Frau Kanoo, Sie sind Gründerin und Initiatorin der Abu Dhabi Music and Arts Foundation (ADMAF), mit der Sie ein Festival für klassische Musik ins Leben gerufen haben – wie kommt man auf die Idee, in Abu Dhabi so ein Festival zu gründen?
Kanoo: Das ist ein schleichender Prozess, ich habe mich immer sehr für Musik und Kultur engagiert und viele unterschiedliche kulturelle Einflüsse kennengelernt. Ich habe in Deutschland, England und den USA gelebt – und natürlich in Paris. Das war wohl die prägendste Zeit: Ich war 16 und ging dort aufs Gymnasium. Gibt es eine schönere Stadt ein junges Mädchen an die Künste heranzuführen? Diese „Erleuchtung“ für die Kunst möchte ich den Menschen weitergeben – insbesondere jungen Leuten. So ist die Idee für das Festival entstanden und über die Jahre gewachsen.
Das Hauptziel des Festivals ist die künstlerische Vision Abu Dhabis bekannt zu machen – was genau verstehen Sie darunter?
Kanoo: Wir wollen, dass sich Menschen und Künstler unterschiedlicher Kulturen kennen lernen und austauschen, ihre Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten begreifen. Da gibt es keinen schöneren Weg als die Musik, wenn 1000 Leute gleichzeitig den einen gleichen Ton hören und ihn spüren. Darauf kann man aufbauen und weiter Brücken zwischen den Kulturen schlagen.
Warum entsteht so ein Festival gerade in einer Region wie Abu Dhabi? Dient es eher dazu Touristen zu begeistern oder die Einwohner?
Kanoo: Das Herz eines jeden Festivals ist die Community, die Stadt, in der es stattfindet. Es lebt vom Zusammenspiel der Touristen, die in die Stadt kommen und den Gastgebern, die sie empfangen. Zusammen lebt man die Kunst, tauscht sich aus und lernt sich kennen. Dabei spielt klassische Musik eine große Rolle.
Es werden beim ADMAF viel klassische Musik und bekannte Stücke wie „Giselle“ gespielt, arabische Musik hingegen ist in westlichen Ländern eher unbekannt…
Kanoo: Genau das versuchen wir mit diesem Festival auch zu ändern. Und die Menschen möchten ja gern mehr über unsere Musik erfahren! Beim Beethovenfest in Polen war ich der erste Ehrengast aus der Golfregion und habe ich beispielsweise sehr viel Interesse an arabischer Musik und Kultur bemerkt. Musik bewegt, egal wo sie herkommt und wer sie hört. Das vereint und ist in unserer Zeit ein wichtiger Faktor.
Auch die deutsche Bundesregierung hat Ihnen das Bundesverdienstkreuz verliehen – herzlichen Glückwunsch!
Kanoo: Ja, das ist eine große Ehre. Das Bundesverdienstkreuz habe ich für den deutsch-arabischen Kulturaustausch erhalten, den wir organisieren. Ich versuche hier deutsche Kultur zu vermitteln, organisiere Reisen und lade auch deutsche Professoren zu uns ein, damit sie die arabische Kultur kennenlernen.
So ein Festival kann das Bild, das die Welt von einem Land hat ,verändern.
Wie unterscheidet sich das ADMAF denn nun von den zahlreichen Festivals auf der ganzen Welt?
Kanoo: Natürlich gibt es Ähnlichkeiten, aber ausschlaggebend sind drei Punkte. Zunächst die Auftritte, die bei uns wirklich hochklassig sind. Der zweite Punkt ist der „Bildungsaspekt“ eines Festivals: Der Kulturaustausch und das Kennenlernen der Geschichte der gastgebenden Stadt, über Abu Dhabi wissen die meisten immer noch zu wenig. Das Dritte ist die Gesellschaft und ihr Mitwirken bei diesem Festival. Wir haben in Abu Dhabi unglaublich viele Musiker die sich alle engagieren und sich präsentieren werden.
Sie haben 2009 Künstler wie Jonas Kaufmann, Angela Gheorghiu, Andrea Bocelli oder Sir James Galway engagiert – haben Sie dafür ein unbegrenztes Budget zur Verfügung?
Kanoo: (lacht) Nein, ganz im Gegenteil. Ich glaube jedes Kulturfestival hat – egal wo es ist – immer Budgetprobleme. So schwierig wie dieses Jahr war es bei uns aber noch nie. Auch wir merken natürlich die Finanzkrise. Ohne die Unterstützung der Regierung und unseres Schirmherrn Scheich Nahyan Mubarak Al Nahyan wäre das alles sowieso unmöglich gewesen.
Für viele im Westen ist Abu Dhabi noch immer vor allem Wüste, Öl und Hochhäuser – versucht man mit so einem hochklassigen Festival auch mit solchen Vorurteilen aufräumen?
Kanoo: Natürlich kann so ein Festival das Bild, das die Welt von einem Land hat verändern – aber Vorurteile hat es immer gegeben und wird es immer geben. Viel zu wenig Menschen kennen unsere Geschichte, beispielsweise die arabische Poesie, die es seit Jahrtausenden gibt. Die Menschen wählen immer das aus, was sie sehen wollen. Für unsere Regierung ist es wichtig, zu zeigen, dass wir unsere Bürger ausbilden und zu zeigen wollen, was wir für ein Land sind.
Ein weiteres Vorurteil ist die Rolle der Frau – wie ungewöhnlich ist es, dass Sie als Frau einem solch großen Festival vorstehen?
Kanoo: In den VAE arbeiten durchaus viele Frauen, allerdings nicht sehr viele an der Spitze. Ich glaube, die Welt ist eine Männerwelt – aber überall, nicht nur bei uns. Frauen müssen etwas mehr kämpfen. Ich kann mich allerdings nicht beklagen. Meine Regierung hat mich von Anfang an sehr unterstützt, haben meiner Vision geglaubt – und nur durch Träume wie ich ihn mit diesem Festival erträumt habe, wächst eine Gesellschaft.
Wie erklären Sie sich das?
Kanoo: Ich glaube ich war einfach unglaublich stur und die dachten, wenn sie mir nicht zuhören gebe ich nie Ruhe. (lacht) Nein im Ernst, wir haben ja klein begonnen, es wurde gesehen, dass wir immer das geliefert haben, was wir versprochen hatten. Die Regierung war begeistert darüber, was wir auf die Beine gestellt haben. Wir haben noch immer einen großen Bereich, der junge Leute ausbildet, Behinderte an die Musik heranführt. Mittlerweile sind unsere Programme sogar an den Universitäten anerkannt und gelten als Kurse für die Studenten, die sich engagieren. Und eines Tages wird meine Vision auch wahr – dass jeder einzelne Einwohner von Abu Dhabi mitfeiert!