Hella von Sinnen

Lachen ist für mich überlebensnotwendig!

Hella von Sinnen über das "Große Promi-Grillen", ihr Verhältnis zu Hugo Egon Balder, Karriere-Anfänge, Studienzeit, Imagepflege und das Schubladendenken in Deutschland

Hella von Sinnen

© Frank Hempel / Sat.1

Frau von Sinnen, wann haben Sie das letzte Mal gegrillt?
Hella von Sinnen: Für einen Promotion-Termin habe ich gerade vor ein paar Tagen zusammen mit Hugo Egon Balder Würstchen gegrillt. Das hatte jetzt natürlich nicht die große Gemütlichkeit, doch ein paar Tage später war ich dann bei einer Freundin aus Österreich und da lagen so verwegene Spezialitäten wie „Eitrige“ auf dem Grill; das sind Würstchen mit Käse gefüllt, wo dann auf dem Grill der Käse rausquillt. Das war sehr zünftig!

Würden Sie sich denn als Grill-Fan bezeichnen?
Hella von Sinnen: Ich kenne Leute, die im Sommer jeden zweiten Tag den Grill anschmeißen, und alles was nicht bei drei auf den Bäumen ist, wird gebrutzelt. Doch so extrem ist das bei mir nicht. Wenn Freunde mich zum Grillen einladen, finde ich das eigentlich zünftig, wobei es mich schon sehr stört, wenn das Bier so warm wird. Das ist eigentlich mein größtes Problem, weil mich das Grillen immer nicht so interessiert wie das kalte Bierchen, was es dazu gibt. Wenn es dann vor Ort aber keine vernünftigen Kühlmöglichkeiten gibt, verfalle ich in schwere Depressionen. Ansonsten finde ich es einfach gemütlich mit Freunden an einem Feuer zu sitzen und zu quatschen; das hat ja irgendwie auch was archaisches.

Inwiefern hat das Grillen auch etwas Spießiges?
Hella von Sinnen: Dieses Bild von den Jungs, die mit Ripp-Unterhemden am Grill stehen, assoziiere ich auch mit Campingplätzen und türkischen Familien am Aachener Weiher und das hat für mich überhaupt nichts spießiges, sondern ist einfach auch eine Art der Freizeitgestaltung. Spießig wird’s dann, wenn die Frau den ganzen Tag am Herd steht und der Mann sich am Tisch bedienen lässt. Ich finde es allerdings schon interessant, dass das Grillen irgendwie eine männliche Domäne zu sein scheint, also dass die Jungs sich das ganze Jahr über nicht in der Küche sehen lassen, aber wenn die ersten Sonnenstrahlen sichtbar werden, dass sie dann die Kohlen durch den Garten schleppen und die Grillzange nicht mehr aus der Hand legen.

Am 30. Juli treten Sie in der Sat.1-Show „Jetzt geht’s um die Wurst!“ gegen andere Prominente an, in einer Art Grill-Wettbewerb. Täuscht es, oder hat diese Sendung eine starke Ähnlichkeit zu den Shows und Events die Stefan Raab in letzter Zeit veranstaltet hat?
Hella von Sinnen: Dazu muss man prinzipiell sagen, dass der Kollege Raab und sein Team immer sehr gute Ideen haben. Es fing ja an mit seiner Rubrik „Raab in Gefahr“ innerhalb seiner Show „TV Total“, wo er sich selber als Prominenter den groteskesten Sportarten ausgesetzt. Dann kam die „WOK-WM“, das Turmspringen, das Autorennen… So, und wir wissen doch nun alle, die wir beim Fernsehen arbeiten, dass, sobald einer mal eine gute Idee hat, in kürzester Zeit ähnliche Formate auch bei anderen Sendern auftauchen. Ich finde das gar nicht problematisch, solange die Idee auch für sich alleine funktioniert. Außerdem glaube ich, dass sich unsere Grill-Show mehr an den sehr beliebten Koch-Formaten orientiert, als an den Raab-Events. Dass diese Show nun in einer Tennishalle stattfindet, würde ich auch eher mit der gewünschten Campingplatz-Atmosphäre begründen, die durch eine grüne Wiese sicherlich aufkommen wird.

Eine Ihrer ersten TV-Sendungen hatte ja gewissermaßen auch mit Essen zu tun, die Torten-Show „Alles nichts oder?!“, welche Sie Ende der 80er zusammen mit Hugo Egon Balder moderiert haben. Denken Sie gerne an diese Zeit zurück?
Hella von Sinnen: Ja, das war eine sehr sehr schöne Zeit! Wir standen damals am Anfang des Privatfernsehens und konnten uns zusammen mit sehr kreativen und lustigen Autoren und Regisseuren lustige Spielchen und Späßchen ausdenken, ohne dabei unter Quotendruck zu stehen. Wir hatten reinen Spaß am Fernsehmachen, den ich heute nicht mehr überall entdecken kann. Du kannst heute überhaupt nichts mehr machen, ohne dass gleich die Marktforschung eingeschaltet wird, und wenn dann dem Publikum das rote T-Shirt besser gefällt als das blaue, musst du dich sofort umziehen. Heute läuft alles so stromlinienförmig, was mir persönlich überhaupt nicht passt. Daher freue ich mich schon sehr auf unseren Grill-Event und einen schönen kleinen anarchistischen Abend.

Hugo Egon Balder wird auch beim Promi-Grillen Ihr Moderationspartner sein. Wie würden Sie Ihre Beziehung zueinander beschreiben?
Hella von Sinnen: Ich weiß nicht, ob ‚Ehepaar’ es auch treffen würde, aber Hugo ist wie eine Art Bruder für mich. Wir haben eine sehr familiäre und vertraute Beziehung zueinander. Wir wissen einfach wie der andere tickt, ohne viel absprechen zu müssen. Das ist ein sehr schönes Gefühl, und irgendwie auch was ganz besonderes!

Aber warum haben Sie eigentlich nie aufgehört sich zu siezen?
Hella von Sinnen: Ich kann ihnen das nicht sagen; ich weiß es einfach nicht. Ich weiß auch gar nicht mehr, wie das damals gekommen ist und warum sich das so etabliert hat, doch sobald die Kameras angehen, fangen wir an, uns zu siezen. Manchmal allerdings, wenn wir in Quiz-Shows als Team antreten, kann es auch schon mal passieren, dass wir Hugo und Hella zueinander sagen. Das ist dann aber eher die Ausnahme.

Zitiert

Du kannst heute überhaupt nichts mehr machen, ohne dass gleich die Marktforschung eingeschaltet wird.

Hella von Sinnen

Seit Beginn Ihrer Karriere heftete Ihnen oft das Image der lauten, dummen und schrillen Ulknudel an. Hat Sie das je gestört?
Hella von Sinnen: Ja, dieses Schubladendenken in Deutschland hat mich schon immer sehr gestört. Es gab bisher nur sehr wenige Journalisten, die den Anspruch hatten, mich auch mal von einer anderen, ernsteren Seite darzustellen und sich überhaupt die Mühe gegeben haben, mich kennen zu lernen. Viele Journalisten schreiben ständig voneinander ab und wenn mal irgendein Chefredakteur einen Praktikanten zu der dicken Tante geschickt hat, und der wirklich einen differenzierten Artikel über mich geschrieben hat, dann kam der Chefredakteur und hat gesagt: „Das will doch keiner lesen! Wo sind denn hier die Vorurteile? Schreiben Sie das bitte um!“ Persönlich greift mich das nicht sonderlich an, doch unter professionellen Gesichtspunkten stört mich so ein Verhalten sehr. Man kann von mir einfach nicht behaupten, ich wäre nur lesbisch, oder nur schrill und dick!

Wie sehr spielt denn Imagepflege für Sie eine Rolle?
Hella von Sinnen: Sicherlich ist Image etwas Vermarktbares und viele in der Branche würden sich freuen, wenn sie überhaupt mal ein Image hätten. Ich bin in erster Linie aber Künstlerin und es irritiert mich schon kolossal, wenn ich am Flughafen angequatscht werde und die Leute zu mir sagen: „Mensch, Sie sind ja richtig intelligent!“, so als wäre ich die letzten 30 Jahre strunzendumm durchs Leben getapert. Für mich gibt es nicht ‚schön’ und ‚hässlich’, und ich wehre mich dagegen, Menschen in bestimmte Kategorien einzuteilen. Sehen Sie, ich bin eine Wassermann-Frau und neben schwarz und weiß gibt es für mich unheimlich viele Grauschattierungen. Ich stehe doch auch nicht nur im Blaumann vor der Kamera, sondern veranstalte meine Hans Christian Andersen-Märchenabende und das sind doch auch ganz andere Facetten meines Könnens, meiner Seele und meines Anspruches. Das kann man doch nicht einfach übersehen!

Und wie vereinbaren Sie diese Abneigung gegen Klischees mit Comedy-Shows, wo ja gerade die Kategorisierung von Menschen zum Mittel des Gags wird?
Hella von Sinnen: Sicherlich wird in der Comedy-Szene sehr viel auf Klischees zurückgegriffen, doch das muss ja nicht der einzige Weg sein, um die Leute zum Lachen zu bringen. Wenn Sie mich in meiner Arbeit beobachten, werden Sie feststellen, dass ich in der Regel lustige Geschichten und Anekdoten aus meinem Leben erzähle und versuche, daraus eine Komik zu ziehen.

Inwiefern unterscheidet sich die private Hella von Sinnen von der quirligen Entertainerin?
Hella von Sinnen: So viele Unterschiede gibt es da gar nicht, denn ich werde ja nicht zu einem anderen Menschen, sobald ich vor der Kamera stehe. Wenn Sie mich privat oder unter Freunden antreffen, werden Sie auch weiterhin das laute Lachen hören und auch mein Temperament zu spüren bekommen. Wenn ich dann aber am nächsten Morgen mit meiner Frau im Bett aufwache und ganz bei mir bin, dann werden Sie mich nicht den ganzen Tag lachen hören, sondern dann bin ich auch einfach mal nur müde und still, lese ein Buch oder höre einfach nur mal Menschen zu. Trotzdem bin ich sehr dankbar für meinen Humor und auch meine Frau und unsere Freunde sind sehr witzige Zeitgenossen. Lachen ist für mich überlebensnotwendig!

Nach dem Abitur wollten Sie ursprünglich Schauspielerin werden, doch nach zahlreichen Ablehnungen durch diverse Schauspielschulen studierten Sie einige Jahre Germanistik und Theaterwissenschaften. Haben Sie sich in der Studentenwelt damals wohlgefühlt?
Hella von Sinnen: Nein, ich habe eigentlich hauptsächlich Theater gespielt und das Studium lief so nebenher. Ich habe dann irgendwann meine Zwischenprüfung gemacht, aber so richtig wohl habe ich mich in dieser Institution nie gefühlt. Ich muss allerdings sagen, dass ich im Nachhinein schon dankbar für den Studiengang der Theater- Film und Fernsehwissenschaften bin, denn auf diesem Wege habe ich doch viel Interessantes über die Medienwelt gelernt. Seitdem sind Filme auch ein großes und wichtiges Hobby von mir.

Aber woran hat es gelegen, dass Sie mit dem Universitätsbetrieb nie wirklich zurechtgekommen sind?
Hella von Sinnen: Ich glaube das lag teilweise an meiner Schulzeit. Ich habe es in der Schule nie beigebracht bekommen, konzentriert und strukturiert zu lernen. Mir hat es wahrscheinlich nicht an Intelligenz gemangelt, doch ich war in der Schule einfach schlecht motiviert und dadurch auch häufig unkonzentriert. Die gleichen Probleme hatte ich dann natürlich auch an der Universität. Ich konnte durch meine Wachheit sicherlich vieles ausgleichen, doch ich habe den Unterrichtsstoff und die Arbeitsvorgänge nie zu dem Zeitpunkt begriffen, an dem sie behandelt wurden. Das kam immer erst ein Jahr später.

Wie sind Sie als offene und energische Person mit den eher gesitteten Abläufen an einer Universität umgegangen?
Hella von Sinnen: Ich habe mich mit Silberbüchse und Fransenhose ins Karl May-Seminar gesetzt und wollte einfach auffallen. Ich hab meine Schwächen mit Exzentrik wettgemacht, habe Faxen gemacht und provoziert. Davon waren natürlich nicht alle Studenten begeistert.

Hella von Sinnen, 1959 in Gummersbach geboren, hat eine starke Aversion gegen Vorurteile. Das macht sie rasend. Sie ist laut und schrill und albern, doch sie möchte ernst genommen werden. Zusammen mit Hugo Egon Balder und ihrer gemeinsamen Show mehr

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