James Franco

Wir sind ja keine Roboter.

James Franco über den menschlichen Makel im perfekt designten Film, seine Studenten, die Vielfalt seiner Projekte und den Zauberer von Oz

James Franco

© Jon Furniss

James Franco, in der neuen Version ist der Zauberer von Oz ein ehrgeiziger Mensch, der unbedingt groß herauskommen will. Sie haben als Schauspieler immer wieder Menschen gespielt, die das tatsächlich geschafft haben, wie James Dean oder Allen Ginsberg. Was war das Geheimnis dieser großen Männer?
Franco: Nun, in erster Linie waren sie große Künstler und haben mit ihrer Kunst ihre Generation im Kern getroffen. Allen Ginsberg schrieb „Howl“, das wahrscheinlich berühmteste Gedicht des 20. Jahrhunderts, James Dean hatte „Rebel Without a Cause“ gedreht und starb dann zwei Wochen vor der Premiere. Plötzlich wollte jeder wissen, wer dieser Typ gewesen ist und James Dean wurde zur Legende. Der Zauberer, den ich jetzt spiele, ist aber kein Rebell sondern eher ein Eskapist. Wie viele Unterhaltungskünstler flüchtet er sich in eine eigene Welt.

Das bedeutet?
Franco: Das kann bedeuten, dass man nach Ruhm, nach Anerkennung durch andere strebt, oder, dass man sich in seine eigene Fantasiewelt zurückzieht. Der Zauberer strebt nur nach Geld und Ruhm, um den harten, ärmlichen Verhältnissen zu entkommen, in denen er aufwuchs. Dabei übertreibt er etwas und wird ein wenig zu egozentrisch.

Sie selbst werden zur Zeit – auch hier während dieses Interviews – von Studenten begleitetet, die Sie permanent filmen…
Franco: Das sind meine Studenten. Ich bin ihr Lehrer.

Sie haben vor zwei Jahren Ihr Studium an der Columbia University abgeschlossen. Warum unterrichten Sie jetzt selbst?
Franco: Ich liebe einfach das akademische Umfeld. Selbst zu unterrichten ist da naheliegend, um sich weiter in diesem Umfeld bewegen zu dürfen. Es ist auch eine tolle Möglichkeit, mich auf etwas anderes zu fokussieren, als auf mich selbst. Das ist für mich ein wichtiger Schlüssel zum Glück. Ich unterrichte aber nur projektbezogen. So kann ich einigen Studenten die Möglichkeit geben, Projekte zu realisieren – eine Möglichkeit, die mir auch selbst als Student gegeben wurde.

Was bringen Sie den Studenten bei, von denen Sie hier gefilmt werden?
Franco: Es sind keine Filmstudenten, sie studieren Kreatives Schreiben. Auch wenn es vielleicht so aussieht, machen sie keinen Film über mich. Ich zeige ihnen, wie bei so einem Riesenprojekt wie „Oz“ die Publicity-Maschine funktioniert und sie sehen, wie bei den Interviews immer die selben Fragen gestellt werden. (Lacht)

Wenn man sich die ersten Szenen von „Die fantastische Welt von Oz“ anschaut stellt sich die Frage: Wie fühlt man sich als unperfektes, menschliches Wesen in einem Film, der ansonsten perfekt designt ist und nichts dem Zufall überlässt?
Franco: Oh, Sie meinen, wie ich mich als Mensch in einem Film fühle, dessen Welt mit Computern erschaffen wurde?

Ja, im Film erscheinen die realen Schauspieler wie ein Makel in einer makellosen Welt.
Franco: Die Technologie ist bis zu einem Punkt fortgeschritten, an dem Live-Action-Filme fast wie animierte Filme aussehen. Aber gerade in diesem Fall ist der Regisseur Sam Raimi immer noch sehr interessiert an den menschlichen Aspekten der Geschichte und er verwendet genauso viel Zeit auf die Beziehungen der Figuren, wie auf die Effekte. Solange es dieses Gleichgewicht noch gibt, bleibt es eine großartige Erfahrung, in so einem Film mitzuspielen.

Haben Sie selbst eigentlich auch ein paar Zaubertricks drauf?
Franco: Ich wünschte, das wäre so. Die Welt der Zauberei interessiert mich sehr, aber als Kind habe ich mir keine Zaubertricks beigebracht, sondern mich eher in meiner eigenen Fantasiewelt bewegt. Ich habe damals viel gelesen und auch angefangen zu schreiben. Leider ist nichts von dem Material erhalten geblieben.

Sie arbeiten nicht nur als Schauspieler und Filmemacher, sondern auch als Literat, bildender Künstler und nun offenbar auch als Lehrer. Fällt es Ihnen schwer, „Nein“ zu sagen, wenn Ihnen ein neues Projekt angeboten wird?
Franco: Ach, die verschiedenen Projekte, haben auch verschiedene Entstehungsgeschichten. Als Schauspieler bekomme ich Rollen angeboten; wenn ich mit ihnen etwas anfangen kann, nehme ich sie an. Aber ich warte eben nicht mehr darauf, dass mein Traumprojekt mich von selbst findet. Nachdem ich zum Beispiel die Biografie „The Broken Tower“ über Hart Crane gelesen hatte, erzählte ich in Interviews, dass ich gerne Hart Crane spielen würde. Ich hoffte, das würde eines Tages würde ein Produzent lesen und zu mir sagen: „Hey, du willst Hart Crane spielen, cool, lass uns das machen.“ (Lacht) Aber das passierte natürlich nicht.
Heute habe ich die Freiheit und die Mittel, Projekte anzugehen, die mich selbst interessieren. Wenn es also zum Beispiel ein Buch gibt, das ich gerne verfilmen möchte, versuche ich die Rechte daran zu kaufen und den Film zu finanzieren.

Zitiert

Die Technologie ist bis zu einem Punkt fortgeschritten, an dem Live-Action-Filme fast wie animierte Filme aussehen.

James Franco

Vor kurzem sorgte bei der Berlinale Ihr Film „Interior. Leather Bar“ für Aufsehen. Wie kam es zu diesem Projekt?
Franco: Ich war fasziniert von dem Film „Cruising“ von William Friedkin, der 1980 rauskam und damals eine große Kontroverse auslöste.

InCruising“ untersucht Al Pacino als Polizist eine Mordserie in der schwulen Lederszene New Yorks…
Franco: Dem Film wurde schon während der Dreharbeiten eine diskriminierende Kriminalisierung der Schwulenszene vorgeworfen. Ich denke nicht, dass das Friedkins Intention gewesen war, trotzdem gab es viele Proteste gegen den Film. Heute hat der Film einen großen dokumentarischen Wert, denn Friedkin drehte in echten Leder-Bars mit echtem Publikum. Es ist ein Dokument aus der Zeit vor der AIDS-Epidemie, diese Bars und diese Szene existieren so nicht mehr. Dieser verlorene Moment der Geschichte war interessant für mich, darüber wollte ich etwas machen.

Es gibt viele Gerüchte über das gedrehte Material zu „Cruising“, das in dem Film nicht verwendet und möglicherweise zerstört wurde. Sie haben in Ihrem Film diese verlorenen Szenen nachgestellt.
Franco: Es hat mich gereizt, etwas mit echtem Sex zu machen. Aber ich fühlte mich nicht wohl damit, solche Szenen selbst zu inszenieren. Also dachte ich daran, einfach einen Porno-Regisseur zu engagieren, der das machen würde. Dann fand ich Travis Mathews, der in seinen Filmen echten Sex nutzt, um seine Geschichten zu erzählen. Er war perfekt dafür und ich bat ihn, auch andere Szenen zu drehen und als Co-Regisseur mit einzusteigen.

Ist es nicht ein fast schizophrenes Gefühl, einerseits so einen kontroversen Film zu drehen, und andererseits im Mittelpunkt eines großen Familienunterhaltungsfilms wie Der Zauberer von Oz“ zu stehen?
Franco: Es ist eine andere Art von Druck, von Verantwortung. „Der Zauberer von Oz“ kostet 200 Millionen Dollar. Alle, die daran arbeiten, tun das freiwillig. Sie wissen: Dieser Film muss seinen Kosten am Ende wieder einspielen. Also sagt niemand: Hey, wir wollen ein bisschen mehr Risiko, wir wollen mehr nackte Haut im Disney-Film! Er muss einem großen Publikum gefallen und trotzdem hatten wir in diesem Rahmen auch eine gewisse kreative Freiheit. Sam Raimi ist ein Regisseur, der sehr viel Wert auf Zusammenarbeit legt. Wir sind jede Szene nochmal zusammen durchgegangen und haben gemeinsam neue Ideen entwickelt. Wir sind ja keine Roboter.

Welchen Druck verspüren Sie bei einer kleinen Produktion?
Ich habe zum Beispiel gerade de Film „As I Lay Dying“ gedreht, der kostete nur zwei Millionen. Es ist die Verfilmung eines Romans von William Faulkner. Den gibt es seit 80 Jahren, doch niemand hat ihn seitdem verfilmt. Und auch das ist eine Art Druck: Die Filme, die ich selbst gerne machen würde, muss ich auch selbst machen. Sonst macht sie niemand.

Der 1978 in Palo Alto, Kalifornien geborene James Franco gehört zu den produktivsten Hollywoodstars seiner Generation. Bekannt vor allem durch seine Rollen in „Spider-Man“ und in der TV-Serie „General Hospital“, sorgt Franco auch mit politisch mehr

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