Herr Maske, mussten Sie sich körperlich auf den Film „Max Schmeling“ vorbereiten?
Henry Maske: Nein, ich war immer sehr aktiv. Deshalb war mein Comeback vor drei Jahren überhaupt erst möglich. Natürlich habe ich mich für den Film aber noch einmal richtig gestählt.
Wie lief das Training für den Film?
Maske: Das hat man doch im Film gesehen. Heino Ferch, der Schmelings Trainer Max Machon spielt, hatte offensichtlich richtig Spaß daran mich zu quälen. Ich dachte mir immer: Du kriegst mich nicht. Er hat mir den Medizinball sicher 30-mal so was von in den Bauch geworfen.
Als mich Uwe Boll damals fragte, ob ich mir das vorstellen kann, versicherte ich ihm von Anfang an, dass er sich körperlich und boxerisch auf mich verlassen kann. Bei allem anderen wollte ich tun, was möglich ist.
Welche Rolle spielte, dass Regisseur Uwe Boll früher auch boxte?
Maske: Er wusste was auf ihn zukommt und ich hatte das Gefühl, dass er mich beurteilen kann. Er hat das reflektiert. Während der Arbeit war die Folge, dass er mir kompletten Freiraum einräumte. Meine Vorstellung der beiden Kämpfe gegen Louis oder den gegen Sharkey, die ich auch vorher gesehen hatte, bekamen den Charakter, wie ich sie sah. Da habe ich vieles im Ring gemeinsam mit den Sportlern entschieden.
Einer Ihrer Nachfolger, Arthur Abraham, kämpft als Richard Vogt gegen Sie bzw. Schmeling…
Maske: Es war eine kluge Entscheidung, aktuelle Boxer aus dem Sauerland-Stall zu holen. Für mich waren die Drehs mit den zwei, dreien, die vorher freizeitmäßig geboxt hatten, deutlich gefährlicher. Die kämpften unorthodox und wollten nicht doof aussehen. Auf einmal kamen da Hände, mit denen so nicht zu rechnen war. Da musste ich richtig auf der Hut sein. Bei den Profis musste ich da keine Angst haben. Die konnten mich hart schlagen, auch optisch hart schlagen. Diese sieben Tage waren knallharte Arbeit für mich.
Es hat sich beim Dreh aber niemand ernsthaft verletzt, oder?
Maske: Es gibt eine Szene, in der ich einen Aufwärts-Haken einstecken muss. Danach hat mir mein Kiefer richtig wehgetan. Die wollte Uwe Boll zweimal drehen. Als ich die noch mal sah, hatte ich wieder richtige Schmerzen dabei.
2002 sollte es schon einmal eine Schmeling-Biografie im Kino geben. Auch damals waren Sie als Schmeling im Gespräch…
Maske: Das stimmt. Damals fiel auch dieser spontane Satz von Schmeling selbst: ‚Dann spielt mich der Henry!’ Warum das Projekt nicht umgesetzt wurde, kann ich nicht sagen. Was für mich blieb, war die Aussage von ihm. Die habe ich mitgenommen und mich in meiner Entscheidungsfindung für das jetzt realisierte Film-Projekt von Uwe Boll unterstützt. Ohne die Aussage von Max wäre ich viel unsicherer gewesen, ob Max das recht wäre, ob der Max mir das zutrauen würde. So vertraute ich darauf, dass er sich dabei was dachte, als er spontan auf mich kam. Vielleicht hat er in der Zeit, in der wir uns kennen lernten, Dinge gefunden, die er mit sich verbunden hat. Eine bessere Empfehlung als die, dass der, um den es geht, einem das auch zutraut, gibt es nicht.
Haben Sie Rücksprache mit ihm gehalten?
Maske: Als Mitte des Jahres die Büste zu seinen Ehren gesetzt wurde, habe ich sein Grab besucht. Ich genieße das. Es gibt und gab sicher für jeden schon einmal einen Zeitpunkt, an dem man sich von jemandem verabschieden musste, der einem wichtig war. Es gab da auch einen Moment, in dem es um den Film ging. Da hatte ich diese Gedanken im Kopf: ‚Was sagst du Max? Soll ich das machen?’
Das klingt, als wären Sie einander sehr nahe gestanden. Sie betonen aber immer wieder keine Vorbilder zu haben. Wie war Ihr Verhältnis? Waren Sie Freunde?
Maske: Insgesamt habe ich Schwierigkeiten mit Vorbildern. Aber als ich Max Schmeling kennen lernen konnte, hatte ich das Gefühl, dass dieser Bursche einen Charakter hat, den man sich zum Vorbild nehmen darf. Viele Dinge, die er in der Vergangenheit getan hat, haben mir gefallen. Die verbinden. Seine Beziehung zu seiner Frau, seine Zuverlässigkeit, den respektierenden Umgang mit dem Gegner und den Menschen. Es gibt viele Menschen, die man wegen bestimmter Eigenschaften toll findet, die aber bei genauerem Hinsehen auch andere Seiten haben. Von denen kann ich nicht sagen, dass sie Vorbilder sind. Da muss man eingrenzen. Schmeling war für mich ein Mensch, von dem ich sagen würde, dass ich ihm komplett vertrauen würde.
Es gibt eine Szene, in der ich einen Aufwärts-Haken einstecken muss. Danach hat mir mein Kiefer richtig wehgetan.
Sie führen, wie einst Schmeling auch, eine glückliche Ehe mit Ihrer Frau. Was macht für Sie eine solche Beziehung aus?
Maske: Das Zusammenleben auf Augenhöhe. Dass man mit dem anderen Schritt hält und keiner dem anderen voraus läuft oder dem anderen hinterher laufen muss. Das ist Voraussetzung dafür, sich im Laufe der Zeit zu entwickeln. Unsere Beziehung ist über 20 Jahre alt und ich stehe nicht mehr auf der Ebene, wie vor 20 Jahren. Wäre das bei meiner Frau so, läge eine große Distanz dazwischen. Wir gehen im Gleichschritt und nehmen uns mit. Wer auch immer vorn ist.
Sie bereiteten sich acht Monate in einer Schauspielschule auf die Rolle vor. Über Ihren Ausflug in die Schauspielerei sagten Sie in einem Interview, dass Sie vor allem Schwierigkeiten hatten, wenn es um die Beziehung zwischen Max Schmeling und seiner Frau Anny Ondra ging…
Maske: Das kann sicher jeder nachvollziehen, der eine Beziehung zu seiner Frau hat, wie ich sie habe. Sicher auch jeder Schauspieler. Sich mit einer anderen Frau einzulassen, muss man erstmal realisieren. Da muss man ein emotionales Empfinden nachvollziehen können, was natürlich aber zum Spielen dazugehört. Trotzdem habe ich ein Gehirn, mit dem ich denke. Da musste ich mir sagen: Das ist so. Das muss so sein. Ich glaube es gibt keinen Schauspieler, der sagen würde: Das war toll.
Hatten Sie das Gefühl Ihre Partnerin zu hintergehen?
Maske: Genau das muss man sich klarmachen. Genau das ist es nicht! Als Schauspieler lernt man eben so ein Schauspiel. Da gehört das dazu. Bindet sich eine Frau an einen Schauspieler, weiß sie das, was auf sie zukommen kann. Es gehört dazu. Meine Frau wusste dagegen: Da kommt ein Boxer auf mich zu – aber kein Schauspieler. Vielleicht hätte sie sich anders entschieden.
Wie hat Ihrer Frau der Film gefallen?
Maske: Wichtig war, dass sie damals den Satz von Max gehört hat. Da war sie dabei. Sie war dann auch die erste, die mit mir den Film gesehen hat. Sie erzählte, dass sie die Angst, die sie vorher hatte, nämlich nur mich zu sehen, relativ schnell vergessen konnte. Das gab mir ein gutes Gefühl. Sie hat Max gesehen. Da dachte ich: Dann hat der Film eine faire Chance. Ich selbst bin ein sehr kritischer Mensch. Gerade wenn mich andere nach Kämpfen lobten, dachte ich mir manchmal ‚um Gottes Willen’. Ich selbst bin eher Zweifler. Jedoch kein Verzweifler. Das ist ein großer Unterschied.
Sie spielen Max Schmeling. Was ist mit Ihrem Leben? Haben sie die Rechte daran schon verkauft?
Maske: Es war ein schwerer Gang, den Film Schmeling zu realisieren. Für den Stoff hat sich bis nach seinem Tode keiner für interessiert. Es gab in Amerika einen Film aus der Perspektive von Louis. Einen Film, bei dem Til Schweiger Schmeling spielte. Trotz der vielen Filme über berühmte Deutsche gab es nie einen Schmeling-Film. Für diesen gab es abgesehen von Hessen, keine Unterstützung aus ganz Deutschland. Warum sollte sich jemand mit einem beschäftigen, der 40 oder 60 Jahre jünger ist und bei weitem nicht so viel Resonanz hinterlassen hat, wie ein Schmeling, der ein Star in Amerika war? Es gibt keinen Deutschen, der in Amerika ein solcher Star war oder ist. Ich bin es sicherlich nicht.
Wie war es für Sie am Set?
Maske: Sie müssen sich vorstellen: Nachdem wir an drei Tagen die Kreta-Bilder abgedreht hatten, sind wir sieben Tage in die Box-Halle gegangen, wo wir diese Boxkämpfe komplett drehten. Ich gehe davon aus, auch ohne die Erfahrung zu haben, dass am Anfang eines Filmdrehs sich alles erstmal findet und nicht jeder alles über den Inhalt, den Menschen Schmeling wusste. Aber in diesen sieben Tagen, in denen der alte Herr, damit meine ich natürlich in diesem Fall mich selbst, mit zwanzig Jahre jüngeren gequält wurde, ist ein großer Respekt mir gegenüber und auch Schmeling gegenüber entstanden. Gerade beim Abgang Schmelings hatten die einen oder anderen Tränen in den Augen. Das fand ich gut.
Im Film diskutieren Promoter Jacobs, Trainer Machon und Boxer Schmeling vor dem Kampf gegen Louis, ob Schmeling antreten solle, weil der Gegner zu stark sein könnte. Wie gängig ist diese Praxis?
Maske: Das ist sehr real. Viele erwarteten eine Farce im Kampf gegen einen derart übermächtigen Gegner wie Louis es damals war. Schmeling wurde für sein Vorhaben von vielen belächelt und verlacht. Er galt zu der Zeit nicht mehr als ganz junger. Er war 31 Jahre alt und wurde nur aus Amerika geholt, weil er gut zu verkaufen war. Der einzige, der wirklich an den Sieg geglaubt hat, war Schmeling. Sonst hätte er keine Chance gehabt. Mir selbst ist das auch nicht ganz fremd. Man hat mir manchen Kampf nicht zugetraut. Als junger Boxer hat man mir nicht zugetraut, ein erfolgreicher Amateur zu werden, man hat mir keine Profi-Karriere zugetraut, das Comeback nicht zugetraut und den Film nicht zugetraut.
Welche Rolle spielen im Boxen die Promoter? Früher gab es neben Ihrem alten Promoter Sauerland mit Kohl einen weiteren, heute mit Öner einen Dritten…
Maske: Die Verbindung zu Sauerland hatte für mich enorme Bedeutung. Er bekam mit mir einen erfolgreichen Sportler und verantwortungsbewussten Menschen und hat seine Verbindungen nutzen können, um die Chancen, die ich benötigte, zu organisieren. Beim Boxen ist nicht immer erkennbar, wer der Beste ist, wie es zum Beispiel beim Hundertmeterlauf ist, wo immer die besten Teilnehmer da sind. Beim Boxen kann man ohne ordentlichen Manager versauern, weil einen niemand bemerkt. Als Amateur bleiben einem Meisterschaften und Wettkämpfe, aber als Profi verhungern Sie ohne Manager auf allen Ebenen.