Kay One

Das Interview ist beendet.

Dies ist KEIN Interview mit dem Rapper Kay One. Denn unser Versuch, Kay One zu interviewen ist gescheitert. Der Sänger und TV-Promi brach unser Interview leider nach elf Minuten ab. Wir veröffentlichen daher nur den kompletten Fragenkatalog, zukünftige Kay One-Interviewer dürfen sich gerne daran bedienen.

Kay One

Am 2. Juni hatten wir einen Termin mit Kenneth Glöckler alias Kay One in Hamburg vereinbart. Anlass war die Veröffentlichung von Kay Ones neuem Album „J.G.U.D.Z.S“, welches ein Schwerpunkt im Interview sein sollte und welches wir uns zur Vorbereitung anhörten. Glöckler rappt darauf in gewohnt selbstbewussten Stil über Bitches, Kokain, Orgien, Mutterficker, über seine Mama (die am besten kocht), Neider, Bushido sein hartes Leben, Hotelzimmerfenster, seinen krassen Bekanntheitsgrad, mit Xavier Naidoo singt er über Familie und Glaube und mit Al Gear über sein Auto. Gedisst werden nicht nur die lieben Rap-Kollegen sondern Glöckler bedenkt auch mehrfach die Presse mit hartem Vokabular.

Letzteres soll aber gar nicht heißen, dass so ein Interview mit Glöckler von Anfang an unter einem schlechten Stern steht. Er braucht die Presse schließlich für Promotion, deshalb bekamen wir ja seine Interview-Einladung, die wir dann auch annahmen. Doch einem ganz wichtigen Punkt haben wir bei der Vorbereitung zu wenig Beachtung geschenkt: herauszufinden, wie der Interview-Partner tickt. Dieser Punkt ist elementar, man versucht – anhand von früheren Interviews, Songtexten, Lebenswandel etc. – ungefähr zu ergründen, wie derjenige ‚drauf‘ ist, wie er denkt, argumentiert, wie er Entscheidungen fällt und auch, wie kritikfähig er ist. Je mehr man weiß, wie das Gegenüber tickt, desto ergiebiger können die Antworten sein.

Hätten wir uns genauer angeschaut, wie Glöckler tickt, hätten wir ihm vielleicht ein paar mehr ‚weichere‘ Fragen gestellt, vielleicht sogar wohlwollende, um erstmal eine Gesprächsatmosphäre zu erreichen, in der man dann auch Kritischeres besprechen kann.

Nun ist das aber so eine Sache mit dem wohlwollend, wenn man ein komplettes Kay One-Album gehört und mehrere Folgen von „DSDS“ und „Prinzessin gesucht“ gesehen hat. Das Frauenbild, welches er propagiert, ist, gelinde gesagt, konservativ-rückschrittlich und in den Texten auf „J.G.U.D.Z.S“ steckt so viel Hass, dass es mindestens zehn Liebeslieder mit Xavier Naidoo bräuchte, um das halbwegs wieder wett zu machen.

Kevin Reidegeld von der Rheinischen Post hat das offenbar hinbekommen mit dem wohlwollend und mit der guten Gesprächsatmosphäre, sein Text über seine Begegnung mit der „merkwürdigen Figur“ Glöckler bringt vieles sehr gut auf den Punkt.

Wir hingegen haben Kenneth Glöckler (zu) ernst genommen, haben die öffentliche Figur für bare Münze genommen und irgendwie ausgeblendet, dass zwischen seiner Person und dem ganzen „Champagner-Gangster-dicke-Autos-“Rap und RTL/RTL2-Gedöns (wahrscheinlich, hoffentlich) Welten liegen. Das Ernstnehmen war dann auch das Thema, welches zum Abbruch führte. Wir haben Glöckler selbstverständlich nicht beleidigt, wir haben nur bei einer Sache nachgehakt. Glöckler meinte, dass er Jugendlichen direkt sagt, dass sie seinen Rap nicht zu ernst nehmen sollten. Und wir wollten wissen, wo konkret Glöckler solche Gespräche mit Jugendlichen führt. Doch da war’s dann aus mit dem Interview. Glöckler beendete das Gespräch und untersagte die Veröffentlichung der bisher gegebenen Antworten. Dass er ob der doch eher harmlosen Nachfrage so entrüstet reagierte hat uns überrascht. Die Beleidigungen, die dann folgten, waren allerdings eher milde: „Körnerfresser“, „Eierköppe“, „Küsst euch im Park“ und „steckt euch den Fragezettel in den Arsch“.

Apropos, hier kommt unser Fragezettel:

Kay, am 19. Juni erscheint dein neues Album „J.G.U.D.Z.S“. Was ist damit dein wichtigstes Ziel, was möchtest du mit dem Album erreichen?

Du hast dich zensiert? Inwiefern?

Kraftausdrücke?

Aber das ist bei diesem Album jetzt keine Selbstzensur mehr?

Sind dir gute Chartplatzierungen wichtig, also in den TOP 10 vorne mit dabei zu sein?

Im Song „Borderline“ stellst du die Frage „wie geht’s dir Deutschrap?“ und dann folgt im Wesentlichen das Vokabular „Bitches, Kokain, Champagner“ „schieße mit Uzi auf Luxusvillen“ „Mutterficker, fick dich“ – Ist das Deutsch-Rap 2015? Sozusagen gerapptes Lotterleben?

Aber warum Schwachsinn? Du hast ja eben gesagt, das sei der gleiche Schwachsinn, der in Amerika gerappt wird?

Du rappst im Song „Leb dieses Leben“: „Papa hat mir gesagt, bleib immer auf dem Boden, spar deine Kohlen, sei immer dankbar, leg was zur Seite, das Leben ist verdammt hart.“ Wie passt dieses Plädoyer zur Bescheidenheit zum ständigen Betonen des Reichtums, Mercedes, Frauen und so weiter? Ist das nicht ein Widerspruch?

Wenn du auf deinem aktuellen Album über Bitches, Kokain und Champagner rappst – ist das ein Rückblick oder immer noch eine Facette von dir? Du hast ja gerade gesagt, dass du diese Zeit eigentlich hinter dir gelassen hättest. Warum wird das immer noch erwähnt?

Wie sehr darf man übertreiben, um trotzdem noch authentisch zu bleiben?

Wo sagst du das?

Aber sagst du das auch den Jugendlichen direkt: „Hey, nehmt meine Texte nicht so ernst“?

Wo findet das statt?

Und dann sagst du denen: „Hey, ihr findet mich cool, aber bitte nehmt meine Texte nicht ernst?“ Das verstehe ich jetzt nicht ganz…

+++++An dieser Stelle brach Glöckler das Interview ab.+++++

Es folgen Fragen, die wir noch stellen wollten:

Rapper wie Samy Deluxe, Sido und Prinz PI rappen über Themen wie Konsum, Arbeitslosigkeit und Generationenwechsel. Wären das auch Themen für dich?

Ist es dir nicht zu wenig, deine kreative Energie für eine Jacke von Belstaff oder einen Mercedes AMG zu verwenden? Oder bezahlen das die Hersteller?

Würdest du gegen Nazis rappen? Oder gegen Homophobie?

Was für Werte sind dir persönlich wichtig in deinem Leben?

Willst du die auch mit deiner Musik transportieren?

In deinen Texten kommt immer wieder zum Vorschein, dass du eine Abneigung gegen Universitäten und Bildung hast, im Song „Während du zur Uni rennst!“ rappst du zum Beispiel: „Während du zur Uni rennst, mache ich mein Geld und lerne Pussys kennen“. Was ist deine Empfehlung an junge Menschen: Lasst das Studieren und werdet Rapper? – Woher kommt diese Abneigung?

Du rappst „Familie ist alles, der Glaube, mein Reichtum“ – bist du religiös?

In „Von Montag bis Freitag“ rappst du auch über Kids, die deine Musik hören. Haftbefehl sagte uns, er wolle nicht, dass Kinder unter 16 seine Musik hören. Ab wann sollte man deine Texte hören?

Wenn du Kinder hättest, würdest du ihnen deine Songs zum Hören geben?

Funktioniert Rap ohne Gewalt und Frauenverachtung?

Fler sagte uns zum Thema Frauen: „Wenn der Mann ein Softie ist und die Frau zu emanzipiert, dann geht für mich die Rechnung nicht auf, im alltäglichen Leben. … Ich bin schon für Rollenverteilung und ich habe auch eine Frau gefunden, mit der ich das leben kann. Ich bin gerne jemand, der sich um eine Frau sorgt, der ihr aber auch sagt: Dahin darf sie gehen und dahin nicht. Ich empfinde es auch als super Entlastung, dass sie für mich kocht, im Haushalt was macht, fürsorglich ist, deswegen klappt das bei uns. Alles andere in der heutigen Zeit, wenn die Frau sagt, „nee, ich mache nicht den Abwasch, ich mache nicht das Essen“, das ist für mich geisteskrank.“ – Machst du dir auch Sorgen über „zu emanzipierte“ Frauen?

Durch mehrere TV-Sendungen und deine Youtube-Clips stehst du viel in der Öffentlichkeit. Dem Zuschauer wird suggeriert, er sehe den privaten Kenneth. Ist dem so, oder ist das, was im TV stattfindet, doch alles nur Show?

Holger Kreimeyer kommentierte deine Prinzessinensuche auf RTL2 mit den Worten „es ist authentischer, auf den Strich zu gehen“. Wie wichtig ist dir Authentizität?

Gibt es Verhaftungen beim Abou-Chaker-Clan oder dem Umfeld, die auf deine Aussagen als Kronzeuge zurückgehen?

Als Kronzeuge versteht man in der Regel Zeugen, die selbst vorbelastet sind. Warst du selbst in bestimmte Handlungen verstrickt?

Jan Böhmermann hat dich bereits zwei Mal parodiert. Ehrt dich das?

2 Kommentare zu “Das Interview ist beendet.”

  1. Andreas |

    Auf dem Album gibt es einen Titel, der heißt „F*ck die Reporter“ und es heißt „J.G.U.D.Z.S.“. Dem wird doch Kay One in der geschilderten Situation nur gerecht. Er reagiert halt sehr allerisch auf Klugschiss. Er hat auf der einen Seite keinen Schulabschluss, ist auf der anderen Seite extrem eitel und sehr schnell gekränkt. Hättet Ihr Klaus Kinski solche Fragen gestellt, wäre er laut pöbelnd schon nach zwei Fragen davongelaufen „Ich muss mir Analphabeten solche stumpfsinnigen Fragen stellen lassen…Ich führe dieses Interview nicht für Sie, sondern die Millionen Fans da draußen…“.

    Naja, kann passieren! Es ist mal eine andere interessante Meldung. Bei den einschlägigen Hip Hop-Medien wird Kay ja vergleichsweise verhätschelt. Aber gerade die werden ja von der Mehrzahl der Fans gesehen auf youtube. Da tut mal so ein Kontrast ganz gut und sorgt für Diskussion.

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  2. HOTSPOT |

    Kritische Fragen sind ja grundsätzlich gut. Doch wenn ein Interviewer sein Gegenüber mit Fragen bewusst ins Out drängt, ist ein Abbruch naheliegend. Es ist klar, dass diese Fragen bestimmt nicht wohlwollend gemeint sind und sie mehr Schaden als wirklich was bringen.

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