Florian Lukas

Florian, wie priorisierst du als vielbeschäftigter Schauspieler bei Angeboten zu TV-, Kino-, Hörbuch- und Theaterproduktionen?
Florian Lukas: Der Hauptteil meiner Arbeit ist Film, dabei ist es mir eigentlich egal ob Fernsehen oder Kino. Danach kommen Hörspiele und Hörbücher. Nur alle paar Jahre mache ich als Gast vielleicht mal ein Theaterstück. Also Filme, Hörbücher und Hörspiele, diese Dinge bilden eigentlich die Teile meines Berufes.

Gerade hat die neue Staffel Weissensee  begonnen. Ist es aus deiner Sicht gut, dass es weiterhin sehr viele Filme gibt, die das Leben der DDR thematisieren?
Lukas: Man will ja nicht wie ein Veteran immer nur über die alten Zeiten sprechen. Ich glaube aber schon, dass Filme die Möglichkeit haben, sich mehr in die Herzen der Leute zu spielen, vor allem auch in die Herzen der Jugendlichen und der jungen Heranwachsenden. Über so einen Film kann man miteinander ins Gespräch kommen und Fragen stellen. Diese Spielfilme sollen nicht grundsätzlich als die Wahrheit oder als ein Bildungsauftragswerk oder was auch immer betrachtet werden, sondern ich sehe diese Filme als Mosaiksteine, um ein umfassenderes Bild einer bestimmten Zeit zu bekommen. Die Serie Weissensee ist mir dabei sehr wichtig und sie macht mir großen Spaß.

Was magst du so daran?
Lukas: Ich finde es gut, dass in dieser Serie mehr erzählt wird als in anderen Filmen der DDR Zeit, denn man kann durch das Format größere Zeiträume und vielschichtiger erzählen.  Was ist eigentlich in den Monaten und den Jahren nach dem Mauerfall passiert, wie sind die Leute mit dem enormen Bruch ihrer Biografien zurechtgekommen? Ich denke da gibt es Zeiträume, die noch nicht so intensiv erzählt wurden. Das finde ich perspektivisch besonders spannend bei Weissensee.

Ist das eine Zeit, die du gerne noch mal erleben würdest?
Lukas: Ja, tatsächlich. Wenn ich noch mal ein Jahr in Berlin erleben dürfte, dann würde ich mir das erste Viertel des Jahres 1990 wünschen. Da war ich fast 17, die DDR verschwand so langsam, es gab aber noch keine neue Staatsordnung. Es organisierte sich alles von alleine, keine wusste so genau wie. Ich hatte das Gefühl, ich bin wahnsinnig frei, das Gefühl hatten ja irgendwie alle. Das endete dann aber eigentlich schon im März 1990. Danach kam Helmut Kohl, die D-Mark und dann ging’s natürlich ab. Aber so der ganze Anfang, die Zeit Anfang 1990, das ist eine Zeit an die ich sehr gerne zurück denke.

Wärst du Schauspieler geworden, wenn es weiterhin die DDR gegeben hätte?
Lukas: Nein, das glaube ich nicht. Man brauchte ja für alles, was man auf der Bühne machen wollte, einen Schein und eine Prüfung. Für das Klavierspielen hatte ich so einen Schein, hab ja immerhin sieben Jahre gespielt! (lacht). Der gab mir zwar die Berechtigung, in einem Ensemble Tasteninstrumente zu spielen, aber zu mehr war ich damit nicht autorisiert. Doch ein Schauspielstudium hätte ich mit Sicherheit nie gemacht. Ich bin zwei Mal durch die Schauspielprüfung – auch an der Ernst Busch Schauspielschule – geflogen. Ich hätte also nicht studieren können und in der DDR deshalb auch nicht Schauspieler werden können.

Was passierte dann zur Zeit des Mauerfalls, so dass du es doch werden konntest?
Lukas: Ich spielte in einer kleinen Theatergruppe mit und ein junger Regisseur, das war Peter Welz, suchte für sein Filmprojekt nach jungen Leuten. Sein Film „Banale Tage“ wurde mein erster Film und war nur 1990 so möglich. Es war einer der letzten DEFA-Filme, bevor die DEFA aufgelöst wurde. Peter Welz hätte seinen Film zu einer anderen Zeit nie machen können, denn er war eigentlich viel zu jung dafür. Normaler Weise musste man mindestens 40 sein bevor man seinen ersten Film machen durfte. Dass ich Schauspieler werden konnte, lag also alles an dieser Zeit. Die NVA zum Beispiel hätte mich fertig gemacht, da bin ich sicher. Aber ich konnte Zivildienst machen und wurde für Theaterproben am Berliner Ensemble und für Dreharbeiten sogar zeitweise frei gestellt. Ohne diese Besonderheiten dieser Zeit hätte ich es nie geschafft.

Du sagtest neben Dreharbeiten machst du auch gerne Hörbücher und Hörspiele. Was magst du daran besonders?
Lukas: Hörbücher und Hörspiele sind mir eine richtige Herzensangelegenheit. Eigentlich basiert mein ganzer Beruf nur auf dem Vorlesen. Ich hab als Kind wahnsinnig gerne gelesen und dann auch vorgelesen und hab als Kind Hörspiele gemacht und das war der Anfang. Daraus hat sich dann alles weitere entwickelt, das Theater, der Film usw. Ich finde, Hörspiele und Hörbücher haben etwas sehr kindliches, viel mehr als der Film das hat. Es passiert alles in deinem Kopf. Als Kind nimmst du irgendeinen Holzklotz und das ist für dich die Welt, oder der Weltraum oder ein Raumschiff. Du kannst damit alles machen! Bei Hörbüchern passiert alles im Kopf, das ist fantastisch. Deswegen sind mit Hörbücher und Hörspiele auch noch sehr wichtig.

Dein erstes Hörbuch in deinem eigenen Verlag heißt  „Briefe an einen jungen Dichter“ von Rainer Maria Rilke. Warum hast du dieses Hörbuch ausgewählt?
Lukas: Ich hatte irgendwann dieses kleine Buch in der Hand und diese persönlichen Briefe waren für mich wie eine Offenbarung. Mich berührten sie sehr. Es geht darin um die Frage: „Wie kann man sein Leben so gestalten, dass man damit glücklich wird?“ Und diese Frage stellt sich doch wirklich jeder. Ich wollte einfach, dass mehr Leute dieses Buch kennen und deswegen habe ich zusammen mit dem Regisseur Sven Stricker daraus ein Hörbuch gemacht.

Hast du das Gefühl, dass du dein Leben so gestalten kannst, dass du glücklich wirst?
Lukas: Ich denke schon. Ich mag das Risikoleben als Freiberufler. Aber ich gebe auch zu, ich mag es, weil es gut läuft. Wenn es nicht so wäre, dann sähe die Sache sehr anders aus. Es ist ein Leben voller Freiheit, weil ich Dinge machen kann, die ich möchte und zu denen ich nicht gezwungen werde. Das ist großartig, dann macht es richtig Spaß.