Herr Greve, als ich in meinem Freundeskreis erzählte, dass ich heute ein Interview mit Ihnen führen würde, waren alle etwas ratlos und konnten mit Ihrem Namen nichts anfangen – und das, obwohl diese Freunde einige Ihrer Filme gesehen haben. Geht es Ihnen öfter so?
Jochen Greve: Es ist eigentlich immer das Problem des Drehbuchautors, dass er völlig hinter seinem Werk verschwindet. Die fertigen Filme werden in der Regel nicht mit ihm, sondern vielmehr mit dem Regisseur oder den Hauptdarstellern in Verbindung gebracht. Das ist aber ein internationales Problem, mit dem auch die Autoren der großen Hollywood-Filme zu kämpfen haben. Man muss als Autor damit leben, versucht aber natürlich trotzdem immer wieder, es für sich selbst zu ändern. Andererseits könnte man natürlich auch die Frage stellen, ob es überhaupt geändert werden müsste. Eigentlich wollen die Leute doch nur einen guten Film sehen und sich daran erfreuen, das ist das Wichtigste. Nicht die Eitelkeit des Autors.
Kurzfristig beschäftigte Schauspieler und andere Arbeitnehmer der Film- und Fernsehbranche werden künftig leichter Arbeitslosengeld I beziehen können, eine entsprechende Gesetzesvorlage hat die Bundesregierung gerade beschlossen. Drehbuchautoren fallen jedoch nicht unter diese Regelung – warum?
Greve: In Deutschland führt man als Drehbuchautor ein recht merkwürdiges Zwitterdasein. Rechtlich gesehen ist man Einzelunternehmer, arbeitet freiberuflich und ist somit nicht sozialversichert. Man kann sich natürlich freiwillig über die Künstlersozialkasse selbst versichern, hat aber keinen Anspruch auf Arbeitslosengelder, weil man ja nicht fest angestellt ist. Das ist kurios, denn der Regisseur eines Filmes ist hingegen festangestellt; er befindet sich laut der Definition des Finanzamtes in einer „weisungsabhängigen Tätigkeit“. Als Autor habe ich eine freiere Position inne – auch ich muss laut Vertrag natürlich Weisungen entgegennehmen, aus rechtlicher Sicht befinde ich mich jedoch in einem Grauraum.
Offiziell sind Sie als Drehbuchautor also Einzelunternehmer?
Greve: Ja. Abgesehen von Autoren, die für Seifenopern oder Telenovelas schreiben, gibt es in Deutschland keine festangestellten Drehbuchautoren. Das Dasein als freier Autor hat Vor- und Nachteile, für mich überwiegen jedoch die positiven Seiten. Ich bin völlig unabhängig und an keine Firma gekettet – somit habe ich ein Maximum an Unabhängigkeit, aber natürlich auch ein Maximum an Risiko. Es existieren keine genauen Zahlen, aber in Deutschland gibt es schätzungsweise überhaupt nur knapp 600 Autoren, die von ihrem Beruf leben können.
In letzter Zeit häufen sich Meldungen, dass sich die Weltwirtschaftskrise langsam auch auf die Filmbranche auswirkt. Spüren Sie als Drehbuchautor davon etwas?
Greve: Durchaus, allerdings eher mittelbar. Entscheidungsprozesse benötigen mehr Zeit, es wird in den Redaktionen länger und mit größeren Skrupeln über neue Projekte nachgedacht. Davon sind aber fast alle Filmschaffenden betroffen, nicht nur Autoren. Es dauert viel länger, bis man ein „Okay“ bekommt. Das ist ärgerlich und unangenehm, weil man dadurch natürlich blockiert ist. Als Autor sitze ich am Schreibtisch, entwickle Geschichten und brauche einfach das „Okay“, um sie weiterentwickeln zu können. Stattdessen ziehen vier, fünf Monate ins Land und ich komme nicht weiter, weil ich eben kein „grünes Licht“ vom Sender erhalte.
Die Sender denken also länger als früher über die Finanzierung eines Projektes nach?
Greve: Ja, und das hat zwei Gründe. Das Privatfernsehen finanziert sich bekanntlich durch Werbeeinnahmen und in wirtschaftlich angestrengten Zeiten wird natürlich in der Regel an der Werbung zuerst gespart. So gehen den Privaten durch die Krise viele Werbeeinnahmen verloren. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben hingegen eine etwas kompliziertere Denkweise, die aber nicht weniger berechtigt ist. ARD und ZDF gehen in Folge der Wirtschaftskrise von einem drastischen Anstieg der Arbeitslosenquote aus. Diese Arbeitslosen werden zu einem gewissen Prozentsatz Hartz IV beziehen und sich somit von der Rundfunkgebühr befreien lassen können. Die Öffentlich-Rechtlichen rechnen mit einem dreistelligen Millionenbetrag, den sie dadurch im kommenden Jahr weniger einnehmen werden. Die geschätzten Zahlen für die Gebührenausfälle bewegen sich momentan zwischen 200 und 400 Millionen Euro. Das ist viel Geld, auch wenn man bedenkt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk trotzdem noch immer über sieben Milliarden an Gebühren einnehmen wird. Das sind natürlich nur Prognosen. Dennoch wirkt sich die Krise somit mittelbar auch auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen aus, das ja eigentlich wirtschaftsunabhängig über die Gebühren finanziert wird.
Haben die Menschen in Krisenzeiten aber nicht auch ein größeres Bedürfnis, sich durch Filme ablenken zu lassen?
Greve: Stimmt, das ist traditionell so. Auch während der großen Wirtschaftskrise der 1920er- und 1930er-Jahre sind die Leute mehr ins Kino gegangen. International gibt es wohl auch diesen Trend, nach den neuesten Zahlen seltsamerweise jedoch nicht in Deutschland. Bei uns sind in diesem Jahr bislang weniger Menschen ins Kino gegangen als in den Vorjahren, in Amerika konnte man jedoch in den letzten Monaten eine Steigerung von über zehn Prozent beobachten. Ich weiß nicht, warum es in Deutschland nicht so ist. Vielleicht wird die Krise bei uns noch nicht so stark erlebt. Vielleicht profitieren bei uns aber auch eher die Show-Massenerzeugnisse wie „Germany’s Next Topmodel“ oder „Deutschland sucht den Superstar“ von der Krise. Vielleicht befriedigen solche Formate eher das Eskapismusgefühl und Unterhaltungsbedürfnis der Zuschauer als deutsche Filme.
Wann haben Sie mit dem Schreiben begonnen?
Greve: Schon als Kind wollte ich zum Film, obwohl ich damals natürlich noch sehr diffuse Vorstellungen davon hatte, was man dort überhaupt macht. Ich habe dann Neuere Geschichte, Kommunikations- und Theaterwissenschaften studiert und schon relativ schnell gemerkt, dass ich gerne Geschichten erzählen möchte. Und dafür kamen zwei Berufe in Frage: entweder Autor oder Regisseur. Beide erzählen ja eine Geschichte, wenngleich der Regisseur natürlich keine eigene Geschichte erzählt, sondern eine vorgegebene Geschichte mit seinen filmischen Mitteln umsetzt. Ich habe mich dann für die Autorentätigkeit entschieden, weil man in diesem Beruf die Möglichkeit hat, sich immer wieder neu eine eigene Welt zu erschaffen. So kam ich in diese Richtung und habe dann mit dem Schreiben angefangen.
Fällt Ihnen das Schreiben leicht?
Greve: Nein (lacht), eigentlich gar nicht – aber das ist nur ein scheinbarer Widerspruch. Es gibt zwei Kategorien von Autoren: den einen fällt das Schreiben sehr leicht, den anderen fällt es eher schwer. Beide Autorentypen schreiben gerne, unterscheiden sich jedoch darin, wie ihre Geschichten entstehen. Ich bin kein Schnellschreiber; ich muss mir jede Geschichte, jeden Satz richtiggehend abringen. Das hat den Nachteil, dass ich jeden Abend schlechtgelaunt bin, weil das Geschriebene nicht so geworden ist wie ich es mir vorgestellt hatte. Es hat aber auch den großen Vorteil, dass ich dadurch Dinge genauer durchdenke oder gezwungen bin, sie genauer zu durchdenken. Ich kann nicht einfach eine Ideenskizze aufs Blatt kritzeln, sondern kann erst schreiben, wenn ich mir absolut sicher bin.
Wie sieht der Ort aus, an dem Sie schreiben?
Greve: Schon seit Studentenzeiten bin ich ein großer Freund davon, Arbeit und Privatleben zu trennen. Deshalb habe ich seit vielen Jahren natürlich ein eigenes Büro in meiner Wohnung. Es war ursprünglich sehr kahl möbliert und bis heute habe ich eigentlich noch keine vernünftigen Bilder an der Wand hängen, weil ich finde, dass sie zu sehr ablenken würden. Mittlerweile ist mein Büro aber natürlich voller Papier (lacht). Ich habe viele Bücher im Regal stehen; vor allem Filmliteratur, Reiseführer und Bildbände. Alles in allem ist das Büro aber sehr spartanisch eingerichtet und es ist auch ein bisschen verschrien, bei mir vorbeizukommen, weil ich nur einen Stuhl habe und der zweite sehr ungemütlich ist (lacht). Ich habe auch keinen zweiten Tisch, nur meinen Schreibtisch – aber der ist dafür wirklich groß, weil ich sehr viel Papier auf ihm liegen habe. Ich schreibe grundsätzlich zunächst alles mit dem Bleistift und erst dann mit dem Computer.
Sind Sie zu einer bestimmten Tageszeit besonders kreativ?
Greve: Ich arbeite von mittags bis abends. Das hat sich im Laufe der Jahre so ergeben und ich glaube, jeder Autor muss mit der Zeit seinen eigenen Biorhythmus finden. Es gibt sehr viele Autoren, die nur nachts arbeiten, was sozial natürlich nicht sonderlich kompatibel ist – diese Autoren haben dann in der Regel auch keine Familie und nach ein paar Jahren auch keine Freunde mehr (lacht). Das habe ich nie so haben wollen und deshalb achte ich darauf, dass ich abends irgendwann aufhöre und ich möglichst auch am Wochenende nicht arbeite. Es lässt sich nicht immer vermeiden, aber da die gesamte Filmbranche prinzipiell immer unter Zeitdruck steht, könnte ich mein ganzes Leben unter Zeitdruck arbeiten – aber das geht natürlich nicht. Ich glaube, das unterscheidet vielleicht einen Anfänger von einem Autor, der schon länger im Geschäft ist.
In Deutschland führt man als Drehbuchautor ein recht merkwürdiges Zwitterdasein.
Inwiefern?
Greve: Jeder hat in seinem Leben mindestens eine gute Idee und kann die mit ein wenig Talent sicher auch aufschreiben. Als jemand, der vom Schreiben lebt, muss ich aber viele gute Ideen in meinem Leben haben. Das heißt, ich muss meine Kreativität immer wieder aufs Neue motivieren, aufs Neue abrufen. Man kann und darf sich dann nicht mit einem einzigen Buch bis zur Erschöpfung verausgaben. Obwohl das natürlich auch immer wieder vorkommt, schließlich schreibt jeder Autor nicht nur mit Tinte oder ähnlichem, sondern vor allem mit Herzblut (lacht). Eigentlich betrete ich wie ein Beamter morgens mein Büro, mache meine Arbeit und gehe abends wieder nach Hause. Die wenigsten Leuten wissen ja, dass ein Großteil der Kreativen ein ganz langweiliges, biederes Arbeitsleben führt – einfach, weil sie ihre Kreativität kontinuierlich abrufen müssen. Da kann ich nicht auf die Muse warten, die mich irgendwann küsst, sondern muss Techniken entwickeln, damit die Muse freiwillig und vor allem regelmäßig bei mir vorbeischaut. Und dafür sind ein konzentrierter Arbeitsrhythmus und ein Büro, das man zu festen Zeiten aufsucht, sehr hilfreich.
Gibt es auch Tage, an denen Sie sich nicht aufs Schreiben konzentrieren können?
Greve: Das kommt beinahe täglich vor (lacht), ist aber ein Problem, das ich mit vielen anderen Autoren teile. In dem Augenblick, in dem ich vorm Papier sitze und eigentlich loslegen soll, ist alles andere viel interessanter. Bevor man mit dem Schreiben beginnt, müssen deshalb auch alle Einkäufe erledigt und jedes Fenster geputzt sein. Am besten ist es, wenn man vorher auch noch mal rasch den Fußboden durchsaugt (lacht). Erst wenn alle anderen Dinge erledigt sind, habe ich die nötige Ruhe und Langweile und kann mich auf das Schreiben konzentrieren. Trotzdem gibt es natürlich immer wieder Dinge, die mich ablenken und die mich in die Versuchung bringen, nicht zu schreiben. Das hängt auch stark von der Tagesform ab, man muss sich immer wieder zum Schreiben zwingen.
Disziplin ist für einen Autor also ganz wichtig?
Greve: Ja. Sinnvoll ist es, sich einen eigenen Zeitplan aufzustellen und einen persönlichen Abgabetermin festzulegen. Auch als freier Autor arbeitet man schließlich nicht völlig frei, sondern befindet sich in einem Spannungsverhältnis zwischen Kunst und Industrie. Das Schreiben für den Film ist natürlich ein künstlerischer oder – etwas bescheidener gesagt – vielleicht kunsthandwerklicher Beruf, gleichzeitig kann man ihn aber nur in einem industriellen Rahmen ausüben. Ich muss als Autor also immer die Waage zwischen Kreativität und Ordnung, Chaos und Struktur finden. Denn: ohne Industrie keine Geschichten und Filme – aber ohne kreatives Chaos auch keine Industrie.
Sind Sie ein Freund der klassischen Stoffentwicklung mit den Arbeitsschritten Exposé, Treatment, Drehbuch?
Greve: Ja, ich schreibe zuerst ein Exposé, eine Art Nacherzählung der Handlung auf etwa fünf, sechs Seiten. Wenn dieses von der Redaktion abgenommen ist oder auf Interesse stößt, setze ich mich an das Treatment, das die ganze Geschichte dann schon in Szenen aufteilt – zwar noch ohne Dialoge, aber mit dem jeweiligen Inahalt. Somit habe ich schon so etwas wie einen Schnittmusterbogen, an den ich mich beim Schreiben des Drehbuchs dann halte. Ohne Treatment könnte ich auch gar nicht arbeiten, weil ich spätestens ab der Mitte des Buches den Überblick über die Handlung verliere. Ich arbeite mich über Wochen in ein Buch hinein und weiß ab einem bestimmten Punkt gar nicht mehr genau, was eigentlich am Anfang war und was am Ende passieren soll. Dafür ist ein Treatment sehr hilfreich.
Schreiben Sie viele Szenen für den Papierkorb?
Greve: Dadurch, dass ich mein Treatment abarbeite und darin schon sehr viel des fertigen Buchs enthalten ist, schreibe ich eigentlich automatisch keine überflüssigen Szenen. Ich neige aber tendenziell dazu, zu viel zu schreiben und muss dann in der Endphase eines Buches oftmals wie bei einer Salami eine Scheibe nach der anderen abschneiden, bis ich die optimale Länge der einzelnen Szenen und des gesamten Buches gefunden habe. Aber gerade durch dieses Kürzen werden die Szenen meistens besser und prägnanter. Man muss jedoch aufpassen: die Versuchung – auch von Seiten der Redaktionen – ist groß, dass man zu lange weiterändert und irgendwann den Punkt überschreitet, an dem die Geschichte nicht mehr besser, sondern schlechter wird, flacher, stromlinienförmiger. Man muss Acht geben, dass man nicht zu viele Ecken und Kanten weghobelt und am Ende ein völlig gesichtsloses Produkt herauskommt.
Wissen Sie noch, was für Sie der größte Moment der Verzweiflung beim Schreiben war?
Greve: Der ist dauernd (lacht)! Ich zitiere mal meine Tochter: „Den Autor erkennt man daran, dass er jeden Abend schlechter Laune ist.“ Ich komme beim Schreiben immer wieder an Punkte, an denen ich mich über mich selbst und die Arbeit ärgere. Ich habe ein Bild und eine Geschichte im Kopf, schreibe sie auf – aber was dann auf dem Papier steht, ist oftmals etwas ganz anderes. Und darüber ärgert man sich natürlich erst mal. Dabei ist das eigentlich ganz normal. Wenn man es schafft, an seine Figuren wirklich ranzukommen, kann es passieren, dass sie sich plötzlich von alleine weiterentwickeln. Das ist natürlich manchmal beunruhigend. Aber man sollte sich dem nicht widersetzen – wenn es nicht gerade die ganze Geschichte vernichtet (lacht). Ganz im Gegenteil, man sollte dem nachspüren. Man darf als Autor nicht stur an seiner Grundidee rumstricken, wenn man merkt, dass die Figuren in eine andere Richtung gehen wollen. Ein Buch zu schreiben ist im Grunde wie eine Geburt: am Ende kommt ein wunderbares Baby heraus und man freut sich – aber der Weg dorthin kann manchmal sehr, sehr schmerzhaft sein.
Ist Verzweiflung beim Schreiben vielleicht auch hilfreich?
Greve: Ja, durchaus. Ich brauche sogar ein gewisses Stadium an Verzweiflung, Wut und Chaos, um das Äußerste aus mir rauszuholen. Manchmal traut man sich das als Autor nicht – weil es vielleicht zu viel von einem selbst preisgibt oder man Tabus berührt. Ein Drama ist jedoch erst dann fertig, wenn es die schlimmstmögliche Wendung genommen hat. Manchmal sträubt man sich davor, diesen Weg zu gehen und da sind dann Verzweiflungsmomente wichtig. Denn dann merkt man, dass man noch tiefer denken muss und am Ende wird man mit einem besonderen Buch belohnt. Man muss beim Schreiben so weit gehen, wie man kann.
Bevor Sie Ihre ersten Langfilme schrieben, waren Sie an mehreren Serien, u.a. an der ARD-Produktion „Die Schule am See“ beteiligt. Ist das Serienschreiben ein guter Einstieg in den Autorenberuf?
Greve: Auf jeden Fall. Prinzipiell ist es so, dass man als Autor einen Sender oder einen Produzenten davon überzeugen muss, einem Geld für ein Buch zu geben – und natürlich haben die Verantwortlichen eine sehr große Hemmung davor, unbekannten Leuten Geld in die Hand zu drücken. Da ist es einfacher, wenn man mit Serien anfängt, weil man bei dieser Arbeit vielleicht nur zwei oder drei Folgen einer Staffel schreibt. Wenn innerhalb einer Serie einzelne Folgen nicht optimal sind, fällt das nicht so sehr auf. Im Seriengeschäft war und ist die Bereitschaft meiner Ansicht nach größer, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die noch keine langjährige Erfahrung in diesem Beruf haben. Man erhält auch schneller ein Feedback, weil eine Serienfolge kürzere Entwicklungszeiten als ein Fernsehspiel oder ein Kinofilm hat und man schneller das Ergebnis sehen kann. Deshalb empfehle ich jungen Autoren immer, mit dem Serienschreiben in den Beruf einzusteigen. Man lernt bei der Serie alle Tricks, zum Beispiel das Verknüpfen von Handlungssträngen. Es wird dort auch ein bisschen kommerzieller und publikumswirksamer gedacht und das kann nicht schaden, auch wenn man später vielleicht in einer ganz andere Richtung weiterarbeiten will.
Viele Schauspieler bestehen auf ein Mitspracherecht bei den Drehbüchern. Wie gehen Sie als Autor damit um?
Greve: Ich hatte damit bislang noch keine Probleme. Natürlich reden die Schauspieler gerne mal mit, aber man kann sie in der Regel von seinen Ideen überzeugen oder sich von ihnen überzeugen lassen, auch das kommt vor.
Wie würden Sie damit umgehen, wenn eine Redaktion bei einem Ihrer Originaldrehbücher einen Skript-Doktor einsetzen würde?
Greve: Das ist mir glücklicherweise noch nie passiert, ist aber systemimmanent, das muss man akzeptieren. Solange es auf einer Basis gegenseitiger Fairness abläuft, könnte ich es akzeptieren. Ärgerlich wäre es natürlich, wenn man übers Ohr gehauen und vertragliche Vereinbarungen nicht eingehalten würden. Auch das passiert leider immer wieder.
Wie ist das Verhältnis zwischen Drehbuchautor und Regisseur?
Greve: Ich finde es sehr wichtig, dass man mit dem Regisseur zusammenarbeitet – nicht bei der Entwicklung des Buches, weil das nicht das Spezialgebiet des Regisseurs ist, aber danach finde ich es sinnvoll, wenn man den Regisseur hinzuzieht, um gemeinsam das Buch durchzugehen; zu hören, was er davon hält und Änderungen in seinem Sinne vorzunehmen. Wichtig ist auch, dass man als Autor ein Vertrauensverhältnis zum Regisseur aufbauen kann und umgekehrt. Man muss gegenseitigen Respekt haben, den Geschmack des anderen – über den man bekanntlich nicht streiten kann – akzeptieren und darf seine Interpretationen nicht pauschal als hirnrissigen Unsinn abtun.
Gelingt es denn immer, ein Vertrauensverhältnis zum Regisseur aufzubauen?
Greve: Leider nicht. Manchmal kommt es einfach vor, dass man nicht dieselbe Sprache spricht. Wenn ich mit dem Regisseur von der Mentalität her zu weit auseinanderliege, kommen am Ende leider bisweilen ganz merkwürdige Interpretationen meiner eigenen Stoffe heraus – und das ist dann natürlich immer schade.