Jorge Garcia

Das Überleben ist eine ziemlich universelle Angelegenheit.

Jorge Garcia über das ungewisse Ende von "Lost", internationale Serienerfolge und warum er keine Flugangst hat.

Jorge Garcia

© FOX International Channels

Mr. Garcia, welche Frage wurde Ihnen am häufigsten gestellt, seitdem die Serie „Lost“ läuft?
Garcia: Eine sehr beliebte Frage ist: „Wisst Ihr wirklich nicht, wie die Serie endet?“ – Wir wissen es tatsächlich nicht. In der ersten Staffel haben wir sehr oft Rätselraten darüber gespielt, was auf der Insel eigentlich passiert. Mittlerweile warten wir mit dem Enträtseln aber, bis die Drehbücher draußen sind.

Wie fühlt es sich an, eine Rolle zu spielen, ohne den kompletten Kontext zu kennen? Hatten Sie nie Angst, am Set zu erscheinen und plötzlich zu erfahren, dass Ihre Figur Hurley sterben muss?
Garcia: Ich habe vor langer Zeit beschlossen, mit darüber keine Gedanken zu machen und die Zeit am Set und die Rolle, so lange wie ich sie spielen kann, zu genießen. Als Schauspieler funktioniert es überraschenderweise sehr gut, zu spielen, ohne die ganze Geschichte zu kennen. Menschen verhalten sich schließlich nicht immer so, wie man es von ihnen erwartet. Man spielt die Rolle auf eine bestimmte Weise in einer Episode, bekommt im Nachhinein neue Informationen und denkt sich, dieses und jenes hätte ich anders spielen sollen. Aber das ist nur menschlich.

Wie motiviert man sich nach fünf Jahren für die gleiche Rolle?
Garcia: Es gibt immer Neues auf dem Set zu erleben. Und das Tolle daran ist, dass ich Hurley nach fünf Staffeln so langsam verstehe und beim Spielen meinem Bauchgefühl folgen kann. Wenn ich eine Szene lese, habe ich schon eine bestimmte Idee und kann diesem Bachgefühl trauen.

Wieso glauben Sie, dass Serien wie „Lost“, „Heroes“, „Desperate Housewives“ oder „Sex and the City“ auf der ganzen Welt so erfolgreich sind, obwohl das Publikum sich in den einzelnen Ländern sehr voneinander unterscheidet?
Garcia: Anfangs ging es bei „Lost“ vor allem ums Überleben, was ja eine ziemlich universelle Angelegenheit ist. Wir haben zudem eine breitgefächerte Besetzung, die für jeden Geschmack etwas bereithält.
Als wir mit der Serie anfingen, haben wir probiert, etwas Neues zu machen, was es so vorher im Fernsehen nicht gegeben hatte und wir fanden die Geschichte sehr originell. Und wir haben gehofft, dass das Publikum es ähnlich sehen würde. Serien wie „Heroes“, „Desperate Housewives“ und „Lost“ verlangen vom Zuschauer ja eine gewisse Hingabe, er muss der Sendung gegenüber treuer und leidenschaftlicher sein, als es bei „Law and Order“ oder „CSI“ der Fall ist, wo du nicht jede Folge sehen muss, um der Geschichte folgen zu können.

Diese Serien werden immer komplexer, wie kommt es, dass das Publikum da trotzdem mitmacht?
Garcia: Es gibt so viele verschiedene Kanäle, ein so großes Fernseh-Angebot, dass der Trend hin zu eng definierten Zielgruppen geht. Du musst nicht mehr jedem gefallen, aber wem du gefällst, der bleibt dir auch treu.
Aber ob und warum genau eine Serie funktioniert, weiß man im Voraus nie. Ich persönlich liebe zum Beispiel die Serie „Friday Night Lights“. Gerade läuft die dritte Staffel, doch sie muss richtig um Einschaltquoten kämpfen.

Sie erwähnten bereits die Leidenschaft der „Lost“-Fans – was war das Verrückteste, das je ein Fan getan hat?
Garcia: Ich habe eine ganze Menge Briefe von einem Fan bekommen, der behauptete, er habe Damon Lindelof, J. J. Abrams und Matthew Fox 1997 getroffen, während sie bereits an „Lost“ gearbeitet hätten. Sie hätten ihm damals verraten, wie die Geschichte ausgeht. Derzeit würde er von Meryl Streep gefoltert und die einzige Möglichkeit, ihn zu retten, wäre, seinen Namen gegenüber Matthew Fox zu erwähnen. Nur um sicherzugehen, habe ich seinen Namen dann auch mal fallen lassen.

Zitiert

Als Schauspieler funktioniert es überraschenderweise sehr gut, zu spielen, ohne die ganze Geschichte zu kennen

Jorge Garcia

Immer mehr Filmstars wie Glenn Close, Kiefer Sutherland oder Holly Hunter spielen nun Hauptrollen in Fernsehserien. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?
Garcia: Das Fernsehen ist besser geworden und konkurriert nun auch künstlerisch mit dem Kino. Vor allem dem amerikanischen Sender HBO ist diese Entwicklung zu verdanken. Es gibt im Moment viele gute Serien, die im Vergleich zum Kinofilm bestehen können. Auch mit „Lost“ versuchen wir, mit jeder Folge wieder eine gute Geschichte zu erzählen.

Bei „Lost“ begann die Geschichte mit einem Flugzeugabsturz – haben Sie eigentlich Angst vor dem Fliegen?
Garcia: Ich bin ein sehr ruhiger Flieger, auch bei Turbulenzen. Und ich denke mir: Es wäre eine zu große Ironie des Schicksals, wenn ausgerechnet ich auf diese Weise sterben würde.

Sie haben während der letzten fünf Jahre sehr viel Zeit auf einer Insel verbracht. Wo verbringt man dann eigentlich seine Ferien?
Garcia: Manchmal auf anderen Inseln der gleichen Inselgruppe, um dem Trubel des Sets zu entfliehen. Im Moment nutze ich aber jede Möglichkeit, in London zu sein. Ich habe schon drei Sommer dort verbracht und hatte jedes Mal eine tolle Zeit.

Was würden Sie denn auf eine einsame Insel mitnehmen?
Garcia: Ich müsste wohl meinen Nintendo Spielkonsole mitnehmen, denn ich spiele jeden Abend vor dem Schlafen gehen. Dann bräuchte ich mein Reisekissen, da man auf die Schnelle kaum etwas Weiches auf einer einsamen Insel finden würde. Etwas zum Feuermachen wäre auch sehr praktisch, und ein gutes Messer. Mein Ipod müsste auch mit, auch wenn er nur ein paar Stunden halten würde. Ich würde ihn mir gut aufteilen und mich ab und zu fünf Minuten mit Musik verwöhnen.

Die letzte Folge von “Lost” wird 2010 laufen. Was werden Sie danach tun?
Garcia: Weinen und eine Flasche Champagner öffnen. Danach werde ich vielleicht noch eine Weile das Leben auf Hawaii genießen und schließlich nach Kalifornien zurückkehren. Und dann sehen wir weiter.

Gibt es eine Rolle, die Sie danach gerne einmal spielen würden?
Garcia: Es ist schwierig zu erahnen, welche Serien es 2010 noch geben wird. Es wäre aber natürlich ein großer Spaß, in einer Serie wie „The Office“ mitzuspielen. Oder in einem coolen Kostümdrama mit Piraten und Schwertkämpfen.

Kommentar schreiben

* Erforderliche Angaben. Emailadresse wird nicht veröffentlicht.