Count Basic

Ob unsere Musik en vogue ist oder nicht, das muss der Zuhörer entscheiden.

Peter Legat von Count Basic über seine Band, die Acid-Jazz-Welle, unverhofften Erfolg in den USA und die österreichische Radiolandschaft

Count Basic

© Universal Music

Peter, als ich den Namen „Count Basic“ das erste Mal gehört habe, dachte ich an BigBand-Sound kombiniert mit Elektronik…
Legat: Nun, es ist weniger Elektronik aber eine Brass-Section gibt es auf jeden Fall.
„Count Basic“ ist einerseits ein Wortspiel, andererseits sollte der Name schon eine gewisse Affinität zum Jazz implizieren. Ich habe Jazz-Gitarre studiert, Jazz ist also Teil meiner musikalischen Sozialisation, was man auf den Alben ja auch zum Teil hören kann. Aber unsere Musik ist natürlich auch sehr groove-orientiert, sehr tanzbar und mit einem hohen Vokalanteil.

Und Count Basie spielte keine Rolle…
Legat: Nein, gar nicht. Ich kenne die Musik… aber das sollte in erster Linie ein Wortspiel sein und in zweiter Linie sollte man sich den Namen leicht merken können.

Und du bist bislang auch nicht in die Versuchung gekommen, einen Basie-Song zu covern?
Legat: Nein, bis jetzt noch nicht. Wäre aber einer gute Idee.

Welche Rolle spielt Jazz für dich als Musiker?
Legat: Naja, ich komme als Gitarrist eigentlich aus der Jimi-Hendrix-Ecke. Dann habe ich aber fünf Jahre Jazz-Gitarre studiert. Das hat mich schon interessiert, wobei ich mich heute nicht als Jazz-Gitarristen bezeichnen möchte. Was ich mit Count Basic mache geht schon über das Genre hinaus…

… in Richtung Soul, Funk…
Legat: …ja, genau.

Früher hieß diese Musik „Acid Jazz“.
Legat: Ja, aber heute ist der Begriff „Acid Jazz“ tot.

Wie kommt das?
Legat: Das kommt meistens von außen. Es sind ja meistens nicht die Musiker selbst, die sich so einen Namen raufkleben, sondern es ist vor allem die Schubladisierung der Industrie. In Amerika steht das auch schön auf den CDs drauf: „File under R’n’B“ zum Beispiel. Damit der Verkäufer im Laden gleich weiß, wo er die CD einsortieren muss. Das heißt, diese Schubladisierung ist in erster Linie wichtig für die Industrie, in zweiter Linie auch wichtig für den Konsumenten – aber für die Musiker selbst ist das glaube ich nicht so von Bedeutung.

Hast du dir damals viele Acid-Jazz-Bands angehört?
Legat: Ja, das war für mich damals extrem spannend, weil es in Wien den berühmten Club Soul Seduction gab. Der Chef stand in sehr enger Verbindung mit Gilles Peterson vom englischen Plattenlabel Talkin’ Loud und hat diese ganzen Bands nach Wien geholt: Ronny Jordan, Galliano usw. Und die haben mich natürlich beeinflusst. Ich habe das gesehen und gedacht: Wow, das kann ich auch.

Du wurdest Teil der Acid-Jazz-Szene…
Legat: Ja, Acid-Jazz war eine Welle, die mir, nachdem in den 80er Jahren diese New Wave Geschichten über unsere Geschichten hinweggebraust sind, die Gelegenheit gegeben hat, meine Stärken zu zeigen und auch wahrgenommen zu werden. Das wäre in den 80ern undenkbar gewesen, weil es diese Bewegung da noch nicht gegeben hat. Damals gab es halt die Neue Deutsche Welle und wir alten Stevie Wonder-Fans haben unsere Köpfe eingezogen und gewartet bis das über uns hinwegbraust ist. Um dann mit der nächsten Gegenbewegung, eben mit der Acid-Jazz-Bewegung endlich unsere Musik präsentieren zu können. Aber das ist oft gar nicht so leicht steuerbar, sondern du musst schauen, dass du zum richtigen Zeitpunkt Gewehr bei Fuß stehst.

Man findet Count Basic auch im Kontext von „Smooth Jazz“, einer Jazz-Variante, die sich insbesondere im Radio in den USA sehr weit verbreitet hat.
Legat: Ja, wir haben mit unserem ersten Album in Amerika unglaubliche Erfolge gehabt – und das lustigerweise mit den Instrumentaltiteln. Mit einem Titel waren wir sogar 11 Wochen Nummer 1 in den NAC-Charts (New Adult Contemporary-Charts; Anm. d. Red) der Smooth-Jazz-Radiostationen, die es dort landesweit gibt. Das war komplett merkwürdig: Count Basic war für ja mich eher ein Vocal-Act und die Instrumentals auf dem ersten Album waren sozusagen nur Füllmaterial. Aber die Songs sind dort dann eingeschlagen wie eine Bombe.
Also, wir sind zum Smooth-Jazz gekommen, wie die Jungfer zum Kind, total unverhofft. Ich wusste ja nicht, dass es das gibt und ich kann bis heute mit dem Format herzlich wenig anfangen. Kenny G verbiegt mir die Gehörgänge… Das ist eine Stilistik, mit der ich mich nicht identifizieren kann.

Wie viel Elektronik ist heute bei Count Basic im Spiel?
Legat: Relativ wenig. Gerade das jetzige Album „Love & Light“ zeigt glaube ich wieder die Stärke unserer elfköpfigen Band. Aber natürlich mischt sich das durch die neuen Produktionsmöglichkeiten: du nimmst live auf, dann fummelst du wieder im Computer weiter… Es ist mittlerweile möglich, diese Ebenen sehr gut zu vermischen. Aber mit dem typischen Wiener Elektronik-Sound hat das nichts zu tun.

Kommt man im Studio auch in die Versuchung, mit der Elektronik alles perfektionieren zu wollen?
Legat: Jein. Ich schätze das ja nicht besonders, weil ich komme aus einer Zeit, wo man halt noch 24 Spuren analog aufgenommen hat. Und wenn das Band voll war, war es voll, was da drauf war konntest du auch nicht mehr verändern.
Mittlerweile lässt die Technologie bei der Produktion alles zu. Du kannst bis zum Schluss kannst schneiden, herumschieben, wie du möchtest … Diese Vielfalt an Möglichkeiten schätze ich nicht so sehr, weil dadurch die musikalischen Entscheidungen immer weiter nach hinten geschoben werden. Mir ist es lieber, ein Song ist irgendwann fertig und das ist dann auch gut so. Weil sonst könntest du noch ein halbes Jahr dran herumschnibbeln.

Du erwähntest bereits den Wiener Elektronik-Sound – der musikalische Output dieser Szene ist den letzten Jahren eher zurückgegangen oder?
Legat: Die Elektronik-Szene ist für mich im Moment schwer zu beurteilen, da gibt es schon gute Sachen. Aber generell muss man wohl sagen, dass das, was die Leute als Wiener Elektronik verstehen im Moment eher auf Sparflamme läuft. Dieser Hype, den das Ganze in den 90ern gehabt hat, der ist inzwischen glaube ich vorbei. Aber das liegt in der Natur der Sache. Die Musik kommt immer in Strömungen, in Wellen, da wird dann eine Zeit lang fokussiert und hingeschaut – und dann ist auch wieder gut.

Welche Musikrichtungen spielen denn für dich in Wien momentan ein Rolle?
Legat: Es gibt in Wien traditioneller Weise eine starke Jazz-Szene. Das hat ja schon in den 50ern begonnen mit Hans Koller und Joe Zawinul und wird jetzt hauptsächlich hoch gehalten durch das Vienna Art Orchestra. Die haben international eine sehr gute Reputation, das ist ein wahnsinniger Pool an jungen Musikern, die an ein internationales Publikum und eine internationale Karriere herangeführt werden.
Also, die Szene hat es immer gegeben und die wird auch durch eine gute Club-Situation – wie z.B. das „Porgy & Bess“ und das „Birdland“ – gefördert.

Aber Wien ist schon das musikalische Zentrum – oder wie sieht es im Rest von Österreich aus?
Legat: Ich würde das nicht unterschätzen. In Linz gibt es zum Beispiel einen sehr interessanten Typ, Parov Stelar. Von dem habe ich vor kurzem ein Konzert gesehen, Spitzenklasse! Das war eines der besten Live-Konzerte das ich in letzter Zeit in Österreich gesehen habe… Also, man kann das nicht nur auf Wien beschränken.

Wie sieht es denn mit Musik im österreichischen Radio aus?
Legat: Die Radiolandschaft in Österreich ist sehr monochrom. Ein Sender ist „Ö3“ – formatiertes Popradio mit einem erschreckend geringen Inländer-Anteil von etwa sechs Prozent. Die ignorieren auch unser Album komplett.
Dann gibt es mit „FM4“ eine Alternative-Station, sozusagen für alles, was im Elektronik- und Alternative-Bereich stattfindet. Aber dazwischen ist Brachland. Die anderen Privatradios spielen Formatradio, da gibt es auch keine Lokalstationen, die Soul oder Jazz spielen. Das ist ganz bitter. Das heißt, entweder du bist pop-kompatibel oder du bist FM4. Da kannst du dich auch noch so herzhaft zwischen diese zwei Stühle setzen – du wirst überhaupt nicht wahrgenommen.

Und wie kommt Count Basic dann zum Hörer?
Legat: Das ist dann nur über andere Medien möglich, über Pressearbeit. Weil wenn du nicht gespielt wirst, wirst du nicht wahrgenommen.

Was hörst du für Radiosender?
Legat: Wenn ich Radio höre, dann meistens FM4. Und es gibt dann noch Radio Energy als R’n’B-Station. Die senden ja europaweit, das wird aber hauptsächlich von Paris aus programmiert was dann meistens ein bisschen anstrengend wird auf die Dauer. Und es gibt natürlich Kultursender, Ö1 zum Beispiel, die sehr gemischt Klassik und Jazz anbieten.

Wenn du Musik produzierst, hörst du dann parallel auch viel Musik, um up to date zu sein?
Legat: Nein. Ich höre überhaupt relativ wenig Musik. Vor allem wenn ich an einem Album arbeite, höre ich fast gar nichts. Weil dich die Arbeit so in Beschlag nimmt. Und ich muss ehrlich sagen: You can’t please anybody. Wenn du versuchst, immer auf den ‚Bandwagon’ aufzuspringen ist der meistens schon abgefahren, bevor du überhaupt am Start bist. Also, davon halte ich gar nichts.
Ich glaube, dass wir mit Count Basic über die letzten Jahre einen eigenen Sound entwickelt haben, der auch bis zu einem gewissen Grad unverkennbar ist. Ich muss nicht versuchen irgendeiner Strömung hinterher zu laufen. Und ob unsere Musik jetzt gerade en vogue ist oder nicht, das muss dann der Zuhörer oder Kritiker entscheiden. Wir versuchen es in erster Linie so zu machen, dass es uns gefällt. Und für mich steht immer der Song im Vordergrund, die Substanz eines Songs. Welches Arrangement-Gewand du dem Song dann umhängst, das ist dann auch die Entscheidung des Produzenten. Aber dort jetzt immer zu versuchen, möglichst up to date zu sein, ist nicht unbedingt mein Bestreben.

Kommen dir denn bestimmte Sounds auf euren ersten Alben heute veraltet vor?
Legat: Nein, da wir auf unseren ersten Alben eigentlich das Basis-Instrumentarium verwendet haben – das ist ja alles handgemacht gewesen – muss ich ehrlich gestehen, dass ich daran überhaupt nichts falsch oder veraltet finde. Ein Fender Rhodes zum Beispiel hat für mich noch immer einen Killer-Sound. Und ob ich das auf diesem Album verwende oder auf dem ersten, das macht für mich herzlich wenig Unterschied.

Je mehr die Musik live eingespielt ist, desto unvergänglicher ist sie?
Legat: Ja, das sehe ich schon so. Das hat man in den 80ern gesehen, mit all diesen Gadgets und Sounds und Simmons Drums – das kannst du heute nicht mehr hören. Hingegen alte Soul-Tracks, die kannst du sehr wohl hören, weil die einfach „neutral“ sind. Die haben eben nicht versucht, da jetzt großartig jedes Elektronik-Gadget einzusetzen, das gerade neu am Markt war. Und dagegen verwehre ich mich auch ein bissl.

Wobei aber die Count Basic Remixe von Peter Kruder und Richard Dorfmeister auf den „K&D Sessions“ schon relativ zeitlos sind, oder?
Legat: Das haben die aber auch nicht auf Druck trendy gemacht. Ich kenne die beiden seit ewig und die sind, soweit ich sie einschätze, immer sehr eigenständig gewesen. Die schauen auch nicht viel links und rechts. Die haben in erster Linie das gemacht, was ihnen gut gefallen hat. Und das hat sich lustigerweise total durchgesetzt.

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