Jan Delay

Ich bin halt ein Pop-Schwein.

Jan Delay über Authentizität, Musik seiner Kindheit, das Tanzen, Texte gegen große Konzerne und das 'harte Showgeschäft'

Jan Delay

© Universal Music

Jan, auf dem Weg zu diesem Interview ist mir ein Maler am Potsdamer Platz aufgefallen. Es ist gerade recht kühl draußen, die Männer, Frauen und Kinder, die an ihm vorbeigehen, sind entsprechend gekleidet. Aber auf dem Bild, das er gemalt hat, sind fast nur Frauen zu sehen, in Badeklamotten. Kann man als Künstler authentisch sein und gleichzeitig in eine eigene Welt abtauchen?
Delay: Im Prinzip hast Du mit damit gerade mein Geheimnis gelüftet. Denn wenn meine Musik kommt, dann denken plötzlich auch alle, überall würden nur Frauen in Bikinis rumlaufen. (grinst)
Nö, es geht einfach darum, eine andere Realität zu schaffen. Und die große Kunst ist es, soviel Interpretationsspielraum zu lassen, dass sich jeder da selbst hinein versetzen kann. Jemand vom anderen Ufer kann sich da Männer in Bikinis vorstellen, jemand, der auf dicke Frauen steht, kann sich da dicke Frauen vorstellen, Autos im Bikini geht auch. Es geht darum, einen Moment zu schaffen, in dem man sich verlieren kann, in dem man einmal rauskommt aus seiner harten, blöden oder vielleicht auch viel zu geilen Realität, um mal auf einen fantasievollen Boden von fantasievollen Tatsachen gepackt zu werden.  

Das heißt, Authentizität wird überschätzt?
Delay: Nee. Authentizität ist da ja trotzdem vonnöten. Denn bei der Authentizität geht’s eher ums Handwerk. Wenn wir davon sprechen, für den Konsumenten etwas zu kreieren, wo er sich drin verlieren kann, kann man das ja trotzdem auf authentische Art und Weise tun.

Wann ist Musik authentisch?
Delay: Authentisch wäre, dass jemand das, was er macht, tatsächlich meint und fühlt und ich es dadurch auch fühlen kann. Es muss nicht das Gleiche sein, aber ich muss etwas fühlen können. Ohne sie jetzt in die Pfanne hauen zu wollen, aber jemand wie Sarah Connor kann bei mir nicht diesen Moment erzeugen und ich glaube, einer der Gründe dafür ist, dass dieses Musik, dieses Handwerk, das sie da macht, nicht wirklich authentisch ist. 

Passiert das Jan Delay auch?
Delay: Natürlich. Mir als Künstler passiert das andauernd. Das muss auch so sein. Man stellt sich ständig in Frage. Ist es denn wirklich geil? Und: Ach scheiße, wie kann man das denn anders machen? Probieren, versuchen, tun, wegschmeißen, neu machen, das ist ganz ganz wichtig. Ohne das kann man solch Momente gar nicht kreieren. Das ist unmöglich. Sonst wäre das ja immer der gleiche Moment oder einfach schlecht.

Was wurde eigentlich bei dir Zuhause in Eppendorf 1976, im Jahr Deiner Geburt gehört? In den Charts waren damals ganz groß Paul McCartney mit „Silly Love Song“ und Elton Johns Duett mit Kiki Dee „Don’t go breaking my heart“.
Delay: Diese Charts-Hits kenne ich nur von Taxi-Fahrten von Oldie-Sendern. Ich habe das alles nicht mitgekriegt, weil meine Eltern nicht mal wussten, was Charts sind. Die haben viel gute Musik gehört. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich war zum Beispiel zwei Tage vor meiner Geburt noch auf einem Frank Zappa-Konzert. Mein Vater hat auch viel Northern Soul gehört, meine Mutter auch Patti Smith, schrecklicher Weise (lacht). Mit der kann ich gar nichts anfangen. Aber so habe ich viel gute Musik mitbekommen. Dexys Midnight Runners vor ihrer Folk-Ära. Die erste Nina Hagen-Platte. Viel Jazz wegen meines Vaters.

Wann hast Du angefangen, zu tanzen und zu singen?
Delay: Tanzen habe ich schon im Bauch gemacht, singen wohl auch so. Ich fand Musik immer geil.  Die war von Anfang an mein Ding. Es gibt auch Tondokumente auf Kassette, wo ich da rumstyle und singe und dichte.

Im Alter von…
Delay: Zwei Tagen. (lacht)

Nun ist Tanzen ja nicht nur individueller Ausdruck, sondern manchmal geradezu gesellschaftliche Pflicht. Hast du jemals einen Tanzkurs besucht?
Delay: Sowas habe ich nie gemacht. Wir sind immer zur Tanzschule gegangen und ein paar von uns haben die verkloppt, die dann da rausgekommen sind. Tanzschule ist nicht mein Ding. Auch Musikschule nicht. Weißt du, ich komme vom Rap. Auch wenn ich vorher schon immer alle Musik gehört hab und dazu gefeiert und getanzt hab, ist mir das wirkliche Musikmachen erst durch Hip-Hop beigebracht worden. Das heißt: autodidaktisch. Hip-Hopper bringen sich alles selber bei und machen alles selber. Was das angeht, kann ich sagen, ich habe nie eine Schule besucht, außer meine eigene.

Was ist es, was einen zum Tanzen bringt?
Delay: Ein guter Beat. Es muss nicht ein Schlagzeug sein, das kann auch nur ein Basslauf sein, nur eine Gitarre oder nur zwei Töne. Ich bin jetzt kein Fan von Minimal-Techno, aber das kann was sehr Reduziertes sein, das kann was sehr Opulentes sein, das ist egal. Es gibt keine Definition, es ist einzig und allein ein guter Beat.

Woody Allen hat mal gesagt, er wisse nicht, wer Gott ist, aber er könnte ihn tanzen. Ist Tanzen also eine Form der Kommunikation?
Delay: Tanzen ist Ausdruck des Gefühls in dem Moment. Das als Kommunikation zu beschreiben, fände ich ein bisschen esoterisch. Mit Musik kann man kommunizieren, weltweit, das kann ich unterschreiben. Wenn Du tanzt, dann musst Du dich ja für die Musik gerade begeistern, und das drückst Du dann in dem Moment aus. Mal heftiger, mal weniger, mal sehr gefühlvoll und eng. Mal ganz allein, komplett irgendwo versunken, wie auf einem Goa-Rave. Das sind die verschiedenen Formen, aber keine Kommunikation. 

Ab einem gewissen Alter ist Tanzen ja auch gut, um, zum Beispiel, Frauen näher zu kommen.
Delay: Jein, das stimmt schon. Bei mir und vielen anderen, die ich kenne, ist das so, dass wir schon getanzt haben, bevor wir wussten, dass es Frauen gibt und dass man die kennen lernen will, weil man sie anfassen will. Weißt‘ was ich mein? Natürlich haben wir damals mit den Mädchen auch getanzt, aber eben nur getanzt. Ich bin eben nicht aus einem Umfeld, wo Tanzen und Musik erst in der Pubertät eine Rolle spielen, wo Frauen und Mädchen eben auch auf den Plan treten. Daher war das nie für mich nur ein Mittel zum Zweck. Es ist auf jeden Fall eine viel lockerere, bessere und geilere Variante, mit Frauen zusammen zu kommen, finde ich und es macht auch mehr Spaß, weil man sich viel schneller viel näher ist.

Der Name deiner neuen Platte „Wir Kinder vom Bahnhof Soul“ erinnert natürlich an das Drogenstrich-Drama „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Soll das heißen, dass sich auch Musiker manchmal prostituieren?
Delay: Das ist überhaupt nicht so gemeint. Ganz im Gegenteil. Ich finde, der Titel ist auch dann schön, wenn man das Buch oder den Film nicht kennt. Ich wollte einfach nur ein gutes Wortspiel mit dem Wort Soul im Titel haben. Das hat alles gepasst. Und letztendlich ist es ein geiler Film. Ich habe mit 12 oder 13 das Buch gelesen und es hat mich voll weggehauen. Und es ist letztlich auch eine Sache, die in Deutschland produziert wurde, die aber auch ein gewisses internationales Format hat. So ein Film läuft nicht umsonst überall auf der Welt. Er ist sehr zeitlos und trotzdem zeitgemäß, auch dreißig Jahre später. Und so ein bisschen sehe ich meine Mucke auch, also die Mucke von dieser Platte.

31 Jahre später machte der Regisseur von „Die Kinder vom Bahnhof Zoo“ den „Baader Meinhof Komplex“…
Delay: Das ist ja noch gut. Jetzt verfilmt er „Bushido“. Das ist hart.

Gibt es bei dem Album eine neue Ausrichtung, die anders ist als bei den früheren Platten?
Delay: Njein. Das einzige, was ich mir vorgenommen hatte war, die Sache diesmal etwas offener zu halten. Ich habe versucht, mit einer einfacheren Sprache schwerere Gefühle hervorzuheben. Ich wollte nicht, dass man viel Hintergrundwissen braucht und keine Metaphern, die du nur checkst, wenn du seit zwanzig Jahren Rap hörst, oder bestimmte Filme guckst. Ich wollte, dass sich mit dieser schönen Musik einfach noch mehr Leute identifizieren können, und manchmal schließt man Leute aus, wenn der Text zu kopflastig wird.

Zitiert

Ich war zwei Tage vor meiner Geburt noch auf einem Frank Zappa-Konzert.

Jan Delay

Es ist sozusagen die Volksmusikplatte von Jan Delay?
Delay: Ja genau. Jay-Z hat ja mal gesagt „I dumb down for my audience. And double my dollars“. Ich simplifiziere für meine Audience nicht um die Dollars zu verdoppeln, sondern einfach, um mehr Leuten diese Tanzmusik zugänglich zu machen. Weil, heutzutage gibt es sowieso keine Dollars mehr. Double von Null ist eben immer noch null.

In einem Song wirfst Du Aldi und H&M vor, kleinere Läden zu zerstören, bist aber gleichzeitig beim Major-Label Universal unter Vertrag. Ist das nicht ein Widerspruch?
Delay: Ach, ich finde, das geht komplett zusammen. Es geht mir in meiner Kritik ja um die Innenstädte und die Gleichschaltung der Innenstadt. Und darum, dass die Mieten so hochgehauen werden, dass sie sich nur die großen Ketten leisten können. Das hat mit Universal überhaupt einen Scheiß zu tun! Weil Universal einfach ein großer Musikkonzern ist, fast der einzige, den es noch gibt auf der Welt und dieser Konzern ermöglicht es mir, sich eineinhalb Jahre Zeit zu nehmen, um so eine aufwendige Platte, mit so einem Sound zu machen. Was sonst nicht möglich wäre, in der heutigen Zeit hinzukriegen, weil sich jeder die Musik sowieso nur noch runterzieht. Da hat das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun, außer, dass beide Konzerne sind.

Wenn Universal so gut zu dir ist, was ist dann „so hart im Showgeschäft“, wie du in einem neuen Song singst?
Delay: Es ist hart im Showgeschäft, weil es sehr sehr sehr viel Arbeit ist. Ganz einfach. Wer wirklich überlegt, in dieses Berufsfeld überzusiedeln, sollte sich das lieber zwanzig Mal überlegen. Man braucht ganz ganz viel Talent, ein dickes Fell, sehr viel Geduld und man muss Herzblut und Leidenschaft mitbringen. Wer denkt, das ist ja alles so easy und man würde schön auf Partys und auf dem roten Teppich rumlaufen, der ist schneller wieder weg, als er gekommen ist.

Aber ist die Illusion, dass jeder über Castingshows oder ein Video bei YouTube berühmt werden kann, nicht auch ein gewinnbringender Teil des Mediengeschäftes geworden?
Delay: Nein, weil das mit den Castingshows ist ja genau das, was mir Recht gibt. Da siehst du eben, wie’s läuft, wenn nicht jede Stufe von unten an aus eigenem Antrieb mit Herzblut und Leidenschaft genommen wurde. Wenn jemand den Fahrstuhl genommen hat, in der achten Etage gleich rausgelassen und, ohne es zu ahnen, dort von den Haifischen erwartet wird, dann kommt in zwei Wochen ein kalter Windstoß und knallt ihn vom Dach. Jemand, der aus eigenem Antrieb diese acht Stockwerke Stufe für Stufe selber gegangen ist und nie versucht hat, mehrere Stufen auf einmal zu nehmen, der fällt, wenn dann der Wind kommt, nur eine Treppe runter und kann wieder aufstehen. Der Typ, der selber hoch gegangen ist, hat Muskeln in den Beinen. 

Gab es den Moment, wo dir schwach in den Beinen wurde, in dem du gedacht hast: Ich höre auf?
Delay: Ja, definitiv. Das war so 2003/2004. In der Zeit ist zum Beispiel der Text „Im Arsch“ entstanden. Da war klar, die Musikindustrie wird bald Pleite sein. Wir, die Absoluten Beginner, hatten gerade ein Jahr Zeit gehabt für eine neue Platte. Wir hatten geile Demos aufgenommen und wollten mal ausprobieren, die in einem krass teuren Studio abzumischen. Als wir aus dem Studio kamen, waren die Songs wie tot – wir hatten einen Neuwagen in dieses Experiment investiert und ihn komplett gegen die Wand gefahren. Da habe ich überlegt, ob ich nicht umsatteln sollte.

Welche Alternativen hätte es für dich gegeben?
Delay: Da überlegt man sich alles. Wahrscheinlich hätte es auch was mit Musik zu tun gehabt. Ich bin auf jeden Fall einer, für den klar ist: Ich will auf jeden Fall nicht am Hungertuch nagen. Ich muss mich Gott sei Dank aufgrund meines Geschmacks auch nicht verbiegen, um von der Musik leben zu können. Ich bin halt ein Pop-Schwein und habe einen poppigen Geschmack. Wäre das anders, hätte ich auch eiskalt was anderes gemacht, um Geld zu verdienen und Musik nebenbei gemacht.

Der Gedanke, sich beruflich zu ändern, kam also nicht von künstlerischem Frust, sondern aus Existenzängsten?
Delay: Ja. Aber Existenzangst fängt ja früher an – wenn man einen Lebensstandard haben möchte, der über dem liegt, den man von seiner Kindheit her kennt. Ich möchte halt in Urlaub fahren können, wenn ich will. (Räuspert sich) Würde es eigentlich stören, wenn wir eine Raucherpause einlegen?

Nein. Nur zu. (5 Minuten später) In der Online-Entscheidungshilfe zur Europawahl, dem Wahlomat,  wurde man unter anderem gefragt, ob man für das Rauchverbot in Restaurants ist.
Delay: In Restaurants finde ich das Verbot super. Hätte ich auch nicht gedacht, vor einem Jahr, dass ich das mal sage, aber ich finde das wirklich gut. Was ich wirklich nicht einsehe, ist in Clubs. Warum darf man da nicht rauchen? Voll bescheuert, da ist kein Kind, kein nix. Da sind alle über 18. Da gehen die Leute hin, um Drogen zu nehmen, Punkt.

Geht man nicht in Clubs, um zu tanzen?
Delay: Ja klar, aber einige Leute können nicht tanzen ohne Drogen. Manchmal ist die Musik auch so scheiße, dass man Drogen nehmen muss, um dazu tanzen zu können. (lacht) Also Drogen sind für mich Alkohol; ich rede jetzt nicht von chemischen Substanzen.

Es gibt ein Liebeslied auf der neuen Platte an Prince und Stevie Wonder.
Delay: Das, was du meinst, ist für mich gar kein Liebeslied. Da geht’s um Hoffnung, um Hoffnung in Form von 4/4-Takt. Beim Jazz kann es auch 7/8 sein.

Das Lied klingt, als sei die wahre Liebe nur in der Musik zu finden, nicht mit Menschen.
Delay: Wenn man das Lied alleine hört, ja. Wenn man die ganze Platte hört, merkt man, dass es auch die Liebe zu Menschen gibt, die genauso wichtig ist. Aber gerade, wenn die Liebe zu einem Menschen zerbricht und alles scheiße ist, dann ist die Musik immer da. Und sie kann mir am besten über alles hinweghelfen, ohne doofe Nebenwirkungen. Deshalb ist sie quasi Heilmittel Number One; deshalb habe ich diesen Song gemacht und damit der Song vielleicht dem einen oder anderen mal über irgendwelche grauen Stunden hinweghelfen kann.  

Aber auch die Liebe zu Stevie Wonder und Prince kann einen bisweilen ja enttäuschen.
Delay: Ey, wenn du hier irgendwas gegen Prince und Stevie Wonder sagst, dann schmeiße ich dich hier vom Balkon. (lacht) Nur weil jemand mal was Doofes gemacht, gesagt oder angezogen hat, kann man doch nicht all die anderen Geniestreiche und Blitze der Kulturgeschichte und Sternstunden der musikalischen Weisheit irgendwie in Frage stellen, die sind ja trotzdem da.

Aber werden Künstler nicht immer an ihrem letzten Werk gemessen?
Delay: (Ironisch) Oh! Stevie Wonder hat jetzt einen Scheiß-Song mit Babyface gemacht – Puff! – Dann sind seine „Songs In The Key Of Life“ auf einmal weg. Prince hat Lippenstift benutzt – Puff! – auf einmal gibt es „Kiss“ nicht mehr, weißte? Also, ich wehre mich dagegen, alte Sachen von Künstlern schlecht zu finden, nur weil sie auf einmal Scheiße bauen. Wie zum Beispiel Madonna. Ich habe sie immer verehrt und finde sie seit 2003, seit ihrer Anti-Bush und dann doch nicht Anti-Bush-Platte scheiße. Aber alles, was sie davor gemacht hat, finde ich immer noch geil. Das lege ich mir auch immer noch gerne auf, zum Beispiel, wenn es mir scheiße geht. Dann geht’s mir wieder besser.

Gibt es Songs von dir, die du mittlerweile scheiße findest?
Delay: Definitiv. So gut wie alles von vor ’98. Wobei ich mich da nur auf meine Vocal-Performance beziehe. Die Musik fand ich eigentlich immer schon geil.

Hast du musikalische Visionen, die schon länger bestehen und noch umgesetzt werden sollen oder entsteht das immer von Mal zu Mal?
Delay: Es gibt diese Visionen auf jeden Fall, aber die werden mal schwächer und verstummen, mal werden sie stärker. Das entwickelt sich. Ich will ja auch nichts doppelt machen, nichts, was es so gerade schon gibt. Ich frage mich: Wo ist der Bedarf? Was fehlt im Moment? Und dann mache ich eben eine deutschsprachige Reggae-Platte. Oder eine deutschsprachige Tanz- und Funkplatte. Im  Vorfeld spreche ich meine Ideen und Visionen aber sowieso nicht aus. Es wäre zum Beispiel ungünstig, eine Hardcore-Tango-Platte zu machen, wenn die zur gleichen Zeit schon von jemand anderem gemacht werden würde.

Du diagnostizierst den Deutschen auf deiner Platte eine allgemeine „Hüftsteifigkeit“. Wie wirkt sich die aus?
Delay: Ich finde, man sollte aufhören, diese Hüftsteifigkeit zu diagnostizieren und lieber daran gehen, Medikamente und Wege zu finden, um sie aufzulösen und gute Tanzmusik zu machen, damit diese Steifigkeit zu Staub zerfällt. Das tue ich und werde ich weiterhin tun. 

Wer würde im September die Bundestagswahl gewinnen, wenn die Deutschen bis dahin weniger hüftsteif und mehr tanzen würden?
Delay: Wie heißt der denn noch gleich? Bruce. Bruce Darnell. Das fände ich gut. (lacht) Wenn alle nur noch tanzen, dann brauchen wir gar keine Politik mehr. Dann sind alle gut drauf. Und dann geht’s allen wieder gut. Ich hatte ja mal eine Zeile in „Disko“: „Und ich weiß genau, die Welt, in der wir leben, wäre sowas von entspannter, würden alle täglich raven.“ Das meine ich ernst.

Benutzt du Entscheidungshilfen wie Wahlomat.de für deine Wahlentscheidung?
Delay: Der Wahlomat ist bei mir abgestürzt. Ich hab ihn wieder hoch gefahren und dann stand da nur: „Außerparlamentarische Opposition. (lacht) Sie sind Anarchist! Sie sind nicht befugt, ihr Kreuzchen bei irgendeiner Partei zu setzen, aber Sie sollten es trotzdem tun, weil sonst die fünf Euro von Ihrem Steuergeld auf die zwei Großparteien verteilt werden!“ Aus Hamburg kommt die, wie heißt die nochmal, APPD – die Anarchistische Pogo Partei Deutschlands? Oder Die Partei von der Redaktion der Titanic – das ist auch eine gute Sache. Ich weiß gar nicht, ob die wieder kandidieren.

2 Kommentare zu “Ich bin halt ein Pop-Schwein.”

  1. Finn |

    gut!

    der typ hat es so verdient, oben zu stehen!!!

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  2. sepp |

    ganz groß!

    wirklich extrem gutes interview, mit extrem guten fragen :-)
    großen respekt.

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