Herr Balder, was würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen: ein Radio, einen Fernseher oder ein Musikinstrument Ihrer Wahl?
Balder: Ein Musikinstrument meiner Wahl.
Und das wäre?
Ein Klavier.
Warum nicht einen Fernseher oder das Radio?
Balder: Weil ich mit Musik aufgewachsen und schon im zarten Alter von vier Jahren damit in Berührung gekommen bin und das mein ganzes Leben geprägt hat. Das Radio kam später, das Fernsehen noch später.
Sie haben sich jetzt zusammen mit Uli Salm, Hamburger Urgestein in Sachen Rock und Inhaber des „Zwick“, wieder verstärkt der Musik zugewandt.
Balder: Ja, aber nicht nur mit ihm. Auch mit anderen, das ist ja eine ganze Band in Hamburg, die da rumsitzt. Diese ganzen alten Haudegen…
Sie waren zusammen im Studio, um eine CD aufzunehmen, die nun bald erscheinen soll.
Balder: Ja, seit einem Jahr machen wir das schon, sporadisch, weil ich ja immer nur zwischendurch mal hin kann – und dann muss man die Lieder ja auch erst mal fertig kriegen. Momentan verhandeln wir mit einer Plattenfirma und dann schauen wir mal.
Wie viel hat denn die Albumproduktion mit Ihrem bevorstehenden runden Geburtstag zu tun?
Balder: Mit dem Geburtstag hat die überhaupt nüscht zu tun. Gar nichts. Die hat mit mir was zu tun, aber nicht mit dem Geburtstag.
Aber woher kommt aktuell Ihr Bedürfnis, wieder mit Musik in Erscheinung zu treten?
Balder: Ich bin jetzt in der Lage, Sachen zu machen, die ich vor zehn Jahren so noch nicht hätte machen können. Da hätte ich viel mehr auf andere Leute gehört und gesagt: „Nee, stimmt, haste recht, geht nicht.“ Mittlerweile habe ich mich musikalisch weiterentwickelt, ich habe jetzt keine Scheu mehr. Wenn ich früher am Piano saß, dachte ich immer: „Nee, diese eingängigen Melodien, das ist nichts für dich. Bei dir muss es immer ein bisschen schwierig sein.“ Das habe ich jetzt mal fallen lassen. Und ich lasse mir in die Texte, die ich schreibe, nicht mehr reinreden. Von niemandem. Auch nicht von einer Plattenfirma, die das gerne würde: „Oh, das ist aber zu hart, kannst du das nicht ändern?“ Nein, kann ich nicht. Dann ist es ja nicht mehr ich, dann ist es nicht mehr schön. – Es bleibt genauso wie es ist. Das ist natürlich ein Risiko, sowohl für die Plattenfirma als auch für mich. Denn es gibt einige Lieder, die von den Radiostationen bestimmt nicht gespielt werden, könnte ich mir vorstellen.
Weil die Texte wie sind?
Balder: Die Texte sind so, wie ich das meine. Genauso.
Also alle, die die Lieder bis jetzt gehört haben, haben darüber gelacht und gesagt: Klasse! Ein befreundeter Journalist, dem ich ein paar Sachen vorgespielt habe, meinte: „Das musst du ganz schnell rausbringen. Das ist ganz, ganz wichtig, genau so ist es, endlich sagt’s mal einer!“
Es geht um alle möglichen Themen. Es geht um mich, es geht um Themen, die uns alle interessieren, es geht um alles Mögliche. Und das, sagen wir mal, sehr direkt.
Sie haben Ende der 60er Jahre die Rockband Birth Control mitgegründet, waren aber nicht sehr lange dabei, es folgten weitere musikalische Exkurse, allerdings der eher unrockigeren Art…
Balder: Ja, mit deutschen Texten, ich habe 1973 bei der Hansa Musikproduktion angefangen, dann 1976 bei Polydor eine LP aufgenommen mit Texten von Heinz Freitag, ein bekannter und intelligenter Synchronautor und Regisseur.
Nur war ich irgendwie zu früh damit. Wolfgang Penk, der später Unterhaltungschef vom ZDF wurde, damals aber noch beim Südwestfunk war – übrigens der Einzige, der mich mal mit einem Titel in eine Sendung eingeladen hat – meinte später zu mir: „Das Ding war zu früh! Du hättest noch drei Jahre warten müssen, das haben die Leute noch nicht kapiert.“
Was genau meinte er denn?
Balder: Zum Beispiel, wenn ich ein Lied gemacht habe, das „Ostfriesischer Tee“ heißt, dass ich dann „Griechischer Wein“ meine. Das haben sie nicht verstanden.
War auch wurscht (winkt ab). Hat Spaß gemacht, das war’s. Schade<s></s>
Wie wichtig war Ihnen bei den verschiedenen Plattenveröffentlichungen ein kommerzieller Erfolg?
Balder: Überhaupt nicht. Ich hatte ja immer einen Job, ich war darauf nicht angewiesen. Entweder war ich am Schiller-Theater oder bei Radio Luxemburg, ich hatte immer ein festes Einkommen und diese ganze Plattenmacherei war reines Hobby. Weil es Spaß gemacht hat. Wie heute auch.<s> </s>
Auf die Frage, wie eine gute, erfolgreiche Fernsehsendung aussehen müsste, reagierten Sie in einem Interview einmal mit der Aussage: „Sie müssen sich schon entscheiden, entweder gut oder erfolgreich.“ Wie sehen Sie das heute, schließt das Eine das Andere aus?
Balder: Das ist immer schwierig. Man kann auf diese Frage im Prinzip keine klare Antwort geben, weil man es im Vorfeld ja nicht weiß. Das Problem, das wir im Fernsehbereich haben – das haben wir aber schon immer, nur heute fällt es besonders auf – ist, dass es immer wieder Leute gibt, die glauben zu wissen, wie’s geht. Und das ist falsch. Es weiß keiner, wie’s geht. Niemand weiß es. Nicht ein einziger. Es gibt Leute, die haben ein Bauchgefühl und haben dann mit den Sachen, die sie machen, Glück.
Da hilft auch Ihre jahrelange Erfahrung nichts?
Balder: Nein, wenn ich heute eine neue Fernsehsendung mache, dann weiß ich nicht und weiß niemand anderes, ob sie funktioniert oder nicht. Genauso, wenn ich einen Film drehe, da weiß vorher auch keiner, ob er funktioniert. Mir ist es schon öfters so gegangen, dass ich eine Sendung gemacht habe, danach dann noch mit Freunden irgendwo zusammen beim Essen saß und geschimpft habe wie ein Rohrspatz: „Gott, war das wieder ein Unsinn, das mach ich nie wieder!“ – Und dann läuft das Ding! Dann ruft mich der Sender an und sagt was für eine tolle Quote wir haben und ich denke: „Ich versteh die Welt nicht mehr.“
Genauso gibt es Sendungen, wo man hinterher rausgeht und sagt: „Das war richtig geil, das hat richtig Spaß gemacht“ – und das interessiert dann wiederum keinen Menschen. Also, man kann’s nicht wissen. Man kann es wirklich nicht wissen.
Aber noch mal zurück zur Frage. Gut und erfolgreich…
Balder: Eine gute Sendung und eine hohe Zuschauerzustimmung schließen sich nicht unbedingt aus. Nur, wo es sich gegenseitig immer ausschließt, ist bei der Kritik, bei den Zeitungen. Aber das Problem kenne ich schon vom Theater, genau das gleiche.
Inwiefern?
Balder: Im Theater habe ich in einer Aufführung von Hartmut Langes „Die Ermordung der Aias oder ein Diskurs über das Holzhacken“ mitgespielt, die wurde von der Kritik vehement gefeiert. Die Kritiker haben sich regelrecht überschlagen… „so großartig!“ Und dabei waren im Schiller-Theater, in das 1200 Zuschauer reingehen, gerade mal 80 Leute, weil es kein Schwein interessiert hat. So.
Ich möchte nicht sagen, dass sich Qualität und Kommerz ausschließen. Das muss nicht sein, das habe ich ja selber auch erlebt. Auf der anderen Seite habe ich die Erfahrung gemacht, wenn man mit einer Idee zu seinem Sender geht, dass man dann – zumindest bei einem Privatsender – unter Umständen zu hören bekommt: „Ah, nee du, das ist zu hoch für die Leute, lass uns das lieber einfacher machen.“
Und dann sage ich: „Nein, will ich aber nicht.“ Und der Sender sagt: „Ja, dann müssen wir’s lassen.“ – Und dann lassen wir’s.
Glauben Sie, man kann das Fernsehpublikum erziehen?
Balder: Man kann es versuchen. Man kann versuchen – auch in der Prime Time – etwas zu machen, was mal ein bisschen aus dem Rahmen fällt. Ich hätte nichts dagegen, wenn ein bisschen mehr Intelligenz ins Fernsehen kommen würde.
Was in der Prime Time bei den Privaten seit Längerem gut funktioniert sind die Casting-Shows…
Balder: Also, dass die Castingshows wie „Deutschland sucht den Superstar“ so einen Zulauf haben, das liegt ganz klar an bestimmten Faktoren. Es geht überhaupt nicht mehr um Musik. In keinster Weise. Es interessiert kaum jemanden mehr, wer da jetzt gewinnt und wer nicht. Weil die Leute inzwischen wissen: Selbst der Sieger oder die Siegerin ist spätestens nach einem halben Jahr wieder weg. Darum geht’s nicht.
Ich hätte nichts dagegen, wenn ein bisschen mehr Intelligenz ins Fernsehen kommen würde.
Sondern?
Balder: Es geht um den Unterhaltungswert. Was passiert da drin, wie werden die Leute zusammengenagelt, was kann man für Geschichten erfinden? Kriegt die Eine einen Weinkrampf oder nicht, schimpft Bohlen wieder oder nicht? – Darum geht’s! Es geht nicht um das Endprodukt. Das ist ja mal völlig anders gedacht gewesen, früher ging es noch darum, Leute zu finden, die was können und dann einen riesen Plattenvertrag bekommen und tolle Sänger und Sängerinnen werden. Das wurde mittlerweile komplett aus den Augen verloren. Heute geht es nur noch um diese Schadenfreude, dieses „Was passiert dem oder der jetzt?“ Das ist auch der Grund, warum sie am Nachmittag diesen ganzen Schrott gucken. Da brüllen sich Leute an, da werden Gerichtsurteile gefällt, wenn man da mal reinguckt… (Kopfschütteln).
Wofür können Sie sich denn als Fernsehzuschauer begeistern? Was gucken Sie?
Balder: Für Satire kann ich mich begeistern, für Komik. Auch für sehr ernsthafte Reportagen. Und für Musik – im Gegensatz zu allen Fernsehschaffenden, die was zu sagen haben! Das ist ja das Traurige…
Vor dem Hintergrund wie Musik im deutschen Fernsehen stattfindet: Lässt sich Musik im TV besser über einen Wettbewerb vermarkten?
Balder: (Überlegt etwas länger) Glaube ich nicht. Ich denke, dass man in Deutschland genauso musikinteressiert ist, wie in anderen Ländern auch. In Frankreich zum Beispiel gibt es wunderschöne Musiksendungen. Ich habe auch mal eine für Sat.1 produziert, zwei Folgen. „Taratara“ hieß das Ding, wo nur live gespielt wird, wo alles richtig klasse ist, wo man sich mit den Leuten unterhalten kann, wo man viele Sachen erfährt von Phil Collins oder wem auch immer, die man vorher noch nicht wusste, wo die einfach nur Musik machen und Spaß dran haben.
Wo war das Problem?
Balder: Wenn ich etwas in diesem Sinne versuche, einem Sender zu verkaufen, höre ich sofort das Argument: „Musik funktioniert bei uns nicht!“
Natürlich funktioniert Musik nicht in einer Sendung, von der die Leute keine Musik erwarten. Wenn bei „Wetten, dass…?“ Rod Stewart auftritt, schalten in dem Moment vier Millionen weg.
Weil der wieder nur seine Hits präsentiert und man das einfach schon zu oft gesehen hat?
Balder: Nein, die Leute wollen da einfach keine Musik hören, sondern sie wollen die Wetten sehen, sie wollen wissen, was Gottschalk heute wieder erzählt, was Frau Hunziker anhat – deswegen gucken sie das. Und deswegen ist Musik dort ein störender Part.
Wenn ich aber eine Sendung mache, in der es ausschließlich um Musik geht, dann muss man doch zumindest den Zuschauern, die das interessiert, mal eine Chance geben. Und das ist schwer. Zumal Musiksendungen den Nachteil haben, dass sie auch noch Geld kosten, da ist ein riesiger Apparat dahinter. Wenn man das alles live macht, braucht man viele Menschen und ganz viel Technik. Das ist das Problem. Also braucht man wieder Sponsoren (seufzt)… also es ist wirklich nicht leicht. Aber andere Länder wie Frankreich machen es uns vor.
Wäre ein Musikformat also etwas, das Sie als Produzent gerne noch machen würden?
Balder: Ja! Ich stelle momentan wieder einem Sender so ein Format vor. Das ist dann mein hundertstes oder was… Ich mach das so lange, bis jemand es mit mir macht. (lacht)
Würde Sie auch ein neues Comedy-Format reizen? Wie einst zu Zeiten von „RTL Samstag Nacht“, was Sie ja produziert haben?
Balder: Ja. Nur, es müsste anders sein. So etwas wie „Samstag Nacht“ kann man leider nicht mehr machen. Jedenfalls nicht momentan. Und ich muss dazu sagen: Wenn ich heute darüber nachdenke, wie wir angefangen haben, Jacky Dreksler und ich, dann muss ich sagen: Wir hatten so dermaßen verdammtes Glück. Das war mit den richtigen Leuten zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle. Ein Jahr früher oder ein Jahr später hätte das nicht hingehauen.
Wie hat sich denn der Sender in der Anfangsphase verhalten?
Balder: Damals hat keiner, außer Marc Conrad, der damalige Programmdirektor von RTL, der das unbedingt machen wollte, daran geglaubt. Ich hatte mich von Marc überreden lassen, das Ding zu produzieren, unter der Bedingung, dass ich völlig freie Hand habe und machen konnte, was ich wollte. Er wollte nur, dass ich schnell einen Cast zusammenkriege Dass wir dann diese Leute gefunden haben, war ein riesen Zufall, wirklich nur Zufall und Glück.
Als wir auf Sendung gingen lief „Samstag Nacht“ ja erst mal ohne Werbung, nachts um zwölf. Nach der dritten Folge hat dann Helmut Thoma (damaliger Geschäftsführer RTL, Anm. d. Red.) zu Conrad gesagt: „Das wird nichts, das müssen wir beenden, das ist schade um den Sendeplatz und auch viel zu teuer.“ Hat ja auch ein Schweinegeld gekostet damals.
Wie haben Sie Thoma umgestimmt?
Balder: Conrad hat gesagt: „Gib uns noch eine Chance.“ Und dann hat nach der vierten oder fünften Sendung Rudi Carrell dem Dr. Thoma einen Brief geschrieben. Ob er denn wüsste, was wir da für einen Juwel hätten!
Da hat er sich gedacht: “Wenn der Carrell das schreibt, dann ist da vielleicht was dran.“ Also wurde die Sendung vorverlegt auf 23 Uhr und dann ging es innerhalb von zwei Monaten ab wie die Feuerwehr.
Was war für Sie das Besondere an dem Format?
Balder: Wir konnten uns damals alles erlauben. Thoma war mittlerweile ein großer Fan und hat alles abgewiegelt. Wir sind ja überschüttet worden mit Beanstandungen von der Landesmedienanstalt, mit Klagen, die Kirche hat sich beschwert, was weiß ich, alle haben sich beschwert. Thoma hat immer nur zurückgeschrieben, „das ist Show, nehmen Sie das nicht so ernst“ und uns den Rücken frei gehalten. Das war das Schöne, dass wir mit neuen Leuten, die auch noch wunderbar zusammen passten, einfach alles machen konnten, was vorher keiner gemacht hat. Wir konnten alles verarschen.
Heute ist das durch. Heute ist das gang und gäbe, heute muss man so eine Sendung nicht mehr machen. Natürlich hätte man sie noch heute machen können, in Amerika läuft sie jetzt seit mittlerweile 40 Jahren. Aber da sind die Deutschen anders gestrickt, da muss dann irgendwann mal wieder Schluss sein.
Einfach alles machen zu können im Fernsehen war vermutlich auch das Motto bei „Alles Nichts Oder?!“. Das ist schon Anarchie gewesen, oder?
Balder: Das war Anarchie. Absolut.
Gibt es noch Anarchie im Fernsehen?
Balder: Wenn ich was mache schon, ja. Ich würde am liebsten nur Anarchie machen. „Genial daneben“ ist genauso Anarchie. Sieben Jahre habe ich gebraucht, bis ich das Ding verkauft habe, weil mir alle gesagt haben: „Das geht nicht! Das kannst du nicht machen, du kannst nicht Leute unvorbereitet da reinsetzen, die einfach nur improvisieren. Das muss geschrieben werden! Die Antworten müssen geschrieben werden!“
Ich meinte nur: “Warum denn? Dann ist es doch nicht mehr echt, was soll denn der Quatsch?“ – Na klar, Anarchie. Wäre schön, wenn sie mal wieder kommen würde. Also, ich wäre sofort dabei.
Ohne Gagbuch wie bei „Genial daneben“ spontan zu agieren, funktioniert das denn nur mit Gästen oder Comedians, die die Improvisation gewohnt sind?
Balder: Ja. Wir hatten ja einige Leute eingeladen, wo ich gemerkt habe: Das geht nicht. Die fühlen sich dann auch nicht wohl. Außer vielleicht ein Horst Lichter, der ist zwar kein Comedian, trotzdem so was von schlagfertig, alles wunderbar.
Aber sonst, wenn da einer sitzt, der mit der Branche nichts zu tun hat, puh, der hat es richtig schwer. Der versucht dann witzig zu sein und um ihn herum sitzen die Profis, gucken ihn an und sagen gelangweilt: „Aha.“
Das geht nicht, da muss ich die Leute vor sich selbst schützen. Also nehme ich dann doch lieber erfahrene wie Boning, Kamps und Pastewka und wie sie alle heißen. Wir kennen uns schon lange, ich muss sie nur angucken und in dem Moment wissen sie genau: „Jetzt muss ich etwas bringen.“ Das sind alles Altprofis, die können das.
Doch so ein moderationsbuchfreies Arbeiten vor der Kamera lässt sich vermutlich nicht auf jedes Format übertragen…
Balder: Das lässt sich schon übertragen. Als ich damals mit den „Hitgiganten“ anfing hatte ich noch ein völlig geschriebenes Buch! Nun bin ich aber von haus aus eher faul und bereite mich nicht wirklich gerne vor, weshalb ich irgendwann zu meinem Produzenten Otto Steiner gesagt habe: „Otto, schmeiß das Buch weg, ich will das nicht!“ Weil die ganzen Besprechungen, die man vorher immer machte –- ich musste nach München oder die kamen nach Köln – wo dann immer alles durchgegangen wurde, das wollte ich nicht mehr. Also hab ich gesagt: „Ich brauche kein Buch, ich brauche einfach nur die Gäste und ein paar Informationen, was sie gerade machen.“
Sie möchten nichts Anderes als Improvisieren.
Balder: Ich möchte einfach in den Sachen, die ich mache, so frei sein, dass ich zwar Eckpunkte habe – denn ich muss ja die Zeit einhalten, auch wegen der Werbeblöcke, das weiß ich ja alles – aber was du auf dem Weg dahin machst, sollte erst mal völlig wurscht sein. Und das geht. Mittlerweile wissen die Leute vom Sender bei mir, dass es funktioniert. <s></s>
Was lässt Ihr Herz heute höher schlagen: das Musikstudio oder das Fernsehstudio?
Balder: Das Musikstudio.
Wie aus der Pistole geschossen.
Balder: Ja, einwandfrei. Da kann ich mich austoben. Fernsehen ist momentan nicht so zum Austoben.
Wenn es Talentshows wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Unser Star für Oslo“ zu Zeiten des jungen Hugo Egon Balder gegeben hätte…
Balder: Nein ist meine Antwort. (lacht)
Wäre ich nicht hingegangen. Nein!
Ich war ein einziges Mal in meinem Leben bei einem Wettbewerb. Ein einziges Mal. Weil meine Eltern das wollten. Da war ich fünf. Mit vier Jahren habe ich Klavierunterricht bekommen bei einer renommierten Lehrerin, richtig klassisch. Ich wollte ja auch mal Dirigent werden… Und als ich fünf war, fand im KaDeWe in Berlin ein Wettbewerb von Steinway statt. Da haben mich meine Eltern und meine Lehrerin angemeldet, da musste ich hin. Ich musste alleine spielen und vierhändig mit ihr und habe den zweiten Platz belegt. Seitdem war ich nie wieder, weder bei einem Casting noch bei einem Vorsprechen. Wobei… doch, vorgesprochen habe ich an der Schauspielschule, das musste ich ja. Aber ansonsten: Nie! Würde ich auch nicht machen.
Als Juror bei „Star Search“ waren Sie 2003 von Bill Kaulitz’ Stimme nicht ganz so überzeugt, prophezeiten dem damals 13-Jährigen aber großen Chancen, mal „etwas großes Lustiges“ zu machen…
Balder: Stimmt doch, ist doch wahr. Ich meine, von der Stimme bin ich immer noch nicht überzeugt, aber der macht doch was großes Lustiges. Er schminkt sich… (lacht)
Nein, das ist doch alles wunderbar. Aber damals, als er da war, sah er ja völlig anders aus. Der war ja ein kleiner Junge, ganz spaßig .
Hätten Sie gedacht, dass er eines Tages so erfolgreich wird?
Balder: Nein, natürlich nicht. Das kann man ja nicht wissen. Jeder, der behauptet, er hätte das damals schon gewusst, der lügt.
Aber das ist auch wieder so ein Fall: zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Leuten das Richtige gemacht.
Sie haben Theater gemacht, Kabarett, Film, Fernsehen, Musik – was würden Sie nie im Leben tun, worauf würden Sie sich nicht einlassen?
Balder: Eine ernsthafte Talkshow. Ich würde sofort immer irgendwie in die Komik abgleiten. Das war schon am Theater so. Mir wurde da immer gesagt: „Balder, laufen Sie doch mal normal, damit die Leute nicht immer lachen.“ Und ich habe dann geantwortet: „Aber ich kann doch nicht anders laufen. Das geht nicht. Das ist so.“
Ich kann auch bei vielen Sachen nicht ernst bleiben. Ich will auch gar nicht ernst bleiben. (lacht)
Eine Schlussfrage: Das Leben ist ein Comic, welche Figur sind Sie?
Balder: Muss es eine Comicfigur sein? Muss es wohl… (überlegt)…vielleicht Lucky Luke. Der Mann gefällt mir. Nur würde ich dann heute keinen Grashalm, sondern immer nur eine Zigarette im Mund haben. Das hat man ja geändert.