+++ Das folgende Interview entstand an zwei verschiedenen Tagen, im Juni 2020 offline und am 08. März 2021 online. +++
Jan, gab es trotz der Krise im Kultursektor auch Positives, was du der Corona-Zeit abgewinnen konntest?
Jan Delay: Das einzig Gute war die Entschleunigung und das Zusammensein mit meiner Familie, mehr Zeit zu haben. Aber je länger die Einschränkungen andauern, desto mehr nervt diese Situation. Mittlerweile hätte ich gerne weniger Zeit.
Viele haben die Corona-Krise als „Brennglas“ bezeichnet, durch das bestimmte Probleme stärker sichtbar wurden. Was ist dir aufgefallen?
Delay: Natürlich ist das Social Distancing krasser geworden. Das gab es ja schon vor Corona, dass sich die Leute nicht mehr im Plattenladen treffen, sondern online einkaufen. Jetzt haben sie gemerkt, dass sie auch ihren Yoga-Kurs per Zoom-Konferenz machen können.
Der Einzelhandel fing schon vor vielen Jahren an, zu sterben, weil die Leute sich alles im Netz bestellen. In den USA sterben die Malls – und obwohl die früher als Inbegriff des kulturellen Untergangs gesehen wurden, gibt es heute Kulturhistoriker und Leute wie mich, die den Malls nachweinen, weil sie ein Ort von menschlicher Zusammenkunft waren. Jetzt gehen alle in Einzelhaft mit ihrem Handy, das wurde durch Corona nochmal befeuert.
Nutzt du selbst die großen Online-Händler oder boykottierst du sie?
Delay: Ich komme nicht drum herum, manchmal etwas bei Amazon zu bestellen, vor allem in der Corona-Zeit. Mein Vater ist da konsequenter und kauft kategorisch nichts von Apple oder bei Amazon, weil er es asozial findet, wie sich diese Unternehmen immer wieder um die Steuern gedrückt haben.
Ich ziehe meinen Boykott bei Monsanto durch. Ich trinke nichts mehr, wo Monsanto irgendwie dran beteiligt ist. Vielleicht schaffe ich es irgendwann, dass auch Amazon auf die Boykottliste kommt. Nike allerdings wird es nie auf diese Liste schaffen.
Ich hatte keine Lust, dieser tollen Platte, welcher von Corona so in den Arsch getreten wurde, nachträglich noch einen Corona-Floh in den Pelz setzen.
Im Mai ist dein neues Album „Earth, Wind & Feiern“ erschienen, das eigentlich schon vor Corona fertig war…
Delay: Ja, drei Tage vor dem ersten Lockdown.
Warst du seitdem nochmal im Studio?
Delay: Sehr wenig. Ich habe in der Corona-Zeit gemerkt, dass ich mich nicht wirklich locker machen und nicht kreativ sein konnte. Bei all dem Scheiß, der durch Corona passiert ist, muss man nicht auch Musik machen, die einen dann runterzieht.
Also trotz Album-Verschiebung kein Lockdown-Song.
Delay: Nein. Es sind noch zwei Songs hinzugekommen, die hatten aber nichts mit Lockdown-Inspiration zu tun. Ein Corona-Song wäre außerdem nichts Anderes als ein Dubstep-Drum-Sound: Wenn du dich an etwas orientierst, was so kurzzeitig Thema und ein so kleiner Zeitabschnitt ist, dann wird dein Song genauso schnell wieder veraltet sein. Eine Dubstep-Snare kannst du heute immer auf 2012 datieren. Und genauso wäre es mit einem Corona-Song.
Außerdem hatte ich keine Lust, dieser tollen Platte, welcher von Corona so in den Arsch getreten wurde, nachträglich noch einen Corona-Floh in den Pelz setzen – das hätte die Platte nicht verdient. Ich will lieber Musik machen, die motiviert, euphorisiert, die Kraft gibt, damit man diese Scheiße anpacken kann.
Im Song „Alexa“ arbeitest du viel mit Autotune. Ist das nicht auch wie eine Dubstep-Snare?
Delay: Nein, Autotune ist eher vergleichbar mit einem komplett neuen Instrument. Es gibt in der Musik ein paar Stilmittel, die kommen und die gehen nicht wieder, dazu zähle ich Autotune. Das ist zeitlos, bekommt immer wieder neue Impulse… Ich hatte Autotune auch schon mehrfach abgeschrieben, nach Daft Punk, nach T-Pain oder Kanye West, aber es kommt immer wieder, in den abstrusesten Erscheinungsformen, kombiniert mit anderen Effekten.
Genauso kann es aber auch sein, dass es in zwei Jahren als der letzte Schrei gilt, Vocals komplett ’nackt‘, ohne irgendwelche Effekte einzusingen.
Als ich „Alexa“ zum ersten Mal gehört habe, dachte ich, du parodierst da einen bekannten Rapper…
Delay: Nein, das ist keine Parodie, sondern meine Interpretation davon, wie momentan Musik klingt, die von Clubsound, Trap und Afro-Karibik inspiriert ist. Wenn ich diesen Song mit normaler Stimme aufgenommen hätte, hätte das komisch geklungen. Dann machst du Autotune drauf und es klingt sofort stimmig.
Ist denn jemand wie Capital Bra eine Inspiration für dich?
Delay: Nicht in musikalischer Hinsicht. Doch er ist auf jeden Fall eine Wegmarke, beim Thema Deutsch-Rap 2018 bis 2020 kommt man um seinen Namen nicht herum, der hat alle getoppt. Als ich seine ersten Songs hörte, habe ich das kaum ernst genommen. Aber er ist gut, kommt von ‚Rap am Mittwoch‘, ist durch diverse Battles gegangen – er weiß was er tut und ich habe großen Respekt vor seinem Arbeitsethos. Es ist unfassbar, wie viel er veröffentlicht, wie er das Ganze in den sozialen Medien befeuert… Und dann bringt er auch noch seine eigene Pizza raus und rappt dazu „ich bin kein Rapper aus Amerika, aber meine Pizza gibt es jetzt bei Edeka, be-le-le-legt mit Käse“. Krasser Typ! Sein Werbe-Rap ist besser als so mancher richtige Rap-Song in den Charts.
In „Spaß“ singst du über „besorgte Bürger“ und ihre Ablehnung anderer Kulturen. Wo hast du zuletzt solche „besorgten Bürger“ persönlich erlebt?
Delay: Die erlebe ich Gott sei dank sehr selten. Ich lebe in Hamburg in einem traditionell linken Stadtteil, viele haben hier Migrationshintergrund – besorgte Bürger gibt es hier nicht. Ich erlebe die nur, wenn ich auf Tour bin, häufig in Ostdeutschland, aber auch im Süden und Westen. In Hamburg habe ich noch nie so einen Vorfall erlebt…
Was für Vorfälle meinst du?
Delay: Rassistische Kommentare über Bandmitglieder von mir, skeptische Blicke aufgrund meines Äußeren… Auch willkürliche Polizeikontrollen: In Bayern zum Beispiel ist das ganz normal, dort bin ich in den letzten 20 Jahren diverse Male aus dem Zug rausgeholt oder am Bahnhof kontrolliert worden. Basecap? Kapuzenpulli? – Ausweis bitte.
Vor knapp 30 Jahren hast du mit den Beginnern gerappt „Denn die deutschen Polizisten beschützen die Faschisten“ („K.E.I.N.E.“, 1992). Hat sich daran etwas geändert, deiner Meinung nach?
Delay: Die Zeile war damals genauso vage wie sie es heute wäre. Andererseits kann man sie heute genauso mit Fakten untermauern wie damals. Ich habe letztes Jahr Aufnahmen vom Alexanderplatz gesehen, wie dort ein Afro-Deutscher mit Knüppeln zusammengeschlagen wurde – von fünf Polizisten.
Ihr hattet in dem Song damals auch eine Zeile von der Punkband Slime…
Delay: Nein, das stimmt so nicht ganz. Wir hatten die Zeile von dort, wo auch Slime sie her hatten: von den Demos. Den Song „Bullenschweine“ kannten wir damals gar nicht. – Aber ich liebe Slime.
Als ich 2020 mit Slime-Frontmann Dirk Jora sprach, beklagte er, dass der Staat einerseits hunderte Millionen für eine Elbphilharmonie ausgibt, Clubs hingegen müssten „sehr lange betteln, um vielleicht mal eine Monatsmiete bezahlt zu bekommen.“ Gab es in deiner Laufbahn Momente, wo du dir als Künstler mehr Unterstützung vom Staat gewünscht hättest?
Delay: Es gibt zumindest ein paar Dinge, wo ich auf Hamburg sauer bin, die Pfeffersack-Stadt, die wirklich Kohle hat. Man rühmt sich immer als Kulturstandort, aber wenn es dann um bestimmte Orte und Institutionen geht, die Leute aus Leidenschaft aufgebaut und betrieben haben, die verdrängt werden oder drohen, pleite zu gehen – da springt die Stadt nie ein.
Das Gänge-Viertel würde es so heute nicht mehr geben, wenn da nicht nochmal eine der letzten Hausbesetzungen dieses Jahrtausends stattgefunden hätte, wo viele Künstler und Medienleute für den Standort in die Bresche gesprungen sind.
Es wurden in Hamburg viele Förderungen gestrichen, viele Clubs mussten schließen oder sind von Schließung bedroht, wie zum Beispiel an der Sternbrücke, wo das Cover von „Wir Kinder vom Bahnhof Soul“ entstanden ist.
Hast du dich als Künstler in der Pandemie-Zeit unterstützt gefühlt, von Gesellschaft und Politik?
Delay: Nein, gar nicht. Ich persönlich brauche auch keine Unterstützung, weil ich das Glück hatte, dass ich in den letzten Jahrzehnten viel arbeiten und auch etwas zur Seite legen konnte. Aber wenn ich auf meine Branche gucke, Musiker, Booking-Agenturen, Techniker – all die tausend Jobs, die es im Live-Geschäft gibt, da habe ich nirgendwo gehört „cool, dass wir in Deutschland leben“. Leider nicht.
Till Brönner beklagte Ende 2020 in einer Videobotschaft, Künstler würden sich nur „auffällig verhalten und geradezu übervorsichtig“ zur Corona-Krise äußern. Warum war das so?
Delay: Weil es natürlich schwierig ist, sich als Künstler öffentlich hinzustellen und zu klagen, wenn man selbst weiß, wieso die Bühnen zu sind. Was soll die Regierung denn antworten?
Till Brönner hat das sehr gut gemacht, finde ich, aber das einfach nur zu wiederholen, wäre sinnlos gewesen. Als gutverdienender Musiker wirst du auch schnell schief angeguckt – ‚der kann sich doch nicht beklagen‘. Insofern wäre es natürlich sinnvoll, wenn Beleuchter, Bühnentechniker usw. solche Videos gemacht hätten. Haben sie vermutlich auch, nur guckt die kaum jemand.
Hattest du in deinem Bekanntenkreis Menschen, die in der Corona-Zeit verschwörungsgläubig geworden sind?
Delay: Nein, Gott sei Dank nicht. Bei manchen Freunden habe ich emotionale Reaktionen bemerkt, die so vorher nicht da waren, aber das fand ich angesichts der Situation verständlich. Diese krass andere Lage hat uns allen etwas abverlangt, erst die Angst vor dem Virus, dann Existenzangst, die Isolation… Ich verstehe, wenn da mal jemand kurz abdreht. Es gab aber in meinem Umfeld niemand, der auf einmal dem ganzen Schwurbel-Aluhut-Quatsch hinterhergelaufen ist.
Hast du noch Kontakt zu Xavier Naidoo?
Delay: Nein. Das letzte Mal habe ich ihn vor drei Jahren gesehen, beim Unplugged-Konzert von Samy Deluxe. Da haben wir uns kurz unterhalten und das war in Ordnung.
Bist du schon mal auf Distanz zu früheren Musiker-Kollegen gegangen, zum Beispiel wegen bestimmter Äußerungen?
Delay: Nein. Xavier wäre tatsächlich der erste Fall, es gibt von ihm einige Äußerungen, wo ich gar nicht glauben konnte, dass er so etwas sagt. So wie ich ihn kennen lernte ist er ein Antifaschist. Er ist früher selbst rassistisch beleidigt worden und hat sein Leben danach ausgerichtet, anderen Leuten zu helfen und unter die Arme zu greifen. Man darf nicht vergessen, was Xavier Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre in Mannheim alles auf die Beine gestellt hat, wie vielen Menschen er geholfen hat. – Das soll jetzt nichts entschuldigen, aber es kann vielleicht erklären, warum ich heute bei einigen Statements von ihm so fassungslos bin.
Doch wie gesagt, das ist eine Ausnahme. Natürlich gibt es immer wieder Leute in der Branche, die komische, eklige, befremdliche, ätzende Sachen sagen, zu denen man auf Distanz geht. Aber das sind dann Leute, mit denen ich eben aufgrund solcher Äußerungen nie zusammen Musik gemacht habe.
Wir führen dieses Gespräch am Weltfrauentag: Wie stehst du dazu, dass sich viele Rapper – auch Summer Cem, der auf deinem neuen Album zu hören ist – herablassend über Frauen äußern, in ihren Texten meist nur das Wort „Bitch“ benutzen?
Delay: Wenn man sich die Texte von Rapperinnen und Rappern aus den letzten fünf Jahren anhört, hat sich dieser Term „Bitch“ so gewandelt, dass er nichts mehr damit zu tun hat, irgendein Geschlechtsmerkmal zu definieren.
Ich habe mir einige Texte der letzten Jahre von Summer Cem durchgelesen, und dort viel Abwertendes über Frauen gefunden…
Delay: Du wirst auch bei Gzuz Abwertendes über Frauen finden, mit dem ich ebenfalls Musik gemacht habe, auch bei Kool Savas – allerdings nicht in den Songs, die ich mit ihnen aufgenommen habe. Wenn sie da eine frauenverachtende Strophe geschrieben hätten, hätte ich gesagt: Das geht nicht.
Es gibt gesellschaftlich einen Konsens darüber, das N-Wort nicht mehr zu benutzen. Was hältst du von der Idee, im HipHop keine frauenverachtenden Worte mehr zu gebrauchen?
Delay: Das wird bereits weniger, und das ist gut so. Ich habe neulich mit Savas darüber gesprochen: Wenn du heutzutage frauenerniedrigende Texte rappst, dann disst du dich damit selbst. Mit so etwas verbaust du dir die Karriere und sorgst nur dafür, dass die Leute dich als total veraltet abtun. – Und es ist doch toll, dass es so ist. Diese Entwicklung wird weitergehen und irgendwann wird sich das Thema von selbst erledigt haben.
Aber noch vor zwei Jahren klang es in einem Summer Cem-Song („Oh No“) so: „ Bitch, sei nicht so faul geh und such dir nen Job … Tu was ich sag, putz, koch, wasch ab“…
Delay: So eine Zeile finde ich stumpf und blöd, die feiere ich nicht, würde ich auch nicht auflegen. Aber dann kommt es auch drauf an, wer das rappt. Wenn das jemand ist, von dem ich weiß, dass er sich in einer gewissen Form ironisch ausdrückt, um die Dummheit und Stumpfheit seiner Kollegen anzuprangern oder vielleicht sich selbst auf die Schippe zu nehmen – dann würde ich es wahrscheinlich auch feiern.
Hättest du dafür ein Beispiel?
Delay: Farid Bang. Er wird ja von vielen als Frauenverachter und Sexist gesehen, vielleicht auch zu Recht, aber ich sehe das ein bisschen anders, differenzierter. Ich kenne auch Frauen, gestandene Feministinnen, die herzhaft über Farid Bang lachen und ihn lieben. Für die ist es Entertainment, sich anzuhören, wie er gefühlt jeden Satz damit beendet, wie groß sein Penis ist.
Insofern sehe ich das nicht ganz so eng. Ich bin ja auch aufgewachsen mit N.W.A oder 2 Live Crew, bei denen viele Texte sexistisch waren. Die habe ich mit 12, 13 gehört, aber das war auf Englisch und hat niemanden gestört. Gesagt haben sie dasselbe – und aus mir ist trotzdem etwas geworden. Ich habe das, was ich da gehört habe, nicht stumpf übernommen, sondern ich konnte immer zwischen Entertainment und realer Welt, zwischen einem bescheuertem und einem guten Frauenbild unterscheiden.
Was sind die wichtigsten Dinge, die du Frauen zu verdanken hast?
Delay: Mein Leben, zum Beispiel. (lacht) Madonna hat mir auf jeden Fall genauso viel eingeimpft wie Prince.
Hattest du mal Frauen an den Instrumenten in deiner Band?
Delay: Nein, das hat sich nie ergeben. Ich stelle auch fest, dass bei meinen Lieblings-Rap-Alben nur eine Frau dabei ist: Lauryn Hill. Was aber auch daran liegen könnte, dass nicht so viele Frauen Bock haben, zu rappen.
Delay: Vielleicht haben sie keine Lust, sich die schlechten Witze und Beschimpfungen von männlichen Kollegen anzuhören, die Rapperinnen nicht als gleichberechtigt betrachten und nicht auf Augenhöhe ernst nehmen. Wenn du dich ins Rampenlicht begibst, brauchst du ein sehr dickes Fell, denn ab dem Moment gibt es so viele Leute, die neidisch sind, die dich scheiße finden – viele schlechte Vibes, die du erstmal wegstecken können musst. Wobei ich nicht glaube, dass Männer ein dickeres Fell haben, sondern die Frauen im Rampenlicht kriegen einfach mehr ab, warum auch immer.
In der Corona-Zeit sind einige Musiker auf Crowdfunding-Plattformen wie Patreon aktiv geworden, um die Konzertausfälle etwas zu kompensieren, die Band Einstürzende Neubauten finanziert sich schon seit vielen Jahren direkt durch ihre Fans. Würde so ein Modell auch für dich infrage kommen, anstelle des Vertrags bei einer großen Plattenfirma?
Delay: Ich habe mir darüber die letzten drei Jahre viele Gedanken gemacht, mit einigen Kollegen darüber gesprochen – und dann die Entscheidung gefällt, dass ich mir das nicht geben will. Ich habe das ja früher schon mal ausprobiert, mit eigenem Label, alles selbst zu machen, ich weiß, was das bedeutet: Am Ende verdienst du vielleicht mehr, hast aber auch enorm viel mehr Arbeit und Verantwortung. Dann setzt du dich in irgendwelche Talkshows, wo du eigentlich nie hinwolltest, nur weil du im Hinterkopf hast: ‚Hilfe, ich muss was für meine Angestellten tun.‘
Wenn ich bei Universal Music unter Vertrag bin, habe ich diese Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern nicht. Ich mag die alle, aber ich kann eben auch sagen: Sorry, diese oder jene Geschichte mache ich nicht, ist mir egal. Das erlaubt mir eine künstlerische Integrität, ohne dass die Mitarbeiter sauer auf mich sind.
Verdient deine Plattenfirma eigentlich bei deinen Konzerten mit?
Delay: Nein. So einen Vertrag hätte ich auch nicht unterschrieben. Abgesehen davon, dass sie dann jetzt durch Corona auch pleite wären. (lacht)
2019 hat Netflix mit „Skyline“ eine Serie veröffentlicht, die an das Leben von Haftbefehl anknüpfte. Worum würde es in einer Serie gehen, die auf deiner Biografie basiert?
Delay: Diese Serie wäre vermutlich ziemlich langweilig. Da gibt es kein Sex, kein Crime, nur ab und zu einen schlechten Gag…
… Verhaftungen im ICE…
Delay: …aber das ist doch low!
Nein, in meiner Serie würde es darum gehen, wie man in einer Zeit, wo nicht alles verfügbar und nicht jede Subkultur per Knopfdruck da war, es trotzdem möglich war, so einen ‚Internet-State-of-Mind‘ zu haben. Selbstgemachtes, analoges Internet, das wäre ein gutes Jan Delay-Thema. Weil das aber sehr nischig ist und vermutlich nur ein paar Kulturhistoriker interessiert, würde ich das ganze noch glamourisieren und sexy machen. Dafür gäbe es in der Serie dann alle möglichen Arten von Clubs, wo Jan Delay auflegt und wo das analoge Internet so richtig abspinnen kann.