Helene Fischer

Ich habe prinzipiell ein sehr positives Lebensgefühl.

Schlagersängerin Helene Fischer über die Tourdokumentation „Allein im Licht“, aufwendige Bühnenshows, ihre Teenager-Zeit, das Schlagergeschäft und die Yellow Press

Helene Fischer

© Marco Prosch/MDR

Frau Fischer, am 09. Mai zeigt die ARD die Tour-Dokumentation „Allein im Licht“. Was gucken Sie selbst gerne im TV? 
Fischer: Ich bin viel unterwegs und komme deshalb nicht so oft dazu. Natürlich läuft der Fernseher ab und zu im Hintergrund mit, aber dass ich mich hingesetzt und bewusst etwas angesehen habe, das ist schon etwas länger her. Ich schaue gerne Tierdokumentationen, da bleibe ich hängen, oder mal einen Blockbuster. Und ich liebe Kochsendungen, weil ich ein absoluter Genießer bin, was Essen angeht.  

Was ist mit Casting-Shows? 
Fischer: Die schaue ich mir auch an, weil ich schon drauf achte, dass ich über alles gut informiert bin. 

Kürzlich saß Andrea Berg bei „Deutschland sucht den Superstar“ in der Jury. Begrüßen Sie es, wenn der Schlager nun auch in den Casting-Shows Einzug hält? 
Fischer: Klar. Ich weiß gar nicht, warum da immer so große Schlagzeilen mit gemacht werden, „Darf Schlager bei DSDS stattfinden?“ – Ja, warum denn nicht? Es ist doch ein Musikgenre wie jedes andere. Der eine mag R’n’B, der andere mag HipHop – der Dritte Schlager. 

Die Diskussion entsteht wohl dadurch, dass Schlager – vermeintlich – nicht die Musik der Jugendlichen ist. Was war denn die Musik Ihrer Jugend?
Fischer: Ich bin mit sehr unterschiedlicher Musik aufgewachsen, zum einen mit MTV und Viva, das lief ständig bei meiner sechs Jahre älteren Schwester. Zum anderen haben wir eine sehr innige Beziehung zu meiner Großmutter, und die hat gerne alle möglichen Schlagerformate gesehen: die „Feste der Volksmusik“, die „Carmen Nebel Show“ usw. Das haben wir dann auch angesehen.

Für viele Teenager funktioniert Musik ja auch als Abgrenzung zum Elternhaus. Gab es in jungen Jahren auch mal die rebellische Helene Fischer? 
Fischer: Nein. Meine Eltern haben eines wirklich toll hinbekommen: Sie haben uns einfach Kind sein lassen und erwachsen werden lassen, wie wir wollten. Sie haben uns nie kontrolliert und nie einen bestimmten Weg vorgegeben. Von daher hatte ich in meiner Jugend alle möglichen Phasen, in meiner Raver-Zeit habe ich zum Beispiel auch Schlaghosen und diese ultrahohen Buffallo-Schuhe getragen und mir die Haare kurz schneiden lassen.

Piercing?
Fischer: Nein, das nicht. Aber ich habe mich frei entwickeln können. Das Gefühl, „ich muss jetzt ausbrechen“ gab es nicht. 

Was für Songs haben Sie auf Ihrer erster Demo-CD gesungen?  
Fischer: Ich musste damals zuhause erstmal zusammensuchen, was es so an Karaoke- und Instrumentalversionen gab. Es waren vor allem Musical- und Popsongs, „Angel“ von Sarah McLachlan, „Falling in Love“ und „Power of Love“ von Céline Dion – große Songs, schwere Nummern, wo ich mich mit meiner Stimme entfalten konnte.

Ist Pop für Sie bis heute das Vorbild geblieben? Ihre aufwendige Bühnenshow erinnert zumindest an Konzerte einer Britney Spears oder Beyoncé. 
Fischer: Man schaut sich schon bei allen großen internationalen Stars an, was sie auf die Bühne stellen. Aber wir haben uns immer zum Ziel gesetzt, nichts nachzumachen. Wir haben bestimmte Dinge gesehen und gesagt: Das finden wir super, jetzt wollen wir das auf unsere Art und Weise umsetzen, mit unserer Choreographie und Inszenierung. 

Können Sie sagen, was genau ‚Ihre Art und Weise‘ ist, was Ihr Stil ist? 
Fischer: Nein (lacht). Das ist eine Sache, die sich noch formt, das entwickelt sich ja immer weiter. Ich habe jetzt zur Zeit das Glück, große Shows machen zu dürfen, was mir großen Spaß bereitet. Es kann aber auch sein, dass ich irgendwann sage: Das ist mir jetzt alles zu groß, ich würde jetzt lieber in kleinen Theatern oder kleinen Clubs spielen.  

Für den Schlagerbereich sind Ihre Tanzeinlagen und Outfits noch recht ungewöhnlich. Ist es Ihr Ziel, den Schlager zu modernisieren, auch für Jugendliche attraktiv zu machen? 
Fischer: Nein, das war nie mein Ziel. Ich habe nicht so einen Plan, dass ich auf etwas Bestimmtes hinarbeite, sondern es hat sich einfach so ergeben. Wir haben mit unserem Team Ideen entwickelt, und ich habe mir überlegt, in welchen Outfits ich mich heute wohl fühle. Das ist immer auch phasenabhängig. 

An einer Stelle im Film sagen Sie „Ich muss ja nicht immer die Nette sein“. Wie ist das gemeint? 
Fischer: Also, man hat ja – auch wenn ich das immer wieder versuche von mir zu schieben – ein gewisses Image. Und mein Image ist anscheinend, dass ich immer strahle, immer gut gelaunt und immer positiv bin. Das bin ich tatsächlich, das kann ich auch nicht abstellen, ich habe prinzipiell ein sehr positives Lebensgefühl. Doch wenn ich nur als das „liebe nette Mädchen“ betrachtet werde, muss ich sagen, dass ich genauso auch mal Tage habe, wo es mir nicht so gut geht, wo ich nicht strahle. An der angesprochenen Stelle im Film ging es auch um die Inszenierung eines Songs, und der kann ruhig mal ein bisschen verruchter sein.  

Sie erwähnen im Film die Bedenken, die Sie vor Ihrer Karriere gegenüber der Schlagermusik hatten. Wie würden Sie heute einen Nachwuchskünstler davon überzeugen, in dieses Genre zu gehen? 
Fischer: Das ist eine schwierige Frage. Es war halt mein Weg und ich wurde von der Branche sehr liebevoll aufgenommen, auch vom Publikum. Man hat mir die Freiheit gelassen, auch Fehler zu machen, nicht perfekt zu sein und durch ein paar Stolperer dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Es gab keine Neider, sondern ich wurde sehr liebevoll und sehr… nett aufgenommen –  ha, da ist es wieder, das Wort. Aber so war es tatsächlich. Es gab da niemanden, der mir etwas Böses wollte.  

Zitiert

Mein Image ist anscheinend, dass ich immer strahle, immer gut gelaunt und immer positiv bin. Das bin ich tatsächlich, das kann ich auch nicht abstellen.

Helene Fischer

Sie sagen auch, Sie hätten sich anfangs in die Branche „verliebt“. Ist dieses Gefühl geblieben? 
Fischer: Ja. Es gibt zum Beispiel die „Schlager-Starparaden“, Veranstaltungen in den größten Arenen Deutschlands wo etwa zwölf Künstler an einem Tag auftreten. Wenn ich dort meine Kollegen treffe, ist es immer noch so, dass ich denke: Wie schön, die sind alle so normal! Da ist niemand wahnsinnig abgehoben, keiner fühlt sich unfassbar cool. Da gibt es Musiker, die 20 oder 30 Jahre in diesem Beruf arbeiten, die immer noch erfolgreich sind, aber sie prahlen nicht damit. Das sind bescheidene, bodenständige Menschen, und das mag ich. Denn wenn ich auf Leute treffe, die gerade mal einen Hit hatten und deswegen gleich denken, sie sind’s jetzt – damit kann ich nicht umgehen.

Wie können Sie sich heute als Künstlerin entfalten, wenn die Musik und Texte von anderen Menschen kommen?
Fischer: Am Anfang, als Newcomer hatte ich keine Erfahrung, nicht im Textbereich und beim Komponieren schon mal gar nicht. Damals wurde für mich ein Team geformt, das dann Texte geschrieben hat. Ich habe damals oft gesagt bekommen, dass seien Texte, die auch eine 40-Jährige singen könnte… 

…doch Sie selbst waren gerade halb so alt.
Fischer: Ja, ich habe mir auch die Frage gestellt, ob das geht. Allerdings sehe ich es nach wie vor so, dass ich Songs für die Menschen singe. Ich möchte Geschichten erzählen, in denen sich andere Menschen wiederfinden können. Und das sind oft keine autobiografischen Songs. Es ist etwas Anderes als die Singer/Songwriter im Pop, die aus ihrem eigenen Leben und ihrer eigenen Erfahrung schöpfen.

Aber wo und wie findet Ihr Einfluss auf Texte und Musik statt? 
Fischer: Bis vor zwei Jahren hatte ich darauf kaum Einfluss. Dann habe ich mich aber in den letzten Jahren immer mehr selbst eingebracht. Ich konnte nicht mehr zusehen, dass mir jemand Texte schreibt, die ich dann einfach singe. Da habe ich angefangen, meine Meinung einzubringen und auch mal zu sagen „diese Zeile passt nicht zu mir, das bin ich nicht“. Deshalb sind die letzten beiden Alben auch autobiografischer geworden, weil ich mich mit den Textern intensiver zusammengesetzt habe. Im Moment arbeiten wir am nächsten Album und so intensiv wie an diesem habe ich selbst noch nie an einem Album gearbeitet. Es macht mir viel Spaß, dass ich endlich so viel Einfluss nehmen darf.

Das heißt, es steckt heute mehr Helene Fischer in Ihren Texten?
Fischer: Bei mir ist es heute gemischt. Einerseits will ich nicht alles autobiografisch erzählen, das würde mir Angst machen, wenn alle über meine persönlichen Gedanken Bescheid wissen. Auf der anderen Seite gibt es Gefühle, die ich gerne betextet haben will – und die sind jetzt dabei.

Wo Sie jetzt gerade das Private ansprechen: Die Tour-Dokumentation zeigt Sie auch in ein paar privaten Momenten. Saßen Sie mit im Schnitt? 
Fischer: Nein, beim Prozess des Schneidens war ich nicht dabei. Außerdem ist das ein Kunstwerk des Dokumentarfilmers Kai Ehlers, ich habe mich eingelassen auf dieses Projekt und darauf, mich von einer Kamera begleiten zu lassen. Als ich den Film das erste Mal gesehen habe war das eine Überraschung für mich. Danach haben wir dann natürlich noch einige Punkte diskutiert. 

Gab es denn von Ihnen Anweisungen, wie weit die Kamera Ihnen folgen darf? 
Fischer: Ja, es war von vornherein besprochen, wie weit die Kamera gehen darf. Darüber gab es während der Tour aber auch immer wieder Diskussionen. Weil natürlich ein Dokumentarfilmer so nah wie möglich dran sein möchte. Doch wenn meine Familie oder Florian mich besucht hat, haben wir entschieden, dass das nicht gefilmt wird. Es gibt allerdings eine Szene mit Florian. Er hat mich auf der Tour oft besucht, insofern wäre es unehrlich gewesen, das im Film gar nicht zu zeigen.

An einer Stelle folgt Ihnen die Kamera bis ins Hotelzimmer, wo Sie im Nachthemd gerade die Choreographie Ihrer Show durchgehen. 
Fischer: Das war ein Hemd, kein Nachthemd! (lacht) Und da es eine Probenszene ist, war das für mich ok. Der Zuschauer, der normalerweise nur die perfekte Show kennt, denkt ja wahrscheinlich, dass hinter den Kulissen alles genauso glamourös ist. Da wollten wir einen Einblick gewähren, wie einfach manche Dinge entstehen und wie unspektakulär es manchmal hinter den Kulissen aussieht. Und wenn ich Texte lerne, geschieht das manchmal auch im kleinen Zimmerchen. 

Mit wachsender Popularität sind Sie in den letzten Jahren auch zum Spekulationsobjekt der Boulevard-Medien geworden. Ist das anstrengend? 
Fischer: Ja, das ist es. Klar, es gehört zu meinem Job, was ich logischerweise auch lernen musste zu akzeptieren. Es ist nervig, immer wieder falsche Behauptungen, die in der Presse auftauchen, aus dem Weg räumen zu müssen. Vieles schaue ich mir auch nicht an oder lese es nicht, über manches kann ich auch lachen. Aber es ist insgesamt manchmal schon anstrengend. 

Gehört es nicht ein Stück weit zum Showgeschäft dazu, Privatleben zu inszenieren, sogenannte „Home-Storys“ zu machen? 
Fischer: Das wäre ein Weg, aber es ist nicht mein Weg. Home-Storys habe ich noch nie zugelassen und ich glaube auch zu wissen, dass ich das in Zukunft nicht machen werde. 

Zum Schluss noch fünf kurze Fragen. Welche Musiker bewundern Sie?
Fischer: Ich liebe Céline Dion und Jon Bon Jovi, Josh Groban, auch Country-Musiker wie Lady Antebellum, oder Kings of Leon – also, da gibt es sehr viele.

Wie viele Autogramme schaffen Sie in einer Stunde? 
Fischer: Puh, das habe ich noch nie gezählt. Aber es sind viele, ich bin schnell geworden. 

Haben Sie eine russische Eigenschaft?
Fischer: Ja, den Drang zur Melancholie, das Schwere, das mag ich.

Turnschuhe oder High-Heels?
Fischer: Privat Turnschuhe, auf der Bühne High-Heels. 

Talisman?
Fischer: Nein, habe ich nicht. Ich mag diese abergläubischen Dinge nicht, Dinge, die man dann immer dabei haben muss… Höchstens meine Ringe, da werde ich unruhig, wenn ich die nicht anhabe. Vielleicht ist das mein Talisman.

Helene Fischer wurde am 5. August 1984 im sibirischen Krasnojarsk geboren. 1988 siedelte sie mit ihrer Familie nach Deutschland in die Kleinstadt Wöllstein in Rheinland-Pfalz um. Sie studierte Gesang, Schauspiel und Tanz an der Stage & Musical mehr

4 Kommentare zu “Ich habe prinzipiell ein sehr positives Lebensgefühl.”

  1. Alfred Rosinus |

    Liebe Helene! Für deine zahlreichen Auftritte wünsche ich dir alles, alles Gute. So natürlich wie du bist, werden dir die Herzen der Schlagerfreunde, doch vor allen Dingen der deiner Fans, zufliegen!

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  2. Alfred Rosinus |

    Für mich ist Helene Fischer der weibliche „Star“ im deutschen Schlagergeschäft. Ihre Lieder, ihre Show’s sind einfach nur „Spitze“! Dazu hat sie ihre Natürlichkeit bewahrt. Als großer Fan kann ich nur sagen: „Wieter so, liebe Helene!“

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  3. Anja |

    Helene ist einfach klasse.
    Sie ist so sympathisch und natürlich.
    Sie hat eine wunderebare stimme die tief berührt.
    Helene Fischer ich liebe dich <3
    Mach bitte weiter so wie bisher.

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  4. Marie |

    Ganz toll!

    Ein wunderbares Interview, vielen Dank dafür!
    Helene ist eine so unfassbar sympathische Person – und eine unglaubliche Künstlerin dazu!

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