Fernanda Brandao

Die Brasilianer sind ein sehr hoffnungsvolles Volk

ARD-WM-Expertin Fernanda Brandao über die Fußballbegeisterung in Brasilien, die Macht der Hoffnung und Erinnerungen an ein zerstörtes Puppenhaus

Fernanda Brandao

© SWR/Olga Samuels

Frau Brandao, Sie berichten bei der WM in Brasilien für die ARD als Reporterin über Land und Leute. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf diese Herausforderung?
Fernanda Brandao: Ich sehe das nicht als Herausforderung, sondern als große Ehre. Ich habe in Deutschland 2006 die WM miterlebt und gesehen, was so eine WM in einem Land bewirken kann. Jetzt darf ich für die deutschen Fernsehzuschauer aus meinem Heimatland berichten – mehr Freude und mehr Glück geht gar nicht. Ich möchte den Menschen mein Land und seine Menschen vorstellen. Darauf freue ich mich.

Ein solches Großereignis wird immer von sehr viel Hoffnung begleitet, aber im Falle Brasiliens auch stark kritisiert. Die Kritik richtet sich gegen die undurchsichtige Verwendung von Milliardensummen, die Arbeitsbedingungen auf den Baustellen und die Zwangsumsiedlungen. Wie sehen Sie das?
Brandao: Mir haben Kollegen erzählt, die bereits an der Organisation anderer Weltmeisterschaften beteiligt waren, dass sie so etwas noch nie erlebt hätten. Wenige Wochen vor dem Beginn der WM waren noch nicht alle Stadien fertig und es gibt große Proteste. Das ist Brasilien. Dennoch denke ich, dass die Menschen in diesem Land ihre WM feiern werden.

Wird diese WM die Zustände in Brasilien verbessern können?
Brandao: Die Brasilianer sind erwacht und wehren sich gegen die soziale Ungerechtigkeit, gegen die Korruption und die schlechte Verteilung der Gelder. Das finde ich gut. Es hilft dem Land und seinen Menschen, dass die Augen dieser Welt in diesen Tagen auf Brasilien gerichtet sind. So kann Brasilien auf sich aufmerksam machen. Wir sind ein sehr hoffnungsvolles Volk, das auch in schweren Zeiten nicht den Humor verliert. Aber natürlich werden die Missstände nicht von heute auf morgen verändert werden können. Das ist klar. Aber durch dieses Fußballfest ist ein Anfang gemacht.

Warum hat Fußball in Brasilien so eine große Bedeutung?
Brandao: Fußball ist wie eine Religion bei uns. Ich glaube das erste Wort, das man in Brasilien lernt, ist Ball. Das gehört einfach dazu. Es war natürlich auch immer die Sportart, in der wir am meisten geglänzt haben. Als kleines Mädchen war ich immer sehr traurig, dass es bei den Olympischen Spielen kaum eine Medaille für uns gab. Umso mehr habe ich mich über die Erfolge im Fußball gefreut.

Sie haben bis zum neunten Lebensjahr in Rio de Janeiro gelebt. Haben Sie als Kind Fußball gespielt?
Brandao: Als Mädchen eher weniger. Ich habe eher mein Puppenhaus im Tor aufgebaut und wollte auch dann nicht gehen, wenn die Jungs angefangen haben zu spielen. Als dann der Ball kam, ist das Puppenhaus in sich zusammengefallen. (lacht) Aber ich bin mit vielen fußballbegeisterten Jungs aufgewachsen. So habe ich früh gelernt, mich durchzusetzen.

In Deutschland erlebt der Frauenfußball seit einigen Jahren einen großen Boom, nicht zuletzt aufgrund der zwei WM-Titel der deutschen Mannschaft. Welche Rolle spielt Frauenfußball in Brasilien?
Brandao: Unsere Mädels sind wunderschön und spielen so einen tollen Fußball. Da wird jeder Mann sofort neidisch, bei den Tricks, die unsere Spielerinnen drauf haben. (lacht)

Mit neun Jahren sind Sie nach Hamburg gezogen. Welche Verbindung haben Sie heute zu Ihrer Heimat?
Brandao: Ich bin sehr häufig in Brasilien. Meine Mutter lebt in Brasilien, sie hat lange in Europa gelebt, und ist dann zurückgezogen. Sie hat ihr Studium wieder aufgenommen und arbeitet heute als Pädagogin und gibt Unterricht in Schulen. Eine der Schulen musste zwei Wochen schließen, weil das Dach einsturzgefährdet war. Da habe ich gemeinsam mit dem Kölner Verein „Kinderland Brasilien e.V.“ beschlossen zu helfen und das Dach wurde repariert. Der Verein baut keine Häuser neu, sondern repariert bereits vorhandenende Bauten. Ich hoffe, dass ich während der WM auch einige dieser Projekte besuchen kann. Die Leute wollen ja auch wissen, wohin das Geld fließt, dass sie an unseren Verein spenden.

Ihre Karriere in der Showbranche begann als Sängerin der Band „Hot Banditoz“. 2011 waren Sie zusammen mit Dieter Bohlen Jurorin der achten Staffel von „Deutschland sucht den Superstar.“ Ist Ihre Mutter stolz auf Sie?
Brandao: Ja, natürlich. Ich komme aus einer Künstlerfamilie, viele Sänger, Musiker, Maler, auch Journalisten sind dabei. Und ich bin tatsächlich die Erste aus unserer Familie, die von ihrer Arbeit gut leben kann. Das erfüllt meine ganze Familie mit viel Glück. Ich genieße es auch sehr in Brasilien zur Ruhe zu kommen. Für meine Mutter werde ich immer das kleine Mädchen bleiben. Wenn ich da bin, ziehe ich gleich die Flip-Flops an und entspanne unter dem Acerola-Baum. Dann gibt es viel Obst und tolle Gespräche in der Sonne. Besuche in meiner Heimat sind für mich Wellness.

Eine letzte Frage: Deutschland oder Brasilien – welcher Mannschaft drücken Sie die Daumen?
Brandao: Das ist schwierig, da schlagen natürlich zwei Herzen in meiner Brust. Wenn Brasilien diese WM gewinnen sollte, wäre das fantastisch. Aber auch die deutsche Mannschaft hätte es endlich mal wieder verdient. Ich werde mir ein Doppeltrikot basteln, die eine Seite deutsch, die andere Seite brasilianisch. Dann kann nichts schiefgehen. Aber egal, ob Brasilien oder Deutschland gewinnt – ein Auge wird lachen das andere weinen.

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