. Gleichzeitig habe ich das Bedürfnis, mich zurückzuziehen. Die Welt ist einfach verrückt. Aber das war sie auch schon vor meinem Schlaganfall. (lacht)

Zitiert

Ein super Auto zu kaufen ist reine Verschwendung.

Chris Rea

Musikalisch erscheint Ihr neues Album „Road Songs For Lovers“ wie eine Zeitreise zurück in die späten 1980er Jahre. Geht Ihnen das auch so?
Rea: Es ist auch für mich ein bisschen wie eine Zeitreise. Es ist eine Sammlung von Songs, die wir im Laufe des letzten Jahres zusammengetragen haben – und sie handeln vor allem von Menschen in Autos.

Menschen in Autos?
Rea: Ja, ich verbringe viel Zeit damit, Menschen zu beobachten, die in einem Stau in ihren Autos um mich herum sitzen. Ich frage mich: Sind das Liebende? Eheleute? Haben sie ein Geheimnis? Mich fasziniert mehr und mehr welche Unterschiede man in Beziehungen allein daran ausmachen kann, wie zwei Menschen in einem Auto zusammensitzen.

Ihre große Leidenschaft für das Autofahren ist bekannt und kommt auch immer wieder in Ihren Songs durch…
Rea: …aber diesmal geht es mir nicht um Autos, sondern eher um die Menschen in ihnen. Die vielen Staus heutzutage machen es einem zudem eher schwer, seine Leidenschaft für Autos zu pflegen. Sie kennen das ja auch, wenn Sie zum Beispiel zwischen Düsseldorf und Köln unterwegs sind. Bei uns ist die Lage nur noch etwas schärfer. Fast jeder sitzt heutzutage in einem Auto. Die Freiheit des Fahrens kann man kaum noch erleben, vielleicht noch zwischen München und Montreux in der Schweiz. Ein super Auto zu kaufen ist heute reine Verschwendung.

Wer weiß, vielleicht wird im Zuge des Brexit ja in Großbritannien die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen aufgehoben?
Rea: (Lacht) Naja, auch in dem Fall bliebe es dabei: der Brexit ist einer der größten Fehler aller Zeiten. Es ist der hundertprozentige Beweis dafür, dass Politiker reiner Abfall sind. Sie haben den Brexit erfunden, können nun um ihn kämpfen und damit unser aller Geld verschwenden. Die jungen Leute verstehen den Brexit nicht. Und da gibt’s auch nichts zu verstehen. Er ist kompletter Müll.

Das klingt wieder nach „Road to Hell“, nach Ihrem gleichnamigen Hit, in dem Sie 1989 die Umweltverschmutzung durch die Industrie anprangerten.
Rea: Jaja, das sagen mir die Leute manchmal: Ach, da kommt wieder „Mr. Road-To-Hell“. Aber ich hatte nicht Unrecht mit dem Song damals. Und heute sind immer mehr Menschen in Ihren SUVs unterwegs. Psychologisch gesehen fahren die in ihren riesigen Autos gar nicht mehr auf einer Straße. Es ist vielmehr, als würden sie in ihrer Küche sitzen, telefonieren und nebenbei fährt ihr SUV vor sich hin. Das ist wirklich gefährlich. Ich bin schon einige Mal beinahe drauf gegangen, weil diese Typen keine wirkliche Beziehung mehr zum Fahren haben.

Wären Sie also für eine rasche Entwicklung hin zum derzeit viel diskutierten Automatischen Fahren?
Rea: Ich halte mich davon fern, ich mag noch nicht mal drüber nachdenken. Wie ich immer sage: Wenn Politiker sich in so eine Entwicklung einmischen kann man garantieren, dass nicht das beste Resultat herauskommt. Ein cleverer Schulfreund von mir, der ein sehr renommierter Ingenieur geworden ist, hat mir einmal gesagt: Wenn Politiker eine Brücke bauen würden, würde sie einstürzen.

Wahrscheinlich werden auch deshalb eher Juristen als Ingenieure Politiker.
Rea: Da haben Sie wohl recht. (lacht)

Um noch mal kurz das Thema zu wechseln: Auf den Covern von sechs Ihrer letzten sieben Alben waren Ölgemälde von Ihnen zu sehen. Aber kein einziges war ein Selbstportrait, im Gegensatz zum Beispiel zu den Covern Ihrer ebenfalls malenden Kollegin Joni Mitchell…
Rea: Ja, aber Joni Mitchell hat auch mal Kunst studiert. Um ehrlich zu sein könnte ich auch gar kein Selbstportrait malen. Ich habe sehr spät mit der Malerei angefangen und im Alter lernt man nicht mehr so leicht. Vielleicht sollte ich es noch einmal versuchen, aber selbst wenn ich ein guter Zeichner wäre, würde ich wohl kein Portrait von mir selbst zeichnen.

Stattdessen malten Sie anscheinend mit Vorliebe Ihr Instrument, die Gitarre, in verschiedenen Blautönen. Das scheint der oft eher melancholischen Stimmung Ihrer Musik zu entsprechen.
Rea: Ich bin nunmal ein eher melancholischer Typ. Wenn Sie wollen, dass ich fröhlichere Musik mache, dann müssten Sie mich erst einmal in einen fröhlicheren Menschen verwandeln. (lacht)

Wenn Sie die freie Wahl hätten, von welchem Maler hätten Sie gerne ein Portrait von sich?
Rea: Mein Lieblingsmaler ist Howard Hodgkin. Ich liebe diese Freiheit, mit der er seine Farben übereinander schichtet und mischt. Seine Bilder versetzen einen sofort in eine positive Stimmung. Ich brauche sie nur anzusehen und bin glücklich.

Was bedeutet momentan sonst noch Glück für Sie?
Rea: Ein Tag ohne Schmerzen. Seit meiner Krebserkrankung habe ich keine Bauchspeicheldrüse mehr, was viele unangenehme Symptome nach sich zieht. Wenn ich an einem Tag keine Schmerzen habe, bin ich glücklich, selbst wenn es regnet.

6 Kommentare zu “Das sind Schritte auf meinem Weg zurück in die Welt.”

  1. Peter Siegfried Krug |

    Chris Rea Musik hat mich gefühlsmäßig angezogen. Er ist aber auch ein
    sehr authentischer Mensch. Ich würde ihn als vielschichtig und leidensfähig beschreiben. Als einen Mensch, dem Beziehungen sehr wichtig sind.

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  2. Volk ingeborg |

    Hab das alles erst jetzt gelesen und es hat mich sehr erschüttert. Chris Rea, das ist für mich einer der Grossen. Zu sagen tolle Musik wäre zu wenig. Chris Rea das ist eine wahnsinns Gitarre, Gefühl und ganz viel Seele alles in einem.

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  3. Reiner Schulte |

    Hi
    der Interviewticker ist alt
    Schade
    LG Reiner

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  4. Daniel |

    ein=eine

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  5. Müller |

    Wer ist das?

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    1. Daniel |

      Das ist Chris Rea, ein Musiklegende, toller Sänger und Slide-Gitarrist. Hipster oder Freunde elektronischer Musik kennen ihn wahrscheinlich nicht.

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