Herr Ohrt, wer ist Ihr Lieblingspolitiker?
Christoph M. Ohrt: Eine interessante Frage… Mein Lieblingspolitiker ist natürlich Johannes Waller! (lacht)
Den spielen Sie nun in der SAT.1- Serie „Allein unter Bauern“. Hat Johannes Waller ein reales Vorbild?
Ohrt: Nein, direkte Vorbilder hat diese Figur nicht. Ich würde sagen Johannes Waller ist ein Politiker-Cocktail aus verschiedenen Charakteren. Das kann man auch nicht an einzelnen Personen festmachen. Johannes Waller vereinigt ja viele Eigenschaften in sich, die man Politikern oft unterstellt: Er ist smart, intelligent, eloquent und ehrgeizig.
Waller verliert allerdings nach einer Liebesaffäre seinen Job als Außenminister und wird stattdessen Bürgermeister im brandenburgischen Dorf Kudrow. Nur kommt er mit dem Landleben und der Bürgernähe nicht wirklich zurecht. Inwiefern ist das bezeichnend für heutige Politiker?
Ohrt: Das ist gut beobachtet! Ich habe mir in der Vorbereitung auf diese Rolle auch mal vorgestellt wie es wäre, wenn dieser Mann auf einer Karibikinsel strandet. Da würde Waller mit seinem Gehabe ja nicht weit kommen, sondern müsste sich den Umständen in der neuen Umgebung fügen. Dieser Kontrast in der Figur Waller hat mich sehr interessiert. Natürlich muss Waller, wenn ein Kamerateam vor ihm steht, den Politiker raushängen lassen, der alles im Griff hat. Aber im Umgang mit den Bürgern in Kudrow muss er erkennen, dass die Menschen außer schönen Worten auch Taten sehen wollen, sonst verweigern sie ihm gegenüber den Respekt. Jeder Bewohner von Kudrow stellt seine eigenen Forderungen an den neuen Bürgermeister, und er muss oft Kompromisse eingehen.
Wäre Waller denn ein guter Außenminister gewesen?
Ohrt: Ja, selbstverständlich! Er bleibt ja auch nicht sein Leben lang in Kudrow. Das wäre ja auch langweilig, wenn wir mit Waller einen Menschen zeigen würden, der sich von Anfang an so wohl in Kudrow fühlt, dass er nie mehr weg will. Wir stellen auch immer wieder den Bezug zu seinen alten Parteikollegen in Berlin her, und zeigen, dass Waller sich auch immer die Option offen hält, nach Berlin zurückzukehren.
Inwiefern ist „Allein unter Bauern“ eine Polit-Satire?
Ohrt: Ich würde es nicht Satire nennen. Wir haben einfach versucht, eine Figur zu finden, die noch nicht so „durch“ ist wie andere Figuren, ob das nun ein Pathologe oder ein Polizist ist. Das gibt’s ja alles schon! Der Autor Marc Terjung hat mit Waller eine äußerst interessante Figur erschaffen, der als Politiker auf dem Lande viel facettenreicher ist als beispielsweise ein Landarzt. Diese Figur ist wirklich ein Glücksgriff für einen Schauspieler!
Sind Ihnen Politiker eigentlich sympathisch?
Ohrt: Ich kenne so gut wie keinen Politiker privat, insofern kann ich das schlecht beurteilen. Ich male mir als Schauspieler natürlich oft aus, wie es wäre, mit Joschka Fischer essen zu gehen, oder mit Angela Merkel Tennis zu spielen, aber bisher ist es immer nur bei der Vorstellung geblieben. Ich gucke Politikern gerne bei ihrer Arbeit zu. Ich frage mich immer, wo diese Menschen ihre enorme Selbstsicherheit her nehmen, Sachen so durchzupauken, bis sie am Ende das erreicht haben, was sie wollen.
Würde Sie denn zumindest der Machtaspekt am politischen Geschäft reizen?
Ohrt: Mir hat es großen Spaß gemacht jemanden zu spielen, der vielleicht die Chance hätte, dort oben mitzumischen, aber mir selber ist die Welt der Politik sehr fremd. Wenn ich wüsste, dass ich morgen ein Gespräch mit Putin oder Bush führen müsste, wäre ich total überfordert. Ich wüsste gar nicht was ich mit denen bereden sollte, wo ich da anfangen würde. Mir ist es oft ein Rätsel, wie die Politiker in dieser Welt, die ja immer komplexer und auch gefährlicher wird, den Überblick behalten und dazu noch die ganze Verantwortung auf sich nehmen können. Ich könnte das nicht!
Ich male mir als Schauspieler natürlich oft aus, wie es wäre, mit Joschka Fischer essen zu gehen, oder mit Angela Merkel Tennis zu spielen.
Als bekannter TV-Schauspieler stehen Sie auch in der Öffentlichkeit. Gefällt Ihnen das?
Ohrt: Es ist oft sehr schön, aber manchmal auch einfach nur furchtbar. Ich gehe zum Beispiel nicht mehr in die Sauna oder ins Schwimmbad. Natürlich werde ich oft auf der Straße oder auch beim Skiurlaub auf meine Rolle in der Anwaltsserie „Edel & Starck“ angesprochen, aber das ist auch okay. Ich beantworte dann ein paar Fragen, und dann gehen die Leute auch wieder. Ich denke, ich habe einen ganz angenehmen Popularitätsgrad im Gegensatz zu Brad Pitt oder Michael Jackson.
Ist es Ihnen auch schon passiert, dass Sie durch Ihre Rolle als Anwalt in „Edel & Starck“ Rechtsfragen von Zuschauern beantworten mussten?
Ohrt: Nein, so etwas ist mir zum Glück noch nicht passiert, aber es gab schon lustige Situationen: Ich habe mal in der Karibik an einem abgeschiedenen Strand gedreht, da kamen dann zwei Urlauber auf mich zu und meinten: „Ey, ich brauch’n Anwalt! Haha!“ In der Karibik rechnet man natürlich nicht mit so etwas. Das war schon lustig!
Woran liegt es eigentlich, dass sie vornehmlich in TV-Produktionen auftreten? Ihr letzter deutscher Kinofilm „Echte Kerle“ lief vor zwölf Jahren in den deutschen Kinos…
Ohrt: Da müssen Sie die Produzenten fragen. Mir ist das auch relativ egal: Beruf ist Beruf! Es gibt viele Leute, die machen nur Kino, oder eben viel Fernsehen und dann ab und zu mal einen Kinofilm. Ich arbeite sehr gerne für das Fernsehen und kann mich in dieser Hinsicht auch nicht über mangelnde Arbeit beklagen.
Sie haben in New York Schauspiel studiert und auch in verschiedenen US-TV-Produktionen mitgewirkt. Haben Sie damals auch den großen Traum von einer Hollywood-Karriere gehabt, wie er jetzt zum Beispiel für Martina Gedeck wahr zu werden scheint, die gerade in Robert de Niros „The Good Shepherd“ zu sehen war?
Ohrt: Ich kenne Martina jetzt seit 20 Jahren und natürlich freue ich mich sehr für sie, auch darüber, dass ihr Projekt „Das Leben der Anderen“ für den Oscar nominiert ist (das Interview fand vor der Oscar-Verleihung statt, Anm. d. Red.). Das ist bestimmt gerade alles ganz aufregend für sie, aber es ist ja auch die Frage, ob das jetzt die nächsten 20 Jahre so weiter geht. Man kann da selber gar nicht viel machen. Da ist eine große Menge Glück dabei. Ich habe einige Zeit in Amerika gelebt, habe jetzt aber keine großen Ambitionen in dieses Land zurückzukehren und in Hollywood zu arbeiten.
Welche Rolle spielt denn die Angst vor dem Ende der eigenen Karriere in Ihrem Beruf als Schauspieler?
Ohrt: Diese Angst gehört seit 30 Jahren zu meinem Beruf, und das wird auch nie aufhören, Man muss sich damit arrangieren, denn völlige Sicherheit wird es natürlich nie geben, aber da sind wir ja mit unserer Branche auch nicht allein. Mittlerweile ist es überall unsicher. Ich habe dafür als Schauspieler den Luxus, dass ich, wenn möglich, auch noch im höheren Alter arbeiten kann. Ich habe nicht das Gefühl, dass das jetzt alles so schnell zu Ende geht. Ich habe eher das Gefühl dass gerade was ganz Neues und Spannendes anfängt. Rollen wie Johannes Waller kann man eben nicht mit Anfang 30 spielen. Da muss man schon etwas älter sein, sonst wäre das unglaubwürdig.
Welche Rollen würden Sie noch reizen?
Ohrt: Ich würde gerne mal Spiderman spielen, den finde ich super! Ich bin Comicfan, obwohl ich diese ganzen Comicverfilmungen dann irgendwie auch wieder affig finde. Im Moment spiele ich einfach Christoph M. Ohrt, mache gar nix. Das ist auch ganz schön!