Herr Bredack, was wird bei Ihnen eigentlich an Feiertagen wie zum Beispiel Weihnachten gegessen?
Jan Bredack: Bei uns zuhause gibt es – weil dann auch die Eltern kommen – vegane Ente. Und die merken das eigentlich gar nicht. Sie wissen es zwar, aber das Ereignis ist das gleiche wie früher, als ich noch Fleisch gegessen habe. Außer, dass das Gericht rein pflanzlich ist. In den Veganz-Läden bieten wir eine ganze Reihe solcher Alternativen an, inzwischen gibt es die aber auch in vielen anderen Geschäften.
Es macht für Sie also Sinn, traditionelle Fleischgerichte wie Sauerbraten vegan ’nachzubauen‘?
Bredack: Absolut! Das ist Teil meiner Vision. Ich bin der festen Überzeugung, dass man Menschen dort abholen muss, wo sie stehen. Und wenn sie beim Essen entsprechend konditioniert sind, kann ich nicht erwarten, dass sie von heute auf morgen umsteigen. Wir sind soziale Wesen und wollen uns in unserem sozialen Umfeld bewegen, genau wie vorher.
Tatsächlich kann man aber umsteigen, ohne große Komfort- oder Geschmackseinbußen zu haben. Deshalb bin ich ein großer Fan davon, diese Alternativen auf dem Markt zu pushen.
Bei Veganz haben Sie auch veganes Tierfutter im Sortiment. Müssen Haustiere unbedingt fleischfrei ernährt werden?
Bredack: Unser Hund wurde von Anfang an komplett vegan ernährt. Das ist kein Problem, denn Hunde sind genau wie Menschen Allesfresser. Ihm tut das genauso gut wie uns, vor allem wenn man das vegane Futter mit dem üblichen Fraß aus der Dose vergleicht, wo nur noch Schlachtabfälle drin sind. Gesundheitlich hat es die gleichen Effekte wie beim Mensch: Die Tiere werden älter, haben bessere Zähne, besseres Fell, riechen nicht etc. Darüber gibt es viele Studien.
Bei Katzen sieht die Welt allerdings anders aus, weil Katzen tatsächlich Fleischfresser sind. Man kann hier und da mal etwas ersetzen, aber eine Katze braucht tatsächlich Fleisch.
Ich könnte zehn Porsche fahren, wenn ich kein Fleisch esse – und habe am Ende immer noch eine bessere CO2-Bilanz.
In den Veganz-Supermärkten gibt es einen Bereich, in dem lose Waren in gewünschter Menge abgefüllt werden können. Gehörte das von Anfang an zum Konzept?
Bredack: Nein, das hat sich erst in den letzten vier Jahren entwickelt. 2014 haben wir das verpackungsfreie Einkaufen eingeführt, da versuchen wir im Rahmen des Möglichen neue Wege zu gehen. Viel Plastik entsteht zum Beispiel im Kosmetikbereich. Anfang 2019 werden wir neben unserer Filiale an der Warschauer Straße Ladenfläche an einen Seifenladen vermieten. Ich verwende privat nur noch Seife. Es gibt Seifen zum Rasieren, für die Haare, den Körper, als Deo – es gibt alles Mögliche. Das habe ich zum ersten Mal in Amerika gesehen, in den „Whole Foods“-Märkten, dass man sich seine Seife selber abschneidet. Damals habe ich mich darüber gewundert, heute verstehe ich das.
Welche Konzepte gibt es im Hinblick auf Müllvermeidung für die Veganz-Produkte?
Bredack: Unsere Papierverpackungen sind mit veganer Farbe bedruckt und ökologisch abbaubar. Wenn es um Lebensmittelrecht geht, sind die Innenfolien das Problem. Alufolie lassen wir schon länger weg, eine Zeit lang haben wir normale Plastikfolie eingesetzt, die ersetzen wir inzwischen durch biologisch abbaubare, schnell kompostierbare Folie. Leider funktioniert das noch nicht mit jedem Produkt. Aber wenn wir noch Plastik einsetzen müssen, dann nur recyceltes Plastik. Für die ökologischen Aspekte nehmen wir auch in Kauf, dass wir für die Verpackung zum Teil deutlich mehr zahlen. Bei unseren Schokoladen beispielsweise sind es pro Produkt etwa fünf Cent on top.
Die Preise der Produkte im Veganz-Shop sind merklich höher als in anderen Supermärkten. Sind Nahrungsmittel bei Ihnen ’normal teuer‘ und in Supermärkten wie Edeka oder Rewe zu billig?
Bredack: Grundsätzlich kosten die Produkte bei uns immer das, was sie wert sind. Und Wert heißt, dass niemand in der Wertschöpfungskette verliert. Im Lebensmitteleinzelhandel geht es oft um den günstigsten Preis. Das ist aber ein Todeskreislauf und dem versuchen wir bewusst entgegenzutreten. Es ist wichtig, dass der Kunde versteht: Wenn ich einen Euro mehr in die Hand nehme, schaffe ich für uns alle in der Gesellschaft einen Mehrwert – weil billig kommt uns am Ende alle teuer zu stehen. Das ist aber, vor allem in Deutschland, ein schwieriger Weg, weil die Deutschen es gewöhnt sind, preissensibel zu kaufen.
Werden durch die hohen Preise nicht auch bestimmte VerbraucherInnen ausgeschlossen?
Bredack: Ja, das stimmt. Das Problem ist, dass nicht alle gleichermaßen nachhaltig wirtschaften. Wenn alle Menschen ihrer Arbeitsleistung entsprechend vergütet würden, hätten wir dieses Problem nicht. Doch es wird an vielen Stellen gespart und rationalisiert, da bleiben immer mehr Menschen auf der Strecke. Wir verkaufen Veganz-Produkte inzwischen auch in Frankreich. Dort ist die Bereitschaft, für Lebensmittel mehr zu bezahlen, grundsätzlich vorhanden. Allerdings geben es viele normale Jobs schon nicht mehr her, dass die Menschen sich ihr Essen leisten können. Da wundert es nicht, wenn die Situation so eskaliert, wie wir es vor wenigen Wochen sehen konnten.
Ist ein veganes Leben denn an sich kostspieliger oder kann es auch günstig sein?
Bredack: Nein, das kann auch günstig sein. Wenn man selbst kocht und nicht auf Fertigprodukte zurückgreift oder ständig Essen geht, ist vegan günstiger als nicht-vegan. Wenn man dabei auf Bio-Produkte achtet, sind die Kosten etwa gleich hoch.
In zwei Berliner Veganz-Filialen gibt es neben Lebensmitteln auch andere vegane Produkte, vor allem Kleidung. Ist das ein aktueller Trend, dass nicht nur bei Ernährung vegan gekauft wird?
Bredack: Unsere Hauptzielgruppe sind Frauen zwischen 16 und 34. Die interessieren sich stark für Umwelt und gesundheitliches Wohlergehen, und da spielen nachhaltige Kleidung und Kosmetik eine große Rolle. Generell sind die dominierenden Themen bei unserer Zielgruppe heute der Klimawandel, Umweltschutz und die eigene Gesundheit. Das Tierwohl, was in unserer Zielgruppe früher die Nummer eins war, hat sich mittlerweile an vierter Stelle eingereiht.
Haben höhere Preise auch zur Folge, dass weniger und bewusster konsumiert wird?
Bredack: Ja, wobei man das für andere Konsumbereiche nicht sagen kann: Im Bereich Elektronik geben die Leute jedes Jahr viel Geld für ein neues Handy aus, weil die Industrie einem das so vormacht: Nach zwei Jahren gilt ein Smartphone heute schon als „alt“.
Wenn Sie Ihre Zielgruppe erwähnen: Sind darunter auch sogenannte „Flexitarier“ und „Allesfresser“ oder sind es in erster Linie Veganer?
Bredack: Nein, im Gegenteil, eher weniger Veganer. In Deutschland ist der Anteil der Veganer ja verschwindend gering und liegt bei ein bis zwei Prozent der Bevölkerung. Viele unserer Kunden sind tatsächlich Flexitarier oder „Allesfresser“. Die bauen Veganes aber mehr und mehr in ihrem Speiseplan ein und konsumieren insgesamt bewusster.
Sind Veganer hauptsächlich politisch links denkende Menschen?
Bredack: Der Veganismus kommt aus einer radikalen Ecke, sowohl von links als auch von rechts. Doch mittlerweile ist er in der Mitte der Gesellschaft angekommen und jeder kann das adaptieren. Früher konnte ich mich mit dem Vegan-Sein gegen die Gesellschaft auflehnen. Diesen Zweck erfüllt Veganismus heute aber nicht mehr – und für viele ist damit auch der Grund weggefallen, warum sie vegan sein wollen. Viele, die aus der frühen radikalen Szene kamen, leben heute nicht mehr vegan. Das weiß ich aus meinem engeren Bekanntenkreis.
Wenn Sie nun nach einem neuen Filialstandort suchen müssten, wären die Wahlergebnisse am potentiellen Neu-Standort dann relevant?
Bredack: Nein, an Wahlergebnissen lässt sich das nicht festmachen. Ich würde es eher von der wirtschaftlichen Seite sehen und nur noch in Bestlagen mit hoher Besuchsfrequenz einen Laden eröffnen. In der Vergangenheit haben wir bei der Standortsuche viele Fehler gemacht.
Mehrere Veganz-Filialen mussten 2017 schließen, momentan gibt es drei in Berlin und eine in Prag. Überlegen Sie aktuell wieder zu expandieren?
Bredack: Nein, nicht mit dem Filialgeschäft. Wir haben ja zwei Transformationen durchgemacht: Zuerst vom Einzelhändler mit eigenen Läden zum Großhändler, d.h. wir haben eine große Zahl von Produkten aus unserem Portfolio auch an andere verkauft. Das machen wir seit 2018 nicht mehr, wir setzen jetzt nur noch auf eigene Produkte. Sprich, wir entwickeln unsere Produkte, lassen sie produzieren und verkaufen sie weltweit vor allem über die großen Supermarktketten, in Deutschland auch über kleinere, regionale Anbieter.
Wie ist denn der Trend, nimmt die Zahl der Veganer weiter zu?
Bredack: Im Moment stagniert der Anteil, wobei ich bei Statistiken generell etwas vorsichtig bin. Die Umfragen sind oft nicht eindeutig, weil die Definition von „vegan“ für viele noch immer unklar ist. Grundsätzlich kann man feststellen, dass das Bewusstsein für eine pflanzliche Ernährung wächst. Bei Klima-Debatten im deutschen Fernsehen hat man früher immer über Autos und Flugzeuge geredet, inzwischen sind auch Fleischverzicht und die Wasserverschmutzung im Zusammenhang mit der Massentierhaltung ein Thema. Das schafft Bewusstsein und die Leute merken: Mein Essen hat Einfluss auf die Umwelt, sogar einen viel größeren als mein Auto.
À propos: Vegan-Koch Attila Hildmann wurde immer wieder für seinen Porsche kritisiert. In Ihrem Buch „Vegan für alle“ schreiben Sie von Ihrem Mercedes-Geländewagen, der vermutlich auch viel Sprit schluckt. Können Sie die Kritik an Hildmann in diesem Punkt nachvollziehen?
Bredack: Nein, ich finde das albern, da ist auch viel Neid dabei. Ich könnte zehn Porsche fahren, wenn ich kein Fleisch esse – und habe am Ende immer noch eine bessere CO2-Bilanz. Aber natürlich ist es auch nicht gerade förderlich, wenn man die eigene Person als Marke im veganen Bereich platziert und dann mit dem Porsche vorgefahren kommt. Ich selbst fahre heute einen Elektro-Smart.
Wie strikt sind Sie in Ihrer veganen Ernährung? Machen Sie manchmal Ausnahmen?
Bredack: Nein. Aber nicht weil mir das jemand vorschreibt, sondern weil ich von dieser Ernährungsweise tief überzeugt bin. Ich bin Überzeugungstäter, deshalb gibt es für mich keine Ausnahmen.
Wie halten Sie es bei dieser Frage in der Erziehung?
Bredack: Was das betrifft, sind meine Kinder in ihrer Entscheidung völlig frei. Und trotzdem sind fünf von sieben vegan. Also, viereinhalb, der eine switcht ab und zu mal.
Auch in meinem persönlichen Umfeld lasse ich die Leute machen, was sie wollen. Wenn sie mich fragen, erkläre ich ihnen meine Meinung dazu. Aber ich würde jetzt nie jemanden dafür kritisieren, dass er Fleisch isst oder Milch trinkt.
Ihr Buch „Vegan für alle“ erschien 2014. Damals schrieben Sie: „Die Tage der Massentierhaltung sind gezählt“. Fünf Jahre später erreichen uns nach wie vor verstörende Bilder aus Mast- bzw. Schlachtbetrieben.
Bredack: Nicht mehr lange! Das Problem in Deutschland ist, dass wir das Schlachthaus von Europa sind. Wir sind der drittgrößte Schweinefleischerzeuger auf der Welt, nach China und den USA. Der Fleischatlas zeigt aber, dass der Fleischkonsum in Deutschland jedes Jahr zurückgeht. Gegenüber früheren Zeiten sind die Zahlen deutlich gesunken. Trotzdem essen wir noch viel zu viel Fleisch.
Findet das Anliegen einer besseren Tierhaltung in der Politik zu wenig Unterstützer?
Bredack: Das würde ich nicht sagen. Natürlich gibt es eine starke Fleisch-Lobby und Politik ist immer von Arbeitsplätzen und Steuern getrieben. Doch die Folgen der Massentierhaltung kommen immer mehr ans Tageslicht. In Niedersachsen und Bayern, den größten Zucht- und Schlachtregionen Deutschlands, haben wir zum Teil so hohe Nitratbelastungen im Boden, dass das Grundwasser als verseucht gilt. Das bekommen die Leute irgendwann mit und dadurch verändert sich das Verständnis in der Gesellschaft. Da müssen sich die Hersteller irgendwann überlegen, wie sie damit umgehen.
Sie selbst wurden von Ihrer damaligen Freundin zum veganen Leben inspiriert, und Sie sagten vorhin, dass Frauen die Hauptzielgruppe von Veganz sind. Bringen Frauen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und soziale Themen Besseres auf den Weg?
Bredack: Ja, das ist tatsächlich so. Über 90 Prozent unserer Kunden sind Frauen, das spricht schon für sich. Die haben eine andere Empathie und Sensibilität, hinsichtlich Tieren und Umwelt, aber auch in Bezug auf ihre Mitmenschen. Da sind Männer etwas raubeiniger unterwegs. Wobei Frauen die Chance haben, ihre Männer ein Stück weit mitzunehmen und zu inspirieren.
Es gibt aber inzwischen auch einige männliche Vorbilder aus der Promi-Szene. Zum Beispiel hat sich der Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton offen zum Veganismus bekannt. Solche „Influencer“ haben eine wahnsinnige Triebkraft, die können richtig was verändern in der Gesellschaft.
Sie stellen in Ihrem Buch die Frage: „Wir reden viel über Massentierhaltung, warum reden wir nicht auch über Massenmenschhaltung?“ – Was assoziieren Sie heute in Deutschland mit diesem Begriff?
Bredack: Damit meine ich dass es durch die Stauchung der Wertschöpfungsketten in vielen Berufen immer schwieriger wird, mit dem Einkommen seine Familie adäquat durchzubringen. Dabei spielt auch die Digitalisierung eine Rolle. Das ist ein Riesenthema, das auf uns zurollt, weil es viele der heute etablierten Berufe dann einfach nicht mehr gibt. Vor drei Jahren hat man gesagt, das mit den selbstfahrenden Autos dauert noch 20 Jahre. Vermutlich sind es aber nur noch fünf Jahre bis hier nur noch fahrerlose Taxis auf den Straßen unterwegs sind. Es werden viele Jobs wegfallen und dafür gibt es gesellschaftspolitisch bislang null Weichenstellungen.
Der Ökonom Christian Felber bewirbt seit ein paar Jahren sein Modell der „Gemeinwohl-Ökonomie“: Wirtschaftlicher Erfolg soll nicht anhand des Finanzgewinns, sondern des Beitrags zum Gemeinwohl gemessen werden. Können Sie dem Modell etwas abgewinnen?
Bredack: Ich finde das sehr gut, sehe aber noch nicht, dass wir das bei Veganz messbar machen. Wir konzentrieren uns im Moment auf Transparenz bei unseren Produkten: Wo kommen die her, wie viel Wasser wurde für die Herstellung verbraucht, wie viel CO2 ausgestoßen, wie viel Wald dafür abgeholzt, wurde ein Tier in Mitleidenschaft gezogen und unter welchen Bedingungen arbeiten die Menschen in der Produktion? Das versuchen wir für den Kunden nachvollziehbar zu machen, damit er sehen kann, wie viele bessere Eigenschaften unser Produkt hat, im Vergleich zu den zig anderen Herstellern.
Spielt der Beitrag zum Gemeinwohl eine Rolle für Ihr Unternehmen?
Bredack: Er spielt eine Riesenrolle. Aber wir gehen jetzt nicht den Weg wie „Einhorn“ oder „Ecosia“, die einen Großteil des Gewinns spenden und ihr Unternehmen fast gemeinnützig machen, also in den Dienst der Gesellschaft stellen. Von dem Schritt sind wir noch weit entfernt.
Was müsste sich dafür bei Veganz ändern?
Bredack: Es müsste sich an der Kapitalgesellschaftsstruktur Einiges ändern. Wir haben ja im Zuge der Zeit einige Investoren mit an Bord genommen und da geht es auch um Erträge und nicht nur darum, Verluste zu kompensieren. Das schleppen wir aus der Vergangenheit mit uns rum. Eine Lösung habe ich dafür nicht ad hoc parat. Es sei denn, man findet jemanden, der genauso tickt wie man selbst, und der dann sagt: Ich kaufe die anderen Gesellschafter raus.
Seit einigen Jahren wird an „Laborfleisch“ geforscht: Könnte es sein, dass wir eines Tages gar keine Tiere mehr halten müssen, um Fleisch essen zu können?
Bredack: Ja, das wird so sein. Dann hat man alle Umwelt- und Klimaaspekte gekillt, deshalb wird das eine große Resonanz finden. Trotzdem hat man noch tierisches Protein und daraus resultierend die gesundheitlichen Aspekte. Ich vermute, wenn die Aufklärungswelle dann durch ist, gibt es kaum noch Gründe dafür, Laborfleisch zu essen.
Es ist sicher ein richtiger und wichtiger Schritt, um von der Massentierhaltung wegzukommen, auch um das Thema CO2-Ausstoß und Nitratbelastung in den Griff zu kriegen. Aus ethischen und vor allem gesundheitlichen Gründen finde ich es allerdings bedenklich. Die Stammzelle ist tierischen Ursprungs und ich züchte tierisches Protein. Dabei brauche ich das gar nicht, ich kann gleich pflanzliches Protein nehmen.
Würden Sie denn als Veganer Laborfleisch essen?
Bredack: Nein, ich bin Pflanzenfresser aus vielerlei Gründen. Das Thema Gesundheit spielt bei mir eine große Rolle und ich weiß, was tierische Proteine in unserem Körper anrichten. Ich begrüße diese Forschungsinitiative, weil sie uns auf der Wegstrecke sehr viel hilft, allen Menschen. Aber ich selber bleibe auf der Pflanzenfresser-Schiene.
Wenn jemand seine Ernährung auf vegan umstellen oder zumindest ‚veganer‘ leben will, was würden Sie dem mit auf den Weg geben?
Bredack: Jedem Verbraucher lege ich ans Herz, die zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um sich über den Produktbackground zu informieren. Und das Thema Preis zu hinterfragen! Für mich ist es zum Beispiel unvorstellbar, dass es bei LIDL eine vegane Pizza für 1,25 Euro gibt. Wenn ich mir allein die verwendeten Ausgangsstoffe anschaue – das kann ja nur noch Schrott sein. Und wenn ich mir dann noch vorstelle, wie wenig von dem Preis bei den Menschen bleibt, die das Produkt herstellen, dreht sich bei mir alles um. Wenn Leute so etwas abfeiern, muss ich sagen: Tut mir leid, ihr habt die Welt noch nicht verstanden. Das hat auch nur noch wenig mit vegan zu tun. Das ist dann wirklich ausquetschen bis Blut kommt.
Haben Sie noch einen konkreten Tipp, wie man in eine vegane Ernährung am Besten starten kann?
Bredack: Was mir am Anfang wirklich geholfen hat, waren die Ersatzprodukte, also dass ich Wurst- und Käseaufschnitt hatte. Das merke ich auch bei meinen Kindern. Die wollen auch ein Wiener Würstchen essen, weil überall Würstchen gegessen werden. Und wenn ihre Freunde bei uns zu Besuch sind, kriegen die bei uns auch Wiener Würstchen. Die merken gar nicht, dass die vegan sind. Alles ist wie bei ihnen zuhause, schmeckt genauso, ist aber rein pflanzlich. Ich weiß, dass viele „Hardcore-Veganer“ diese Ersatz-Produkte ablehnen, doch ich bin ein großer Fan davon. Weil es vielen Menschen hilft.
[Das Interview entstand Anfang 2019.]
Hallo, lieber Herr Bredach,
bin altes Semester, auch vegan seit langen
Jahren, oftmals Rohkost. Habe schon seit
Jahren versucht Ihre Produkte zu kaufen.
Was in der Biobranche abgegangen ist, finde
Ich nicht so fair. Dass ihre Läden sich nicht
so durchgesetzt haben, war schade. Nun
Ist in Bioläden nicht mehr so viel Absatz.
In Edeka, Rewe und mehr sind jetzt Bio-
Artikel zu kaufen. Leider sind einige Artikel
von Ihnen bei DM nicht mehr im Sortiment.
Ich glaube Alnatura hat es damals richtig
gemacht und ist nach Edeka und Roßmann
Ins Sortiment eingestiegen. Sie sind m.E.
zu spät in die Biobranche eingestiegen.
Sie waren es und haben mit vegan eine
Revolution in der Biobranche angetörnt.
Heute ist es oftmals schwer man muss
In vier Läden einkaufen. Macrobiotik esse
Ich gern und Kimshi, gibt es auch bei Rewe.
Es müsste überall vegane Bioläden geben
mit Produkten mit wenig Salz, Zucker, also
gesunde Produkte. Viel frisches Gemüse ,
Kräuter und Früchten, aber aus der Region.
Ich möchte mich noch einmal bedanken,
dass Sie v e g a n ins Leben gerufen haben.
Übrigens in FOCUS online Gesundheit gibt
es einen Bericht über was gesünder ist
Vegan oder Fleisch. Natürlich vegan.
Eine Studie hat ergeben, dass die Organe
gesund blieben und vor allen Dingen das
Herz. Vor allen soll man länger leben.
Herzliche Grüße
Renate Magnescheff aus Münster
Mein Lieblingsprodukt sind Weinblätter
gefüllt mit Reis von Rapunzel.
anscheinend ist das Umweltbundesamt nach Ihrer Ansicht wegen deren Prognosen nicht kompetent…ist ja hoch interessant.
Globale Klimaänderungen bis 2100
Der anthropogene Treibhauseffekt verursacht Veränderungen im Klimasystem . Deren Ausmaße und Auswirkungen für die Zukunft können nur durch Modellrechnungen nachgebildet werden, da vielfältige und komplexe Wechselwirkungen berücksichtigt werden müssen. Aus Szenarienrechnungen lassen sich folgende mögliche zu erwartende Klimaänderungen für das 21. Jahrhunderts ableiten (IPCC, 2007).
Bis zum Jahr 2100 wird von einem mittleren globalen Temperaturanstieg zwischen 1,8 (mit einer Schwankungsbreite von 1,1-2,9) und 4,0 (mit einer Schwankungsbreite von 2,4-6,4) Grad Celsius ausgegangen (siehe Abbildung „Multimodell-Mittel und geschätzte Bandbreite für die Erwärmung an der Erdoberfläche“ ). Eine solche Temperaturänderung wäre größer als alle während der letzten Jahrhunderte beobachteten natürlichen Temperaturschwankungen. Sie erfolgt mit einer Schnelligkeit, wie sie in den letzten 10. 000 Jahren nicht vorkam.
Werden die Treibhausgasemissionen nicht verringert, ist eine Erwärmung um 0,2 Grad Celsius pro Dekade für die nächsten 30 Jahre sehr wahrscheinlich. Selbst bei einer Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen bis 2100 wird sich das Klima über das 21. Jahrhundert hinaus ändern und insbesondere der Meeresspiegel weiter steigen. Der Meeresspiegel reagiert wegen der großen Wärmeaufnahmekapazität langsamer auf den Klimawandel . Einmal eingetretene Veränderungen werden dann aber über viele Jahrhunderte anhalten. Im Vergleich zum Zeitraum von 1980 bis 1999 wird bis zum Ende des 21. Jahrhunderts von einem Anstieg des Meeresspiegels für ein niedrigeres Szenario zwischen 18 und 59 Zentimetern und für ein höheres Szenario zwischen 26 und 59 Zentimetern ausgegangen (IPCC, 2007). Aktuelle Beobachtungen zeigen beschleunigte Eisdynamik in polaren Gebieten, die noch nicht in den Klimamodellen berücksichtigt sind. In jüngeren Fachveröffentlichungen (nach dem IPCC Bericht 2007) weisen die Projektionen höhere Werte auf. So wird nach Erkenntnissen des AMAP (Arctic Monitoring and Assessment Program, Mai 2011) bis 2100 mit einem Anstieg von 0,90 bis 1,60 Metern gerechnet. Insgesamt sind die Aussagen über die zu erwartende Entwicklung des Meeresspiegels noch immer sehr unsicher.
Ganze Kontinente und Meeresbecken weisen deutliche Klimaänderungen auf. Modelle zeigen, dass sich diese Trends auch im 21. Jahrhundert fortsetzen.
Arktis: Die durchschnittlichen Temperaturen stiegen in den vergangenen 100 Jahren doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt.
Meereis: Satellitendaten zeigen seit 1978, dass die durchschnittliche jährliche Ausdehnung um 2,7 Prozent pro Jahrzehnt geschrumpft ist, im Sommer sogar um 7,4 Prozent.
Niederschläge: Von 1900 bis 2005 wurden in vielen Regionen langfristige Veränderungen beobachtet, Zunahme der Niederschläge wie auch Austrocknung und Dürren.
Meteorologische Extremereignisse: Die Häufigkeit von Starkniederschlägen hat zugenommen. Kalte Tage und Nächte sowie Frost sind seltener und heiße Tage und Nächte sowie Hitzewellen sind häufiger geworden.
Regionale Klimaänderung : Die räumliche Verteilung des Erwärmungstrends der letzten 50 Jahre wird sich ohne Klimaschutz fortsetzen, insbesondere die Landmassen und die hohen nördlichen Breiten sind betroffen. Danach steigen die Temperaturen dort stärker als im globalen Durchschnitt. Damit würde die für den grönländischen Eisschild kritische Temperaturschwelle erheblich überschritten. Er würde bei anhaltend hoher Erwärmung komplett abschmelzen und den Meeresspiegel langfristig um sieben Meter steigen lassen. Die paläoklimatische Information hierzu ist verlässlich: Eine ähnlich hohe Temperatur herrschte in dieser Region vor 125.000 Jahren in der letzten Zwischeneiszeit. Gerade aus der paläoklimatischen Perspektive hat die jüngste, rasche Erwärmung binnen 150 Jahren einen „unnatürlichen Charakter“.
Neben diesen allmählichen klimatischen Veränderungen könnten auch schnelle Änderungen im Klimasystem erfolgen, die als abrupte Klimaänderungen bezeichnet werden. Sie gehen mit gravierenden Auswirkungen einher. Nach heutigem Wissensstand wird das Eintreten eines solchen Ereignisses für die nächsten Jahrzehnte als gering wahrscheinlich eingeschätzt. Das tatsächliche Risiko für das Eintreten einer abrupten Klimaänderung lässt sich allerdings schwer einschätzen, da es sich um nichtlineare Prozesse handelt und die kritischen Grenzen nicht exakt bekannt werden können. Beispiele möglicher Ereignisse abrupter Klimaänderungen sind:
Zusammenbruch der thermohalinen Zirkulation (Abbruch des Golfstroms) infolge Erwärmung oder Verdünnung des salzreichen Wassers im Nordatlantik,
Zerfall des West-Antarktischen Eisschildes und damit einhergehender Meeresspiegelanstieg um einige Meter,
beschleunigtes Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes und damit Einleitung eines irreversiblen Abschmelzprozesses,
steigendes Risiko des Auftauens von Permafrostböden und damit Freisetzung großer Methanmengen durch zunehmende Erwärmung,
zusätzliche Freisetzung von Kohlendioxid und damit Verstärkung des Klimawandels durch großflächiges Absterben des Regenwaldes zum Beispiel im Amazonasgebiet.
Um eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems zu verhindern, ist es erforderlich, die globale Temperaturerhöhung langfristig auf maximal zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, wie beispielsweise der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) in seinem Sondergutachten zeigt (WBGU, 2003). Wissenschaftliche Ergebnisse (IPCC, 2004) weisen darauf hin, dass dieses Temperaturlimit mit hinlänglich großer Sicherheit nur unterschritten werden könnte, falls es gelänge, die Treibhausgaskonzentration bei 400 ppm CO2-Äquivalenten zu stabilisieren. Um eine derartige Stabilisierung zu erreichen, ist es erforderlich, dass die globalen Emissionen noch höchstens etwa bis zum Zeitraum 2015 bis 2020 steigen dürfen, um dann bis 2050 auf unter die Hälfte des Niveaus von 1990 zu sinken. Nach dem Sondergutachten des WBGU (WBGU, 2003) müssen deutliche Minderungen nicht nur von Kohlendioxid, sondern auch der anderen Treibhausgase (insbesondere von Methan und Lachgas sowie der fluorierten Verbindungen) und anderer indirekt klimawirksamer Stoffe (zum Beispiel Ruß) erfolgen.
Damit diese Lasten fair verteilt werden, ist es notwendig, dass die Industrieländer ihre Treibhausgasemissionen um 80 Prozent bis 2050 gegenüber 1990 mindern.
Klimaänderungen in Europa bis 2100
Aus Szenarienrechnungen werden folgende wesentliche Klimaänderungen abgeleitet:
Mittlere Temperaturzunahmen von 1990 bis Ende des 21. Jahrhunderts um 1,0 bis 5,5 Grad Celsius, wobei die Erwärmung in Ost- und Nordeuropa im Winter und in Südwesteuropa und dem Mittelmeerraum im Sommer am stärksten ausfällt (EEA, 2008),
Die Temperaturzunahme kann in Teilen Frankreichs und der Iberischen Halbinsel sechs Grad Celsius übersteigen (EEA, 2008),
Guten Tag, Herr Bredack,
Ich muss Ihren Ernaehrungstheorien energisch widersprechen.
Ihre Grundannahme, dass CO2 ein Bösewicht sei, den es zu bekämpfen gilt, ist grundfalsch! Offensichtlich sind Sie einer Mehrheitsmeinung erlegen, die wissenschaftlich nicht haltbar ist. Die aktuelle (zweifelhaft) ermittelte Globaltemperatur erlaubt es gerade nicht, einen eindeutigen Zusammenhang von CO2-Anstieg und Globaltemperatur zu postulieren. Nicht bei El Gore, auch nicht bei greenpeace finden Sie unbearbeitete (adjusted) Primaerdaten dazu.
In wissenschaftlichen (!) Veröffentlichungen und Foren werden Sie fündig und muessen erkennen, dass die Temperaturentwicklung stagniert, während der CO2-Gehalt stetig steigt. Falls Sie dann noch erkennen sollten, dass die Biomasse mit dem CO2-Gehalt steigt und der Hunger weltweit abnimmt, dann koennten auch bei Ihnen gewisse kritische Hinterfragungen Ihrer Position Einzug finden.
Zur Welternaehrung noch diese Bemerkung:
1800 vertrat der Philosoph Malthus die Auffassung, dass es Kriege und Katastrophen bedarf, um den Bevoelkerungsstand auf den damaligen 1 Milliarde zu halten. Begruendung: Naehrstoffmangel. Heute leben fast 8 Mrd. zumeist in vergleichbar paradiesischen Verhältnissen. Die weitere Entwicklung der Erträge erlaubt wohl auch 10 Mrd, auch mit tierischer Ernährung.
(Beispiel Weizenertrag Deutschland: 1955 31 dt/ha, heute ueber 80 dt/ha)
Sie setzen zweifellos auf ein aktuell erfolgreiches und medienwirksames Klimamodell und verknüpfen das mit Umweltschutz. Wissenschaftlich haltbar ist das nicht, und auch die Klimageschichte widerspricht.
Ich gruesse Sie
Dipling. W. Eckardt
in einem
Warum wird das Interview jetzt veröffentlicht, wenn es „Anfang 2019 entstand“. Da fühlt man sich doch als Leser verschaukelt.
Warum ?
Schreiben sie im Auftrag einer Gruppe. Ich fühle mich jedenfalls nicht betrogen, zumal ja darauf hingewiesen wurde. Das Gespräch zu diesem Thema hat ja auch nicht an Aktualität verloren.
Ich habe es gerne gelesen – breite kundige Information mit vielen Aspekten, ja spannend, dadurch motivierend.