Herr Lenßen, Ihre Sat.1- Ermittlerserie "Lenßen und Partner" feiert in diesen Tagen ihren zweiten Geburtstag und gehört zu den erfolgreichsten Vorabendformaten im deutschen Fernsehen. Wie erklären Sie sich den Erfolg der Sendung?
Lenßen: Ich glaube es ist uns gelungen, unsere Fälle in einer Art und Weise zu präsentieren, dass sie den Zuschauer fesseln. Das ist zum einen dadurch bedingt, dass wir Einblicke in die Ermittlertätigkeit geben und auf der anderen Seite meistens auch durch positive Ergebnisse zeigen, wie man konstruktiv Probleme lösen kann.
Bei "Lenßen und Partner" bekommt der Zuschauer durch wackelnde Schulterkameras und scheinbar versteckte Mini-Kameras das Gefühl, er wäre hautnah, durchs Schlüsselloch guckend bei der Aufklärung der Verbrechen dabei. Das hat ja auch ein voyeuristisches Element.
Lenßen: Man kann es auch positiver ausdrücken, dass nämlich der Zuschauer die Gelegenheit bekommt, dem Ermittler bei der Arbeit über die Schulter zu gucken und jeden Handgriff bei der Aufklärung der Fälle zu verfolgen. Man kann das natürlich auch als voyeuristisch bezeichnen, das ist sicherlich auch ein Punkt, den wir bedienen. Aber auf diesem Aspekt liegt sicherlich nicht unser Hauptgewicht.
Steckt aber in jedem von uns ein heimlicher Voyeur?
Lenßen: Ich glaube schon. Wir lesen ja täglich Tageszeitung, um die Hintergründe zu erfahren, die sich hinter den Nachrichtenmeldungen verbergen, weil wir es einfach entdecken und verstehen wollen, was in der Welt so alles passiert. Genauso ist es jetzt mit der Schiedsrichteraffäre um Robert Hoyzer und der ukrainischen Wettmafia; ich glaube, da wären sehr viele gerne in der Schiedsrichterkabine dabei gewesen um zu sehen, wie die Geschäfte genau abgewickelt werden. Nichts anderes machen wir ja auch bei "Lenßen und Partner"; wir bedienen die natürliche Neugier der Menschen!
Ein Großteil der Fälle stammt aus dem juristischen Repertoire der Gerichts-Shows, so fürchtet sich mal ein Millionenerbe vor seiner geldgierigen Verwandtschaft oder eine Patientin gibt vor, von ihrem Frauenarzt vergewaltigt worden zu sein, die Aufklärung durch die Detektive gestaltet sich hingegen oft sehr spektakulär. Inwiefern deckt sich dieses Format mit der Realität?
Lenßen: Die Fälle kommen sicherlich nicht in genau derselben Form, wie wir sie darstellen, in der Realität vor, aber das Grundkonstrukt eines jeden Falls basiert auf Fällen, die sich tatsächlich so zugetragen haben. Wir reichern die Fälle natürlich auch an, um sie für den Zuschauer interessant zu machen und sicherlich kam es auch in der Realität schon zu der Vergewaltigung einer Frau durch einen Gynäkologen, nur hat dabei eben keiner zugesehen.
Ist es nicht etwas heikel, im Vorabendprogramm über die Vergewaltigung einer Frau durch einen Gynäkologen zu berichten?
Lenßen: Ich glaube, man kann schon im Nachmittagsprogramm derartige und noch viel schlimmere Szenarien finden. Die eigentliche Frage ist ja, mit welchen Bildern das Ganze dargestellt wird: ob es seitens der Macher verherrlicht oder eben stigmatisiert und abgelehnt wird. Wir haben von Anfang immer sehr viel Wert darauf gelegt, dass wir dem Jugendschutz gerecht werden, weil wir eben auch wissen, dass um 18.00 Uhr viele Kinder vor dem Fernseher sitzen.
Gibt es hinsichtlich der Themen eine Grenze, die Sie nicht überschreiten würden?
Lenßen: Das ist schwer zu fassen, aber wenn es zum Beispiel um sexuellen Missbrauch von Kindern geht, sind wir schon sehr vorsichtig und derartige Themen bleiben bei uns in der Regel auch außen vor.
Glauben Sie, dass eine Sendung wie "Lenßen und Partner" in gewisser Weise auch prophylaktisch wirken kann, also dass die potentiellen Täter durch die hartnäckige Ermittlungsarbeit in der Sendung das Gefühl bekommen, dass sich ein Verbrechen eigentlich nicht wirklich lohnt?
Lenßen: Das wäre vermessen, wenn ich das von unserer Sendung behaupten und erwarten würde. Ich hoffe aber, dass wir durch die Gespräche und Verhaltensweisen des Anwalts im Umgang mit seinen Mandanten, also den Ratschlägen und Hilfen die er ihnen gibt, schon dem einen oder anderen Zuschauer neue Wege aufzeigen können, an die er bisher vielleicht nicht gedacht hat. Ich bekomme auch sehr viel Feedback von Jugendlichen, die sagen, dass wir durch unsere Sendung deutlich machen, dass eine Konfliktlösung auf dem Weg des Gesprächs sehr viel sinnvoller ist als die Fäuste spielen zu lassen. Inwiefern die Zuschauer diese Erkenntnisse dann aber im täglichen Leben umsetzen, kann ich natürlich nicht wissen…
Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und Europawissenschaften arbeiten Sie seit 1989 als Volljurist und sind Sozius einer Anwaltskanzlei. Was fasziniert Sie am Beruf des Anwaltes?
Lenßen: Mich fasziniert, dass ich für Leute eintreten und ihnen zur Seite stehen kann, aber trotzdem nicht persönlich betroffen bin und somit Probleme rational erfassen und nach sinnvollen Lösungen suchen kann. Ich kann durch meinen Beruf Menschen durch den juristischen Dschungel führen und oftmals auch Licht ins Dunkel bringen, das hat mich schon immer wahnsinnig fasziniert!
Welche Eigenschaften zeichnen einen guten Anwalt aus?
Lenßen: Ein Anwalt muss abstrakt denken können und auch in brenzligen Situationen die Ruhe bewahren, denn nur so kann er den oftmals sehr aufgebrachten Mandanten Hilfe leisten und ihnen zur Seite stehen.
Mich fasziniert, dass ich für Leute eintreten und ihnen zur Seite stehen kann, aber trotzdem nicht persönlich betroffen bin.
Würden Sie sich als guten Anwalt bezeichnen?
Lenßen: Ich lobe mich zwar selten, aber ich glaube, wenn ich das nicht von mir behaupten könnte, müsste ich meinen Beruf sofort an den Nagel hängen und dürfte von keinem meiner Mandanten auch nur einen Cent annehmen.
Hätten Sie sich jemals vorstellen können, auf dem Richterstuhl Platz zu nehmen und über andere Leute zu urteilen?
Lenßen: Nein, ich hätte mir nie vorstellen können Richter zu werden und auch den Beruf des Staatsanwaltes habe ich nie wirklich in Betracht gezogen. Staatsanwälte sind sehr weisungsgebunden und ich hätte in diesem Beruf etwas vorgegebenes bearbeiten müssen, nämlich einen vermeintlichen Täter vor den Richterstuhl zerren und da bin ich doch lieber der Anwalt, der für jemanden eintritt anstatt ihn mit aller Kraft versucht ins Gefängnis zu befördern.
Sind Richter charakterlich anders gepolt als Anwälte?
Lenßen: Nein, wir sind alle Juristen und dem Gesetz verpflichtet. Wir haben allerdings andere Interessen und somit auch eine jeweils unterschiedliche Triebkraft. Es ist etwas anderes für jemanden persönlich einzutreten als eine Anklageschrift gegen jemanden zu verfassen, mit der Absicht ihn zu verurteilen beziehungsweise verurteilt zu sehen.
Aus amerikanischen Gerichtsfilmen wie "Sleepers" oder "Die Firma" könnte man leicht den Eindruck gewinnen, die Gerichtsverhandlung sei ein einziges spannungsgeladenes Abenteuer. Mögen Sie diese Darstellung der juristischen Arbeit?
Lenßen: Es gibt sicherlich auch während einer realen Gerichtsverhandlung viele spannende Momente, aber man darf als Anwalt nie vergessen, dass man dem Mandanten gegenüber verpflichtet ist und das man während der Verhandlung nicht Dinge nach vorne treibt und ausweidet mit der Intention, einzig und allein die eigene Karriere voranzutreiben. Das wird in diesen Gerichtsfilmen oft falsch und verwirrend dargestellt!
Sie haben ihr Jurastudium von 1982-1986 in nur 4 Jahren absolviert. Wie haben Sie das in so kurzer Zeit geschafft?
Lenßen: Das war gar kein so großes Problem und damals glaube ich auch noch die Regelstudienzeit. Ich wollte mein Studium sehr schnell durchziehen, um dann in den Beruf einzusteigen. Ich habe ja damals schon parallel zum Studium meine erste Kanzlei aufgebaut und mir dann letztendlich, weil ich mit dem Jurastudium so schnell fertig war, noch zwei Semester Europawissenschaften gegönnt.
Man hört oft, das Jurastudium sei sehr zäh und trocken. Stimmt das?
Lenßen: Nein, das habe ich überhaupt nicht so empfunden! Was gibt es interessanteres, als mit Fällen, die Menschen betreffen, zu arbeiten. Man lernt während des Studiums sehr strukturiert zu denken und darin liegt ein großer Reiz finde ich.
Würden Sie in der heutigen Zeit, wo oft gesagt wird, es gäbe zu viele Anwälte und studierte Juristen, jungen Menschen raten das Jurastudium aufzunehmen?
Lenßen: Dazu kann ich ein kleines Beispiel nennen; in meiner Referendarszeit stand der ausbildende Richter vor uns und sagte: "Von euch wird’s keiner mehr schaffen in diesem Ort eine Kanzlei aufzumachen!" und das ist 15 Jahre her. Wir haben dann trotzdem eine Kanzlei aufgemacht und wider Erwarten lief sie sehr gut. Ich glaube, dass es heutzutage immer noch viele Möglichkeiten gibt, als Jurist zu arbeiten, aber man muss dafür seinen Weg konsequent verfolgen und sich nicht vor der vielen Arbeit scheuen.
Waren Sie schon immer ein ehrgeiziger Mensch?
Lenßen: Na ja, Ehrgeiz wird immer mit so einem negativen Touch versehen. Ich mag Erfolg und ernte gerne die Früchte meiner Arbeit. Ich wäre furchtbar unglücklich, wenn die Sendung "Lenßen und Partner" nur so durchschnittlich dahinplätschern würde. Ich brauche immer eine gewisse Qualitätssicherung bei meiner Arbeit und ich denke, die ist bei unserem Format auch gegeben.
Hat großer Ehrgeiz auch gewisse Schattenseiten?
Lenßen: Sicherlich führt großer Ehrgeiz dazu, dass man private Kontakte, Menschen die einem sehr viel bedeuten, bei der vielen Arbeit leicht vernachlässigt und nicht allem gerecht werden kann. Bei meiner Frau und meinem kleinen Sohn ist das glücklicherweise nicht so, denn die melden sich schon rechtzeitig zu Wort, wenn sie sich vernachlässigt fühlen. Man merkt es aber schon bei einigen Freunden und Bekannten, die dann immer seltener anrufen, weil sie denken, dass ich ja sowieso nie Zeit habe. Das ist dann natürlich schade, aber zwischendurch gibt es ja auch immer wieder Zeiten in denen man weniger beschäftigt ist und so relativiert sich das dann auch wieder.
Unsere Schlussfrage: Das Leben ist ein Comic- Welche Figur sind Sie?
Lenßen: Ich wäre der Obdachlose, der unter der Brücke sitzt und alles beobachtet, aber nicht teilnimmt. Dabei hätte ich lange Haare und einen zerzausten Bart! (lacht)
Lenßen&Partner
ingo du und deine serie Lenßen&Partner ist sooo COOL und spanent.
liebe grüße fritz.